E-Book, Deutsch, 229 Seiten, eBook
Zander Armes Kind - starkes Kind?
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-531-90858-8
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Die Chance der Resilienz
E-Book, Deutsch, 229 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-531-90858-8
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Das Buch bietet einen fundierten Einblick in die international viel diskutierte und neuerdings auch in Deutschland lebhaft verfolgte Resilienzforschung. 'Resilienz' bedeutet 'seelische Widerstandsfähigkeit' in belasteten und risikobehafteten Lebenssituationen. Aufwachsen in Armut ist ein zentrales Entwicklungsrisiko für Kinder.
Wichtigste Erkenntnis ist, dass 'Resilienz'durch pädagogisches und sozialpädagogisches Handeln gefördert werden kann. Bisher fehlte jedoch eine theoretisch fundierte Begründung und eine substanzielle fachliche Erörterung, wie sich das Resilienzkonzept für Kinder und Familien in Armutslagen übertragen und anwenden lässt. Diese Lücke schließt das Buch.
Prof. Dr. Margherita Zander ist Sozialwissenschaftlerin und lehrt am Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Münster (Fachgebiet: Politikwisschenschaft/Sozialpolitik).
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;6
2;Einleitung;10
3;1. Annäherung an das Resilienzkonzept;16
3.1;1.1 Pippi Langstrumpf – ein resilientes Kind?;16
3.2;1.2 Resilienz – eine begriffliche Annäherung;19
3.3;1.3 Herstellung eines Bezugs: Resilienz – Sozialisation – Lebensbewältigung – Armut;22
3.4;1.4 Paradigmenwechsel: Von der angenommenen Zwangsläufigkeit zur Wahrscheinlichkeit von Risikofolgen;28
3.5;1.5 Risiko – Die eine Seite der Medaille: Versuch einer Systematisierung;31
3.6;1.6 Resilienz durch Risiko – Die andere Seite der Medaille: Resilienz-Modelle;38
3.7;1.7 Aktuelle Resilienzdiskurse;46
3.8;Resümee;50
4;2. Kinderarmut in der Sicht von Resilienzstudien;51
4.1;2.1 Zur Auswahl der vorgestellten Studien;51
4.2;2.2 Kinder in der „Großen Wirtschaftskrise“ – Glen H. Elder: „Children of the Great Depression“ (1974);52
4.3;2.3 Resilienz im Kontext gesellschaftlichen Wandels – Ingrid Schoon: „Adaptation in changing times“ (2006);61
4.4;2.4 Die Kauai-Studie von Emmy Werner und Ruth Smith – „Vulnerable but invincibile“ (1982);75
4.5;2.5 Versuch einer Synthese von Resilienzstudien zu Kinderarmut – Suniya S. Luthar: „Poverty and Children‘s adjustment“ (1999);83
5;3. Von der Kinderarmutsforschung hin zur Resilienzperspektive;94
5.1;3.1 Kinderarmutsforschung in der Bundesrepublik;94
5.2;3.2 Armut als gesellschaftliches Problem und kindliche Lebenslage;106
5.3;3.3 Armut in der Bewältigungs- und Resilienzperspektive;123
5.4;Resümee;132
6;4. Armut mit den Augen der Kinder Die mi lere Kindheit im Fokus;133
6.1;4.1 Einige Zitate: Wie sehen Kinder Armut?;134
6.2;4.2 Wie nehmen Kinder im Grundschulalter ihre eigene Lebenslage wahr?;139
6.3;4.3 Armut als Risiko für kindliches „Wohlbefinden – Erkenntnisse des DJI- Kinderpanel;153
6.4;4.4 Wie bewältigen Kinder Armut? – Ergebnisse aus bundesrepublikanischen Studien;161
7;5. Resilienz lässt sich fördern – Handlungskonzepte;179
7.1;5.1 Einige grundsätzliche Überlegungen zu Resilienzförderung bei "armen" Kindern;181
7.2;5.2 Konzepte zur Förderung von Resilienz – Anregungen für die soziale Praxis;195
7.3;5.3 Was tun? Resilienzförderung im Rahmen von „Armutsprävention” – Ein sozialpädagogisches Handlungskonzept;211
8;6. Nachgedanken zum Geleit;217
9;Literaturverzeichnis;221
Annäherung an das Resilienzkonzept.- Kinderarmut in der Sicht von Resilienzstudien.- Von der Kinderarmutsforschung hin zur Resilienzperspektive.- Armut mit den Augen der Kinder — Die mittlere Kindheit im Fokus.- Resilienz lässt sich fördern — Handlungskonzepte.- Nachgedanken zum Geleit.
1. Annäherung an das Resilienzkonzept (S. 15)
„... Resilience, then became the other side of the coin of personal and social problems. New research questions emerged as researchers sought to understand the causes and correlates of positive developmental outcomes.
(Barton 2005, S. 136)
1.1 Pippi Langstrumpf – ein resilientes Kind?
Warum sollte ein Buch, das sich mit dem Phänomen der Resilienz bzw. „psychischer Widerstandsfähigkeit von Kindern auseinandersetzt nicht mit einem Beispiel zu einem „resilienten Kind beginnen? Mit einer Figur aus der Kindheit, die möglichst vielen bekannt ist und anhand derer verschiedene Aspekte zum Einstieg erörtert werden können?
Auf der Suche nach einer solchen Figur bin ich auf einen Vortrag von Manfred Burghardt (2005) zu „Ergebnisse der Resilienzforschung gestoßen, den dieser auf einem pädagogischen Kongress in Karlsruhe gehalten hat. Burghardt schlägt darin vor, „Pippi Langstrumpf, die Mädchenfigur aus Astrid Lindgrens Kinderbuch, als Beispiel für ein „resilientes Kind zu diskutieren:
„Ein sehr schönes literarisches Beispiel für ein resilientes Kind ist Pippilotta Langstrumpf. Ihre Mutter starb sehr früh, ihr Vater ist viel unterwegs und kümmert sich nur sporadisch um sie. ... Bei allen Risiken, die ihre Biografie in sich birgt, verfügt sie über eine herausragende Eigenschaft : Sie hat Zugang zu ihren eigenen Stärken, sie verfügt über ein großes Repertoire an Bewältigungsstrategien. (Burghardt 2005, S. 1).
Spontan würde ich dem Vorschlag zustimmen, vor allem was die Eigenschaften des Kindes betrifft , die der Autor in seinem Vortrag hervorhebt:
„Sie denkt ausgesprochen positiv, hat viele Ideen, wie sich Probleme lösen lassen, ist wissbegierig und fragend und zeigt viel Humor. Sie verhält sich in ihren Anliegen zielorientiert und ist unerschütterlich in ihren Selbstwirksamkeitserwartungen. (Burghardt 2005, S. 1).
Pippi könnte sich m. E. aber auch insofern als Leitfigur für ein „resilientes Kind eignen, als dabei ein Verständnis von Resilienz unterstellt werden könnte, welches die Subjekt- und Kinderperspektive in den Mittelpunkt rückt. Das dabei zu Grunde gelegte Resilienzverständnis würde sich nicht an gängigen Vorstellungen „guten Verhaltens orientieren, d.h. an Normen, die von der Erwachsenenwelt vorgegeben werden, sondern an der persönlichen Art des Kindes selbst, an seiner Fähigkeit mit den Widrigkeiten seiner Lebensumstände klarzukommen.
Dies zu akzeptieren, dürfte pädagogischen Fachkräften sicherlich nicht leichtfallen, und vieles wäre möglicherweise auch diskussionsbedürftig. Ein Weiteres kommt hinzu: Ein solches Resilienzverständnis wäre auch nicht in einem enggefassten Sinne auf die Zukunft sperspektive des Kindes ausgerichtet, sondern vielmehr auf seine Fähigkeit, selbst für sein aktuelles Wohlbefinden zu sorgen.
Insofern könnte sich Pippi Langstrumpf durchaus als Leitfigur anbieten, um einen gewissermaßen gegen den „Strich gebügelten, d.h. sich gegen den entwicklungspsychologischen Mainstream abhebenden Resilienzbegriff zu erörtern. Damit wird aber zugleich die Frage danach aufgeworfen, bei wem die Definitionsmacht darüber liegt, welches Ergebnis letztlich mit der erworbenen Resilienz erzielt werden soll und diese subjektbezogen beantwortet: die Definitionsmacht soll beim Kind selbst liegen!