Zangwill | Das große Geheimnis der Bow Street | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 148 Seiten

Reihe: Krimis bei Null Papier

Zangwill Das große Geheimnis der Bow Street

Kriminalroman
Überarbeitete Fassung
ISBN: 978-3-96281-489-2
Verlag: Null Papier Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 148 Seiten

Reihe: Krimis bei Null Papier

ISBN: 978-3-96281-489-2
Verlag: Null Papier Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Geschichte beginnt in 'Bow', dem Arbeiterviertel im East End von London. Es ist Dezember, und das 19. Jahrhundert ist in den letzten Zügen. Ein dichter Morgennebel, begünstigt durch den Rauch von Millionen Kohleöfen, wirbelt durch die Straßen. Mrs. Drabdump ist in Angst um ihren Untermieter. Sie klopft mehrmals an seine Tür, aber keine Antwort. Sie rennt zu Inspektor Grodman, und zusammen brechen sie seine Tür auf, um den Mann zu finden, der mit durchgeschnittener Kehle in seinem Bett liegt. Die Tür ist von innen verschlossen, die Fenster sind verriegelt. Der Roman konzentriert sich auf den Mord, der sich in einem abgeschlossenen Raum ereignet hat, ohne klare Hinweise auf die verwendete Waffe, den Täter oder einen möglichen Fluchtweg. Scotland Yard ist ratlos. Der Roman hat alle Zutaten, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Null Papier Verlag

Israel Zangwill (21. Januar 1864-1. August 1926) war ein britischer jüdischer Schriftsteller, Essayist, Journalist und politischer Aktivist in der feministischen, pazifistischen und zionistischen Bewegung.
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Erstes Kapitel


Als London an jenem denkwürdigen Dezembermorgen die Augen öffnete, sah es sich von einem grauen, kalten Nebel erfüllt. Es gibt Tage, an denen der Nebel den Kohlenstaub in geballten Wolken über der City sammelt und sie mit undurchdringlichem Dunst verdüstert, während die Vorstädte nur von leichten Schleiern umhüllt sind, sodass es einem sehr gut passieren kann, dass man, wenn man mit dem Frühzug zur City fährt, aus der Dämmerung wieder in das Dunkel gerät. Aber heute lagerte über Bow und Hammersmith derselbe dicke, bleischwere, gelbe Dunst, der etwas Geisterhaftes hat und Unheil zu verkünden scheint.

Mrs. Drabdump, die Glower Street Nr. 2 in Bow wohnte, war eine der wenigen, die sich von dem Londoner Nebel nicht niederdrücken ließ. Sie begann ihr Tagewerk so griesgrämig, wie sie dies stets zu tun pflegte. Als sie den Rolladen ihres Schlafzimmers aufgezogen und die Winterlandschaft sich vor ihr enthüllt hatte, als sie gesehen, wie die düsteren Nebelschwaden sich ihr entgegenwälzten, wusste sie, dass dieser Nebel wenigstens einen Tag bleiben würde und dass in diesem Quartal dann natürlich die Gasrechnung auch wieder bedeutend höher sein würde. Sie wusste auch, weshalb sie jetzt stets so viel für Gas ausgeben musste. Es kam daher, dass sie mit ihrem neuen »möblierten Herrn«, einem Mr. Arthur Constant, dahin übereingekommen war, dass er wöchentlich nur einen Schilling für den Gasverbrauch zahlen musste anstatt eines verhältnismäßigen Anteils an der jeweiligen Rechnung des Hauses.

Mrs. Drabdump zündete das Küchenfeuer an, kunstgerecht, denn sie kannte die Eigentümlichkeit der Kohlen und den Eigensinn des Holzes, das, wenn man nicht ein scharfes Auge darauf hielt, elend rauchte, statt knisternd zu brennen. Ihre Kunst hatte wie gewöhnlich den schönsten Erfolg, und Mrs. Drabdump erhob sich zufrieden von den Knien, wie eine Parsenpriesterin, die ihrer Gottheit das Morgenopfer dargebracht hat. Dann erschrak sie plötzlich und verlor beinahe das Gleichgewicht. Ihr Auge war auf die Zeiger der auf dem Kamin stehenden Uhr gefallen: sie zeigten ein Viertel vor sieben. Gewöhnlich brannte Mrs. Drabdumps Feuer regelmäßig um ein Viertel nach sechs. Was war mit der Uhr los?

Mrs. Drabdump dachte mit Unmut daran, dass es am Ende nötig sein würde, sie mal von dem benachbarten Uhrmacher nachsehen zu lassen. Der würde sie dann sicher wochenlang behalten und endlich, äußerlich repariert, innerlich nun wirklich verletzt, zurückbringen, »um sein Geschäft zu haben«. Dieser Gedanke verschwand so rasch, wie er gekommen, als sie jetzt von der St.-Dunstan-Kirche die Uhr drei Viertel schlagen hörte. Aber da erschrak sie noch viel mehr, denn nun verstand sie, warum sie ein so müdes, seltsames Gefühl beherrschte; sie hatte verschlafen.

Ernstlich verstimmt, setzte sie rasch den Wasserkessel über das hell flackernde Feuer; es fiel ihr nämlich ein, dass Mr. Constant gebeten hatte, ihn eine dreiviertel Stunde früher als sonst zu wecken und ihm schon um sieben Uhr das Frühstück zu bringen, da er schon früh in einer Versammlung unzufriedener Trambahnbeamter sprechen müsse. Mit dem Lichte in der Hand lief sie rasch die Treppe hinauf. Er wohnte oben. Das ganze obere Stockwerk war Mr. Constants Reich; es bestand nämlich nur aus zwei nicht miteinander verbundenen Zimmern. Mrs. Drabdump klopfte an die Tür der ihm als Schlafzimmer dienenden Stube und rief: »Sieben Uhr, Herr, Sie werden zu spät kommen, wenn Sie nicht sofort aufstehen.« Sein gewöhnliches schläfriges »Schon gut«, womit er ihren Morgengruß zu erwidern pflegte, antwortete ihr nicht, aber nachdem sie ihren Morgengruß mehrmals wiederholt, wartete sie seine Antwort nicht ab, sondern ging in die Küche zurück, um sich mit der Vorbereitung von Mr. Constants Frühstück zu beschäftigen.

Sie wusste, dass Arthur Constant nicht taub blieb, wenn die Pflicht – an die er durch sie gemahnt wurde – ihn rief. Er hatte einen sehr leichten Schlaf, und wahrscheinlich tönte ihm schon das ihn zu der Versammlung rufende Läuten der Trambahnen in die Ohren. Warum Mr. Arthur Constant, B. A.1 – ein Herr, der weiße feine Hände hatte und blendende Wäsche trug – sich dazu herabließ, sich mit Trambahnkutschern zu befassen, während seine gesellschaftliche Stellung ihn doch sicher nicht in Beziehungen zu Droschken und Wagenführern brachte, das hatte Mrs. Drabdump nie begreifen können. Wahrscheinlich beabsichtigte er, sich in »Bow« für das Parlament wählen zu lassen; allerdings wäre es dann diplomatischer gewesen, sich eine Wirtin zu suchen, deren Mann noch lebte und die dadurch stimmberechtigt war. Ebenso unpassend erschien es ihr, dass er durchaus darauf bestand, selbst seine Stiefel putzen zu wollen, obwohl er darin kein Meister war, und dass er in jeder Weise wie ein einfacher Arbeiter Bows leben wollte. Nur dass die Arbeiter nicht so verschwenderisch mit dem Wasser umgingen und so viele Bäder, frisches Trinkwasser und reine Wäsche beanspruchten wie er. Auch bekamen sie nicht so gute Dinge zu essen, wie Mrs. Drabdump für ihn bereitete, wobei sie ihm weismachte, dass es gewöhnliches Arbeiteressen sei. Sie konnte es nicht ertragen, dass er unterhalb seines Standes leben sollte. Arthur Constant war gehorsam und aß alles, was seine Wirtin ihm vorsetzte, und glaubte alles, was sie sagte. Es ist ja für Heilige nicht so leicht, klar zu sehen, in der Praxis vernebelt der Heiligenschein oft das Auge!

Der Tee, der in Mr. Constants Teetopf bereitet werden sollte, war nicht etwa von der gewöhnlichen, ordinären Mischung, den sie für sich und Mr. Mortlake verwendete; während sie das Frühstück bereitete, musste sie plötzlich an ihren zweiten Mietsherrn denken. Dieser arme Mr. Mortlake war um vier Uhr schon aufgestanden und hatte sich ohne jedes Frühstück in die neblige, düstere Winternacht gewagt. Nun, sie hoffte nur, dass sein Eifer belohnt und dass er gute Reisespesen herausschlagen werde, was er, wie andere mit ihm rivalisierende Arbeiterführer behaupteten, meistens tat. Sie gönnte ihm seinen Verdienst gern, und es ging sie ja auch weiter nichts an, wenn er, als er ihr Mr. Constant als Mieter für ihre leerstehenden Zimmer zuführte, noch vielleicht einen anderen Zweck damit verband als den, seiner Wirtin gefällig zu sein. Jedenfalls hatte er ihr einen großen Dienst dadurch erwiesen, obgleich der Mieter, den er ihr zuführte, in manchen Stücken seltsam genug war. Auch, dass Mr. Mortlake ein Sprecher der arbeitenden Klasse war, bekümmerte...



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