Zhang | Metapherntheorie und Konstruktionsgrammatik | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 587, 410 Seiten

Reihe: Tübinger Beiträge zur Linguistik (TBL)

Zhang Metapherntheorie und Konstruktionsgrammatik

Ein vierdimensionaler Ansatz zur Analyse von Metaphern und metaphorischen Konstruktionen
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8233-0511-8
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein vierdimensionaler Ansatz zur Analyse von Metaphern und metaphorischen Konstruktionen

E-Book, Deutsch, Band 587, 410 Seiten

Reihe: Tübinger Beiträge zur Linguistik (TBL)

ISBN: 978-3-8233-0511-8
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In diesem Buch wird ein integratives Konzept ausgearbeitet, das konzeptuelle Metapherntheorie und Konstruktionsgrammatik zusammenführt und für die Analyse metaphorischer Konstruktionen verfügbar macht. Dieser Zusammenhang wird auf drei unterschiedlichen Ebenen (Idiomatik, Text und Diskurs) bzw. Modalitäten (Schrift und Bild) überprüft. Zu den verwendeten Sprachdaten gehören idiomatische Konstruktionen, Leitartikel, Titelbilder und Titelgeschichten aus zwei überregionalen Nachrichtenmagazinen. Die umfassende Korpusuntersuchung weist nach, dass vier unterschiedliche Dimensionen für einen opportunen Analyseansatz zu berücksichtigen sind: die Prosodie, die Struktur, die Semantik sowie die Pragmatik einer linguistischen Konstruktion (PSSP-Modell). Besonders hervorgehoben werden die in der Konstruktionsgrammatik bis jetzt wenig behandelten Rollen von Prosodie und Pragmatik. Das vorgeschlagene Modell gibt in dieser Hinsicht der funktionalen Linguistik, der Kognitiven Linguistik sowie der Konstruktionsgrammatik neue theoretische Impulse.

Dr. Bin Zhang ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsche Sprache und Literatur II an der Universität zu Köln.

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2.3 Dimension 2: Embodiment und Konzeptuelle Metapherntheorie
In diesem Unterkapitel werden der Ausgangspunkt der Konzeptuellen Metapherntheorie und die Konzeptuelle Metapherntheorie vorgestellt. Die sogenannte Embodiment-Hypothese besagt, dass die sensomotorischen Erfahrungen der Menschen die menschliche Sprache und die menschliche Wahrnehmung maßgeblich prägen. Dies bildet einen zentralen Ausgangspunkt der Konzeptuellen Metapherntheorie. In Kapitel 2.3.1 wird diese Hypothese zuerst aufgeführt, wobei die experimentellen Studien hinsichtlich dieser Hypothese selektiv vorgestellt werden. Kapitel 2.3.2 setzt sich mit einer der Kerntheorien der vorliegenden Arbeit auseinander. Dabei werden einige konkreten Beispiele in die Diskussion eingeleitet, um zu zeigen, wie diese Theorie in der Praxis verwendet werden kann. Nicht zuletzt werden Ende des Kapitels zwei zentrale Kritikpunkte an dieser Theorie kurz besprochen. Davon ist abzuleiten, dass eine korpusbasierte und sprachvergleichende Untersuchung der Metaphern vorteilhaft sein kann. 2.3.1 Ausgangspunkt: Embodiment-Hypothese
Der kognitive Ansatz, der Sprache als kein modales System betrachtet, geht davon aus, dass Kognition aus keinen abstrakten modalen Repräsentationen, die durch formale Regeln gekennzeichnet sind, besteht (Collins & Loftus 1975). Dieser Ansatz wurde in den letzten Jahren in der Diskussion im Bereich der Kognitionswissenschaften tendenziell steigend herausgefordert. Nicht wenige Studien zeigen, dass die neuralen sensomotorischen Systeme während der Sprachverarbeitung ebenfalls aktiviert werden. Als eine der Leitfiguren in der Kognitionsforschung bemerkt Glenberg (1997), dass der traditionelle Ansatz zur Gedächtnisforschung zu viel die statische und passive Speicherung der Informationseinheiten im Gehirn akzentuiert. Allerdings diene das Gedächtnis seiner Auffassung nach vor allem dazu, die situative Handlung auszuführen. Diese situative Handlung beruhe auf den im Gedächtnis eingespeisten Mustern, die durch körperliche Erfahrungen entstanden sind. Man besitze die Fertigkeit, situations- und zielgemäß eine zutreffende Handlung zu vollziehen. Der Begriff „Embodiment“ stammt wohl ursprünglich aus der Kognitionswissenschaft in der Auseinandersetzung mit dem Bewusstsein. Nach der Embodiment-Hypothese benötigt das Bewusstsein einen Körper. Der zentrale Ansatz der Embodiment-Denkweise ist somit die Abhängigkeit allen Bewusstseins von einem Körper. Die dynamische Interaktion zwischen dem physisch funktionalen Dasein eines Körpers und dessen Ausgesetztheit an die unmittelbare Lebensumgebung ist kontinuierlich zuständig für phänomenales Erleben und bewusste Erfahrung im menschlichen Alltag. Das bedeutet, dass die Wahrnehmung kein simpler Prozess der exakten Abbildung sensorischer Anreize auf ein internes Modell der Welt mehr ist, sondern eine Koordination, die sich in einer holistischen Gestalt ereignet. Linguistische Konzepte sind nach dieser Hypothese dann keine abstrakten semantischen Einträge mehr, sondern sensomotorisch kodiert. Basierend auf dieser Auffassung argumentierten Lakoff & Johnson (1980a) in ihrem Werk Metaphors We Live By, dass das menschliche Denksystem grundsätzlich verkörpert und das Sprachsystem metaphorisch sei. Eine noch klarere Darstellung über Embodiment findet man auch in Lakoff & Johnson’s Werk Philosophy in the Flesh (1999: 4): […] it is the striking claim that the very structure of reason itself comes from the details of our embodiment. The same neural and cognitive mechanisms that allow us to perceive and move around also create our conceptual systems and modes of reason. Thus, to understand reason we must understand the details of our visual system, our motor system, and the general mechanisms of neural binding. In summary, reason is not, in any way, a transcendent feature of the universe or of disembodied mind. Instead, it is shaped crucially by the peculiarities of our human bodies, by the remarkable details of the neural structure of our brains, and the specifics of our everyday functioning in the world. (Lakoff & Johnson 1999: 4) Diese Embodiment-Hypothese wird später durch einige psychologische und neurolinguistische Untersuchungen teilweise bestätigt (mehr Studien siehe Fincher-Kiefer 2019; Gibbs 2017; Glenberg 2010, 2015). Zhong & Lijenquist (2006) wiesen in drei Experimenten nach, dass eine psychologische Verbindung zwischen körperlicher Sauberkeit und moralischer Reinheit besteht. Sie argumentierten, dass mentale Konzepte aktiviert wurden, die sich auf Aufräumen beziehen, wenn eine Aktion die eigene moralische Reinheit in Gefahr brächte. So wurde in den drei Experimenten beispielsweise belegt, dass Personen zu antiseptischen Tüchern griffen, wenn eine unmoralisch konzeptuelle Vorstellung im Gehirn aktiviert wurde. In einem anderen Experiment wurden die Probanden in ein Versuchszimmer eingeladen, wo ihnen mitgeteilt wurde, dass sie an einer Studie zur Handschrift teilnahmen. Daher mussten sie eine Geschichte abschreiben. Die Probanden wurden in zwei Gruppen eingeteilt: die eine Gruppe erhielt eine „moralische“ Geschichte, in der eine hilfsbereite und ethisch gute Tat dokumentiert wurde (etwa wie „einem Mitarbeiter helfen“); die andere Gruppe erhielt eine vergleichsweise „unmoralische“ Geschichte, in der eine böse Tat wie Sabotage dargelegt wurde. Nach der Abgabe der Abschreibaufgabe bestand die Möglichkeit für alle Teilnehmer, ein kleines Geschenk als Dankeschön auszuwählen. Es gab insgesamt zwei Optionen: man konnte entweder einen Bleistift oder ein Reinigungstuch nach Hause bringen. Die Probanden, die während des Experiments eine unmoralische Geschichte abschrieben, entschieden sich vorwiegend für ein Reinigungstuch. Daher wurde die These bestätigt, dass eine enge Verbindung zwischen körperlicher Sauberkeit und moralischer Reinheit besteht. In einer Studie von Williams & Bargh (2008) wurde wiederum bestätigt, dass die physische Wärme oder Kälte die Evaluation zwischenmenschlicher Beziehungen maßgeblich beeinflussen konnte und dieser Einfluss in der Regel nicht bewusst berücksichtigt wurde. Eine metaphorische Redewendung wie „give somebody an icy stare“ (jemandem einen eiskalten Blick zuwerfen) bringt soziale Exklusion durch die Verwendung physisch kalter Konzepte zum Ausdruck. In einer weiteren interessanten Experimentreihe konnte aufgezeigt werden, dass soziale Exklusion tatsächlich ein kaltes Gefühl vermittelt (Zhong & Leonardelli 2008). Wilson & Gibbs (2007) bewiesen durch zwei weitere Experimente, dass die reale und vorgestellte Körperbewegung, die sich auf einen metaphorischen Sprachgebrauch beziehen, das unmittelbare Verständnis solcher Phraseologismen fördern konnten. Eine andere mehrfach zitierte Studie von Borodistky & Ramscar (2002) gab eindeutig Auskunft über den körperlichen Einfluss auf die Verarbeitung der Metaphern. Die an einer Kasse in einem Campus-Café an der Universität Standford anstehenden Studierenden bekamen zuerst den nachstehenden Satz zu lesen: „Next Wednesday’s meeting has been moven forward two days“ (Das Meeting am kommenden Mittwoch wurde um zwei Tage verschoben). Dann wurden sie gefragt, wann das Meeting stattfindet. Die Kunden, die im hinteren Teil der Schlange standen, antworteten eher mit „Freitag“, während die im vorderen Teil der Schlange Stehenden den nächsten „Montag“ als neuen Termin festlegten. Pulvermüller (2005) zeigt durch eine Untersuchung enge Verbindungen zwischen der Wortbedeutung und der entsprechenden Gehirnaktivität. In seiner Untersuchung wählt er drei englische Verben aus: „kick“ (treten), „pick“ (aufheben) und „lick“ (lecken), die sich auf unterschiedliche Handlungen beziehen, die jeweils mit spezifischen Körperteilen durchgeführt (z. B. Beine, Hände und Zunge) werden können. Die Untersuchung zeigt, dass die Sprachverarbeitung nicht auf die übliche Sprachregion im Gehirn eingeschränkt wird. Vielmehr werden sämtliche Gehirnaktivitäten auch in den Arealen erfasst, die eigentlich für andere körperliche Prozesse zuständig sind. Das heißt, die semantischen Signale aktivieren dieselben Regionen im Gehirn, die auch bei der Durchführung der Handlungen aktiv sind. Moseley et al. (2012) stellten die Hypothese auf, dass eine durch emotionale Wörter hervorgerufene Aktivität auch in dem entsprechenden Motorcortex, der die Bewegungen von Gesicht und Armen reguliert und zugleich für den Ausdruck der Emotionen zuständig ist, messbar ist. Die Auswertung wies darauf hin, dass emotionale Wörter Gehirnaktivitäten im Motorcortex aktivierten. Eine parallele Aktivierung derselben Gehirnregion konnte auch in den Verarbeitungsprozessen der Aktionsverben beobachtet werden, die sich auf Gesicht und Arme beziehen. Ein weiterer Beleg dafür ist die von Bergen (2012) aufgestellte „verkörperte Simulation“ (embodied simulation). Verkörperte Simulation bedeutet, dass man die zu vermittelnde Bedeutung verstehen kann, indem man mental die Erfahrung nachahmt, die durch sprachliche Symbole zum Ausdruck gebracht wird. Die oben aufgeführten Studien aus der Verhaltenspsychologie und Neurophysiologie zeigen eingängig, dass sich die Ideen eines linguistischen Ausdrucks auf sensomotorische Prozesse zurückführen lassen. Jedoch kamen solche Studien meistens im Kontext des Erstspracherwerbs zustande. Kühne & Gianelli (2019) beschäftigten sich mit der Frage, ob...



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