Zuffellato | Führung lernt man draussen | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 180 Seiten, Gewicht: 1 g

Zuffellato Führung lernt man draussen

Bewährungssituationen als Kompetenzerwerb
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-03823-944-4
Verlag: NZZ Libro
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Bewährungssituationen als Kompetenzerwerb

E-Book, Deutsch, 180 Seiten, Gewicht: 1 g

ISBN: 978-3-03823-944-4
Verlag: NZZ Libro
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Führungserfahrung ermöglicht es, komplexe Anforderungen angemessen wahrzunehmen, einzuschätzen und wirksam zu handeln. Viele Führungskräfte werden wegen ihrer Fachkompetenz befördert. Das Führen müssen sie aber meistens erst noch lernen. Der erfahrene Outdoortrainer Andrea Zuffellato zeigt vier Wege auf, wie Führungsverantwortliche sozial nachhaltig leiten können. Schritt für Schritt legt er beispielhaft dar, wie die angehenden Führungskräfte die zentralen Kompetenzen des Führungshandwerks auf unkonventionelle Weise er arbeiten und entwickeln können - durch nomadisches Reisen und natursportliche Herausforderungen -, um anschliessend ihre Führungsaufgaben wirksam anzupacken. Er vermittelt komplexes Know-how überzeugend und umsetzbar, bietet keine vor eiligen Rezepte, sondern kreative Zugänge, Perspektiven zur Reflexion und Möglichkeiten zur gezielten Wahl und Gestaltung des Praxistransfers von Führungserfahrungen.

Andrea Zuffellato (* 1975) Geschäftsführender Inhaber von planoalto, Outdoortrainer und Berater, Dozent und Referent mit Weiterbildung in Erlebnispädagogik und systemischer Organisationsberatung.
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2 Die vier Wege systemischer Führung


Führen kann respektive muss man lernen, durch Aus- und Weiterbildung, durch Erfahrung, durch Literaturstudium und Selbstreflexion. Die hier vorgeschlagene Systematik bedient sich der Metapher des Weges und meint das durchaus wörtlich. Der Weg muss begangen werden; er ist aber keine Einbahnstrasse.

Die vier Wege Entscheiden, Leiten, Begleiten, Umsetzen verbinden acht verschiedene und allesamt wichtige Pole oder Dimensionen, die Führung aus systemischer Sicht durchdringen. Entlang dieser Erfahrungswege werden die wesentlichen Handlungskompetenzen des Führens erworben, erprobt und zur Reife gebracht. Das Begehen der Wege gleicht einer Pendelbewegung zwischen den Polen, einem Hin und Zurück, und integriert auf diese Weise die Paradoxien der Führung sowie die ambivalenten Entscheidungsgrundlagen, mit denen sich Führungskräfte oft konfrontiert sehen. Die vier Wege systemischer Führung gelten in allen Führungsbereichen und -positionen, denn überall gilt es zu entscheiden, zu leiten, zu begleiten und umzusetzen.

Führung kann einiges zur sozialen Nachhaltigkeit in Mikrosystemen beitragen. Sie kann Menschen ermutigen und ihnen Freiheiten und Entwicklungen zutrauen, sie kann sinnstiftend sein und die Lebensqualität steigern. Gelingt es, anhand der vier Wege zu führen und die beschriebene systemische Grundhaltung einfliessen zu lassen, können Mikrosysteme zu Epizentren sozialer Nachhaltigkeit werden.

Entscheiden, Leiten, Begleiten, Umsetzen – jeder einzelne dieser vier Wege ist ein Königsweg und stellt höchste Ansprüche an Führungskräfte.

Den vier Wegen liegen Spannungsfelder zugrunde, in denen sich Führungskräfte zurechtfinden und in denen sie letztlich ihren eigenen Weg gehen müssen. Beim Entscheiden sind das Innen und das Aussen (in Bezug auf die Organisation) die polaren Dimensionen, beim Leiten ist es das Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Zukunft, beim Begleiten dasjenige zwischen den Menschen als Funktionsträger in einem System sowie als Individuen und Persönlichkeiten. Führung pendelt dabei zwischen dem Bedarf an Personal und dem Potenzial der Persönlichkeiten. Beim Umsetzen sind es die Ansprüche von Präsenz und Praxis, die das Spannungsfeld bilden.

Ein Modell ist gut, wenn es einfach ist, aber auch eine längere und intensivere, tiefere und komplexere Auseinandersetzung erlaubt. Des Weiteren sollte es praxistauglich sein – es muss angewendet und umgesetzt werden können. Die jeweils zwei Kompetenzen, die sich aus jedem der Führungswege ergeben, sollen die Anwendbarkeit gewährleisten. Kompetenz bedeutet sowohl Fähigkeit als auch Befugnis. Die nachfolgend formulierten Kompetenzen sollen beiden Bedeutungen gerecht werden. Denn wie unter dem vierten Weg zu sehen sein wird, nützt eine Fähigkeit wenig, wenn sie nicht auch umgesetzt wird.

Die vier Wege werden in der Praxis zu einem Führungshandwerk zusammenfliessen, wie vier Flüsse, die einen gemeinsamen Strom speisen, und je nach Persönlichkeit, nach Aufgabe und Kontext wird einmal der eine, einmal der andere Weg wichtiger sein. Die vier Wege ermöglichen es, sich und sein Handeln zu reflektieren, sich einzuschätzen und sie sollen natürlich auch dazu inspirieren und ermutigen, sich weiterzuentwickeln.

Besondere Situationen mögen dazu Anlass geben, sich zu hinterfragen. Die vier Wege bieten Möglichkeiten, Führung professionell zu lernen und zu lehren. Sie sind ein wirkungsvolles Instrument, Führungserfahrung gezielt aufzubauen, sie zu erforschen und nachhaltig nutzbar zu machen. Dennoch handelt es sich auch hier um ein Modell, das wie alle Modelle Komplexität reduziert, also zum Preis einer vielschichtigen und detailgetreuen Abbildung der Realität Übersicht und Orientierung bietet.

Möglichkeiten der Differenzierung der vier Wege bieten die zeitliche Perspektive sowie ihre Verortung in einer Organisation. Die Wege können und müssen in verschiedenen Funktionen innerhalb eines sozialen Systems unterschiedlich genutzt werden. So können Mitarbeitende oft nicht über grundlegende Strukturen entscheiden, Schülerinnen und Schüler keine Stundenpläne schreiben oder Lehrgangsteilnehmende nicht die zeitliche Abfolge der Seminare bestimmen. Der Führungsweg des Entscheidens ist für sie vorerst sekundär. Es kommt aber vor, dass dieselben Mitarbeitenden für ein Projekt verantwortlich werden und dann innerhalb dieses Projekts plötzlich auch Handlungskompetenz auf struktureller Ebene zugesprochen bekommen. Dann werden ihnen die Kompetenzen des Fokussierens auf das Wesentliche und des ganzheitlichen Denkens sehr hilfreich sein.

Es ist normal, dass man in den unterschiedlichen sozialen Systemen, in denen man sich bewegt, auch unterschiedliche Funktionen einnimmt. Je nach Kontext variieren die eigenen Möglichkeiten, die vier Wege der Führung zu nutzen. Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Zeitaspekt der vier Wege: Die grundlegenden Entscheidungen rund um ein Projekt werden bis auf wenige Ausnahmen im Vorfeld getroffen. Diese Grundsatzentscheidungen regeln vieles, was danach als Strukturen und Rahmenbedingungen zu einem grossen Teil Führung mit übernimmt. Wenn mitten im Prozess über grundlegende Rahmenbedingungen und Aspekte wieder neu entschieden werden muss, ist das meist ein Zeichen grosser Veränderungen. Das mag angesichts des von Entscheidungen geprägten Führungsalltags unwirklich anmuten, bestätigt sich aber bei genauerer Betrachtung. Strukturen, die das eigene Handeln leiten, sind einem meistens gar nicht bewusst, und die vielen kleinen Alltagsentscheidungen werden innerhalb dieser Strukturen getroffen. Alternativen ausserhalb dieser Strukturen werden automatisch und systematisch ausgeklammert. Umso einschneidender erlebt man es, wenn sich diese Prämissen doch plötzlich ändern und man seine Alltagsentscheidungen neu abstimmen muss. So geschieht es etwa bei plötzlichen Schwangerschaften oder Todesfällen in Familien, bei Fusionen oder Konkurserklärungen in Unternehmen, neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen oder wenn Mitarbeitende unerwartet zu einem Team stossen oder es verlassen.

Jeder Weg folgt einer eigenen Taktung und Intensität auf dem Zeitstrahl. Während Begleiten musikalisch gesprochen etwa von forte zu decrescendo gleitet, geht Leiten nach einem anfänglichen Akzent in ein standardmässiges Grundtempo über. Auch hier ist der eigene Einfluss abhängig von grösseren Bewegungen und es gibt Führungssituationen, in denen man selbst den Takt angibt und andere, wo man ihm nur folgt. Die Zeitkomponente verdeutlicht die Dominanz eines Weges in Bezug auf den Prozessverlauf und auf die Phase, in der man sich befindet.

2.1 Entscheiden


Systemsteuerung zwischen innen und aussen

Auf das Wesentliche fokussieren – ganzheitlich denken

Einige Entscheidungen gehen dem eigentlichen Führungsgeschehen zeitlich voraus. In dieser Phase entscheiden die Projektverantwortlichen, die Unternehmensgründer oder die Urheber eines sozialen Systems über grundlegende Rahmenbedingungen und Strukturen.

Während des Führungsgeschehens, bei der Projektrealisierung, während des Geschäftsjahrs oder während des Lebenszyklus’ eines sozialen Systems gilt es dafür zu sorgen, dass intelligente Spielregeln, Kommunikationsgefässe und -strukturen für die (gemeinsame) Entscheidungsfindung etabliert werden können.

Bei besonderen Vorkommnissen, Krisen, unvorhergesehenen Herausforderungen oder Wendungen kommt es zu einem erneuten Entscheidungsbedarf über grundsätzliche Rahmenbedingungen und Strukturen. Dies ist etwa bei Change-Prozessen der Fall. Jetzt zeigt sich, ob es gelungen ist, Beteiligung an Entscheidungsprozessen zu etablieren.

Aus der Praxis:
Auszug aus dem eigenen Führungsportfolio


Es gehörte zur Initiation als Lehrtrainer in Erlebnispädagogik, dass in der ersten Kursgruppe, für die ich die Ausbildungsverantwortung trug, ein Bergprofi mit dabei war, dessen eher kritisches Wesen mein Selbstvertrauen nicht gerade stärkte.

Das erste Modul der Ausbildung, zu dem wir, meine Co-Leiterin, die zwanzig Kursteilnehmer und ich aufbrachen, war ein Gebirgstrekking mit haarsträubender Wetterprognose. Es sollten die Regenfälle werden, die in weiten Teilen der Schweiz zu Jahrhunderthochwassern führten und grosse Zerstörung anrichteten. Aber davon ahnten wir glücklicherweise nichts und unsere Region sollte ja auch glimpflich davonkommen.

Das besagte Trekking war so aufgebaut, dass wir während vier Tagen mit Sack und Pack unterwegs waren, unter Planen schliefen, die wir selbst mittrugen und auch sonst alles mit dabei hatten, was es brauchte. Lerninhalte waren Outdoor-Basiskompetenzen, Orientierung mit Karte und Kompass, Gruppenführung und erlebnispädagogische Aspekte.

Zu Beginn der Ausbildung verunsicherte unser systemisch-handlungsorientierter Führungsansatz einige Teilnehmende. Sie nahmen erstaunt zur Kenntnis, dass wir nicht vorausgingen, um die Gruppe anzuführen, auch instruierten wir neue Tätigkeiten wie etwa den Bau des Camps nicht vorgängig, sondern aktivierten von Anfang an die Teilnehmenden selbst als Ressourcenträger, delegierten Führungssequenzen und liessen die Leute ihre Erfahrungen erst mal selbst machen. Natürlich waren wir da, wenn es Fragen gab, wenn Unsicherheit herrschte oder jemand eine Rückmeldung brauchte. Aber wir waren nicht die Einzigen, die für Fragen zuständig waren, auch die anderen Teilnehmenden sollten ihr Wissen weitergeben.

Der erste Tag verging im Fluge und auch für die erste Nacht war bald alles bereit. Etwas spät zwar, aber umso besser war...


Andrea Zuffellato (* 1975), Geschäftsführender Inhaber von planoalto, Outdoortrainer und Berater, Dozent und Referent mit Weiterbildung in Erlebnispädagogik und systemischer Organisationsberatung.



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