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E-Book, Deutsch, 428 Seiten
Adenauer / Bergham / Löffler ADENAUERIANER
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-910732-54-4
Verlag: Dittrich Verlag ein Imprint der Velbrück GmbH Bücher und Medien
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Gestalter, Macher, Zauberer – wem wir die Republik verdanken
E-Book, Deutsch, 428 Seiten
ISBN: 978-3-910732-54-4
Verlag: Dittrich Verlag ein Imprint der Velbrück GmbH Bücher und Medien
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Konrad Adenauer ist Jurist und Politiker. Er wurde als zweites Kind von Konrad Adenauer (1906-1993), dem ältesten Sohn des ersten deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, geboren. Hugo Bergham ist Publizist und Geisteswissenschaftler. Er lehrt als Honorarprofessor an der Paris Lodron Universität in Salzburg. Im Dittrich Verlag erschienen: Something Precious. Erinnerungsorte der englischen Literatur (2022). Christoph Hardt ist Historiker, Journalist und Kommunikationsmanager. Er arbeitet als freier Berater, lebt mit seiner Familie in Rhöndorf und schaut morgens schon beim Aufwachen auf das Haus Konrad Adenauers. Henner Löffler ist Autor und veröffentlicht Beiträge zu Barks, Beckett, Dickens, Doderer, Kafka, Loriot, Powell, Proust, Seume, Wezel u.a. in der FAZ, NZZ sowie in Festschriften und Sammelbänden.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vorwort S. 8
Einleitung S. 12
Religion und Kirchen: Josef Kardinal Frings (1887-1978) und Vertreter ihrer Konfessionen S. 25
»Plenty Valenti«: Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin Caterina Valente (1931-2024) S. 54
Architekten der Adenauerzeit: Hans Schwippert (1899-1973), die Baumeister der Interbau 1954 und andere Stararchitekten S. 72
»His Masters Voice«: Felix von Eckardt (1903-1972) S. 92
Sagen, was ist …: Rudolf Augstein (1923-2002) S. 118
Konrad Adenauer und Der Spiegel S. 134
Rundfunk und Fernsehen: Werner Höfer (1913-1997) und die Entstehung der Medienlandschaft der Nachkriegszeit S. 140
Die Gruppe 47 (*1947 † 1967) S. 158
Trauermarsch: Herbert von Karajan (1908-1989) S. 180
Die »Flicki«: Elisabeth Flickenschildt (1905-1977) S. 214
Hört die Signale: Theaterregisseur und Dramaturg Günther Büch (1932-1977) S. 234
Hinterlist, Horrortrips, Hühnerfutter: Hermann Pünder (1888-1976) und die Gründerväter der Bundesrepublik S. 252
Gründerväter und Wundertäter: Franz Greiß (1904-1995), Josef Neckermann (1912-1992) und die vielen, die Deutschlands Wirtschaft wieder auf die Beine brachten S. 286
Je älter, desto jünger: Rektor der Universität zu Köln Josef Kroll (1889-1980) S. 321
»Meine« Kölner Universität von 1962-1967 S. 336
»Uncle Wiggly Wings«: Pilot Gail Halvorsen (1920-2022) S. 370
Sie konnte sogar die Zeitung holen: Wunderpferd Halla (1945-1979) S. 393
Zeitstrahl S. 413
Namensregister S. 416
Konrad Adenauer
Religion und Kirchen: Josef Kardinal Frings (1887–1978) und Vertreter ihrer Konfessionen
Kardinal Frings (1887–1978) war nicht nur in Köln sehr populär, sondern im ganzen Lande. Er war von 1945 bis 1965 Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz und Mitglied des zehnköpfigen Präsidiums des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1962 bis 1965. Von dem Bonner Professor Joseph Ratzinger (1927–2022), dem späteren Papst Benedikt XVI., ließ er sich beraten.
Frings, der in Neuss geboren wurde, stammte aus einer der sogenannten »heiligen Familien« dieser Stadt. Er studierte in München, Innsbruck, Freiburg im Breisgau und Bonn katholische Theologie. Sein Bruder Alfons war von 1946 bis 1961 Oberbürgermeister von Neuss. Ein anderer Bruder, Heinrich, wurde Reichsgerichtsrat und starb im Januar 1946 im Speziallager Nr. 1 Mühlberg in der Sowjetischen Besatzungszone. Im Jahr 1910 wurde Frings zum Priester geweiht und Kaplan in Köln und studierte weiter in Rom. 1916 promovierte er in Freiburg mit der Dissertation Die Einheit der Messiasidee in den Evangelien zum Doktor der Theologie. Er wurde Pfarrer in Köln, zuletzt an St. Joseph in Köln-Braunsfeld von 1924 bis 1937, und Regens des Kölner Priesterseminares von 1937 bis 1942. Der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer besuchte häufig den Sonntagsgottesdienst in St. Joseph, da diese Kirche für ihn schneller zu Fuß erreichbar war als seine Pfarrkirche St. Stephan. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von einem kühlen Verhältnis der beiden zueinander gesprochen, das aber nirgendwo dokumentiert ist.
Papst Pius XII. (1876–1958) berief Frings 1942 zum Erzbischof von Köln und kreierte Frings am 18. Februar 1946 zusammen mit Konrad Graf von Preysing (1880–1950), Bischof von Berlin, und Clemens August Graf von Galen (1878–1946), Bischof von Münster, zum Kardinal. Worauf Frings’ Popularität nicht nur in Köln beruhte, ist nicht leicht zu erklären. War es der rheinische Singsang seiner Sprache, war es sein freundlicher Umgang mit den Mitmenschen? Immerhin lautete sein Wahlspruch: »Pro hominibus constitutus« (Für die Menschen bestellt). Oder war es sein Ausspruch in der Notzeit nach dem Zweiten Weltkrieg, dass man sich das nehmen dürfe, was man zum Leben unbedingt brauche? Die Bevölkerung bezog diesen Wahlspruch vor allen Dingen auf den Klau von Kohle und Briketts, die man von den langsam fahrenden Güterzügen abwarf und aufsammelte. Man spricht bis heute vom »fringsen«.
So populär »fringsen« auch klingt, Frings geriet auch zwischen die Stühle: Kirchen und andere Gruppierungen äußerten zunehmend heftige Vorwürfe, etwa den der »Siegerjustiz«, als es im Rahmen der Dachauer Prozesse (1945–1948) zum Malmedy-Prozess (1946) kam. Der US-Militärgouverneur Lucius D. Clay verfasste ein Schreiben an den Kardinal, Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz, denn auch Frings hatte sich als Fürsprecher der Kriegsverbrecher profiliert. Darin verteidigte Clay das »War Crimes Program« und betonte, die Kriegsverbrechertribunale seien »in der Hoffnung errichtet worden, dass die Welt ihren Beitrag zum Frieden anerkennen würde und dass sie ein Abschreckungsmittel für künftige Angreifer darstellen möchten« (Wikipedia).
Frings war ein Mann, der auf sein Amt und seine Würde achtete und auch entsprechend auftrat, angefangen mit dem Fest in Rot, dem Kölner Domjubiläum von 1948, bis zu seinem Auftreten auf staatlichen Empfängen in der »Cappa magna«, dem weiten roten Seidenumhang der Kardinäle. Frings benutzte als Dienstwagen wie der Kanzler einen schwarzen »Adenauer-Mercedes 300«. Adenauers Verhältnis zu ihm war eigentlich sehr gut. In kirchlichen Fragen stimmten sie weitestgehend überein. Nur eines tat Adenauer nach seinem eigenen Bekunden nie, den Ring eines Bischofs küssen. Der Einfluss der katholischen Kirche auf den Katholiken Adenauer war sicherlich vorhanden, bezog sich aber eher auf den Glauben und die christlichen Wertvorstellungen als auf die Einflussnahme der Kirche auf Gesetzgebung und Regierungshandeln.
Die Übereinstimmung zwischen den moralischen Auffassungen beider großen christlichen Kirchen und der Bevölkerung war sicherlich viel größer als heute. Inzwischen haben die Kirchen von ihren Ansprüchen sehr viel aufgegeben, heute beherrscht eher der Zeitgeist die Kirchen als umgekehrt.
Frings beschloss als Zelebrant des Requiems für Konrad Adenauer im Kölner Dom am 25. April 1967 gewissermaßen die Ära Adenauer. Der Kölner Dom wurde dadurch und viele weitere bundesweit wirkende Gottesdienste sozusagen zur Nationalkirche Deutschlands.
Die Katholische Kirche wurde seinerzeit von Papst Pius XII. (seit 1939) und nach 1958 von seinem Nachfolger Johannes XXIII. (1881–1963) regiert. Pius XII. war in den 1920er-Jahren päpstlicher Nuntius in München und Berlin gewesen, sprach hervorragend Deutsch und beschäftigte in seinem vatikanischen Haushalt auch Deutsche. Als nach dem Zweiten Weltkrieg der Ruf Deutschlands am Boden lag, war er einer der Ersten, der den Deutschen wieder die Hand reichte. Dadurch war er in der Öffentlichkeit sehr beliebt und verehrt. Seinerzeit verreiste kein Papst, er hielt sich nur im Vatikan auf oder auf seinem Sommersitz im Castel Gandolfo. In seiner vergeistigten Art entsprach Pius einem Fürsten und Heiligen.
Nachdem Pius IX. 1854 das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens, gefeiert am 8. Dezember, verkündet hatte, formulierte Pius XII. 1950 das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel. Noch heute kann man beim Betreten des Petersdomes an den Seitenwänden in Stein gemeißelt nachlesen, welche Kardinäle bei der jeweiligen Dogmen-Verkündung anwesend waren. Nach 1950 wurde kein Dogma mehr verkündet. Doch Pius XII. rief das Jahr 1954 zum Marianischen Jahr aus. Aus diesem Anlass erschienen, für mich als Briefmarkensammler sehr bedeutsam, in vielen Ländern Briefmarken mit herausragenden Mariendarstellungen. Das Saarland, das noch eigene Briefmarken bis 1956 herausgab, prunkte mit einem dreiteiligen Satz mit großformatigen Madonnendarstellungen von Hans Holbein dem Jüngeren, Raffael (Sixtinische Madonna) und Albrecht Dürer.
In Frings’ Amtsführung begegneten ihm nicht nur Gläubige und treue Sammler, sondern auch scharfe Kritiker. Rolf Hochhuth (1931–2020) griff Pius XII. 1963 mit seinem Bühnenstück Der Stellvertreter wegen seines Schweigens gegenüber den Judenmorden im Dritten Reich an. Diese Problematik ist auch heute noch nicht abschließend erforscht. Eines dürfte aber klar sein, dass ein großer öffentlicher Protest des Papstes in dieser Hinsicht sich zum Nachteil für viele Betroffene hätte entwickeln können. Entsprechende Verlautbarungen holländischer Bischöfe von ihren Kanzeln Ende Juli 1942 führten dazu, dass die Nationalsozialisten im besetzten Holland viele Juden bzw. Bürger jüdischen Glaubens zusammentrieben, abtransportierten und in Auschwitz ermorden ließen, so zum Beispiel die später heiliggesprochene Karmelitin Edith Stein (1891–1942), ihre Schwester Rosa (1883–1942) und die Dominikanerin Lisamaria Meirowsky (1904–1942). Der Papst hatte schließlich keine eigenen Truppen und saß im Vatikan gefangen. Noch herrschten Benito Mussolini (1883–1945) und nach ihm die Deutschen als Besatzer Italiens. Es stellt sich die Frage, was Politiker im Westen, vor allen Dingen in den USA und England zur Judenverfolgung öffentlich sagten. Diese waren immerhin frei und konnten für ihre Reden nicht verfolgt werden. Nicht einmal die Eisenbahnverbindung nach Auschwitz wurde von ihnen bombardiert. Sie haben zur Vernichtung der Juden, von der ihnen berichtet worden war, öffentlich geschwiegen. Auch waren sie bei der Aufnahme jüdischer Flüchtlinge äußerst restriktiv. Für die Päpste galten schon lange in Kriegszeiten die drei Grundsätze: Neutralität, Diplomatie und humanitäre Hilfe.
Diplomatisch geschult war auch Papst Johannes XXIII. Er zeigte sich offener gegenüber den kommunistischen Regimen und auch anderen neuzeitlichen Strömungen. Johannes sagte zu sich selbst: »Nimm dich nicht so wichtig!« und berief vor allen Dingen 1962 das Zweite Vatikanische Konzil ein, bei dem auch Frings eine tragende Rolle spielte. Dieses letzte bisherige Konzil dauerte bis 1965 und sollte nach dem Willen des Papstes das Aggiornamento – die Anpassung der katholischen Kirche und ihrer Lehre an das moderne Leben – bringen. Das Ende dieser Großtat erlebte Johannes, der nur viereinhalb Jahre im Amt war, nicht mehr. Ich selbst habe ihn auf meiner Abiturreise im Juni 1963 im Petersdom in Rom aufgebahrt gesehen. Als Bundeskanzler Adenauer ihn im Vatikan besuchte und auf ihn, der Adenauer zu progressiv war, einredete, soll Johannes geantwortet haben, er sei schon katholisch. Johannes’ Nachfolger wurde Paul VI. (1897–1978), der vorher Bischof von Mailand gewesen war. Er war der vorletzte italienische Papst und der letzte Papst, der noch mit der Tiara gekrönt wurde. Er hat sie nachher den Armen gestiftet. Adenauer besuchte ihn zu seinem eigenen Abschied 1963.
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Bei den seit 1848 stattfindenden Deutschen Katholikentagen handelte es sich ähnlich wie bei den Evangelischen Kirchentagen um Großereignisse, die von Politikern gerne besucht wurden und auf denen sie bereitwillig Ansprachen hielten. Vor allen Dingen der Kölner Katholikentag von 1956, dessen Schlussfeier im Müngersdorfer Stadion stattfand, war ein solches Großereignis, das auch auf einer Briefmarke gewürdigt wurde. Köln feierte seinerzeit wie schon 1948 seinen Dom, und zwar im Jahre 1956 die...