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Aksu Hans Hansen

Ein Künstlerarchitekt zwischen Avantgarde und Heimatstil
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8288-7211-0
Verlag: Tectum Wissenschaftsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Ein Künstlerarchitekt zwischen Avantgarde und Heimatstil

E-Book, Deutsch, Band 8, 1 Seiten

Reihe: Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Kunstgeschichte

ISBN: 978-3-8288-7211-0
Verlag: Tectum Wissenschaftsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Der aus der Eifler Region stammende und seit seiner Jugend in Köln sesshafte Künstlerarchitekt Hans Hansen (1889–1966) ist eine ungewöhnliche und interessante Figur, die geradezu paradigmatisch sichtbar macht, wie sehr der Mythos einer Avantgarde ohne Voraussetzungen und Vernetzungen ihres inner circle an der Realität und ihren Praktiken vorbeigeht. So pflegte Hansen, der sich recht universalistisch auf den Feldern der Architektur, Kunsttheorie, Malerei, Grafik und des Kunstgewerbes betätigte, nicht nur engste Kontakte zu solch divergierenden Kunstszenen wie der linksradikalen Kölner Avantgarde (DADA Köln, Kölner Progressive) und dem Institut für religiöse Kunst. Auch war er eines der korrespondierenden Mitglieder der von Bruno Taut ins Leben gerufenen und unter dem Namen Gläserne Kette berühmt gewordenen avantgardistischen Vereinigung, die heutzutage zu den wichtigsten Repräsentanten architektonischer Utopie nach dem Ersten Weltkrieg gezählt wird. Neben einer Biographie des Künstlers geht der vorliegende Band ausführlich auf Hansens Werk in Architektur, Glasbild, Malerei und Schrift ein. Ergänzt durch einen Werkkatalog und illustriert mit insgesamt 265 Farb- und Schwarz-Weiß-Abbildungen bietet Aksus Werk einen einmaligen Überblick über das Schaffen des Künstlerarchitekten Hans Hansen.

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2 Biographie

Da noch keine umfangreiche Beschreibung der Vita des Protagonisten der vorliegenden Arbeit vorliegt, wird im folgenden Kapitel und soweit es die Quellenlage hergibt das Leben von Hans Hansen chronologisch nachgezeichnet und ausführlicher beleuchtet. Angelehnt an Alters- und Epochenabschnitte wird der besseren Übersicht wegen die Lebensgeschichte von Hans Hansen grob in drei Abschnitte unterteilt, für die sich, nicht zuletzt durch die jeweiligen politisch-historischen Konstellationen, tatsächlich das traditionelle Schema von Früh-, Mittel- und Spätphase anbietet. Denn diese korrelieren in der Regel mit den Phasen der Wilhelminischen Kaiserzeit, der Weimarer Republik und der NS-Herrschaft sowie den Anfängen der Bundesrepublik. Historische Umwälzungen, wie Weltkriege und veränderte Machtstrukturen beinhalten ferner oft einen Bruch oder zumindest eine Veränderung in der persönlichen Biographie. Inwieweit das auch für Hansen zutrifft, das heißt, auf welche Weisen Lebensgeschichte und historischer Kontext mit Hansens künstlerischem wie auch kunsttheoretischem Schaffen verknüpft sind, wird auf den folgenden Seiten noch eindringlicher erörtert werden. Dazu gehört ebenfalls die Rekonstruktion von Hansens Netzwerken, insbesondere solchen zu anderen Künstlern und Künstlergruppen. Die daraus gewonnenen Resultate sollen im erweiterten Sinne als Vorbereitung und Rüstzeug für die folgenden Abschnitte dienen, in denen zunächst seine Schriften, Malereien und dann insbesondere die sakralen Arbeiten und Kirchenbauten im Vordergrund stehen.

2.1 Kindheit und Jugend (1889–1914)

Johann Hubert Hansen wurde am 15. Mai 1889 als zweitjüngstes von insgesamt fünf Kindern4 des August und der Anna Hansen, geb. Kreitz, in Roetgen geboren.5 In späteren Jahren nannte sich Hansen ausschließlich Hans mit Vornamen, eine Kurzform des Namens Johann, die dadurch aber aus dem Namen fast schon eine Marke machte.

Laut Aussage des Sohnes von Hans Hansen betrieben die Großeltern in dem kleinen Ort eine gut laufende Mühle.6 Der Vater August Hansen war hingegen saisonaler Wollwäscher und Landwirt.7 Nach dem Tuchmachergewerbe während des 18. Jahrhunderts bildete im 19. und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein landwirtschaftliche Nutzung die Lebensbasis der meisten Einwohner.

Das Dorf Roetgen selbst liegt, eingebettet in ein großes Waldgebiet südwestlich der Moorlandschaft des Hohen Venns, im ländlichen Raum am nördlichen Ende der Nordeifel, ca. 15 km südlich von Aachen. Erste urkundliche Erwähnungen des Ortes Roetgen, das bis in napoleonische Zeit zum Herzogtum Jülich und seit 1815 zu Preußen gehörte, gehen auf das 15. Jahrhundert zurück. Wegen des sumpfigen Bodens waren die ersten Siedler gezwungen, Brach- und Heideland durch Rodung und Trockenlegung in besiedelbare Kulturlandschaft umzuwandeln. Dies erklärt auch die Weiträumigkeit von Roetgen, welche bis heute das Bild der Ortschaft prägt. Mühlen, nicht zuletzt für die Eisenverhüttung, gehörten der vielen Bäche wegen von Anfang zur wirtschaftlichen Grundlage der reichen Gegend.

Die im Jahr 1656 gebaute und erste katholische Kirche der Gemeinde wurde auf Grund der gestiegenen Bewohnerzahl im Jahr 1854 durch die heutige Pfarrkirche ersetzt, die wie ihr Vorgängerbau dem Hl. Hubertus, dem Patron der Jäger, der in fränkischer Zeit Bischof im 50 km entfernten Lüttich und sehr wahrscheinlich auch Namensgeber für Hansens zweiten Vornamen war, geweiht. Das neue Gotteshaus wurde nach den Plänen des bedeutenden Klassizisten und Historisten Johann Peter Cremer, Landesbauinspektor in Aachen, errichtet.8 Wegen der gotisierenden Formen ist sie dem beginnenden Historismus zuzurechnen. Diese schlichte Landkirche, mit dreischiffigem, kreuzrippengewölbtem Laienraum auf rechteckigem Grundriss und einer von Westen her angegliederten Einturmfassade, muss infolgedessen die erste Kirche gewesen sein, die Hansen in seiner Kindheit besucht hat. Auch wenn die Kinder Hansens darüber keine Auskunft geben konnten, ist davon auszugehen, dass Hansen als Ministrant in der dortigen Kirche Aufgaben der Liturgie übernommen hat, denn Hansen erfuhr bereits sehr früh eine Förderung durch die katholischen Pfarrer des Ortes.9

Die Berührungspunkte mit der Katholischen Kirche sind somit in Hans Hansens Leben von Beginn an anzusetzen und durchziehen dieses wie ein roter Faden, wie generell auch die Eifeler Region für ihre tiefe Verwurzelung im katholischen Glauben bekannt ist. Anzunehmen ist daher, dass Hansen seit frühester Kindheit geprägt wurde durch einen Milieukatholizismus,10 der einerseits aus einem schon katholisch geprägten Elternhaus, einer Melange aus inbrünstigem Glauben und ländlicher Frömmigkeit, hervorging und andererseits durch die enge Verbindung mit den Dorfpfarrern11 bestimmt wurde. Der in diesem katholischen Milieu insbesondere durch den Kulturkampf forcierte antipreußische Affekt schloss nicht selten Sympathien für die ebenfalls staatlich diskriminierten Sozialisten ein. So bildete das gleichsam negativ politisierte Milieu maßgeblich die Grundlage seines tiefen Glaubens und ermöglichte ihm seine spätere Tätigkeit für die Katholische Kirche.

Über die weitere Kindheit Hans Hansens ist nicht viel bekannt. Wir wissen, dass er die Volksschule besuchte und dort bereits eine gewisse Vorliebe für die Anfertigung von Zeichnungen entwickelt haben soll. Hans Hansen jun. sprach in diesem Zusammenhang von einem großen Talent des Vaters für das Zeichnen, welches er stets durch autodidaktisches Erlernen von künstlerischen Fertigkeiten verfeinerte.12 Ein Foto (Abb. 1), das Hansens lebenslange künstlerische Betätigung parallel zur Architektur originell dokumentiert und zugleich eine der frühesten Aufnahmen von ihm ist, zeigt ihn als jungen Mann mit etwa Anfang zwanzig, wie er in Begleitung eines Freundes eine Zeichnung anfertigt. In ländlicher Umgebung auf einer Steinmauer sitzend, mit einem Zeichenblock auf den Schenkeln und einigen Zeichenstiften in den Händen, ist Hansen gerade im Begriff, die vor ihm liegende Landschaft zu skizzieren. Seine Vorliebe für das Malen und das Zeichnen en plein air wird sein ganzes Leben anhalten.

Abb. 1: links unbekannt, rechts Hans Hansen

Nach Abschluss der Volksschule, also etwa um 1903/04, war es der damalige Dorfpfarrer Goretz13, der Hansen eine Lehrstelle im gut 80 Kilometer entfernten Köln, zu dessen Bistum Roetgen damals noch zählte, besorgte.14 Ob es letztendlich am besonderen künstlerischen Talent Hansens lag oder an einer frühen Förderung durch die Katholische Kirche, Hansen erhielt jedenfalls im Architekturbüro des Jugendstilarchitekten, Kunstgewerblers, Malers und späteren Werkbundmitglieds Ludwig Paffendorf15 (1872–1949), der seit 1898 in Köln erfolgreich tätig und bereits vor 1900 ein Verfechter des Jugendstils war, einen Lehrplatz.16 Denkbar wäre daher beides, doch war das besondere Zeichentalent bestimmt hilfreich, um eine handwerkliche Ausbildung zum Bauzeichner beginnen zu können.

Parallel oder im Anschluss an die Lehre muss Hansen Baukurse, vermutlich in der Gewerblichen Fachschule der Stadt Köln, belegt haben.17

So hat sich Hansen wohl sukzessive dem Beruf des Architekten genähert. Von den offiziellen staatlichen Institutionen wurde ein abgeschlossenes Studium der Architektur an einer der wenigen Technischen Universitäten vorausgesetzt, um als „vollwertiger“ Architekt überhaupt in den Genuss von großen staatlichen Aufträgen oder monumentalen Bauten zu kommen. Paffendorf beispielsweise hat sein Studium der Architektur an den Technischen Universitäten von Berlin und Stuttgart absolviert. Diese institutionelle Exklusivität einerseits und der ständig wachsende Bedarf in den expandierenden Städten im Kaiserreich andererseits führten zunehmend zu Interessenüberschneidungen mit den bedeutender werdenden Kunstgewerbeschulen. Über die Verquickungen von (Kunst-)Gewerbeschule und Akademie bezüglich der Architekturausbildung am Beispiel Düsseldorf hat Jürgen Wiener einen aufschlussreichen Aufsatz veröffentlicht, der u. a. die Schwierigkeiten der institutionellen Umstrukturierung und Ausbildung beleuchtet.18

Hansen, für den das Abitur außerhalb der familiären Möglichkeiten lag, hätte dann den Umweg über das Handwerk einschlagen müssen. Erst mit einem erforderlichen Gesellenbrief in der Tasche konnten Handwerker sich in der Regel an einer Baugewerks- oder Kunstgewerbeschule weiterbilden und sich später auch als Architekten bezeichnen, da die Berufsbezeichnung nicht durch eine Ausbildung an einer Technischen Universität geschützt war. Prestigeträchtige Aufträge und namentlich solche der öffentlichen Hand, blieben diesen (Laien-)Architekten aber gleichwohl meist vorenthalten. Wolfram Hagspiel resümiert über diese Lebensphase Hansens wie folgt:

„In seinem Heimatort Roetgen erfuhr er eine besondere Förderung durch den Ortspfarrer, der ihm nach Abschluß der Volksschule auch die Architektenausbildung (Lehre) in Köln ermöglichte. Hier war er bei dem bekannten Jugendstilarchitekten und Kunstgewerbler Ludwig Paffendorf als Lehrling im Büro und hat wohl auch hier durch den ‚malerischen‘ Zeichenstil Paffendorfs entscheidende Impulse bekommen.“19

Der Lehrmeister Paffendorf, der spätestens seit 1908 Mitglied des Deutschen Werkbundes war,20 tat sich in seiner Frühphase durch...



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