E-Book, Deutsch, 482 Seiten
Albers Heiße Miezen
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7431-1367-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Leben - One Life
E-Book, Deutsch, 482 Seiten
            ISBN: 978-3-7431-1367-1 
            Verlag: BoD - Books on Demand
            
 Format: EPUB
    Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Jürgen Albers, 22. September 1961 in Würselen/Bardenberg geboren, wuchs den größten Teil seiner Kindheit geschädigt durch den Missbrauch seiner Mutter und der katholischen Kirche in verschiedenen Internaten im Sauerland auf. Mit 18 Jahren, schwer erkrankt, schlug er sich als Taxi Fahrer in diversen Nachtclubs durch. Einmal mit dem Rotlicht Milieu in Kontakt gekommen, stieg er schnell zu einer der führenden Größen des Rotlicht Milieus auf. Als Nachtclub- und Casinobesitzer lernte er schnell, dass man dies nicht ewig betreiben konnte und begann ein Studium als Maschinenbauingineur und führte von dort her ein Doppelleben.
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Jürgen Albers
Heiße Miezen
Mein wildes Leben als
Nachtclub- und Casinobesitzer
Eine Autobiografie
© 2013 Borgmeier Publishing
Herausgeber:
Borgmeier Media Gruppe GmbH
Lange Straße 112
27749 Delmenhorst
fon: +49 4221 93450
fax: +49 4221 17789
info@borgmeier.de
www.borgmeier.de
Erste Auflage
Alle Rechte vorbehalten.
Dieses Buch oder Teile dieses Buches dürfen nicht vervielfältigt, in Daten-banken gespeichert oder in irgendeiner Form übertragen werden ohne die schriftliche Genehmigung des Verlags.
ISBN: 978-3-9811165-8-8
Autor: Jürgen Albers
Verleger: Carsten Borgmeier
Satz, Gestaltung und Lektorat: Borgmeier Publishing,
ein Geschäftsbereich der Borgmeier Media Gruppe GmbH.
Am Anfang war das Leben
Als ich am 22.9.1961 um 2 Uhr morgens das Licht der Welt
erblickte und im Entferntesten hätte ahnen können, was mich er-
wartet, wäre ich wohl laut schreiend weggelaufen, wenn ich denn
schon hätte laufen können.
Da ich es noch nicht konnte, musste ich wohl bleiben und das,
was kam, ertragen. Oder besser gesagt, zu überleben versuchen.
Dies wurde wohl auch mein ständiger Begleiter: der ewige
Kampf, zu überleben und nicht den Verstand zu verlieren.
Drei Tage vorher, Grube Gouley,
Würselen-Morsbach, 10 Uhr vormittags
Mein Vater Horst, von Beruf Bergmann, Ing., geht mit seinem
Kumpel Alfons („Kumpel“ werden im Bergbau die Kollegen ge-
nannt) in 860 Meter Tiefe mit einem weiteren Kumpel einen Stol-
len entlang.
Horst sagt zu Alfons: „Irgendwie habe ich ein Gefühl im Bauch,
das mir gar nicht gefällt.“ „Ja“, sagt Alfons, „heute knackt und
kracht es etwas komisch über uns.“
Weitere Worte konnten nicht mehr gewechselt werden, denn der
Berg brach mit einem lauten Krachen und Ächzen ein und begrub
alle drei unter sich.
Verschüttet unter Tonnen von Stein und Geröll mit sinkenden
Chancen zu überleben.
Zu Hause, meine Mutter kurz vor meiner Geburt, mit ihrer
Schwester Gerda, als der Alarm in der Grube losging, der kilome-
terweit zu hören war und jedem, ob er wollte oder nicht, sagte:
Einsturz, verschüttet, Grubenunglück ...
Alle, die ihre Männer „auf Schicht hatten“, wussten was das
heißt. Sofort die Fragen, die sich in die Köpfe gruben: In welcher Tiefe ist es passiert, kommt meine Familie davon?
„Nun mach dir mal keine Sorgen“, sagte Gerda, „warum soll Horst es sein.“
Noch konnte keiner ahnen, dass drei Tage banges Warten be-
vorstand.
„Wir gehen bei den Eltern vorbei und zusammen zur Grube“,
sagte Marlies (Zusammenfassung von Maria Elisabeth) zu Gerda.
Mein Opa Peter, im 2. Weltkrieg als Scharfschütze im Russland-
feldzug, hatte beste Nerven und das Getöse des Alarms schon
gehört.
„Nun reg dich nicht auf, Marlies. Wird schon nicht Horst sein.
Gehen wir rüber und sehen einfach nach. Man wird uns schon
informieren.“
Auf dem Weg zur Grube, die nur ein paar hundert Meter von
der Wohnung entfernt war, kamen bereits die ersten Nachrichten,
die wie Hiebe auf einen einschlugen. „860, 860 ... auf 860 Meter
Einsturz; drei Leute vermisst.“
Beim Eintreffen an der Grube wurde die Nachricht zur Gewiss-
heit. Horst wurde mit zwei Kollegen vermisst. Auf über 80 Meter
Länge war der ganze Stollen eingestürzt. Keiner wusste, waren die
drei vor dem Einsturzgebiet oder wurden sie unter allem begra-
ben? Die ersten Rettungsmannschaften waren vor Ort und das
Graben begann.
„Was ist los, Marlies?“ sagte Gerda, „du zitterst am ganzen Kör-
per und bist ganz blass. Bekommst du wieder einen Anfall? Geht
es dem Baby gut?“
Meine Mutter fiel einfach in sich zusammen.
Sie litt von Kindesalter an an epileptischen Anfällen schwers-
ter Form.
Sie war fast immer mit Gerda allein, weil niemand sie kennen
lernen wollte, obwohl sie eine hübsche junge Frau war. 1,60 groß,
schlank, dunkle Haare, die fast immer hochgesteckt waren, 22 Jahre jung, aber eben nicht ganz gesund.
Bis mein Vater kam ... Aus Erzählungen weiß ich, dass es für mei-
nen Vater wohl Liebe auf den ersten Blick war. Sie war eine große Last für die ganze Familie und man war froh, als durch Horst und
die Hochzeit die Anfälle fast ganz ausblieben, bis zu der Nachricht, die sie zusammenfallen ließ wie ein nasser Sack.
Mein Vater lag unterdessen unter Balken begraben, die sich so
verkeilt hatten, dass er ein wenig Platz über sich hatte. Und die
verhinderten, dass er von dem Ganzen erschlagen wurde. Neben
ihm lag Alfons, bewusstlos und verletzt, aber lebendig. Der dritte war tot. Er hatte keine Chance.
Horst verspürte Schmerzen im rechten Bein, das unter einem
Balken eingeklemmt war. Blut lief von der Stirn über das Gesicht,
aber er lebte.
Er konnte nicht ahnen, dass er erst drei Tage später geborgen
werden würde, mehr tot als lebendig.
„Oh Gott“, sagte Gerda zu ihrer Mutter, meiner späteren Oma
Maria, „was machen wir mit Marlies? Die Anfälle werden immer
schlimmer. Wir müssen sie ins Krankenhaus bringen.“
Die Eltern von meinem Vater Horst – seine Mutter Eva Maria
und sein Stiefvater Georg, genannt Schorch – und sein Bruder
Günther waren mittlerweile aus Sorge ständig in Grubennähe.
Als meine Mutter, mehr geistesab- als anwesend, etwas zur Ruhe
kam, fragte sie: „Gerda, gibt es was Neues?“
„Nein, Marlies, sie graben noch, man hat noch Hoffnung, aber
es sind schon drei Tage. Gib die Hoffnung nicht auf, Marlies. Sie
werden ihn finden, da bin ich mir ganz sicher.“ „Ich glaube, das
Baby kommt“, sagte Marlies zu Gerda, bevor der nächste Anfall
kam und sie das Bewusstsein ganz verlor.
(Diese Anfälle sind hirnorganischer Art und verursachen schwe-
re Störungen des Bewusstseins bis hin zu Bewusstlosigkeit und
Zitteranfällen. Das übliche Krankheitsbild bei einem Anfall sind
Zittern, der Kranke liegt ohne Bewusstsein am Boden, da es ihn
wie ein Blitz aus heiterem Himmel trifft, und Schaumbildung vor
dem Mund.)
„Mutter“, rief Gerda, „wir müssen ins Krankenhaus, das Baby
kommt!“ „Ja, beeilen wir uns. Zum Glück ist das Krankenhaus in Bardenberg um die Ecke.“
Zur selben Zeit, nur einige hundert Meter entfernt, aber 860
Meter tief, stießen die Rettungsmannschaften auf die drei Ver-
schütteten.
„Schnell“, rief der Leiter der Rettungsaktion, „zwei leben! Be-
nachrichtigt das Krankenhaus in Bardenberg. Wir kommen mit
zwei Schwerverletzten.“
22.9.1961, 20 Uhr, Krankenhaus Bardenberg,
Hauptflur zum OP- und Kreißsaalbereich
Die beiden Verletzten wurden nacheinander über den hellgrün
gekachelten Flur Richtung OP gefahren.
Zeitgleich wurde Marlies über den gleichen Flur Richtung Kreis-
saal gefahren. Sie wurden aneinander vorbei geschoben. Der eine,
während einer Not-OP um sein Leben kämpfend, und seine Frau,
mittlerweile mit hohem Blutverlust durch die beginnende Geburt
um zwei Leben kämpfend, Richtung Kreißsaal.
„Das Kind steckt im Geburtskanal, es kommt nicht“, sagte der
Arzt zu Gerda und den anderen Angehörigen, die mittlerweile
fast alle eingetroffen waren. „Es sieht nicht gut aus, wir werden
das Kind mit einer Zange holen (sogenannte Zangengeburt), es
sieht gar nicht gut aus“.
„Mit Frau Albers steht es noch schlechter“, sagte der Arzt. Sie
hat viel Blut verloren und ist immer noch ohne Bewusstsein. Wir
geben ihr keine große Chance. Rechnen Sie mit dem Schlimms-
ten, für beide.“
„Wir müssen versuchen, das Kind zu retten“, sagte Dr. Allhofs.
„Versuchen wir es mit der Zange am Kopf zu packen und rauszu-
ziehen.“
Dann sofort auf die Kinderstation. „Bluttransfusionen, Blut, wir
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brauchen mehr Blut für Frau Albers“.
Nach 35 Minuten war ich auf „dieser“ Welt. Meine Mutter war
mehr tot als lebendig.
„Frau Kreutz“, sagte Dr. Allhofs zu meiner Oma. „Das Kind lebt.
Es hat gute Chancen zu überleben. Jedoch um Ihre Tochter steht es
recht schlecht. Wir denken, sie schafft es nicht. Wir haben getan, was wir konnten. Der Rest liegt in Gottes Hand.“
So also lag meine Mutter im Sterbezimmer und kämpfte ums
Überleben. Mein Vater lag auf der Intensivstation nach der gut
verlaufenen Not-OP und ich auf der Kinderstation, ebenfalls bei
meinem Versuch zu überleben.
Wer braucht so einen Start ins Leben?
Das Leben?! beginnt.
Nach zwei Wochen konnte mein Vater entlassen werden. Immer
noch nicht ganz gesund, aber in der Lage, das Krankenhaus zu
verlassen. Jedoch für immer mit Narben im Gesicht, auf der Stirn
hauptsächlich, die merkwürdig blau verfärbt waren von der Kohle,
die in die Wunden eingedrungen war.
Sein Kumpel überlebte ebenfalls.
Für den Dritten konnte man nichts tun, außer ihn zu bergen
und ihn wieder unter die...





