E-Book, Deutsch, 84 Seiten
Alberts J.B. Cool - Extra Dry
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-8378-8043-4
Verlag: Edition Temmen e.K.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Letzte vom bekifften Bremer Detektiv
E-Book, Deutsch, 84 Seiten
ISBN: 978-3-8378-8043-4
Verlag: Edition Temmen e.K.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Es war der Tag, an dem wir für alles eine Lösung hatten, aber keine weiteren Probleme. Oder gar Fälle. Oder überhaupt etwas auf dem Konto'
Seit Jahren schon geistert Jürgen Alberts stets bekiffte Hauptfigur durch die Hansestadt Bremen. Die Aufträge des J.B. Cool haben es in sich: Einmal soll er herausfinden, warum der einstige Tabellenführer Werder Bremen abgestiegen ist, ein anderes Mal hält ihn die vergrätzte Weser auf Trab, die aus Protest gegen Verschmutzung und miese PR-Tricks von der Bildfläche verschwunden ist. J.B. Cool, genußsüchtig aber glücklos, hat bislang noch keinen seiner Fälle gelöst.
Mit seinem Bändchen 'J.B. Cool Extra Dry' legt Jürgen Alberts neue Fälle des 'größten Versagers im Detektivgewerbe' vor. Und daß diese Krimigeschichten ausgerechnet in der Bremer Edition Temmen erscheint, kann angesichts des Lokalkolorits ganz und gar nicht verwundern.'
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
J.B. Cool und die Saalschlacht
Es war der Tag, an dem wir für alles eine Lösung hatten, aber keine weiteren Probleme. Oder gar Fälle. Oder überhaupt etwas auf dem Konto.
Theo stand in meinem Büro.
Verdutzt, was sag ich, missmutig, um nicht zu sagen, vergrätzt. Auf gar keinen Fall bitterböse.
Wenn du kein Problem hast, sagt ein schwedisches Sprichwort, dann schaff dir eins. Und der Lette fügt hinzu: Probleme sind das Salz im Teig des Lebens. Was den Belgier wiederum zu der Replik veranlasste: Wer keine Probleme hat, hat auch keinen Likör.
Und genauso ging es uns. Beiden.
»J.B., du hast mir damals zugesichert, daß ich bei dir nie arbeitslos werden würde.«
»Davon kann keine Rede sein.«
»Aber das waren deine Worte.«
»Dann hab ich mich eben geirrt. Tut mir Leid.«
Wir begannen aus lauter Verzweiflung ein Rollenspiel.
Theo klopfte an meine Bürotür.
»Herein.«
»Sind Sie J.B. Cool?«
»Genau derselbige.«
»Ich hätte da mal eine Frage: Sind Sie bereit und in der Lage, jemanden ausfindig zu machen?«
»Aber immer«, gab ich zurück.
»Auch Hunde?« sagte Theo.
Ich wusste schon, worauf er hinauswollte.
»Aber nicht am Mittwochnachmittag«, loriote ich.
Zack, das Rollenspiel war zu Ende. Das war auch kein Weg, zu einem Auftrag zu kommen.
Stundenlang starrten wir das Telefon an. Dann die Tür. Und dann wieder aus dem Fenster. Auf der anderen Seite war hektische Aktivität. Im Polizeirevier übten sie Tai-Chi. Eine ganze Hundertschaft beim Schützen rechts, Schützen links. Und nur weil die chinesische Partnerstadt ihren Besuch angekündigt hatte. 25 Millionen Chinesen auf sechshunderttausend Hansestädter. Hei, das würde ein Durcheinander werden.
Theo ging zwischen Kochkombüse hin und her und ich sah ihm dabei zu.
»Theo«, rief ich, »hast du nicht irgendetwas Essbares im Haus? Wenn man schon keinen Fall hat, soll man wenigstens gut essen.«
»Von welchem Geld denn?« gab Theo barsch zurück.
»Aber irgendwelche Zutaten wirst du doch im Haus haben?«
»Mal sehen.«
Und dann folgte eine Liste, die länger als Kopenhagen war.
Ich verstand nur: 150 Gramm Weizenmehl, zwei ganze Eier, ein Eigelb zusätzlich drei Esslöffel Rum und eine Prise Salz.
»Mensch, Theo, daraus kannst du uns doch Schwiensterrtjes backen.« Wir kochen nur selten ostfriesisch, aber wenn, dann was Süßes. So zum Schnabulieren, kleine Schweinereien wie eben dieses herrliche Gebäck.
Theo Zenker gefiel der Einfall. Auch Hansestädter nehmen so was gerne zum Five-o’-clock.(Auch wenn sie vorher kein Probeliegen im Bettenhaus durchgeführt haben … na, wer erinnert sich noch an diese Szene?)
»Ich geh derweil zu Eduscho und klau ein bisschen Kaffeepulver.«
»Lass dich nicht erwischen«, riet Theo mir.
Auf dem Weg, auch hintenrum, traf ich den Bürgermeister, seine Frau und seine Senatoren, wie man in der Hansestadt jeden Tag einen von diesen Schlappenschammessen antreffen kann.
Ich schaute ihnen tief in die Westentasche.
Kein Auftrag. Nirgends.
Weil vor lauter Kürzungen des Etats auch ihnen die Spesen ausgegangen waren.
Der unmittelbare Tod der hanseatischen Eigenständigkeit stand bevor. Und dabei hatte ich meine Heimatstadt schon so oft vor dem letzten Abgang gerettet. Damals als ich die Weser zurückholte oder bei Werder aushalf, das schwarze Loch im Kulturetat ausfindig machte oder das verschwundene Image der Hansestadt in Kuba beim Saufen erwischte.
Bei Eduscho war nix los. Und wenn nix los ist, kann man auch nix stibitzen. Zu viele Augenpaare verfolgten meine flinken Hände. Dafür war bei Tchibo Hochbetrieb. Die zwei Päckchen Africa Golden Mixture, die mir in die Tasche rutschten, fielen nicht auf. Ich hätte auf Mundraub plädiert. Etwas Kaffee braucht der Mensch. Nicht nur am Morgen. Das Diebesgut würde für unsere nächsten Trauerfeiern reichen. Wenigstens aber zwei Tage.
Als ich zurückkam, sah ich die Bescherung.
In meinem Büro roch es wundervoll und auf dem Boden lag eine Blondine, zu der Marilyn gute Nacht gesagt hätte. Und Doris Day hätte sich erst gar nicht blicken lassen.
»Theo, was ist das?«
Zenker kam mit schiefer Kochmütze aus seiner Kombüse.
»Da ist ein kleines Malheurchen passiert«, stotterte er so vor sich hin.
»Das sehe ich. Wie heißt sie?«
»Sie wollte mir ihren Namen nicht sagen, aber von meinen Schwiensteertjes naschen. Na ja, nicht jeder verträgt so eine Dosis.«
Theo hatte mal wieder, was eine blöde Angewohnheit war, ein bisschen von dem schwarzen Afghan in die leckeren Kekse gestreut. Oder war es doch eine Überdosis?
»Laleli«, lallte es vom Boden.
»Sie kommt ja schon wieder zu sich«, jubilierte Theo.
»Und was wollte sie von uns?«
»Naschen, sonst nix. Sie sagte, sie hätte die Gutzele schon auf der Straße gerochen. Unwiderstehlich, hat sie noch gesagt, bevor sie zu Boden delirierte.«
Die Blondine schaute mich mit katzengrünen Augen an. Weltwunder inbegriffen. So eine Schönheit und dann vor mir auf den Knien.
Ich half ihr auf die wackligen Beine.
»Madame, sind Sie wieder bei sich?«
Ich versuchte die französische Höflichkeit, die Heinrich Heine in Paris so geliebt hatte, der süße Ananasduft der Höflichkeit. »Oder lieber gnä’ Frau«, wienerte ich hinterher.
»Haben Sie noch mehr von diesem Gebäck?«
»Für Sie immer, wenn Sie denn noch eine Dosis vertragen?«
»Aber ja doch«, nickte sie. Dabei fielen ihre weißblonden Haare in irrem Wirbel um ihr Haupt. Karussell der Emotionen. Mir wurde fast so schwindelig wie ihr schon sein musste.
»Ich war eigentlich hierher gekommen, weil mein Neufundländer entlaufen ist. Mein Mann wird heute Abend ziemlich böse werden, wenn sein Hundilein nicht wieder neben ihm auf dem Sofa sitzt und seine Wangen schleckt …«
Sie machte eine Pause, die länger als John Cages Solostück war.
Erst sah sie Theo auf die Kochmütze, dann auf meine Lippen.
»Ich habe eine Idee.«
»Wo?«
»Hier drin.« Sie zeigte auf das Schönste oberhalb ihres Halses. Vom dem Rest abwärts später. Mehr.
»Die Kekse könnten doch die Lösung aller Rätsel sein.«
Theo sah mich an, ich ihn, und wir beide, daß wir nichts verstanden hätten.
Die Frau, die sich sogleich mit Namen: Beckmann, und Titel: Senatsdirektorin, vorstellte, war für einen Moment glasklar. Was rede ich da: Sie hatte tatsächlich einen Einfall, auch wenn es mir so vorkam, als hätte sie ihn bei mir geklaut. So wie ich den Kaffee bei Tchibo.
»Sie backen eine ordentliche Portion von diesen Keksen und ich verteile sie auf den obersten Etagen.«
Theo kicherte.
Ich kicherte mit.
»So eine Ladung, wie Sie mir gerade verpasst haben, könnte doch wieder Bewegung in die Hansestadt bringen. Wenn erst mal alle Senatoren so angeturnt sind, und erst der Erste Bürgermeister, der ja immer behauptet, für ihn sei der Job die beste Droge, er brauche nicht mal mehr Wein. Außer beim Abendmahl natürlich, evangelisch wie er ist, aber auch da nimmt er nur einen winzigen Schluck.«
»Und was bringt das uns?« Diese Frage muss ich stellen, weil sonst keine Kohle in die Kasse bröckelt.
»Lassen Sie das meine Sorge sein. Ich bin fürs senatorische Catering zuständig.«
»Wassn das?« wollte Theo wissen.
Und ich auch.
»Bei meinem Aussehen«, sie warf ihre Mähne hinter sich und ich glaubte, hundert provençalische Wildpferde durch mein Büro reiten zu sehen, »da wollte man mich nicht mit Arbeit oder gar Akten belasten. Sie haben einen Job gesucht, der mich nicht überforderte. Catering, darauf kamen die obersten Behördlinge nach siebzehn Monaten angestrengten Nachdenkens, nachdem drei Kommissionen getagt hatten und vier Gutachten angefertigt worden waren. Catering für die Senatsrunde. Also, immer wenn es was zu futtern gibt, bin ich zur Stelle und besorge die Speisen und Getränke. Auch auf der Barkasse, wenn die ausländischen Gäste abgefüttert werden sollen.«
Theo...




