Ammon | Herz aus Gold und Asche | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Ammon Herz aus Gold und Asche


19001. Auflage 2019
ISBN: 978-3-522-65422-7
Verlag: Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-522-65422-7
Verlag: Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wen würdest du retten– deinen Bruder oder die Liebe deines Lebens?Elin kann es nicht fassen! Ohne große Anstrengung ergattert sie ihren Traumjob in einem der weltweit größten Pharmaunternehmen. Nicht nur, dass sie in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters tritt, nein, mit der Forschung kann sie möglicherweise ihrem schwerkranken Bruder helfen. Allerdings ist es nicht einfach, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, seit sie dort Esra begegnet ist. Er sieht umwerfend aus und ist unglaublich charmant, aber irgendetwas scheint er vor ihr zu verbergen. Und jeder Schritt in seine Richtung treibt Elin mehr in die faszinierende sowie gefährliche Welt einer längst vergessenen Legende. Bis sie sich entscheiden muss: Wen soll sie retten – ihren Bruder oder ihre große Liebe?
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Kapitel 2


Erst als ich vor Tante Sinas Haus stand, wich das beschwingte Gefühl aus meinem Kopf. Kalte Steinmauern umringten mich in der engen Gasse der Altstadt. Kaum ein Sonnenstrahl drang hier bis auf den Boden durch. Ich hielt einen Moment den Atem an und lauschte in die Stille. Nichts. Nicht einmal ein Vogel war zu hören. Eine Gänsehaut überzog mich. Mit zittrigen Fingern kramte ich in der Tasche nach dem Schlüssel, schob ihn ins Schloss und schlüpfte ins Haus. Was für eine merkwürdige Stimmung. Ich atmete tief durch und versuchte, die Kälte loszuwerden, die mich umfing.

Das würzige Aroma von gekochtem Schinken stieg mir in die Nase, und das Klappern von Töpfen aus der Küche brachte mich zurück in die Wirklichkeit. Ich zog meine Schuhe aus und schlich die Treppe hoch in mein Zimmer.

Das schlechte Gewissen nagte an mir. Ich hätte meiner Tante sagen müssen, dass ich mich ausgerechnet bei Panazea beworben hatte. Wie sollte ich ihr nun erklären, dass ich ab Montag dort arbeiten würde? Plötzlich konnte ich nicht schnell genug aus den Businessklamotten kommen. Ich tauschte sie gegen meine schwarze Röhrenjeans, eine weiße hüftlange Bluse und eine schwarze Weste.

Wenn Sina ihre Theorien hätte beweisen können, warum wich sie mir dann immer aus?

Nein, da war nichts. Panazea war eine ganz normale Firma. Punkt!

Ich löste die Haarspange, sodass mir die kastanienfarbenen Haare in leichten Wellen über die Schultern fielen, und ging hinunter in die Küche.

»Hey Elin.« Nico stieß mir mit einem wissenden Lächeln seinen Ellbogen in die Rippen. Da er mich heute Morgen erwischt hatte, als ich mich rausschleichen wollte, hatte ich ihn einweihen müssen. Jetzt war ich froh, einen Verbündeten zu haben.

»Hey.« Ich küsste ihn auf seinen kahlen Kopf und ging zum Herd hinüber. »Hallo Sina. Das riecht gut.« Ich fischte über ihre Schulter hinweg nach einer Nudel.

Sina schlug mir auf die Hand. »Danke, mein Kind. Und jetzt deck bitte den Tisch.«

Ich grinste.

»Wo warst du eigentlich den ganzen Morgen?«

»Weg«, sagte ich schnell, während ich die Teller verteilte. »Ich musste einiges erledigen.«

»Aha.«

Ich schöpfte Gemüse und Nudeln aus den dampfenden Töpfen, die meine Tante auf den Tisch gestellt hatte. Nachdem sie jedem ein Stück Fleisch gegeben hatte, begann ich sofort, alles in mich hineinzustopfen, sodass mein Mund keine Sekunde leer blieb. Ich hoffte, Sina würde ihren stechenden Blick irgendwann resigniert abwenden. Aber sie lauerte nur darauf, mich im Moment des Herunterschluckens zu packen.

Nach wenigen Minuten verlor sie die Geduld. »Was hattest du denn zu erledigen, wenn ich fragen darf?« Sie gab sich keine Mühe, der Frage etwas Beiläufiges zu verleihen.

Ich schob mir die volle Gabel in den Mund und legte dann das Besteck hin. »Ich hatte ein Vorstellungsgespräch.«

»Oh! Das ist ja toll. Warum hast du denn nichts erzählt?«

»Ich dachte, falls es nicht klappt … also ich wollte nicht …« Ich holte tief Luft. »Ich dachte, ich sag’s euch, wenn ich erfolgreich war.«

»Aber Elin, wir würden dich doch nicht verurteilen, wenn es nicht klappt. Das ist doch ganz normal. Die wenigsten bekommen gleich den ersten Job.«

»Ich hab ihn aber bekommen«, sagte ich und lächelte sie an.

»Was?« Sina runzelte die Stirn. »Du hast schon eine Zusage erhalten? Direkt nach dem Vorstellungsgespräch?«

Ich nickte. Nico stieß mich an und grinste.

»Das ist merkwürdig. Bei welcher Firma ist das denn?«

Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als sich der Name auf meiner Zunge formte. »Panazea.«

Einen Moment stand alles still. Den Atem angehalten, ließ ich Sina keine Sekunde aus den Augen.

»Panazea!« Meine Tante sprang auf und donnerte ihre Fäuste auf den Tisch. Ich zuckte zusammen. Nico hatte aufgehört zu kauen und saß reglos neben mir.

»Das kann unmöglich dein Ernst sein, Fräulein!«

»Das ist eine große Chance, Sina. Ich könnte nebenher studie…«

»Eine Chance? Du weißt ganz genau, was das für Verbrecher sind!«

»Nein, weiß ich nicht. Du redest ja nie mit mir. Woher soll ich also wissen, was damals deiner Meinung nach passiert ist?«

»Das hat nichts mit meiner Meinung zu tun! Die haben deine Eltern auf dem Gewissen. Schämst du dich gar nicht, auch nur daran zu denken, dort zu arbeiten?« Ihr Zeigefinger hackte bei jedem Wort auf mich hinunter.

»Es gibt keine Beweise. Die Polizei hat nichts gefunden. Der Fall ist abgeschlossen. Es war ein ganz normaler Autounfall!«

»An diesem Unfall war überhaupt nichts normal. Herrgott! Wo ist deine verdammte Loyalität geblieben, Elin?« Ihre violettgrauen Locken hoben sich leuchtend von dem dunkelroten Teint ab, den ihr Gesicht angenommen hatte.

»Dann erzähl mir doch endlich mal deine Version der Geschichte! Alles, was ich immer höre, ist ›Das ist kompliziert‹. Was soll ich damit anfangen?« Ich wischte mir über die feuchten Augen. »Ich wollte nur einen Job, damit wir etwas mehr Geld haben.«

»Ich gebe mir weiß Gott alle Mühe, euch das zu bieten, was ihr gewohnt wart, und nun kommst du mir so!«

»Nein, so habe ich das nicht gemeint. Ich wollte doch nur helfen. Ich weiß, wie hart du …«

»Wir haben genug, auch ohne dass du bei Panazea arbeitest.« Sie drehte sich abrupt um und ging zur Spüle. Diese Diskussion hatte eine völlig verkehrte Richtung genommen. Und alles, was ich sagte, kam falsch an. Offensichtlich war es zu anmaßend, sich um einen Job zu bemühen und etwas aus seinem Leben machen zu wollen.

Auf einmal fühlte ich mich schuldig. Nicht nur dass ich wohl meine Eltern verraten hatte, jetzt dachte Sina auch noch, dass ich undankbar war. Ich war den Tränen nahe, aber die Blöße würde ich mir nicht geben. Krampfhaft schluckte ich sie hinunter.

Nico hatte wieder begonnen zu essen, wenn auch langsam und darum bemüht, keine Geräusche zu machen. Mir war der Appetit vergangen.

Ich starrte auf meine Hände. Plötzlich überdeckte mich Sinas Schatten erneut. »Und du wirst da nicht arbeiten! Hast du mich verstanden?«

Ich war achtzehn, sie konnte mir gar nichts verbieten. So eine Chance würde ich nie wieder bekommen. Diesen Job abzusagen, wäre schlicht und ergreifend dumm! Aber es ging nicht nur um die Ausbildung oder die Karriere, dort zu arbeiten hieße auch, dass ich helfen würde, Nico für immer zu heilen!

Vielleicht war das eine Trotzreaktion, und vielleicht war es egoistisch, vielleicht war es auch falsch und verwerflich oder alles zusammen, aber ich konnte Sina diesen Wunsch nicht erfüllen. Ich stand auf und verließ die Küche, ohne ein weiteres Wort.

»Du bleibst hier!«, brüllte sie mir hinterher, aber da war ich schon zur Haustür hinaus und rannte die Gasse hinunter Richtung Stadtzentrum.

Die hohe mit Efeu überwachsene Mauer stand den dicht gedrängten alten Häusern gegenüber, deren rostrot umrahmte Fenster wie Augen auf mich hinabblickten.

Erst als ich in der Tram saß, auf dem Weg zu Juna, entspannte ich mich allmählich.

Es war irgendwie merkwürdig, unter welchen Umständen Juna und ich uns kennengelernt hatten. Sie stand plötzlich da, auf der Beerdigung meiner Eltern. Es hieß, ihre Familie sei mit meinem Vater bekannt gewesen, aber ich hatte sie noch nie zuvor gesehen. Wahrscheinlich war es wohl Schicksal.

Sie tröstete mich, draußen vor der Kirche, und ich ließ es zu, weil es sich gut anfühlte. Ich wusste nicht mehr, wie es dazu kam, dass ich plötzlich in ihren Armen lag. Überhaupt erinnerte ich mich nur Bruchstückhaft an diese Zeit. Später kam sie ab und zu bei uns vorbei, wenn Sina abends arbeiten musste. Mittlerweile war sie wie eine große Schwester für mich.

Bei der nächsten Station stieg ich aus. Der Blumenladen, in dem Juna arbeitete, befand sich gleich an der Ecke auf der anderen Straßenseite. Durch das Schaufenster hindurch sah ich, wie sie einen jungen Mann bediente, der unschlüssig von einem Topf zum anderen wanderte. Ich klopfte an die Scheibe, um mich bemerkbar zu machen. Juna winkte mir zu und lächelte. In dem dunklen Strickkleid sah sie wie immer umwerfend aus. Die kurzen schwarzen Haare umspielten fransig ihr Gesicht, und der knallrote Lippenstift schmeichelte ihren vollen Lippen.

Ich ging einige Schritte die Straße entlang, als auch schon die Türglocke bimmelte. Ich drehte mich um und sah, wie Juna hinter dem Kunden aus dem Laden trat.

»Wiedersehen. Und viel Glück heute Abend«, sagte sie.

Der Typ grinste breit. »Danke. Wird schon schiefgehen.«

»Ben, ich mache Mittag«, rief Juna über die Schulter, bevor die Tür hinter ihr zufiel. »Hey Süße!« Sie hüpfte die Stufe hinunter und kam auf mich zu. Vor mir stockte sie. »Was ist los?«

»Ich hatte Streit mit Sina.«

Sie zog mich in ihre Arme und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Komm, lass uns runtergehen zum Rhein. Dann erzählst du mir alles in Ruhe.«

Keine hundert Meter weiter grenzte das Wohnviertel ans Rheinufer. Die wenig befahrene Straße oberhalb des Flusses war von knorrigen Kastanienbäumen gesäumt, die sich die ganze Uferpromenade entlang bis ins Stadtzentrum zogen. Wir stiegen eine kleine Steintreppe hinunter und hockten uns auf den von der Sonne gewärmten Damm. Erste Grashalme und Wildblumen bahnten...


Ammon, Katja
Katja Ammon wurde 1977 in Basel geboren, wo sie nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Edinburgh heute mit ihrer Familie lebt. Schon als Kind hat sie gern Geschichten erfunden. Nach Studium und Promotion widmete sie sich aber zunächst komplett der Wissenschaft, bis der Drang zu schreiben wieder an die Oberfläche gekommen ist. Seither wurde neben einigen Kurzgeschichten in Anthologien auch ihr Debütroman »Herz aus Gold und Asche« veröffentlicht.



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