E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
Andersen Vor Schmetterlingen wird gewarnt
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-86278-418-9
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Reihe: MIRA Taschenbuch
ISBN: 978-3-86278-418-9
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Leben, leicht wie ein Schmetterlingstraum? Ava Spencer hat alles erreicht, was sie sich vorgenommen hat: Sie besitzt eine eigene Cateringfirma, hat tolle Freundinnen, ist unabhängig - und die Männer? Vergöttern sie wegen ihrer kurvenreichen Figur! Nur eine alte Wunde ist nie verheilt: Noch immer erinnert sich Ada an jenen Tag, als Highschoolschwarm Cade verkündete, er hätte mit der Dicken geschlafen. Denn diese Dicke war niemand anders als Ada! Und nun ist Cade zurück. Ada, nicht länger die Raupe, sondern ein wunderschöner Schmetterling, schwört süße Rache. Die Gelegenheit kommt schneller als gedacht. Denn Cade braucht ihr altes Herrenhaus, in dem er einen Film drehen will. Und es scheint, dass er auch Ada braucht...
Die New York Times-Bestsellerautorin Susan Andersen wuchs in Seattle auf. Sie hat zwei ältere Brüder, die ihr früh zeigten, wie Männer ticken. Noch heute profitiert sie davon, wenn sie ihre männlichen Protagonisten beschreibt und in witzige Dialoge verstrickt. Mit großem Erfolg: Regelmäßig klettern ihre Romane auf die Bestsellerlisten. Susan Andersen hat einen erwachsenen Sohn und lebt mit ihrem Mann an der amerikanischen Pazifikküste.
Weitere Infos & Material
PROLOG
Liebes Tagebuch,
ich habe nicht gewusst, dass man solche Schmerzen empfinden und überleben kann.
Country Day School, Oberschulgebäude, vor 13 Jahren
Ava Spencer lief mit schwingenden Hüften auf die Cafeteria zu. Ihre fülligen Schultern bewegten sich zum Takt von „Iris“ in der Goo-Goo-Dolls-Version, die sie im Ohr hatte. Sie hätte sich wohl auch etwas schnellere Musik aussuchen können, aber hey, sie war ganz im Augenblick gefangen und fühlte sich gut.
Richtig, richtig gut.
„Ava! Warte!“
Sie drehte sich um und entdeckte ihre beiden besten Freundinnen, die sich an einer Gruppe Nachzügler vorbeidrängelten, die genau wie Ava zu spät zur zweiten großen Pause kamen. Als sie stehen blieb, um auf die beiden zu warten, hörte sie den Ohrwurm nicht mehr, sondern die alltäglichen Pausengeräusche – quietschende Schuhsohlen auf Linoleum, das gelegentliche Zuschlagen einer Spindtür, das Kinderlachen auf dem Schulhof der unteren Jahrgänge, das mit dem gedämpften Gebrüll der Teenager hinter der Cafeteriatür am Ende des Flurs konkurrierte.
„Was geht ab, Mädel?“, wollte Poppy wissen, die mit großen Schritten auf sie zumarschierte. Ihre Armreifen klimperten, als sie die Hand hob, um sich eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht zu streichen. „Du siehst ja ausnahmsweise mal richtig glücklich aus.“
„Im Ernst“, stimmte Jane ihr zu. „Wir sehen dich nicht jeden Tag auf dem Flur tanzen.“
„Ich fühle mich so gut.“ Noch ein bisschen besser, und sie würde glatt abheben wie ein Strauß mit Helium gefüllter Luftballons. Sie strahlte ihre Freundinnen an. „Ich würde sogar behaupten, dass ich mich wunderschön fühle.“ Und das war wirklich erstaunlich. An den meisten Tagen fühlte sie sich einigermaßen attraktiv, manchmal auch hübsch. Aber wunderschön? Das kam fast nie vor. Wegen ihres ständigen Kampfes mit ihrem Gewicht benutzte bei ihr zu Hause auch niemand dieses Adjektiv, wenn es um sie ging. Ihre Eltern warfen ihr eher vor, nicht genug zu tun, um den „Babyspeck“ loszuwerden.
„He, aber du bist doch auch schön“, wandte Jane loyal ein. „Ja, ‚sie hat ein hübsches Gesicht‘“, zitierte Ava trocken. „‚Wie schade, dass sie so pummelig / dick / kräftig gebaut ist.‘“ Solche Sachen hatte sie oft genug gehört.
„Du weißt ganz genau, dass Janie das garantiert nicht andeuten wollte“, meinte Poppy. „Sie hat gesagt, du bist schön – und das bist du.“
„Ich liebe euch beide dafür, dass ihr das sagt. Aber die Schöne von uns bist du, Poppy, nicht ich.“ Mit ihren nordisch blonden Haaren und ihrer frisch-fröhlichen Art war Poppy eine Klasse für sich. Sie hätte zur Clique der beliebten Kids gehören können, wenn ihr so etwas wichtig gewesen wäre. Poppy könnte sogar die Anführerin dieser Clique sein, dachte Ava stolz. Sie und Jane hingegen hätten das nie geschafft.
Nicht, dass Jane nicht attraktiv genug gewesen wäre. Aber sie hatte eine schlichte Attraktivität, die man nicht gleich auf den ersten Blick wahrnahm. Sie hatte glänzendes braunes Haar und tolle Beine. Aber im Vergleich zu ihren Klamotten war jede Gothic-Mode bunt. Außerdem war sie sehr intelligent, was die meisten der angesagten Leute sowieso nicht zu schätzen wussten.
Was soll’s, dachte Ava. Weder sie noch Jane oder Poppy kümmerte das weiter. Die Kids aus dieser Clique waren größtenteils Arschlöcher, und sie drei hatten etwas viel, viel Besseres als den Gewinn eines Highschool-Beliebtheitswettbewerbs – sie hatten einander. Ihre enge Freundschaft. Sie waren BFF – best friends forever, die allerbesten Freundinnen für immer. In der vierten Klasse hatten sie sich auf dieser Schule kennengelernt und waren seitdem unzertrennlich.
Natürlich wünschte Ava sich, sie hätte die gleiche Kleidergröße wie ihre beiden Freundinnen. Sie war sogar wahnsinnig neidisch darauf, dass Jane und Poppy in ihren Kaufhausklamotten aussahen wie Laufstegmodels, während sie immer herumlief wie Wurst in Pelle.
Heute jedoch spielte das keine Rolle. Denn gestern Abend hatte Cade Gallari sie geküsst, sie gestreichelt und mit ihr geschlafen. Und seit sie heute Morgen die Augen aufgemacht hatte, fühlte sie sich beinah dünn, absolut begehrenswert und, ja, schön.
Dabei war ihr erstes sexuelles Erlebnis nicht allzu prickelnd gewesen. Das Vorspiel schon, aber der eigentliche Akt, das Eindringen … nun, das war unangenehm und so schnell vorbei gewesen, dass sie nicht einmal die Chance aufs Erreichen der Ziellinie gehabt hatte. Aber hey, es war ihr erstes Mal gewesen, daher hatte sie auch nicht erwartet, gleich die Engel singen zu hören.
Immerhin hatte Cade ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein. Zwischen den Küssen hatte er geflüstert, wie sinnlich ihre Lippen seien, wie wunderschön ihr Haar, wie weich ihre Haut, wie aufregend ihre Brüste. Und hinterher hatte er sie in den Armen gehalten wie etwas außergewöhnlich Kostbares.
Was Ava darin bestärkte, völlig aus dem Häuschen zu sein, weil sie es ausgerechnet mit ihm getan hatte. Das war nicht abzusehen gewesen, denn noch bis vor sechs Wochen war Cade für sie eine echte Nervensäge gewesen. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, irgendwann nicht von ihm genervt gewesen zu sein. Sie kannten sich praktisch seit der Geburt, ohne je viel voneinander zu wissen. Und das wenige, was Ava über ihn wusste, hatte ihr nicht gefallen. Er gehörte zu einer Clique, die sich über alle anderen lustig machte, die nicht ihrem Niveau entsprachen. Und dazu zählten, Hand aufs Herz, neun Zehntel aller Schüler. Als Ava und Cade von Mr Burton für ein Wissenschaftsprojekt eingeteilt worden waren, hatte sie deshalb schwarzgesehen. Sie und Gallari? Bei einem Projekt, das sich über ein Vierteljahr der Abschlussklasse hinzog?
Als sie acht gewesen waren, hatte er sie an den Haaren gezogen und ihr in der Tanzstunde auf die Zehen getreten. In der zehnten Klasse hatte er ihr unter der Zuschauertribüne unter den Rock geguckt und allen erzählt, dass sie pinkfarbene Slips trug. Trotzdem war es für Ava bis gestern eine grausige Vorstellung gewesen, er könnte ihre dicken Oberschenkel sehen und sich mit seinen dämlichen Freunden darüber kaputtlachen.
In den vergangenen anderthalb Monaten hatte sie Cade jedoch von einer anderen Seite kennengelernt. Als liebenswert, witzig und nachdenklich, was sie nicht einmal im Traum für möglich gehalten hätte. Und wenn sie sich in der Bibliothek oder im Coffeeshop gegenübersaßen, um an ihrem Projekt zu arbeiten, war eine erotische Anziehung zwischen ihnen spürbar. Es hatte nicht lange gedauert, da hatten sie im Dunkeln in seinem Wagen gesessen und geredet und geredet, ohne ein Ende zu finden.
Bis er sie eines Abends geküsst hatte. Und nachdem diese Grenze überschritten war, hatte es kein Zurück gegeben. Jedes Mal, wenn er sie in den vergangenen Wochen geküsst hatte, wenn seine Hände sich kühner auf unbekanntes Terrain vorgewagt hatten, war sie einfach dahingeschmolzen. Während er das Level ihrer Intimität nach und nach erhöht hatte, war es ihr immer schwerer gefallen, ihn zu bremsen.
Und gestern Abend hatte sie es nicht mehr geschafft, ihm zu sagen, dass sie aufhören mussten. Ein Lächeln stahl sich auf Avas Gesicht.
„Okay, das reicht!“ Poppy blieb direkt vor der Tür zur Cafeteria stehen und packte Ava am Arm. „Was ist los mit dir?“
Ava lachte.
Sie versuchte, die Neuigkeit für sich zu behalten.
Aber dann gab sie nach, denn ihren zwei besten Freunden erzählte sie einfach alles.
„Ich hab’s getan, Poppy. Ehrlich, ich dachte, ich würde als Jungfrau die Highschool verlassen oder sogar als Jungfrau sterben. Aber letzte Nacht …“ Sie wurde plötzlich rot und verlegen bei der Vorstellung, die Worte laut auszusprechen.
Jane klappte der Unterkiefer herunter. „Ach … du … Schande“, sagte sie langsam. „Du hast es getan?“
Ava nickte.
Poppy sah perplex aus. „Mit wem?“ Dann kniff sie die Augen zusammen. „Oh, Mist. Bitte sag, dass es nicht das Arschgesicht Gallari war!“
„Nenn ihn nicht so!“ Na schön, sie selbst hatte ihm damals diesen Namen gegeben. Trotzdem …
„Tu’s einfach nicht, ja?“, bat sie in sanfterem Ton und schüttelte den Kopf. „Ich werde euch alles erzählen, aber nach der Schule, wenn uns nicht jeder zuhören kann.“
„Klar, einverstanden“, meinte Poppy. „Aber verlass dich drauf – sobald wir hier raus sind, habe ich ein paar Fragen an dich, Schwester.“ Sie ließ Ava los und stieß die Tür zur Cafeteria auf. Gemeinsam begaben sie sich in das Chaos der zweiten großen Pause.
Tabletts und Geschirr klapperten, Stimmen hallten von den Wänden wider, und die Schüler schienen in ständiger Bewegung zu sein. Sie liefen zwischen den langen Tischen herum oder balgten sich um einen Platz. Auf der Suche nach Cade spähte Ava an zwei Jungs vorbei, die sich gegenseitig einen Baseball zuwarfen. Damit es nicht zu offensichtlich wurde, folgte sie ihren Freundinnen zur Essenausgabe, als sie ihn nicht gleich entdeckte.
Sie nahm sich ein Tablett und bemerkte, dass es unerklärlicherweise auf einmal ruhiger wurde. Hier drin war es nie ruhig. Doch bis auf ein paar Unterhaltungen an den hinteren Tischen war es mittlerweile fast still geworden. Und als Ava einen Blick über die Schulter warf, stellte sie fest, dass alle sie ansahen.
Irgendwer kicherte.
Ava lächelte unsicher und war selbst da noch zu blöd, um zu merken, dass sie die Zielscheibe des Spotts war. Erst als Dylan Vanderkamp, der...