Anderson | Thirteen Witches - Die Erinnerungsdiebin | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 280 Seiten

Reihe: Thirteen Witches

Anderson Thirteen Witches - Die Erinnerungsdiebin

Band 1 der Reihe 13 Witches
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-407-75973-3
Verlag: Julius Beltz
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Band 1 der Reihe 13 Witches

E-Book, Deutsch, Band 1, 280 Seiten

Reihe: Thirteen Witches

ISBN: 978-3-407-75973-3
Verlag: Julius Beltz
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Rosies Mutter behandelt ihre Tochter kühl und ablehnend, ganz anders als andere Mütter. Als Rosie auf ein Buch über 13 Hexen stößt, versteht sie plötzlich: Eine der Hexen hat ihrer Mutter alle schönen Erinnerungen gestohlen. Unterstützt von dem jungen Geist Ebb, beginnt Rosie zu ahnen, dass sie selbst der Schlüssel zum Kampf gegen die Hexen sein könnte. Ist es Rosies Bestimmung, ihre Mutter zu retten und die Hexen zu besiegen?

Jodi Lynn Anderson ist die Bestsellerautorin mehrerer von der Kritik hochgelobter Jugendbücher, darunter die 'May Bird Trilogy' und 'My Diary from the Edge of the World'. Sie lebt mit ihrem Mann, ihrem Sohn und ihrer Tochter in Asheville, North Carolina, und hat einen MFA in Schreiben und Literatur vom Bennington College.
Anderson Thirteen Witches - Die Erinnerungsdiebin jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Kapitel 1


Rosie


In der Nacht, in der ich meine Geschichten verbrenne, flammt die Gefahr auf – oder vielleicht ein Leben, das anders ist als das, das ich bisher kannte.

Es beginnt mit mir und Keim, so wie die meisten Dinge beginnen. Ich sitze im Hinterhof und lese Keim eine der Geschichten vor, die ich geschrieben habe.

Die Geschichte handelt von einer Frau, die in einem Haufen weißer Federn schläft. Egal, wie sehr ihre Tochter versucht, sie zu wecken, die Frau schläft so tief, dass sie sich nicht rührt. Sie schläft Jahre und Jahre und Jahre.

Eines Tages findet die Tochter eine wunderschöne schwarz schillernde Feder, die tief unter all den weißen Federn vergraben ist. Sie zupft an der schwarzen Feder, woraufhin sich mit einem Mal alle Federn bewegen. Das Mädchen sieht, dass der Haufen nie ein Haufen war, sondern dass ihre Mutter auf dem Rücken eines riesigen gefiederten Tieres geschlafen hat, das sie gefangen hielt und verzaubert hatte.

Die Mutter des Mädchens bewegt sich mit dem Tier zusammen. Sie stürzt sich von dessen Rücken, und gemeinsam fliehen sie in ein abgelegenes Dorf am Rande der Erde. Sicher versteckt leben sie glücklich bis an ihr Lebensende.

Keim hört schweigend zu und starrt auf den Ozean, der weit unterhalb unseres Gartens gegen die Felsen prallt. Sie wickelt ihren Mantel fester um sich, um die frühe Herbstkälte abzuwehren. Sie hat heute einen neuen Look – dicker schwarzer Eyeliner. Er sieht komisch aus, und Keim ist sich dessen offensichtlich bewusst, denn sie wischt ihn immer wieder mit dem Daumen weg. Sie versucht, älter auszusehen, aber das gelingt ihr nicht besonders gut. Ich weiß nicht, warum sie das versucht, denn ihre Augen sind schön, so wie sie sind. Als ich fertig bin und zu Keim aufschaue, blickt sie stirnrunzelnd auf das Wasser. Ich kann ungefähr 1021 von Keims Stimmungen erkennen und ich merke, dass sie zögert auszusprechen, was sie denkt.

»Was?«, frage ich. »Gefällt es dir nicht?«

»Doch«, sagt sie langsam, streckt sich und rückt sich dann wieder unruhig auf ihrem Platz zurecht. (Bei Keim sieht es nie natürlich aus, wenn sie ruhig dasitzt.) Ihre Wangen röten sich ein wenig. »Es ist nur …« Sie blickt mich an. Sie kratzt an der Narbe an ihrer Hand – die Stelle hatte ich vorgeschlagen, als wir uns im Alter von acht Jahren entschlossen, mit einem Schnitt zu Blutsschwestern zu werden. Ihre Sommersprossen stechen hervor, wie immer, wenn sie sich unwohl fühlt.

»Meinst du nicht, wir sind langsam zu alt für diese Art von Geschichten?«

Ich schlucke. »Was für eine ›Art von Geschichten‹?«

»Na ja …«, sagt Keim nachdenklich. »Geschichten, in denen die Mutter aufwacht.« Keim wirkt verlegen. »Happy Ends. Märchen.«

Ich blicke auf das Papier hinab und spüre einen Kloß im Hals, weil es so unerwartet kommt. Keim hat meine Geschichten immer geliebt. Durch Geschichten haben wir uns kennengelernt. Wozu sollte man eine Geschichte schreiben, wenn es kein Happy End gibt?

»Es ist nur …« Keim wird rot, was ihre Sommersprossen noch deutlicher hervortreten lässt. »Wir sind jetzt in der sechsten Klasse. Vielleicht ist es an der Zeit, mehr über das echte Leben nachzudenken – und etwas von dem Kinderkram hinter uns zu lassen.«

Wenn irgendjemand anders das zu mir sagen würde, könnte ich das einfach ignorieren, aber Keim ist meine beste Freundin. Und an dem, was sie sagt, ist etwas dran.

Ich merke, wie ich uns auf einmal genau betrachte – Keim mit ihrem Eyeliner und dem karierten Mantel, für den sie sämtliches Geld aufgespart hat, das sie an Weihnachten bekommen hat; und ich in meiner viel zu großen Latzhose, meinem zu kleinen T-Shirt, meiner geliebten Harry-Potter-Lumos-Taschenlampe, die um meinen Hals hängt wie ein billiges Modeaccessoire. Ich mache das in letzter Zeit öfter, weil mir auffällt, wie Keim erwachsener zu werden scheint, während ich keinen Deut älter werde.

»Nun, ich werde sie überarbeiten«, sage ich leichthin und schließe mein Notizbuch.

Keim lässt ihren Blick in die Ferne schweifen, zuckt mit den Schultern und lächelt dann. »Sie sind aber wirklich kreativ geschrieben«, sagt sie. »Ich könnte mir nie so etwas ausdenken.«

Ich stoße mein Knie freundschaftlich gegen ihres. Auf diese Art und Weise retten Keim und ich uns gegenseitig – wir erinnern uns daran, was wir gut können. Keim ist zum Beispiel die schnellste Läuferin in Seaport und kann extrem laut rülpsen. Ich bin sehr klein und leise, und ich bin stur und gut darin, mir Dinge auszudenken.

Jetzt springt Keim auf wie ein Tiger, voller kribbelnder Energie. »Ich muss nach Hause. Mom macht Tacos.« Ich spüre einen Anflug von Neid auf Keims lautes, geschäftiges Zuhause und auf die Tacos. »Wir sehen uns in der Schule.«

Als sie die Einfahrt erreicht, schwingt sie sich auf ihr Fahrrad und rast in atemberaubender Geschwindigkeit davon. Ich schaue zu, traurig, dass sie verschwindet, und grübele noch länger darüber nach, was sie gesagt hat – und über die Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen.

Im Haus ist es düster, und Staub rieselt durch die Lichtsäulen, die durchs Fenster dringen, als ich die Luft in Bewegung versetze. Ich gehe in die Küche, verstaue meine Geschichte in einem Spalt zwischen Kühlschrank und Arbeitsplatte und runzle die Stirn. Dann bereite ich Abendessen für mich und meine Mom: zwei Erdnussbutter-Bananen-Sandwiches, ein paar gedünstete Erbsen, weil man Gemüse essen muss, und zum Nachtisch Schokorolle. Ich schiebe einen Stuhl an die Arbeitsplatte, um an das oberste Regal zu kommen und hole Vanillesoße herunter, um sie über die Schokorolle zu träufeln. Dann verschlinge ich mein Essen – den Nachtisch zuerst –, und platziere alles andere auf einem Tablett, um es zwei Stockwerke hinaufzutragen. In dem Dachzimmer mit der Schräge am Ende des Flurs im zweiten Stock sitzt meine Mom an ihrem Computer und tippt etwas von einem dicken Nachschlagewerk ab, die langen schwarzen Haare hinter die Ohren gesteckt. Ihr Schreibtisch ist übersät mit Post-its, auf denen Dinge stehen wie: Arbeiten. Essen. Nimm deine Vitamine. Auf ihre Hand hat sie mit Kugelschreiber nur das Wort »Rosie« gekritzelt.

»Abendessen«, sage ich und stelle das Tablett an den Rand ihres Schreibtischs. Sie tippt noch ein paar Minuten weiter, bevor sie bemerkt, dass ich da bin.

In ihrem Job ist sie zuständig für die hirnzerfressend langweilige Arbeit namens Dateneingabe. Dabei tippt sie hauptsächlich Dinge aus Büchern am Computer ein und schickt sie an ihren Chef, der in New York lebt. Am unteren Rand ihres Monitors klebt ein Zettel, auf dem sie notiert hat, wie viele Stunden sie tippen soll, sowie die Kontaktinformationen ihres Chefs. Sie arbeitet immer exakt bis zur festgesetzten Zeit.

An der Wand bleibt ein kleiner Fernseher eingeschaltet, während sie arbeitet. Darauf läuft immer ein Nachrichtensender. Im Moment wird ein Bericht über gefährdete Eisbären gezeigt, von dem ich weiß, dass er mir das Herz brechen wird, also schalte ich den Fernseher aus. Mom scheint es nicht zu bemerken. Sie hat diesen seltsamen Blick drauf, als müsse sie sich erst daran erinnern, dass ich existiere.

Dann wendet sie ihren Blick in verträumtem Schweigen Richtung Fenster. »Er schwimmt da draußen und wartet auf mich«, sagt sie.

Ich folge ihrem Blick Richtung Meer. Es sieht aus wie immer.

»Wer, Mom?« Aber ich warte ihre Antwort nicht ab, denn sie gibt mir nie eine. Als ich klein war, dachte ich, sie würde über meinen Dad sprechen, einen Fischer, der ...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.