E-Book, Deutsch, 331 Seiten
Arnold Fionrirs Reise ins Tal der Drachen
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-945532-86-7
Verlag: Reimheim-Verlag Thorsten Zeller
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Fionrirs Reise Band III
E-Book, Deutsch, 331 Seiten
ISBN: 978-3-945532-86-7
Verlag: Reimheim-Verlag Thorsten Zeller
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Andreas Arnold, Jahrgang 1976, ist seit seiner Jugend Lyriker, seit 2011 Performance- Poet und Veranstalter sowie Vater zweier Kinder. Besonders auf den Bühnen seiner Heimatregion, der Wetterau, aber auch deutschlandweit unterwegs. Im Jahr 2015 veröffentlichte er als Mit-Herausgeber und Autor die Anthologie "Poetry Slam Wetterau - Das Buch. Texte von Toleranz, Respekt und Anerkennung". "Fionrirs Reise" war sein erster Roman. Mit dem dritten Bank ist die Reihe abgeschlossen, aber Fios Abenteuer gehen weiter - in Kurzgeschichten, als Malbuch und vielem mehr. Andreas Arnold hat einfach noch zu viel Freude mit dem Drachen Fionrir und seinen Freunden, um die Abenteuer enden zu lassen.
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Erstes Kapitel
Königreich Lindheim, Himmelskammgebirge, Drachenhöhle
F
ionrir streckte seine Drachenarme weit von sich und gähnte laut. Dann rollte er sich auf seiner Decke zu einem kleinen Knäuel zusammen, schmatzte und begann wieder einzudämmern. Aus seinem Kamin trat Licht von außen herein, das gerade hell genug war, ihn am Einschlafen zu hindern, aber nicht hell genug, um ihn zum gänzlichen Erwachen zu bewegen. Der junge Drache öffnete ein Auge. Dann kroch er langsam auf den Kamin zu. Nur kein zweites Auge öffnen, dachte er. Nicht dass mein Körper noch denkt, ich wolle aufstehen. Absichtlich gähnte er, um sich selbst zu zeigen, dass es noch immer Zeit sei zu schlafen. Vorsichtig schob er seine Kommode, in der er seine Naschsachen aufbewahrte, vor die Öffnung des Kamins. In der Feuerstelle lag noch immer die Asche des letzten Winters.
Fio war froh, dass die Drachen heute so fortschrittlich waren. Im Gegensatz zu vielen Tieren und Menschen, erwärmten sie sich nicht von selbst. Sie waren auf Wärme von außen angewiesen. Einzig die Feuerdrachen konnten sich selbst wärmen und Fionrir war froh, Feuerdrachen zu seinen Vorfahren zu zählen. Aus den Geschichten seines Opas Sirrusch wusste er, dass die Drachen zu seiner Zeit ihre Höhlen so tief in die Berge bauen mussten, dass es von alleine warm war. Dafür waren sie immer sehr stickig. Heute nutzten Drachen Kamine und heizten ihre Behausungen mit Holz. Fio konnte seinen Raum lüften und heizen, wie er wollte. Wenn er ihn verließ, musste er nicht, wozu sein Opa im Kindesalter gezwungen war, hunderte von Metern aufsteigen, bis das erste Sonnenlicht zu spüren war. Nur die Wurmdrachen gruben sich noch tief in die Erde. Fio musste schmunzeln, als er an seine Cousine Lida dachte. Ihre Kinderhöhle konnte er inzwischen nicht mehr besuchen. Er war schon zu groß für die engen Wurmdrachengänge.
Langsam schlich er zurück zu seiner Schlafstätte. Nun drang nur noch durch einen kleinen Spalt Licht hinein. Fio rollte sich zufrieden zusammen. Das Licht, das der Spalt warf, fiel jedoch genau auf seine Augen. Er rückte dem Licht davon. Nur nicht zu viele Muskeln nutzen, dachte er. „Ganz ruhig, mein Drachenkörper. Schlaf weiter! Pst!“, flüsterte er sich zu.
Ein Klackern kam von der Kommode. Ein Picken folgte. Dann hörte er eine dünne Stimme sprechen. „Huch! Wo bin ich denn hier? Hallo, hallo? Da ist ein Spalt. Ich habe doch eben jemanden gehört? Hallo?“
Fio atmete tief durch. Wieder kroch er auf allen vieren, so sachte, wie es ihm möglich war, auf die Kommode zu. Er rückte sie ein Stück fort und sah ein kleines Vögelchen.
„Ah, Fio! Das ist deine Höhle? Ah, ein Kamin. In den bin ich geflogen. Toll!“, sagte es.
Fio flüsterte ihm zu: „Ich schlafe noch! Wir sehen uns später in der Luft!“
„Oh, ja, entschuldige. Bin schon eine Weile auf. Du weißt ja, der frühe Vogel und so.“ Dabei zwinkerte er dem Drachen erst mit seiner Nickhaut, dann mit dem Augenlid zu, hob ab und flog den Schornstein entlang davon.
Fio atmete erneut tief durch und schob die Kommode nun so eng an den Kamin, dass auch der Lichtspalt ausgeschlossen wurde. Er spürte bereits, wie sein Körper langsam wach wurde. Schlafen, schlafen, schlafen, sagte er zu sich selbst, als er wieder zurück zu seiner Schlafstätte kroch.
Ein Drache zu sein, das war nicht einfach. Wie jeder junge Drache hatte auch er zu seinem siebten Geburtstag eine besondere Eigenschaft entwickelt. Mit Tieren sprechen zu können und die Lebewesen in seiner Nähe sich auch untereinander verstehen zu lassen, war selbst für einen Drachen eine besondere Fähigkeit. Er dachte an die Abenteuer, die er dadurch schon hatte bestehen dürfen. Es war seitdem eine turbulente Zeit gewesen.
Während sich der junge Drache an all das zurück-entsann, was er erlebt hatte, entspannte sich sein Körper und die Müdigkeit kam zu ihm zurück. Schnell war er wieder eingeschlafen und seine zweite Drachengabe, die sich überraschend entwickelt hatte, entfaltete sich. Fio träumte seit diesem so wichtigen Drachengeburtstag von Dingen, die er nie zuvor erlebt hatte. Als er wieder tief in den Schlaf gefallen war, führte ihn seine zweite Gabe in eine ferne Wüste, die ihm gänzlich unbekannt war.
Ganz gleich, wie weit er im Traum auch umherblickte, nichts am Horizont deutete darauf hin, dass es etwas anderes als Sand geben würde, wie weit er auch wanderte. Sein Traum-Ich ging vorsichtig über den heißen Boden. Unweit von ihm befand sich eine steinerne Erhebung, ein abgeflachter Hügel, der wie eine Plattform wirkte. Vorsichtig ging Fio darauf zu. Er wusste nie, was ihn bei seinen Träumen erwartete, die sich manchmal so echt anfühlten, als sei er wirklich dort. Der junge Drache spürte, wie der warme Sand beim Auftreten zwischen seine Klauen quoll und wieder herunterrieselte, sobald er das Bein für den nächsten Schritt hob. Je näher er der Plattform kam, desto mehr war er sich sicher, Stimmen von dort zu hören. Es schien ihm, als unterhielten sich zwei miteinander. Die Sonne brannte unerbittlich vom Himmel und Fio fragte sich, ob man wohl einen Sonnenbrand im Traum bekommen kann. Das Gespräch, das er hörte, erwies sich als ein Streit zwischen zwei Drachen, so viel konnte er schon mit Gewissheit sagen. Offenbar war die vermeintliche Plattform eine Mulde, denn es ragten lediglich die Köpfe der zwei empor. Eine Eidechse eilte vor Fio auf hoch aufgestellten Beinen über den heißen Sand, um den Schatten eines drachenprankengroßen Steines zu erreichen, der vor Fio auf dem Boden lag. „Eil dich, kleiner Verwandter!“, flüsterte er ihm zu. Kurz blieb das Reptil stehen und schaute sich um. Fio hielt inne. „Hörst du mich?“, fragte er, doch es rannte weiter, ohne zu reagieren. „Uff!“, sagte der junge Drache. „Das fehlt mir noch, dass ich auch noch in den Träumen mit meinen Gespinsten reden kann.“
Er ging weitere Schritte auf die beiden Drachen zu, deren faltige Haut ihn vermuten ließ, dass es wohl sehr alte Exemplare sein mussten. Im Traum Gespräche selbst zu beginnen, dachte er, das wäre was! Was würde passieren? Nicht nur einmal hatte er von Dingen phantasiert, die so oder ähnlich dann auch eingetreten waren. Würde sich das Geschehende ändern, vielleicht sogar überhaupt nicht passieren, wenn Fio sich in seine vielleicht wahren Träume einschalten könnte? Es fiel ihm so schon schwer genug, nicht für verrückt gehalten zu werden. Nicht ohne Grund hielt er seine zweite Gabe geheim. Nun verstand er die beiden Drachen klar und deutlich. Auch den Stimmen nach hatten sie schon viele Jahre gesehen.
„Ich glaube, das gibt noch ganz schön Ärger an der Küste!“, sagte der eine. Er hatte einen großen Kopf mit rot-brauner Haut und einer spitzen Schnauze, an deren Anfang sich ein langer Bart befand, der in zwei dicken Strähnen links und rechts des Maules herunterhing. Eines seiner großen Ohren war geknickt.
„Oh, ja! Richtig Ärger!“, stimmte der andere zu, dessen Kopf sich kaum von dem des ersten Drachen unterschied. Lediglich war dessen Bart nicht ganz so lang. Eine Narbe zog sich über seine rechte Wange.
Wasser spritzte hoch, als seine Pranke sich bewegte.
„Oh, ja, schönes warmes Wasser!“, stöhnte der erste. „So gut für den alten Rücken!“
„So, so gut. Ja!“, stimmte der zweite zu, und der Kopf verschwand. Fast zeitgleich war auch der erste Drachen-kopf verschwunden. Dafür sprudelten Wasserstrahlen in die Luft, erst links, dann rechts. Fio lächelte, amüsiert über die beiden verspielten Alten, die er kurzerhand Langbart und Kurzbart taufte. Immerhin konnte er sie im Traum ja offenbar nicht nach ihren wahren Namen fragen.
„Ah!“, tauchten beide mit einem einstimmigen Seufzen wieder aus dem sonnenerhitzten Wasser auf. „So gut für den alten Rücken!“
Fio stand nun vor den beiden und sah in ihre alten, gütigen Drachengesichter.
„Krieg im Tal der Drachen wird es geben!“, sagte Langbart und schaute zu seinem badenden Begleiter.
„Ja, ein Krieg wird kommen!“, sagte Kurzbart und blickte Langbart ebenfalls an. „Es sei denn…“ Er unterbrach. Dann drehten sich beide langsam zur Mitte.
Es wurde Fio unheimlich. Was sollte das bedeuten? Ein Krieg? Im Tal der Drachen? Dort, wo sein Opa wohnt?
Die beiden schauten seinem Traum-Ich plötzlich direkt in die Augen und Fionrir erschrak gehörig. Er zuckte auf seiner Kuscheldecke zusammen.
„Es sei denn, der Drachenkönig verhindert ihn!“, setzte Langbart den Satz fort. Im Hintergrund begann die Sonne zu zittern.
„Drachenkönig!“, sagten Kurzbart und Langbart abwechselnd mit unheilvollen Stimmen.
Die Sonne zitterte noch stärker. Sie schien Risse zu bekommen. Unzählige Drachen wiederholten plötzlich hinter ihm den Ruf. Fio drehte sich um und sah sich hunderten gegenüber. In deren Mitte ging sein Opa Sirrusch. Er hielt eine Krone in der Hand und hob sie ihm entgegen. Alle Drachen gingen auf die Knie. Fio geriet in Panik.
„Drachenkönig! Drachenkönig!“, kam es aus den beiden Mäulern hinter ihm.
Er drehte sich um, wich zurück und begann trotz der Hitze zu frösteln, als er wahrnahm, was mit der Sonne geschah. Sie bekam Risse und dahinter strahlte es gleißend weiß.
„Drachenkönig! Drachenkönig! Drachenkönig!“, skan-dierten nun alle.
Fio wich weiter zurück, ohne den Blick vom Himmel abzuwenden. Die Drachen starrten ihn unvermindert an und sprachen dieses eine Wort immerzu aus. Dann brach die Sonne mittig auf und etwas aus ihr flog rasend schnell auf den Träumenden zu. Der Kopf eines enormen Drachen formte sich so plötzlich, dass Fio nach hinten stürzte. Das Letzte, was er wahrnahm, waren zwei leuchtend...




