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E-Book, Deutsch, Band 3, 480 Seiten

Reihe: Tage des Krieges

Aryan Chaosmage

Tage des Krieges 3

E-Book, Deutsch, Band 3, 480 Seiten

Reihe: Tage des Krieges

ISBN: 978-3-492-99075-2
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Einst war die Stadt Voechenka für ihre Musik, Kunst und Schönheit bekannt, aber nun ist sie verwüstet und trostlos. Die einstige Metropole steht unter Belagerung, und manche sagen, sie sei verflucht. Der Krieg des irren Königs Taikon und seines dunklen Hexenmeisters ist zwar vorüber, doch nicht alle Kriegsopfer sind so tot, wie man geglaubt hat ... In jeder Nacht seit dem Ende des Krieges greifen ruhelose Untote Voechenka an und locken die Lebenden in ihre Welt jenseits der Gräber. Die junge Friedenswächterin Tammy, die Verräterin Zannah und der Kriegsmagier Balfruss müssen sich zusammentun, um gegen die Untoten zu kämpfen. Können sie Voechenka vor einem grausamen Schicksal bewahren?
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Kapitel 1
Zannah stieg die siebenundzwanzig Stufen bis zu ihrem Posten hinauf. Der tote Mann wartete bereits unten auf der Straße. »Zannah, komm runter!« Bis Mitternacht waren es noch zwei Stunden, und der pechschwarze Himmel schien erdrückend auf ihr zu lasten. Weit entfernt lockerte das Licht einiger Sterne im Osten die ansonsten grenzenlose Leere über ihr auf. Früher einmal war Voechenka als Stadt der Musik, Kunst und Schönheit berühmt gewesen, inzwischen aber war sie zu einer trostlosen Landschaft verkommen. Eingehüllt in eine grimmige Stille erstreckten sich ihre Ausläufer in alle Richtungen. Die Trostlosigkeit der zerstörten Gebäude und Straßen blieb aus dieser Sicht größtenteils verborgen, aber hier und da flackerten doch ein paar Talgkerzen in den leeren Fenstern. Dichte Schatten klammerten sich an das skeletthafte Gebälk einst imposanter Bauten und verbargen eine Vielzahl von Sünden. An mehreren Stellen der Stadt brannten Fackeln. Der Windhauch, der vom See herüberwehte, ließ ihre Flammen zwar tanzen, aber sie konnten kaum die Schrecken verjagen, die nachts in der Stadt lauerten. Und über mehr verfügten die Bewohner auch nicht. Zwei ähnliche Fackeln steckten unterhalb von Zannah in der Mauer, jeweils an einer Seite des schiefen Tors. Auf dem Hof blockierte ein stabiler, mit schweren Felsbrocken beladener Karren den Eingang zu ihrer Fluchtburg. Doch er war nicht mehr als eine Illusion, die Sicherheit vorgaukeln und die Furcht unter Kontrolle halten sollte. Ob die Kinder noch immer glaubten, in Sicherheit zu sein, nachdem sie hatten mitansehen müssen, wie einige ihrer Freunde in Stücke gerissen wurden? Zannah betrachtete die Fackeln nicht lange. Den Blick vom Licht abzuwenden bewahrte ihre Nachtsicht. Als Morrin konnte sie in der Dunkelheit beinahe so gut sehen wie am Tag. Bevor sie nach Shael gekommen war, in diese Stadt mit ihren Schrecken, die den meisten verborgen blieben, hatte sie ihr Sehvermögen noch als einen Segen betrachtet. Diese entsetzlichen Dinge aber jetzt erblicken zu müssen, war zu einem Teil ihrer Buße geworden, nämlich zu einer weiteren Last, die man stoisch tragen musste, und über die man sich auf keinen Fall je beklagen durfte. So hätte Zannah auch niemals jemandem all das erzählt, was sie während der langen Nachtstunden auf ihrem Posten zu Gesicht bekam: die Geister, die Verlorenen und die hochgewachsene Frau, die immer in den Schatten stand. Das alles würgte Zannah wie eine der Mahlzeiten in dieser verfluchten Stadt einfach herunter. Das Essen sollte ihren Körper am Leben erhalten, und die Albträume sorgten dafür, dass ihre Aufmerksamkeit niemals erlahmte. Sie dienten einem Zweck. Außerdem erinnerten sie Zannah an die Rolle, die sie dabei gespielt hatte, das Volk von Shael an den Rand der Vernichtung zu bringen. »Komm runter, Zannah!«, rief Roake. »Ist er schon wieder da?« Müde stieg Alyssa die Stufen hinauf. Sie lehnte sich gegen die Brüstung und spähte auf die Straße hinunter. »Wird er es denn niemals leid?« »Nein. Niemals.« Alyssa starrte auf die Stadt ihrer Geburt, und Zannah musterte ihr Profil. Blonde Haarbüschel wuchsen auf einem Schädel voller schwindender Blutergüsse und alter dunkelroter Narben. Früher einmal war diese Frau wegen ihres langen blonden Haars von vielen beneidet worden, aber das war inzwischen schon Jahre her. Ihre goldene Haut hatte den größten Teil ihres Glanzes verloren, und auch wenn sie so dünn wie ein Besen war, die eingefallenen Wangen lenkten doch nicht von dem wunderschönen Gesicht und den auffälligen grünen Augen ab. »Du starrst schon wieder.« »Tut mir leid.« Zannah wandte sich ab. »Bist du Dichterin gewesen?« Alyssas herzliches Lachen passte nicht zu ihrem ausgemergelten Körper. »Nein, das nicht. Aber diese Vermutung kommt der Wahrheit näher als die anderen.« Dieses Spiel spielten sie jede Nacht. Alyssa erlaubte Zannah einen einzigen Rateversuch, um herauszubekommen, was sie vor dem Krieg gemacht hatte. Vor vier Jahren war ihr Leben nämlich noch ein ganz anderes gewesen. Ein Dasein voller Komfort, in dem es ihr an nichts gemangelt hatte. Dann war ein Heer aus Vorga und Morrin in Shael einmarschiert, und die Ausrottung ihres Volkes hatte seinen Anfang genommen. Alyssa hatte den Krieg in einem Folterlager verbracht, in dem man sie ausgehungert, geschlagen und missbraucht hatte, während um sie herum Männer, Frauen und Kinder erschlagen wurden. Als der Krieg schließlich ein Ende gefunden hatte, überließ man sie und viele andere sich selbst. Die Königin war tot. Das Land war zerstört, aber einige der Feinde waren nirgendwo hingegangen. Diejenigen unter den Überlebenden, die noch bei Kräften waren, versuchten ihre Heimat zurückzuerobern. Schließlich vertrieb eine Allianz der Königinnen von Seveldrom und Yerskania auch noch die letzten Invasoren. Endlich begann der langsame Prozess des Wiederaufbaus. Hilfe kam nach Shael, aber Voechenka lag so weit von der Hauptstadt entfernt, dass es immer ganz zuletzt auf der Liste stand. Vor zwei Jahren hatte sich die verzweifelte Situation dann verändert. Jetzt war sie viel schlimmer. Zuerst war niemandem aufgefallen, dass da gewisse Wesen waren, die sich in die Schatten eingenistet hatten. Im ersten Jahr nach dem Krieg konzentrierten sich die Bürger von Voechenka darauf, ihre Häuser wieder aufzubauen und Getreide zu pflanzen, das sie durch den Winter bringen sollte. Als dann im Frühling ein paar Gesichter fehlten, gab man dem schlimmen Wetter und der mangelnden Nahrung die Schuld. Aber nachdem das Eis geschmolzen war, fand man die Leichen. Das in die Gesichter eingegrabene Entsetzen hatte nichts mit Hunger zu tun. »Hier.« Alyssa reichte Zannah eine kleine Stofftasche. Die empfindliche Nase der Morrin witterte Graubrot, gesalzenen Fisch und wilden Knoblauch. »Ich habe keinen Hunger.« »Lügnerin. Ich kann deinen Magen doch von hier aus knurren hören.« Mit einem dankbaren Lächeln nahm Zannah die Tasche entgegen und holte die leicht angesengte Holzschüssel hervor. Sie hatte die Größe ihrer Faust und die Aushöhlung war mit Fisch, strähnigem Wurzelgemüse und wildem Knoblauch gefüllt. Zannah bedachte den Fisch mit einem Stirnrunzeln. »Du hättest das Risiko des Sees lieber nicht eingehen sollen. Er ist viel zu gefährlich.« »Das habe ich auch nicht. Jemand anders fuhr hinaus.« »Und er hat ihn dir einfach gegeben?« Alyssa zuckte mit den Schultern. Zannah wollte fragen, was die Frau dem Fischer wohl dafür gegeben hatte, aber sie wusste, dass sie keine Antwort erhalten würde. Also nahm sie einen Bissen und richtete den Blick wieder auf die leeren Straßen. Roake wanderte dort unten auf und ab und rief gelegentlich ihren Namen. Sie tat ihr Bestes, ihn nicht zu beachten. Am liebsten hätte sie seinen Körper mit Pfeilen gespickt, aber das hatte sie bereits versucht. Und es hatte nichts genützt. Er würde in der nächsten Nacht einfach wieder zurückkehren. Pfeile waren ein knappes Gut, da durfte sie sie doch nicht für Roake verschwenden. Dennoch war sie versucht, ihm einen durch den Hals zu jagen, nur damit er für den Rest der Nacht das Maul hielt. »Hast du geschlafen?«, fragte Alyssa. »Etwas schon.« »Hat jemand mit dir gesprochen?« »Nein, aber man hat auch nicht versucht, mich im Schlaf zu ermorden, was man immerhin als Fortschritt bezeichnen kann«, sagte Zannah. Alyssa verzog das Gesicht und errötete. »Schon gut.« »Nein, gut ist es nicht«, beharrte Alyssa und knirschte mit den Zähnen. Ein angespanntes Schweigen trat ein, das nur gelegentlich von Roake gebrochen wurde. Zannah konnte ihren Mitbewohnern in der Zuflucht nicht verübeln, wie sie sie behandelten. Schließlich war es ihr Volk gewesen, die Morrin, die Shael zusammen mit den Vorga überfallen hatten. Ihr Volk hatte sie niedergemetzelt, ihre Städte niedergebrannt und sie in Lager getrieben, in denen man sie aushungerte, schlug und Experimente mit ihnen veranstaltete. Ihr Volk hatte sie dazu aufgestachelt, gegeneinander zu kämpfen, nur um etwas zu essen zu bekommen. Manchmal auch nur aus reinem Vergnügen. Ihr Volk hatte sie am Ende des Krieges im Stich gelassen und der Gnade der wilden Vorga überlassen. Hätte sich die Wucht dieses Hasses allein auf ihr Volk konzentriert, hätte sich Zannah leichter vergeben können. Aber sie hatte während des Krieges zu den Invasoren gehört. Sie hatte die Befehle befolgt, wie es sich für eine gute Soldatin gehörte. Also hatte sie Gefangene umgebracht. Dabei hatte sie nicht einmal gezögert oder über ihre Taten oder deren Preis nachgedacht. Die Einwohner Shaels waren keine Morrin, also was spielte es schon für eine Rolle, wie viele von ihnen starben? Als aber gegen Ende des Krieges die Städte in Trümmern lagen und die Massengräber so groß waren, dass man sie mit Hügeln verwechseln konnte, hatte sich etwas in Zannah verändert. Die Nachricht von einer Spaltung des Rates, die Morrinow zu zerreißen drohte, war sogar bis ins ferne Voechenka gedrungen. Ihr Land – ihre ganze Welt – war in Gefahr. Dabei wurde es nicht von einem anderen Heer bedroht, sondern von einem Feind in den eigenen Reihen. Die Befehle trafen ein, und die Morrin-Krieger kehrten geordnet in die Heimat zurück. Zannahs Einheit gehörte zu denen, die zum Schluss abrücken sollten. Am letzten Tag erhielt sie den Befehl, eine Abteilung zu kommandieren, die die restlichen Gefangenen töten und Voechenka niederbrennen sollte. Danach würden sie nach Norden segeln und sich um die Probleme in der Heimat...


Aryan, Stephen
Stephen Aryan ist im Nordosten Englands aufgewachsen und lebt heute in Yorkshire, wo er im Marketing einer Softwarefirma arbeitet. Schon seit seiner frühesten Kindheit ist er begeisterter Fantasyleser. Er hat sich als Buchblogger ebenso betätigt wie als Kolumnist bei Tor.com und als Podcaster. Neben seiner Begeisterung für Fantasy stehen vor allem Comics bei ihm hoch im Kurs.


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