Asimov Die Rettung des Imperiums
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-13137-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 11, 560 Seiten
Reihe: Roboter und Foundation – der Zyklus
ISBN: 978-3-641-13137-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Trantor im Jahr 12020: Das Zentrum der Galaxis wird regiert von Imperator Cleon I. Hari Seldon, ein junger Wissenschaftler, stellt erstmals seine Theorie der Psychohistorik vor, die auf der Basis mathematischer, soziologischer und statistischer Methoden präzise Vorhersagen über das Verhalten großer Gruppen von Menschen – Imperien beispielsweise – möglich macht. Cleon I. wird darauf aufmerksam und will Seldons Hilfe. Insbesondere der erste Minister Cleons, Eto Demerzel, scheint gar nicht begeistert von diesem Vorhaben zu sein. Hari Seldon muss von Trantor fliehen und begibt sich auf die Suche nach der vor Urzeiten verschollenen Erde, und seine Gegner sind ihm dabei ständig auf den Fersen …
Isaac Asimov zählt gemeinsam mit Arthur C. Clarke und Robert A. Heinlein zu den bedeutendsten Science-Fiction-Autoren, die je gelebt haben. Er wurde 1920 in Petrowitsch, einem Vorort von Smolensk, in Sowjetrussland geboren. 1923 wanderten seine Eltern in die USA aus und ließen sich in New York nieder. Bereits während seines Chemiestudiums an der Columbia University begann er, Geschichten zu schreiben. Seine erste Kurzgeschichte erschien im Juli 1939, und in den folgenden Jahren veröffentlichte er in rascher Folge die Erzählungen und Romane, die ihn weltberühmt machten: die »Foundation«-Erzählungen und die Robotergeschichten, in denen er die drei Regeln der Robotik formulierte. Beide Serien verband er Jahrzehnte später zu einer großen »Geschichte der Zukunft«. Neben der Science-Fiction hat Asimov auch zahlreiche populärwissenschaftliche Sachbücher zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Er starb im April 1992.
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3
Seldon war ganz und gar nicht sicher, ob er den Kaiser zu Gesicht bekommen würde, bestenfalls würde er irgendeinen viert- oder fünftrangigen Beamten zu sehen bekommen, der behaupten würde, für den Kaiser zu sprechen.
Wie viele Menschen bekamen je den Kaiser zu Gesicht? Persönlich, und nicht nur in Holovision? Wie viele Menschen sahen den echten Kaiser, einen Kaiser zum Anfassen, einen Kaiser, der nie den Kaiserlichen Park verließ, durch den er, Seldon, sich jetzt bewegte?
Es war eine verschwindend kleine Zahl. Fünfundzwanzig Millionen bewohnte Welten, jede mit ihrer Last einer Milliarde menschlicher Wesen oder mehr – und wie viele unter all jenen Trillionen von Menschen hatten den Kaiser in Fleisch und Blut zu Gesicht bekommen oder würden ihn zu Gesicht bekommen? Tausend?
Und wen bekümmerte es? Der Kaiser war nicht mehr als ein Symbol des Imperiums, so wie das Raumschiff und die Sonne. Aber viel weniger weitreichend, viel weniger real. Seine Soldaten und seine Beamten, die überall herumkrochen, repräsentierten jetzt ein Imperium, das für seine Bürger eine Last geworden war – nicht aber der Kaiser.
Als man Seldon daher in einen Raum mittlerer Größe mit prunkvollem Mobiliar geleitete, wo ein jung aussehender Mann in einer Fensternische auf einer Tischkante saß, den einen Fuß auf dem Boden, den anderen frei in der Luft schwingend, ertappte er sich bei dem Gedanken, weshalb ihn eigentlich irgendein Beamter mit so freundlicher Miene ansehen sollte. Er hatte bereits zu oft erlebt, dass Regierungsbeamte – und ganz besonders solche in kaiserlichem Dienst – stets würdig blickten, als würden sie die Last der ganzen Galaxis auf ihren Schultern tragen. Und dabei schien es, als wäre ihr Ausdruck umso ernster und bedrohlicher, je geringer ihre Bedeutung war.
Möglicherweise war dies also ein Beamter so hohen Ranges, so hell von der Sonne der Macht bestrahlt, dass er keine Notwendigkeit empfand, ihr mit umwölkter Stirn entgegenzuwirken.
Seldon wusste nicht, wie beeindruckt er sein sollte, hatte aber das Gefühl, dass es wohl am besten wäre, stumm zu bleiben und seinem Gegenüber das erste Wort zu überlassen.
Der Beamte sagte: »Sie sind Hari Seldon, nehme ich an. Der Mathematiker.«
Seldon antwortete darauf mit einem knappen »Ja« und wartete.
Der junge Mann machte eine weit ausholende Handbewegung. »Eigentlich sollten Sie mich mit ›Sire‹ ansprechen, aber ich mag das Zeremoniell nicht. Ich erlebe die ganze Zeit nichts anderes, und das ermüdet. Wir sind allein, ich werde mir also den Luxus leisten, auf das Zeremoniell zu verzichten. Setzen Sie sich, Professor!«
Etwa in der Mitte der Rede wurde Seldon klar, dass er dem Kaiser Cleon, dem ersten Träger jenes Namens, gegenüberstand, und er war gebührend beeindruckt. Er erkannte eine schwache Ähnlichkeit (jetzt, wo er genauer hinsah) mit der offiziellen Holografie, die fast täglich in den Nachrichten auftauchte, aber in dieser Holografie war Cleon stets imposant gekleidet und wirkte größer, edler und starrer.
Und da saß jetzt das Original jener Holografie und schien irgendwie ganz gewöhnlich.
Seldon rührte sich nicht von der Stelle.
Der Kaiser runzelte die Stirn und sagte, stets gewohnt zu befehlen, selbst im Versuch, darauf zu verzichten, herrisch: »Ich sagte: ›Setzen Sie sich‹, Mann. Dort auf den Stuhl. Na los!«
Seldon setzte sich sprachlos. Er schaffte es nicht einmal, »Ja, Sire« zu sagen.
Cleon lächelte. »So ist’s schon besser. Jetzt können wir wie zwei ganz gewöhnliche Menschen miteinander reden, was wir ja schließlich sind, wenn wir auf das Zeremoniell verzichten, wie, Mann?«
Seldon meinte vorsichtig: »Wenn Euer Kaiserliche Majestät es wünschen, dann ist es so.«
»Ach, kommen Sie schon, warum so vorsichtig? Ich will als Gleichberechtigter mit Ihnen reden. Das macht mir Freude. Bitte.«
»Ja, Sire.«
»Ein einfaches ›Ja‹ genügt, Mann. Komm ich denn überhaupt nicht an Sie heran?«
Cleon starrte Seldon an, und Seldon fand, dass es ein lebhafter und interessierter Blick war.
Schließlich sagte der Kaiser: »Sie sehen gar nicht wie ein Mathematiker aus.«
Endlich schaffte auch Seldon ein Lächeln. »Ich weiß nicht, wie ein Mathematiker aussehen sollte, Kaiserliche …«
Cleon hob warnend die Hand, und Seldon verschluckte den Titel.
»Weißhaarig, nehme ich an«, sagte Cleon. »Vielleicht bärtig, ganz sicher alt.«
»Aber selbst Mathematiker müssen anfangs jung sein.«
»Aber dann haben sie noch keinen Ruf. Wenn sie schließlich die Aufmerksamkeit der Galaxis auf sich ziehen, sind sie so, wie ich sie beschrieben habe.«
»Ich fürchte, ich bin ohne Ruf.«
»Und doch haben Sie bei diesem Kongress eine Rede gehalten.«
»Das haben viele von uns getan. Manche waren jünger als ich. Nur wenigen von uns ist Aufmerksamkeit zuteil geworden.«
»Ihr Vortrag hat allem Anschein nach die Aufmerksamkeit einiger meiner Beamten auf sich gezogen. Man sagt mir, Sie halten es für möglich, die Zukunft vorherzusagen.«
Plötzlich überkam Seldon große Müdigkeit. Allem Anschein nach wurde seine Theorie immer wieder falsch interpretiert. Vielleicht hätte er den Vortrag nicht halten sollen.
»Eigentlich nicht ganz«, wandte er ein. »Was ich getan habe, ist wesentlich weniger als das. In vielen Systemen ist die Situation so, dass unter gewissen Bedingungen chaotische Ereignisse stattfinden. Das bedeutet, dass es von einem bestimmten Anfangspunkt aus unmöglich ist, die Folgen vorherzusagen. Das gilt sogar in einigen ganz einfachen Systemen, aber je komplexer ein System ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es chaotisch wird. Man hat stets angenommen, etwas so Kompliziertes wie die menschliche Gesellschaft würde schnell chaotisch und deshalb unvorhersehbar werden. Meine Arbeit läuft jetzt darauf hinaus, dass ich zu beweisen versuche, dass man beim Studium der menschlichen Gesellschaften einen Anfangspunkt wählen und geeignete Annahmen machen kann, die das Chaos unterdrücken. Dadurch wird es ermöglicht, die Zukunft vorherzusagen, natürlich nicht in allen Einzelheiten, aber in groben Zügen, nicht mit Sicherheit, aber mit berechenbarer Wahrscheinlichkeit.«
Der Kaiser, der aufmerksam zugehört hatte, sagte: »Aber bedeutet das denn nicht, dass Sie aufgezeigt haben, wie man die Zukunft vorhersagen kann?«
»Ich muss wiederum sagen, nicht ganz. Ich habe aufgezeigt, dass es theoretisch möglich ist, nicht mehr. Um mehr zu tun, müssten wir tatsächlich einen korrekten Anfangspunkt wählen, korrekte Annahmen machen und dann Mittel und Wege finden, um die Berechnungen in endlicher Zeit durchzuführen. Dafür habe ich in meiner Argumentation keine Lösung. Und selbst wenn wir zu all dem imstande wären, könnten wir bestenfalls nur zu Wahrscheinlichkeiten kommen. Das ist nicht dasselbe wie eine Vorhersage der Zukunft; es ist nur eine Vermutung bezüglich dessen, was wahrscheinlich geschehen wird. Jeder erfolgreiche Politiker, Geschäftsmann, ja sogar jeder beliebige Mensch muss diese Einschätzungen der Zukunft vornehmen, und das sogar ziemlich gut, sonst hat der oder die Betreffende keinen Erfolg.«
»Die tun es aber ohne Mathematik.«
»Richtig. Sie tun es mit Intuition.«
»Mit der geeigneten Mathematik wäre jeder imstande, die Wahrscheinlichkeit zu bewerten. Dann würde es keine Menschen mit besonderer Intuition brauchen, die erfolgreich werden.«
»Stimmt wiederum. Aber ich habe lediglich gezeigt, dass eine mathematische Analyse möglich ist. Ich habe nicht bewiesen, dass das praktisch durchführbar ist.«
»Kann etwas möglich und doch nicht praktisch durchführbar sein?«
»Für mich ist es theoretisch möglich, jede Welt der Galaxis zu besuchen und jeden Menschen auf jeder Welt zu begrüßen. Aber dies zu tun würde viel mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ich Jahre zu leben habe. Und selbst wenn ich unsterblich wäre, nimmt die Bevölkerung heute schneller zu als ich die Menschen ansprechen könnte. Und, was viel wesentlicher ist, es würde eine große Zahl alter Menschen sterben, ehe ich je an sie herankommen könnte.«
»Und das gilt auch für Ihre Mathematik der Zukunft?«
Seldon zögerte kurz und fuhr dann fort: »Vielleicht würde es zu lange dauern, die Mathematik auszuarbeiten, selbst wenn man einen Computer so groß wie das Universum hätte, der mit Hyperraumtempo funktioniert. Bis eine Antwort da wäre, wären genügend Jahre verstrichen, um die Situation so gründlich zu ändern, dass die Antwort sinnlos wäre.«
»Warum kann man den Vorgang nicht vereinfachen?«, fragte Cleon Seldon.
»Kaiserliche Majestät …« – Seldon spürte, dass der Kaiser in dem Maße formeller wurde, wie die Antworten von seinen Wünschen abwichen, und reagierte seinerseits mit mehr Formalität –, »… bedenken Sie bitte, wie die Wissenschaft an das Studium der subatomaren Partikel herangegangen ist. Es gibt davon eine...




