Banks KGI - Blutiges Spiel
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8025-9158-7
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 03, 400 Seiten
Reihe: KGI-Reihe
ISBN: 978-3-8025-9158-7
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nach einem katastrophalen Einsatz, bei dem Garrett Kelly angeschossen wurde, hat er das Militär verlassen. Als die CIA ihn bittet, die junge Sarah Daniels zu beschatten, übernimmt er den Auftrag nur zu gern. Denn Sarah ist die Schwester des Mannes, der Garrett verletzt hat und den er unbedingt hinter Gitter bringen will. Doch seine Gefühle für Sarah stürzen ihn schon bald in große Verwirrung.
Maya Banks lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Texas. Wenn sie nicht schreibt, unternimmt sie gerne Reisen mit ihrer Familie.
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1
Es gab unzählige Männer, die von Marcus Lattimer jeden Auftrag angenommen und erledigt hätten. Im Laufe seines Lebens hatte er ein Vermögen angehäuft und jede Menge Verbindungen geknüpft, den Großteil davon hart am Rand der Legalität. Die Männer, die Lattimer direkt beschäftigte, waren ihm absolut treu ergeben – mit weniger würde er sich auch nicht zufriedengeben –, aber er selbst traute niemandem bedingungslos.
Bei manchen Aufträgen … da ging es um persönliche Genugtuung. In diesem Fall handelte es sich um eine Frage der Ehre. Manche Leute würden einwenden, Marcus besäße keine. Und nach objektiven Maßstäben hätten sie auch recht. Aber er war einem unerschütterlichen Treuegelöbnis verpflichtet. Wichtig war, was er unter Ehre verstand.
Allen Cross war ein arrogantes, parasitäres Arschloch. Die Welt wäre ohne Ungeziefer wie ihn besser dran, und Marcus war entschlossen, sich an diesem Tag darum zu kümmern.
Er schraubte den Schalldämpfer auf und steckte sich die Pistole in den Hosenbund. Dann knöpfte er das Jackett seines Armani-Anzugs zu, stieg aus dem Wagen aus und befahl dem Fahrer zu warten. Ohne Eile schritt er auf den Eingang des Hochhauses zu, in dem Cross Enterprises seinen Geschäftssitz hatte. Es dämmerte bereits, die Lichter der Stadt flimmerten im Halbdunkel, und die Scheinwerfer der vorbeifahrenden Autos huschten an den Hauswänden entlang.
Auf den Straßen herrschte kaum noch Verkehr, und das geschäftige Treiben der Horden von Angestellten, die wie ein beständiger Strom das Gebäude betraten oder verließen, war versiegt. Wenige Meter vom Eingang entfernt blieb Lattimer kurz stehen und schaute auf die Uhr. Der Wachmann, der am Wochenende hier seinen Dienst tat, war ein Familienmensch, und wie die meisten Familienmenschen hatte auch er Schulden, nicht viele, aber genug, um nur mit Mühe über die Runden zu kommen.
Ab morgen würde der Wachmann keine finanziellen Sorgen mehr haben. Dafür hatte Marcus gesorgt. Gerade in diesem Moment legte der Wachmann eine Pause ein, und kurz darauf würden die Überwachungskameras versagen.
Für Geld war vieles zu haben. Loyalität. Illoyalität. Ein zugedrücktes Auge. Eine kurzzeitige Ablenkung. Fünfzehn Minuten reichten Marcus, um die Welt von Allen Cross zu befreien.
Cross war ein Gewohnheitstier. Er kam jeden Samstagabend um sieben und blieb bis neun Uhr. Dann stand der Abholservice bereit und brachte ihn zu einem Restaurant zehn Blocks entfernt. Er genoss ein paar einsame Stunden, in denen er sich um Papierkram kümmerte. Sein größter Genuss jedoch bestand darin, ungestraft eine hilflose Frau zu quälen.
Marcus’ Kiefermuskeln verspannten sich vor Wut. Vorhersehbarkeit konnte einen Menschen töten. Und Cross würde das schon bald erfahren.
Marcus fuhr mit dem Aufzug in den zwanzigsten Stock und trat auf den mit billigem italienischem Marmorimitat ausgelegten Flur. Als er den Empfangsbereich durchquerte, waren seine Schritte so gut wie nicht zu hören.
Die Tür zu Cross’ Büro war angelehnt. Aus dem Spalt drang mattes Licht. Marcus drückte die Tür lautlos auf. Cross saß hinter seinem Schreibtisch, zurückgelehnt in seinem Sessel, hielt ein Glas Wein in der Hand und las ein Bündel Papiere durch.
Marcus beobachtete ihn. Geduldig wartete er, bis seine Beute erkannte, dass die Jagd auf sie eröffnet war.
Nach einem Moment stellte Cross das Glas ab und beugte sich vor. Plötzlich hielt er inne, sein Kopf hob sich ruckartig, als er Marcus erblickte. Von Panik erfüllt riss er die Augen auf, dann hatte er sich wieder im Griff und verzog den Mund zu einem höhnischen Grinsen.
»Wer sind Sie, und was zum Teufel machen Sie in meinem Büro?«
Marcus schlenderte auf ihn zu. Mit ausdruckslosem Gesicht knöpfte er sein Jackett auf. Cross sprang auf, seine Hand fuhr zu der Sprechanlage auf seinem Schreibtisch.
»Verschwinden Sie, oder ich rufe den Sicherheitsdienst.«
Marcus lächelte. »Ich glaube, der ist momentan unabkömmlich.«
Ein Anflug von Unbehagen huschte über Cross’ Miene. Immer noch lächelnd zog Marcus die Pistole. Sie lag gut in der Hand. Er genoss das Gefühl, wie der Schlitten über seinen Daumen glitt. Er entsicherte die Waffe und zielte auf Cross’ Brust.
»Sterben Sie lieber im Sitzen oder im Stehen?«
Cross wurde kreidebleich. Er taumelte, seine Hände fielen auf die glatt polierte Mahagoniplatte seines Schreibtischs.
»Was wollen Sie?«, krächzte er. »Geld? Ich habe Geld. Sagen Sie einfach, wie viel. Alles. Ich gebe Ihnen alles, was sie wollen.«
Verächtlich zuckte Marcus’ Mundwinkel. »Sie könnten sich nicht einmal meine Schuhe leisten.«
Sein Finger drückte fester auf den Abzug. In Cross’ Augen konnte er das Entsetzen sehen, das die Erkenntnis auslöste, dass er sterben würde.
Cross stürzte zur Seite. Das Geräusch der Kugel, als sie seine Brust durchschlug, hallte von den Wänden des geräumigen Büros wider. Cross schlug auf dem Boden auf, die Arme in seiner Verzweiflung ausgestreckt. Blut sickerte durch das weiße Seidenhemd, immer mehr, je heftiger er nach Atem rang.
Wie sehr Marcus dieses Schwein auch möglichst langsam sterben sehen wollte, er musste die Sache nun zu Ende bringen. Er hob die Waffe und zielte genau zwischen Cross’ Augen. Dieser hatte die Ausweglosigkeit erkannt und akzeptierte seinen Tod. Marcus drückte ab und ging, zufrieden, dass der Gerechtigkeit Genüge getan war.
Das Taxi blieb abrupt vor dem Gebäude stehen, in dem Sarah Daniels sechs Monate lang gearbeitet hatte. Seit einem Jahr war sie nicht mehr dort gewesen. Der bloße Gedanke, das Firmengebäude von Cross Enterprises zu betreten, machte sie buchstäblich krank.
Sie warf dem Taxifahrer einen Zwanzigdollarschein hin und ignorierte dessen Angebot, ihr den Rest herauszugeben. Unbeholfen öffnete sie die Tür und eilte auf das Hochhaus zu.
Die Eingangshalle war leer. Der Wachmann war nicht auf seinem Posten. Kam sie zu spät? Was hätte sie dem Mann überhaupt sagen wollen? Dass ihr Bruder auf dem Weg hierher war, um Stanley Cross zu töten?
Sie rannte zum Aufzug, hämmerte auf den Aufwärts-Knopf und betete insgeheim, dass er im Erdgeschoss sein möge. Mit einem erleichterten Stoßseufzer zwängte sie sich durch die aufgleitenden Türen.
Sie drückte den Knopf zum zwanzigsten Stock und danach wiederholt den Knopf, um die Tür zu schließen.
Schnell. Schnell. Schnell.
Sie musste es rechtzeitig schaffen. Sie würde Marcus aufhalten.
Dumm. Strohdumm.
Sie hätte es wissen müssen. Sie hatte die Wut in Marcus’ Augen gesehen. Äußerlich war er viel zu ruhig gewesen und viel zu gefasst, als er ihr mitteilte, dass er sie fortbringen würde. Sie hatte nicht widersprochen. Sie hatte ihm alle Entscheidungen überlassen. Sie hatte nicht einmal gewusst, wohin die Reise ging, nur dass Marcus’ Privatjet voll aufgetankt auf sie wartete.
Endlich war sie oben. Sie lief in den Empfangsbereich und auf Allens Büro zu. Die Tür stand weit auf. Sie sah Marcus von der Seite, wie er soeben die Pistole wieder in den Hosenbund steckte.
Entsetzt sah sie Allen Cross auf dem Boden liegen mit blutbeflecktem weißem Hemd.
Sie hob die Hand zum Mund und trat rasch zurück.
Oh Gott. Oh Gott. Oh Gott.
Sie kam zu spät. Sie hatte es nicht rechtzeitig geschafft.
Allen war tot. Marcus hatte ihn ermordet.
Oh Gott.
Ihr wurde übel. Beinahe wäre sie auf ihrem langsamen Rückzug über die eigenen Füße gestolpert. Sie musste fort von hier. Bald würde die Polizei auftauchen. Oder? Kein Mensch konnte doch so einfach in ein Bürogebäude hineinspazieren und jemanden erschießen.
Sie drehte sich um und lief zum Lift. Sie betete, dass er noch da war, denn am Wochenende waren immer mindestens zwei der Aufzüge außer Betrieb. Blieben auf dieser Seite des Hochhauses immer noch zwei, die funktionieren sollten.
Sie drückte den Daumen auf den Abwärts-Knopf und hielt den Atem an. Notfalls würde sie die Treppe nehmen. Die Tür glitt auf, und sie stolperte hinein. Sie hämmerte auf den Knopf zum Erdgeschoss und drehte sich in dem Moment um, als die Tür zuging. Nur wenige Meter entfernt von ihr stand Marcus mit erstarrter Miene.
»Sarah …«
Die Tür war zu und schnitt ihm das Wort ab. Der Aufzug fuhr nach unten. Sarahs Magen rebellierte.
Sie war nicht in der Lage zu verarbeiten, was sie gerade gesehen hatte. Marcus hatte Allen Cross getötet. Sie spürte nicht das geringste Bedauern. Nur Angst. Angst um Marcus. Wie konnte er nur annehmen, mit einer derart dreisten Tat ungestraft davonzukommen?
Der Aufzug hielt, und sie stemmte sich gegen die Tür, als ginge sie dadurch schneller auf. Kopfüber stolperte sie in den Empfangsbereich und hatte Mühe, nicht der Länge nach hinzufallen. Gerade hatte sie sich gefangen, da schloss sich eine Hand um ihren Arm und riss sie herum.
»Was zum Henker tust du hier?«
Ihr stockte der Atem, denn sie sah sich dem leibhaftigen Teufel gegenüber.
Stanley Cross, Allens Bruder, packte sie so fest, dass sie vor Schmerz schrie. Aus seinen Augen sprühte die blanke Wut, eine Warnung, wozu dieser Mann fähig war. Doch das wusste sie nur zu gut.
Ein Schluchzer entrang sich ihrer Kehle. Dieser Mann hatte sie das ganze letzte Jahr in ihren Albträumen heimgesucht. Seit jener Nacht in Allens Büro war sie ihm nicht mehr persönlich begegnet, jener...




