Bauer | Faszination Musik - 22 Porträts und Interviews | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 1 Seiten

Bauer Faszination Musik - 22 Porträts und Interviews


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7584-3340-5
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 1 Seiten

ISBN: 978-3-7584-3340-5
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Wie sah Emil Mangelsdorff, einer der ersten deutschen Jazzmusiker, in den letzten Jahren seines Lebens seine Anfänge mit dieser einst so umstrittenen Musik? Welche Erinnerungen hat Alexander von Schlippenbach an die Hochphase des Free Jazz in Deutschland, den er selbst in den 1960er Jahren miterfand und den er bis heute kultiviert? Was macht die künstlerische Karriere von Marilyn Mazur, einer der ersten international erfolgreichen Jazz- und Weltmusikerinnen, so ungewöhnlich? Von welchen künstlerischen Einflüssen und Einfällen sieht sich Soloflötist Emmanuel Pahud inspiriert? Worauf legt Felix Klieser Schwerpunkte, der als einziger klassischer Hornsolist sein Musikinstrument mit den Zehen spielt? Was bedeutet Jazz für Christian Sands, der mit Anfang 30 bereits auf zwei intensive Bühnenjahrzehnte zurückblickt? Welche Einblicke gibt die feinsinnige junge Jazzmusikerin Julia Kadel in ihre kreative Ideenwelt? Und wie geht die klassische Klaviersolistin Alice Sara Ott mit den Höhen und Tiefen ihrer bisherigen Karriere um? Diese und eine Menge andere Fragen beantworten die 22 Porträts und Interviews in diesem Buch. Die Form eines Porträts oder Interviews gibt die Möglichkeit, mehr zu erfahren über Musikerinnen und Musiker, ihre Werke, ihr Leben und ihre Sicht auf die Welt, darüber, was sie inspiriert und beschäftigt. Selbst wenn ihre Wege noch so unterschiedlich sind, sie alle verbindet die gestaltende Kraft der Musik. Im Porträt oder Interview: Emil Mangelsdorff, Alexander von Schlippenbach, Du?ko Gojkovi?, Marilyn Mazur, Anke Helfrich, David Murray, Christian Sands, Jazzmeia Horn, Lakecia Benjamin, Julia Kadel, Hadar Noiberg, Kinan Azmeh, Wendy McNeill, Melissa Aldana, Hermeto Pascoal, Alexander Tulinov, Andromeda Mega Express Orchestra, Emmanuel Pahud, Stefan Dohr, Alice Sara Ott, Felix Klieser, Seong-Jin Cho.

Christina M. Bauer ist freiberufliche Musikjournalistin und schreibt für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen vor allem über Jazz, Klassik und andere Musik.
Bauer Faszination Musik - 22 Porträts und Interviews jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Der Jazzbotschafter - Emil Mangelsdorff (2016)


Mit souveränem, nuanciertem und kontrastreichem Altsaxofonton entwickelt Emil Mangelsdorff, 91, seit fast sieben Jahrzehnten die deutsche Jazzszene mit. Er spielte Jazzstandards und Originalstücke von Swing über Bebop und Cool Jazz bis zu Free- und Modern-Anklängen. Durch seine Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg wurde er zum Botschafter für Freiheit, Kreativität und Vielfalt, gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit.

Ein Telefonat mit Emil Mangelsdorff ist eine Unterhaltung mit einem, der heute wie kaum ein anderer deutsche Jazzgeschichte repräsentiert. Zusammen mit seinem dreieinhalb Jahre jüngeren und später besonders für sein innovatives Jazzposaunenspiel berühmten Bruder Albert, war der Altsaxofonist einer der ersten, die sich in den 1930er Jahren von der neuartigen Musik aus den USA inspirieren ließen, sie bald darauf gar selbst spielten. „Den Jazz entdeckte ich in ausländischen Sendern, die wir damals hören konnten", erinnert sich Mangelsdorff. "Vor allem Radio Luxemburg hatte ein buntes Programm, da war viel Jazz dabei. Als ich dort die Musik von Louis Armstrong hörte, war ich Jazzfan. Das war etwa 1936. Von da an war mein Weg als Jazzmusiker sozusagen schon vorgezeichnet.“ Im April feierte der rüstige Senior Jazzer nun seinen 91. Geburtstag, gibt dessen völlig unbesehen aber weiterhin munter Jazzkonzerte und Vorträge. Mit dünnrandiger Brille und inzwischen schlohweißem Haar steht er auf den Bühnen und spielt gekonnt geschwungene, fein abgestimmte Melodieverläufe sowie energetische, einfallsreiche Soloimprovisationen. „So lange ich das kann, mache ich es natürlich", stellt der Musiker fest. "Mir macht das Freude. Es wäre schlimm, wenn mir gesundheitlich etwas dazwischen käme und ich nicht mehr spielen könnte. Ich liebe meinen Beruf.“ Nicht zuletzt hält doch gerade Jazz fit, erklärt er, mit all den Solo- und Improvisationsparts: „Man muss seine sieben Sachen im Oberstübchen beisammen haben, sonst funktioniert das nicht.“ Über die Jahre sammelte Mangelsdorff zahlreiche Auszeichnungen, für seine Musik, aber auch für sein Engagement gegen Rechts.

Seine Heimatstadt Frankfurt am Main verlieh ihm Anfang der 1990er Jahre zuerst die Johanna-Kirchner-Medaille, bald darauf eine Goethe-Plakette. Etwa ein Jahrzehnt später kam vom Bundesland Hessen die Wilhelm-Leuschner-Medaille hinzu, bald darauf ebenfalls eine Goethe-Plakette. Inzwischen erreichte er mit dem Bundesverdienstkreuz 2008 sozusagen die Ehrungs-Bundesebene. Seit vergangenem Jahr ist er Ehrenprofessor, in der Landesmusikakademie Hessen auf Schloss Hallenburg gibt es seitdem einen Emil- Mangelsdorff-Saal. Es gefällt ihm zweifellos, dem illustren Raum seinen Namen zu leihen, ähnlich wie der seines Bruders seit Jahrzehnten für einen der wichtigsten deutschen Jazzpreise steht. Für Alberts Leistungen fand indes auch er immer lobende Worte. Über die Jahrzehnte traten beide in vielen Ensembles zusammen auf. Emil Mangelsdorff erhielt selbst einige musikalische Auszeichnungen, darunter 1966 den Deutschen Schallplattenpreis für "Like a drop of oil" mit den Swinging Oildrops, 1995 den Hessischen Jazzpreis. Im gleichen Jahr bekam das hr-Ensemble den Preis der Deutschen Schallplattenkritik für "Atmospheric Conditions Permitting". Posaunist Albert leitete das Ensemble, Emil spielte Saxofon, so wurden sie in dieser Besetzung gemeinsam ausgezeichnet. Längst also hat Mangelsdorff viel erreicht, aber der Musik überdrüssig wird er nie. Noch heute übt er jeden Tag drei Stunden Saxofon.

Schon seine Herkunftsfamilie im Stadtteil Praunheim im Nordwesten Frankfurts war musikalisch, besonders auf der väterlichen Seite. Ein Onkel leitete das städtische Orchester in Pforzheim und war dort erster Violinist, einer anderer spielte Klavier, der Großvater schließlich war Musiker beim Militär. Der jugendliche Emil wiederum hing nicht nur selbst ständig vor dem Radio, hörte Schallplatten und besuchte Konzerte, etwa des Trompeters Carlo Bohländer oder des Klarinettisten Karl Petri. Er brachte gleich noch seinen Bruder auf den Geschmack. „Ich nahm Albert mit ins Schumann Café und ins Café Regina, wo damals Bigbands auftraten", erinnert er sich. "Sie holten auch ausländische Bands nach Deutschland. Schließlich mussten sie den Leuten etwas bieten. Die wollten ausgehen, und tanzen, wenn sie auf Urlaub da waren. Gleichzeitig trafen sich dort die jungen Leute. Also die, die nichts von der Hitlerjugend hielten, sondern lieber Jazzplatten hörten und auch sonst etwas anderes im Leben vorhatten.“

Seine ersten, eigenen Jazzalben, darunter einige von Jimmy Dorsey, Benny Goodman und Lionel Hampton, landeten regelmäßig im Sammelpool des Freundeskreises, der nächtelang zum Musik hören zusammensaß. Bald trat er selbst auf. „Karl Petri entdeckte mich sozusagen, als ich im Fasching auf der Straße Akkordeon spielte", so Mangelsdorff. "Das war damals mein erstes Instrument. Er meinte, ich soll ihn mal besuchen, er hätte ein Piano und spiele Klarinette. Von da an spielten wir über viele Jahre zusammen Musik.“ So begeistert Musik- und Tanzfans von der damaligen Swingwelle waren, so sehr war das NS-Regime dagegen. „Dass wir amerikanischen Jazz spielten, passte der Gestapo nicht", berichtet der Jazzmusiker. "Sie ließ uns aber trotzdem oft spielen, denn bei solchen Konzerten traf sich die oppositionelle Jugend. So konnten sie uns besser observieren.“

Zunächst im Frankfurter Hof, später in der Rokoko-Diele in einem Hotel-Hinterhof, mischte Mangelsdorff zusammen mit Karl Petri, Carlo Bohländer und anderen in der 1941 gegründeten Hotclub Combo die Musikszene auf - immer auf schmalem Grat zwischen Selbstentfaltung und Freiheit auf der einen und den drohenden Strafen des NS-Regimes auf der anderen Seite. Mit Fortschreiten der Diktatur erlebte er persönlich, wie Non-Konformismus schwer geahndet wurde: „Die Gestapo verhaftete mich, und der Typ sorgte dafür, dass ich nach Russland musste, zum Arbeitsdienst, dann zum Militär. Danach war ich noch viereinhalb Jahre in russischer Gefangenschaft, erst 1949 kam ich nach Hause. Ein Jahr später kaufte ich mir mein erstes Saxofon. Da war ich 24.“ Das durch die Verhaftung 1943 unterbrochene Klarinettenstudium am Dr. Hoch’s Konservatorium ließ der Musiker auf sich beruhen, lernte statt dessen autodidaktisch Altsaxofon.

Das erste kaufte er einem amerikanischen Soldaten ab, bekam bald darauf gleich noch ein besseres. Im Lauf der Jahre griff er auch immer wieder zu Sopransaxofon, Klarinette und Flöte. Irgendwann bekam er bei den ersten beiden Schmerzen am Daumen, wandte sich statt dessen mehr der einfacher zu spielenden Flöte als Zweitinstrument zu. Wer sich nach Kriegsende als Jazzmusiker weiterentwickeln wollte, brauchte indes viel Eigeninitiative. „Es gab damals keinen Lehrplan, die Hochschulen befassten sich nicht mit Musik, mit Jazz schon gar nicht", so der Musiker. "Junge Jazzer mussten sich Aufzeichnungen aus den USA anhören. AFN, der Sender im amerikanischen Sektor, war für uns wichtig. Da lernten wir viele Stücke kennen.“ Für Mangelsdorff aber war es der ideale Berufsweg. „Beim Spielen hatte ich viele Glücksmomente, die ich in einem anderen Beruf so nicht erlebt hätte.“

Die Freude an der Musik ließ er sich nie verderben. Aber er machte es sich ab Mitte der 1980er Jahre zur Aufgabe, bei Vortragskonzerten über die Situation des Jazz in der NS- Diktatur zu berichten. „Wer die Nazi-Zeit erlebt hat, und selbst so unmittelbar davon betroffen war, der kann das nicht einfach so hinter sich lassen", stellt er fest. "Gerade wenn ich sehe, wie sich heute manche jungen Leute nach rechts orientieren, ist mir Aufklärung ein Anliegen. Darüber, was für schlimme Zustände es damals gab. Wie schon normale Bürger für völlig harmlose Dinge mit Strafen bedroht wurden.“ Viele tausend Schüler saßen schon in seinen Vorträgen, die Resonanz erlebte er als positiv. Es geht ab und an noch eine Nummer größer: Anfang 2015 trat der Musiker bei einer Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit auf dem Frankfurter Rathausplatz vor 15.000 Menschen auf.

Schon nach dem Krieg wurde er zum Kulturbotschafter, stand 1957 mit den German All Stars in Zoppot, einem Ostseebadeort, auf der Bühne. „Das war denke ich damals ein Highlight im polnischen Jazzleben", berichtet der Saxofonist. "Wir waren die ersten Botschafter des Westens, die dort auftraten. Die Leute waren begeistert, sie wollten westlichen Jazz hören. Den kannten sie bis dahin nur aus dem amerikanischen Radio, von Sendungen wie The Voice of America.“ Zu Polen hegt der Saxofonist auch sonst musikalisch ein gutes Verhältnis, sein heutiges Quartett ist zur Hälfte polnisch. Aus den German All Stars ging beim Deutschen Jazzfestival 1958 das von Albert bis zu seinem Tod 2005 geleitete hr-Jazzensemble hervor, in dem Emil noch bis vor wenigen Jahren spielte. Es brachte ihnen eine enorme Zahl interessanter, internationaler Kooperationen ein, unter anderem mit vielen US-Jazzgrößen.

Zu den ersten Ensembleunternehmungen nach dem Krieg zählte aber zunächst die Mitgliedschaft in der Combo des Pianisten Joe Klimm, wenig später in der von Jutta Hipp. Selbst ursprünglich vom Swing in Bann gezogen, erlebte Mangelsdorff dort die Weiterentwicklung des Jazz unmittelbar auf der Bühne mit: „Nach dem Krieg war ich zusammen mit Albert und Joki Freund im Jutta Hipp Quintett. Wir spielten vor allem Musik der Tristano-Schule, von Lee Konitz, Warne Marsh und von Lennie Tristano selbst. Das war eine interessante und...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.