Beck / Prinz | Fake News: Macht der Lügen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 156 Seiten

Beck / Prinz Fake News: Macht der Lügen


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-17-043766-1
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 156 Seiten

ISBN: 978-3-17-043766-1
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Fledermausmenschen und Einhörner auf dem Mond? Glatt gelogen. Eine Präsidentschaftskandidatin, die in einer Pizzeria einen Kinderpornoring betreibt? Unfug. Eine vorgetäuschte Mondlandung, gefälschte Wahlen? Kann nicht sein. Oder doch? In einer Welt, in der das Angebot an echten, falschen und verfälschten Informationen ständig zunimmt, lösen sich die Grenzen zwischen Lüge, Manipulation, Propaganda, Meinung und Wahrheit bisweilen auf. Staaten beschäftigen Trollfabriken zur Streuung von Propaganda und Lügen, soziale Netzwerke verbreiten Unwahrheiten und Halbwahrheiten mit Lichtgeschwindigkeit. Selbst Experten und Medien verlaufen sich schon einmal im Dschungel der Informationen und machen im Kampf um die Deutungshoheit nicht immer eine gute Figur.
Hanno Beck und Aloys Prinz erläutern, welche Arten von Fake News es gibt, wie sie entstehen, welche Folgen sie haben, wie sie wirken, welche Rolle Staaten, Medien, Forschung und wir selbst dabei spielen und wie man sich gegen gezielte Desinformation wehren kann.

Beck / Prinz Fake News: Macht der Lügen jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2Wie kommen Fake News zustande?
Um Fake News zu verstehen, muss man wissen, wie sie entstehen. Am Anfang dieses Prozesses steht ein Angebot an Informationen und Falschinformationen. Doch dieses Angebot wäre ohne Nachfrage nicht erfolgreich. Natürlich fragen Menschen Informationen nach – aber Falschinformationen? Niemand will falsche Informationen, aber einige ökonomische und psychologische Mechanismen, die wir in diesem Kapitel näher beleuchten wollen, tragen dazu bei, dass Menschen empfänglich für Fake News sind. Hinzu kommt der Umstand, dass man nur schwer zwischen Meinung und Fakten trennen kann und dass schon der Prozess der Faktenselektion nicht immer objektiv sein kann. Das Angebot an Fake News
Der Parkplatz des Einkaufzentrums ist voll. Der weißhaarige Großvater lenkt seinen Wagen auf einen Kurzzeitparkplatz – 30 Minuten, bei weitem nicht genug Zeit für das Mittagessen, das geplant ist. »Ich denke nicht, dass sie das sorgfältig kontrollieren«, sagt Großvater. Frage seiner Begleitung: »War das ein rationales Verbrechen?« Großvater zögert keine Sekunde: »Ja, das war es«.[55] Der weißhaarige Großvater, um den es hier geht, ist Gary S. Becker, Wirtschaftsnobelpreisträger und Erfinder der Idee des rationalen Verbrechens. Er erklärt damit, warum Menschen in bestimmten Situationen straffällig werden, und seine Ideen erklären auch die Erstellung und Verbreitung von Fake News. »Ökonomische Theorie der Kriminalität« nennt man das.[56] Der Ausgangspunkt von Beckers Ideen ist, dass Menschen Verbrechen begehen und sich daneben benehmen, wenn es sich lohnt, nämlich dann, wenn die erwarteten Erträge aus diesen Aktivitäten höher sind als die erwarteten Kosten. Ökonomisch betrachtet lohnt sich das Angebot von Fake News dann, wenn der Ertrag größer ist als die damit verbundenen Kosten. Das liest sich dann so:[57]   Ertrag aus Fake News > Kosten von Fake News   Der Ertrag von Fake News setzt sich zusammen aus einem monetären und einem nichtmonetären Teil. Der monetäre Ertrag kann darin bestehen, dass Dritte Fake News in Auftrag geben und dafür bezahlen (beispielsweise im politischen Bereich), oder aber darin, dass Personen, die auf die Falschinformationen hereinfallen, deswegen Geld an die Ersteller der Fake News überweisen. Der nichtmonetäre Ertrag von Fake News kann die Genugtuung sein, dass man anderen geschadet hat, oder einfach Spaß am Chaos. Er kann auch handfester darin bestehen, die eigene politische Agenda vorangebracht zu haben. Im Ergebnis liest sich das so:   Ertrag aus Fake News = monetärer + nichtmonetärer Ertrag   Schauen wir uns die andere Seite der obigen Ungleichung an, die Kosten der Verbreitung von Fake News. Das sind zum einen die Investitionen in Hardware und Software für Computer (die nicht besonders hoch sind). Dazu kommen die sogenannten Opportunitätskosten der Zeit: Während man Fake News erstellt und verbreitet, könnte man auch andere Tätigkeiten ausüben, die entweder Geld oder andere Erträge einbringen. Hier zeigt sich auch, warum Fake News heutzutage eine zunehmende Rolle spielen: Die Investitionskosten und die Zeitkosten der Erstellung und Verbreitung von Fake News sind in den vergangenen Jahren Dank der sozialen Medien dramatisch gefallen – mit wenigen Mausklicks kann man Fake News um die Welt streuen, was Kosten und Zeitaufwand dramatisch senkt (und den Ertrag erhöht). Früher musste man aufwendige Kampagnen zur Verbreitung der Fake News starten, heute kann das jeder Teenager in seinem Kinderzimmer erledigen. Bleiben noch psychische Kosten wie moralische Skrupel vor Straftaten. Zu den Kosten der Erstellung von Fake News zählt auch das Risiko, entdeckt und bestraft zu werden. Dieses Risiko setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: den Kosten der Bestrafung und der Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden. Die Kosten der Bestrafung bestehen zunächst aus den monetären Kosten in Form von Geldstrafen. Darüber hinaus – und möglicherweise wirksamer als die Geldkosten – ist der psychische Stress, der mit dem Auffliegen von Fakes verbunden ist (»was sollen denn die Nachbarn denken?«). Kommt es statt Geld- zu Gefängnisstrafen, kommen die verlorene Zeit und weitere psychische Kosten hinzu. Allerdings hängen die tatsächlichen Kosten davon ab, wie hoch die Entdeckungswahrscheinlichkeit ist. Je höher diese ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass man bestraft wird, umso mehr steigen die erwarteten Kosten der Bestrafung. Ist dagegen die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden, null, sind die Kosten der Bestrafung auch null – wer nicht erwischt wird, kann auch nicht bestraft werden. Multipliziert man die potentiellen Kosten der Bestrafung mit der Entdeckungswahrscheinlichkeit, erhält man den sogenannten Erwartungswert der Bestrafung, also die statistisch zu erwartenden Kosten der Bestrafung.[58] Das ergibt dann: Kosten von Fake News = Investitionskosten + Zeitkosten + psychische Kosten + Entdeckungswahrscheinlichkeit mal monetären und nichtmonetären Wert der Bestrafung   Damit haben wir eine einfache Formel zusammen, mit der man vorhersagen kann, ob jemand Fake News produzieren wird oder nicht: Monetärer + nichtmonetärer Ertrag > Investitionskosten + Zeitkosten + psychische Kosten + Entdeckungswahrscheinlichkeit mal monetären und nichtmonetären Wert der Bestrafung   Anhand der Formel können wir auch sehen, warum die Verbreitung von Fake News in den vergangenen Jahren zugenommen hat: Der Ertrag der Fake News steigt, weil neue Technologien diese schneller und weiter verbreiten können und es schwerer machen, den Fake-Charakter zu erkennen. Die Kosten der Verbreitung sind dank neuer Technologie gesunken – es sind also beide Seiten der obigen Ungleichung, die eine Verbreitung von Fake News attraktiver gemacht haben. Damit können wir auch sehen, welche Personen zur Produktion und Verbreitung von Fake News infrage kommen. In der Regel werden diese Personen geringe Opportunitätskosten der Zeit haben, also mit legalen Aktivitäten keine hohen Löhne oder Gehälter erzielen können. Das ist einer der...


Aloys Prinz - Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität des Saarlandes und an der Universität zu Köln, wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. anschließend wissenschaftlicher Assistent am Institut für Finanzen, Steuern und Sozialpolitik der Freien Universität Berlin, Promotion und Habilitation an der Freien Universität Berlin, Professor für Volkswirtschaftslehre, insbes. Wirtschaftspolitik, an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (1993-2000), seit 2000 Professor für Volkswirtschaftslehre, insbes. Finanzwissenschaft, an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, seit 2023 emeritiert.

Hanno Beck - Studium der Volkswirtschaftslehre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; danach wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; Promotion zum Dr. rer. pol. über die Osterweiterung der Europäischen Union; anschließend Mitglied der Wirtschaftsredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung; seit 2006 Professor für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik an der Hochschule Pforzheim; Bücher u.a.: Medienökonomie, Der Alltagsökonom; Der Liebesökonom, Die Logik des Irrtums, So funktioniert die Börse, Geld denkt nicht, Glück: Was im Leben wirklich zählt.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.