E-Book, Deutsch, 228 Seiten
Becker Kommunikationsblase im Ungewissen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-9040-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Kunst, die Zeichen der Zeit zu lesen
E-Book, Deutsch, 228 Seiten
ISBN: 978-3-7557-9040-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Obwohl sie immer da ist, die Zeit, jeden Tag und jede Stunde, ist sie schon wieder verschwunden, vergangen. Wo bleibt sie nur die ganze Zeit? Damit man sich ihr mit ganzer Muße widmen kann? Trotz aller Erfindungen und Versprechungen: immer scheint sie knapp bemessen, die Zeit. Meinte man noch eben alle Zeit der Welt zu haben, ist sie schon wieder verschwunden. Wohin? Vieles im Leben ist effizienter und effizienter geworden, die Hilfsmittel werden immer raffinierter. Und doch wird alles immer noch komplexer. Wenn etwas knapp ist, ist es nach den Gesetzen der Wirtschaft meist auch teuer. Das schreit geradezu danach, knapp bemessene Zeit zu maximieren und jede verfügbare Minute möglichst optimal zu nutzen. Vielleicht wäre es aber gut, einmal überhaupt nichts zu tun und nur danach zu schauen, wo sie denn bleibt, die allzu flüchtige Zeit.
Jörg Becker Friedrichsdorf, Storytelling, Information on Demand. Manchmal braucht man eine Geschichte, um Zusammenhänge plastisch zu beschreiben. Das Erzählen selbst hat eine ganz praktische Konsequenz: wenn nämlich die Welt erzählbar ist, wenn komplizierte Sachverhalte so dargestellt werden können, dass man sie nachvollziehen kann, dann wird dadurch auch die Welt besser verstehbar. D.h. eine erzählbare Welt wird zu einer verstehbaren Welt. Und eine verstehbare Welt ist gleichzeitig auch eine gestaltbare und damit veränderbare Welt. Viele Sachverhalte werden erst durch das Erzählen präsent. Jörg Becker hat ein Denkstudio für strategisches Wissensmanagement zur Analyse von Businessoptionen auf Basis von Personalbilanzen und Standortbilanzen
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Abi-Feiern mit einem halben Jahrhundert Zeitunterschied: Auf der einen Seite hier Abi63-Abiturienten, auf der anderen Seite dort Abi13-Abiturienten. Beide Gruppen feierten ein gleiches Ereignis, ihr Abitur. Die einen als Abi63, jedes Jahr wieder, die anderen als Abi13, quasi mit der Stunde Null jene 50 Jahre noch vor sich liegen habend. Zwischen beiden Gruppen liegt somit nicht nur der Wechsel eines Jahrhunderts, sondern noch dazu eines Jahrtausends. Die Abi63-er der Hanauer Hola nahmen sich für ihre 50-Jahr-Feier volle drei Tage Zeit. Stationen hierbei waren: Hanauer Marktstuben, Hohe Landesschule Hanau (neu), Schlossgarten, Goldschmiedehaus, Schlossterrasse Philippsruhe, Amphitheater, Hanauer Nachtleben, Wilhelmsbad mit Burgruine und Abschlussessen. Gut geplant, organisiert und kommuniziert verlief all dieses stressfrei und bei guter Laune und Stimmung. Ungleich mehr Stress dürfte demgegenüber der noch frische Abi13-Jahrgang eines Kronberger Gymnasiums gehabt haben. Für einen Großeinsatz von Rettungskräften widmete die FAZ dieser Abi13-Feier nahezu eine volle Seite. Aber nur negative Ereignisse schaffen es in die Zeitung. Dagegen weniger die Originalität von Streich und Schabernack. Für die Mischung einer Feier aus Ballermann und Rambazamba habe es wohl bereits bei der für die Organisation zuständigen Vorbereitungsgruppe Kommunikationsprobleme hinsichtlich einer Kanone für Partyschaum gegeben. Eingesetzte chemische Mittel verursachten beim realen Einsatz auf der Abi-Feier dann Hautreizungen, Atemnot, Schwindel und Übelkeit. Die Folge: aus der gesamten Region Wetterau, Darmstadt, Frankfurt und Wiesbaden mussten 50 Rettungswagen und Sanitätsbusse, weit über hundert Feuerwehrleute und Helfer samt dreier Rettungshubschrauber. „Die negative PR einer wohl gründlich misslungenen Feier gab es zu den entstandenen Kosten gewissermaßen gratis hinzu. Nicht zuletzt auch für die Verantwortung tragende Schulleitung.“ „Abistreiche sind gewissermaßen eine deutsche Tradition.“ „Nicht wenige sind allerdings der Meinung, dass ihre große Zeit zumindest in dieser wenig gelungenen Form vorbei sei.“ Dem Nachdenklichen stellt sich in der Rückbesinnung vielleicht die Frage, ob solche Stressunterschiede in den Feierstimmungen zeitbedingt oder wohl eher zufallsbedingt sein könnten. Die Abi63-Gruppe aus Hanau kann darauf verweisen, dass sie 2013 nicht ihr erstes, sondern bereits über fünfzig Klassenfeste organisiert und absolviert hat: d.h. in jedem Jahre eines. Und: alle gelungen, keines dieser fünfzig ging daneben. Wenn erst der Schreck verdaut ist, werden auch manche jener Abi13-Teilnehmer die Zeitungsartikel hierzu ausschneiden und bei ihrem hoffentlich dann ebenfalls stressfreien 50-Jahres-Jubiläum im noch in weiter Zukunft liegenden Jahre 2063 sich lächelnd erinnernd zur allgemeinen Belustigung herumreichen. „Der Deutsche Journalistenverband macht eine Ausschreibung für Freie Journalisten, warum sie frei sein wollen.“ „Ja und?“ „Die besten 40 erhalten einen Geldpreis.“ „Lohnt sich das denn?“ „Egal, vielleicht sollte man an so einer Ausschreibung doch mit dem für ein fiktives Klassentreffen gewähltes Verfahren teilnehmen.“ „Also los.“ „Gut, dann soll´s so sein, zumindest könnte man einen Teil der Ausschreibung mit diesem fiktiven Treffen bestreiten.“ Hierzu u.a. dann Jörg Becker: Ich bin frei, weil ich ohne andere entscheiden konnte, über eine Abiturientenklasse zu berichten, die seit 1963 ununterbrochen Jahr für Jahr, insgesamt also schon fast 60mal ein Klassentreffen zelebrierte, dies immer zur Weihnachtszeit, in der gleichen Stadt, im gleichen Lokal und sogar am gleichen Tisch mit immer gleichem Wirt. Ich bin frei, weil ich verhindern konnte, dass durch Corona eine solche Serie hätte plötzlich reißen können und das ein bitterer Schnitt gewesen wäre. Ich bin frei, weil ich durch meine Arbeit eine breite Kommunikationsplattform bauen konnte, auf der die Zeitreise fiktiv weitergehen kann. Ich bin frei, weil damit eine Filterblase, ein Milieu als letzte Rückzugskammer für Gleichgesinnte unbeschadet blieb, weil dadurch Meinungen als Gedanken und Stimmungen als Gefühle transportiert werden können. Ich bin frei, weil es ohne dieses Gestern der Klassentreffen kein heute und ohne heute kein morgen nach der Pandemie geben würde. Ich bin frei, weil ich mir die Mühe machen konnte, nicht nur das Gestern, sondern auch das Heute einer Pandemie zu verstehen, um wenigsten zu erahnen, was das Morgen sein könnte. Ich bin frei, weil durch das Knüpfen von Kommunikationsbeziehungen in Texten längst schon verloren geglaubte Erinnerungen als Anker der Identität neu geweckt wurden und Vergangenes als Hefeteig erkannt wurde aus dem alles Später entstand und folgte. Ich bin frei, weil Texte aus Vergangenem Neues schöpfen konnten und Vorhandenes neu formen konnten. Ich bin frei, weil ein fiktives Klassentreffen deutlich machte, dass nichts ewig, alles und überall ist, sondern auch Gefahren drohen, geschichtslos zu werden und die Post-Gutenberg-Galaxis von schwarzen Löchern perforiert ist. Ich bin frei, weil die Retrospektive eines Klassentreffens zeigt, dass der Einzelne allein aufgrund der Wissensmenge zur Selektion nicht immer fähig ist, wer sonst als „Freie“ sollen diese Aufgabe also erfüllen? Die wachsende Informationsflut erfordert nicht weniger, sondern mehr qualifizierte Selektion. Ich bin frei, weil man mit einem fiktiven Klassentreffen, also bei einer Zeitreise mit Rückblicken tunlichst vermeiden konnte, durch eine rosarote Brille zu schauen und dabei aus altersbedingter Gefühlsduselei Vergangenes zu verherrlichen. Da unser Gehirn ansonsten nun einmal so angelegt ist, Negatives im Laufe der Zeit eher auszublenden. Ich bin frei, weil Klassentreffen eigentlich immer eine Win-Win-Situation sind, dort hat man wenig zu verlieren, kann aber dabei viel gewinnen. Einen besonderen Charme konnte ein fiktives Klassentreffen dadurch entwickeln, dass es mit besonderen Ereignissen verbunden wurde Ich bin frei, weil ich darüber schreiben kann, wie Klassentreffen beschaffen sein müssen, die gut auf Pandemien eingestellt sind. Und ob ein solches Klassentreffen nicht vielleicht ein genaues Gegenbild der letzten über 50 Klassentreffen wäre. Ich bin frei, weil ich darüber berichten kann, was wie in diesem Falle hier ein Klassentreffen ohne viel Mobilität und ohne Netzwerke wäre, die weit über lokale oder berufliche Bekanntschaften hinausreichen. Ohne manche, die immer wieder von weither über ganze Kontinente hinweg anreisen. Denn was bisher als globale Verflechtung gelobt wurde, zeigt sich im Rahmen der Pandemie als offene Flanke. Ich bin frei, weil ich anhand eines Klassentreffens, die variierende Bereitschaften zur Konformität und Nonkonformität analysieren kann, wie der Grad der Zugehörigkeit zu einer Gruppe für die Reaktion auf pandemiebezogene Regelsetzungen entscheidend ist. Ich bin frei, weil ich beobachten darf, wie im Vorfeld eines Klassentreffens, ein maskiertes Gesicht das reiche Kommunikationspotenzial von Face-to-face-Kontakten der Spontaneität beraubt. Ich bin frei, weil ich frei darüber entscheiden kann, dies alles wie fast alles, was mit Digitalisierung zu tun hat, vom Homeoffice aus und pandemiegeschuldet im insgesamt Zu-Haus-Bleiben-Modus zu machen. Ich bin frei, weil ein Corona-Klassentreffen im Textformat neue Perspektiven schaffen kann, nach denen so viele auf der Suche sind. Ich bin frei, weil ich ohne wirtschaftliche Zwänge oder Gefälltmir-Leserbuttons entscheiden kann, aus allem diesem statt eines Kurzberichtes ein ganzes Buch zu machen, ein Buch, das ansonsten nie erschienen wäre und ein Klassentreffen, das ansonsten nie stattgefunden hätte. „Im Grunde genommen muss ich mich ja bei allen aus der Klasse bedanken, die sich dringend gewünscht hatten, einen Beitrag für das Klassentreffen-Buch zu liefern.“ „Und, haben sie etwa nicht?“ „Nur bis auf einige wenige“ „Warum das denn, einige waren doch zuerst noch Feuer und Flamme?“ “Wahrscheinlich haben sie von der Ausschreibung erfahren und wollten dann mir für meinen Text den Vortritt lassen.“ „Echt? Soviel Rücksichtnahme und Selbstlosigkeit, das sieht man selten.“ „Ja nicht? Ich war auch selbst ganz gerührt.“ „Da sieht man mal: es is noch immer jut gegangen.“ Sehr geehrter Herr Becker, wir bedanken uns ganz herzlich für Ihren Beitrag zu unserer Ausschreibung "Ich bin frei" (gefördert vom HMWK Hessen) und freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass Sie zu den Gewinnern gehören! Ihr Beitrag wird mit den anderen ausgewählten Einreichungen in Kürze auf den Websites des DJV präsentiert. Ihr Gewinn wird ebenfalls zeitnah überwiesen. Mit der Veröffentlichung Ihres Beitrags auf den Internet-Seiten des DJV und des HMWK haben Sie sich mit der Teilnahme an der Ausschreibung bereit erklärt. Knud Zilian Vorstand DJV Hessen Die Idee war, dass alle Teilnehmer in...