E-Book, Deutsch, 279 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm
Bendorf Wo Gott wohnt
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-86256-790-4
Verlag: Neufeld Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Von der Hoffnung für die Schöpfung
E-Book, Deutsch, 279 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm
ISBN: 978-3-86256-790-4
Verlag: Neufeld Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wer in unserer Zeit auf die Entwicklung der Schöpfung schaut, kann schnell ins Seufzen geraten. Die ganze Schöpfung steckt in einer Krise; die Not vieler Menschen schreit zum Himmel. Mancher befürchtet, dass unsere Erde letztlich den berühmten Bach runtergehen wird.
Zugleich aber stimmt die Bibel eine andere Melodie an: eine Melodie der Hoffnung, die sich vom Anfang des Alten bis zum Ende des Neuen Testaments durchzieht. Michael Bendorf begibt sich auf Spurensuche in der Heiligen Schrift und an biblischen Orten in Israel. Er setzt bei Gott an, dem Schöpfer. Ihn bewegt die Frage, wo Gott wohnen möchte und was wir aufgrund seiner Sehnsucht nach der Schöpfung für die Zukunft noch erwarten dürfen.
Die Geschichte Gottes mit uns Menschen lässt uns nicht unberührt. Sie betrifft uns, sie verändert uns und sie will uns ermutigen, Hoffnungsträger in der Nachfolge Jesu zu werden.
Weitere Infos & Material
2.
Jerusalem, die erwählte Stadt der Einwohnung Gottes
2.1 Die Jerusalemer Tempel als Wohnorte Gottes
Wieder einmal bin ich in Jerusalem angekommen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich mich bei meiner ersten Jerusalemreise der Altstadt vom Westen her näherte und auf das Jaffator und die beeindruckende Länge der Mauer blickte. Ich musste mir damals bewusst machen, dass ich wirklich an dem Ort war, von dem der deutsch-israelische Lyriker Yehuda Amichai einmal gesagt hat: „Die Luft über Jerusalem ist geschwängert mit Gebeten und Träumen.“ Diese spezifische Luft kann man hier nahezu atmen. Man kann sie kaum neutral atmen. Juden, Christen und Muslime verbinden mit diesem Ort zentrale Elemente und Ereignisse ihres Glaubens. Jerusalem ist aus religiöser Perspektive wie keine andere Stadt dieser Welt ein Ort, an dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft(serwartungen) untrennbar miteinander verbunden sind. Diese Stadt umschließt wie keine andere Nostalgie und Prophetie. Ihre Besucher wenden sich einerseits sehnsüchtig vergangenen Gegenständen oder Ereignissen zu, andererseits versuchen sie hier Zukünftiges zu erspüren – in der sichtbaren und unsichtbaren Welt. In der Altstadt wird diese Spannung zwischen Nostalgie und Prophetie besonders vor der Klagemauer bzw. der Western Wall spürbar, hinter der die goldene Kuppel des Felsendoms emporragt. Wer innerlich in dieser Stadt ankommen will, findet auf der Western-Wall-Plaza vor der Mauer einen guten Ausgangspunkt. Und so suche auch ich diesen Ort auf, der so bedeutsam ist für die Prophetie aus Hes 47 und für die Frage nach dem Wohnort Gottes in dieser Welt. Nachdem ich die Sicherheitskontrolle vor dem Platz durchschritten habe, stoße ich nach wenigen Metern auf folgendes Schild, dessen Inhalt es zweifelsohne in sich hat: „Die jüdische Tradition lehrt, dass der Tempelberg der Mittelpunkt der Schöpfung ist. Im Zentrum des Berges liegt der Gründungsstein der Erde. Hier wurde Adam erschaffen. Hier dienten Abraham, Isaak und Jakob Gott. Der erste und der zweite Tempel wurden auf diesem Berg erbaut. Die Bundeslade wurde auf den Gründungsstein gesetzt. Jerusalem wurde von Gott erwählt als Wohnort seiner Herrlichkeit (Shechinah).“ (übersetzt aus dem Englischen) Als ich vor Jahren das erste Mal diese Sätze las, war ich irritiert und verwundert zugleich. Diese großen Themen der Hebräischen Bibel bzw. des Alten Testaments muss man erst einmal auf diese Weise zusammenbringen. Handelt es sich hier um ein raffiniertes Marketing der Western Wall Heritage Foundation, die für die Verwaltung aller Angelegenheiten rund um die Klagemauer zuständig ist? Zweifelsohne erhöhen diese Aussagen die Attraktivität dieses Platzes; diesen Ort muss man einfach besucht und gesehen haben! Sollte hier wirklich der Gründungsstein der Erde liegen? Wurde hier Adam erschaffen? Die Davidsstadt
Die anschließenden Aussagen über den ersten und zweiten Tempel lassen sich sicherlich biblisch und archäologisch leichter bestätigen. Im Hinblick auf die Existenz des zweiten Tempels kann die Archäologie im Umfeld der Klagemauer zahlreiche Entdeckungen beisteuern. An der Südseite des Tempelberges befindet sich eine beeindruckende Ausgrabungsstätte, die im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr Funde freigeschaufelt und hervorgebracht hat: Der Jerusalemer Archäologische Park, auch Davidson Center genannt, den man gleich hinter dem Dung-Tor an der Südmauer der Jerusalemer Altstadt besichtigen kann. Hier kann man bis in die Zeit des ersten Tempels zurück zahlreiche Funde besichtigen, die helfen, die Geschichte Jerusalems zu rekonstruieren So wurde erst vor wenigen Jahren ein Wasserableitungskanal ausgegraben, der unterhalb der Altstadtmauer den Tempelberg mit der alten Davidsstadt verbindet und mittlerweile auch für Besucher zugänglich ist. Die alte Davidsstadt liegt nur wenige hundert Meter südlich unterhalb des Höhenrückens, der zum Tempelberg hinaufführt. An ihrem Ort befindet sich heute der City of David National Park, in dem man neben einigen Residenzüberresten Mauern und Türme sehen kann, die zum Schutz der Stadt errichtet wurden. Die zentrale Attraktion des Nationalparks ist der über 500 Meter lange und etwa 2 700 Jahre alte Hiskija-Tunnel, der die außerhalb der Altstadtmauer befindliche Gihonquelle mit dem Siloa-Teich, der innerhalb der Davidsstadt lag, verbindet und somit die Trinkwasserversorgung der Einwohner bei Belagerung sicherte. Heute können Touristen diesen nach König Hiskija benannten Tunnel von der Gihonquelle aus durchschreiten. Nasse Füße sind garantiert; allzu große Platzangst sollte man nicht haben. Auch gibt es keine Ausweichmöglichkeiten; ein Umkehren ist für ängstliche Personen nicht möglich. Zudem braucht man eine Taschenlampe, um Licht auf dieser erfrischenden Zeitreise zu haben. Den Besucher erwartet ein kurzweiliges und spannendes Tunnelerlebnis, bei dem ich, ehrlich gesagt, auch etwas erleichtert war, als ich den Siloa-Teich erreichte, der übrigens erst 2004 entdeckt wurde. In der alten Davidsstadt findet Zion seinen Ausgangspunkt; hier hat alles begonnen. Zion war ursprünglich die Bezeichnung für die Turmburg bzw. Bergfeste der Jebusiter (2Sam 5,7), die König David um 1050 v. Chr. einnahm und an deren Stelle er seine Stadt errichtete. Sie wurde fortan auch Zion genannt. Auf diesen schmalen Bergkamm, der nicht mehr als rund 400 Meter lang und 150 Meter breit war, holte König David die Bundeslade, die von den Leviten getragen wurde: „Und David tanzte mit aller Kraft vor dem HERRN, und David war mit einem leinenen Efod gegürtet. So brachte David und das ganze Haus Israel die Lade des HERRN hinauf mit Jauchzen und mit Hörnerschall … Und sie brachten die Lade des HERRN hinein und stellten sie an ihre Stelle in die Mitte des Zeltes, das David für sie aufgeschlagen hatte.“ (2Sam 6,14–17) All dies geschah damals in dem Bewusstsein, dass sich Jahwe als der Bundesgott Israels mit seinem Namen an diese Bundeslade gebunden hatte, in der sich die Bundestafeln befanden, die Mose auf dem Berg Sinai von ihm empfangen hatte. Die Bundeslade war die Lade Gottes, „über die der Name des HERRN, der Name des HERRN der Heerscharen, der über den Cherubim thront, ausgerufen worden ist“ (2Sam 6,2). Während Davids 33-jähriger Herrschaft als König über ganz Israel und Juda stand das Bundeszelt in dieser Davidsstadt. Von der Davidsstadt zum Tempelberg
Als sein Sohn Salomo um 1000 v. Chr. auf dem höher gelegenen nördlichen Nachbarhügel den Tempel errichten ließ, wurde der Begriff Zion von der Davidsstadt auf den Tempelberg übertragen und damit zum „Wanderbegriff“. Von der Überführung der Bundeslade zum Tempelberg in den neu erbauten Tempel lesen wir in 1Kön 8: „Damals versammelte Salomo die Ältesten von Israel und alle Oberhäupter der Stämme, die Fürsten der Geschlechter der Söhne Israel zum König Salomo nach Jerusalem, um die Lade des Bundes des HERRN heraufzuholen aus der Stadt Davids, das ist Zion … Und die Priester brachten die Lade des Bundes des HERRN an ihren Platz in den Hinterraum des Hauses, in das Allerheiligste … Und es geschah, als die Priester aus dem Heiligen hinausgingen, da erfüllte die Wolke das Haus des HERRN, und die Priester konnten wegen der Wolke nicht hinzutreten, um den Dienst zu verrichten; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus des HERRN.“ (1Kön 8,1–11) Mit der Einweihung des Tempels und der Einwohnung Jahwes als Bundesgott Israels wurde Zion zum Synonym für den Wohnsitz Jahwes und damit auch zum theologisch gefüllten Begriff für den Tempelberg bzw. die ganze Stadt Jerusalem. Durch die Einwohnung Gottes in der Davidsstadt und später auf dem Tempelberg war Jerusalem ohne diesen Gott Israels nicht mehr zu denken. So preist der Psalmist Gott mit Blick auf den Tempelberg, der nördlich oberhalb der Davidsstadt liegt: „Groß ist der HERR und sehr zu loben in der Stadt unseres Gottes. Sein heiliger Berg ragt schön empor, eine Freude der ganzen Erde, der Berg Zion, im äußersten Norden, die Stadt des großen Königs“ (Ps 48,3). Dieser Tempelberg trägt auf Hebräisch den Namen har habajit: Berg des Hauses (Gottes). Wir lesen von dieser Bezeichnung bei den Propheten Jesaja und Micha, die mit diesem Berg des Hauses eine zukünftige Vision verbinden. Sie soll an dieser Stelle kurz erwähnt werden, wir werden sie später ausführlicher behandeln: „Und es wird geschehen, am Ende der Tage, da wird der Berg des Hauses des HERRN fest stehen als Haupt der Berge und erhaben sein über die Hügel; und alle Nationen werden zu ihm strömen“ (Jes 2,2 bzw. Micha 4,1). In dieser Prophetie finden wir die im Alten Testament am häufigsten gebrauchte Bezeichnung für den Tempel: Haus des HERRN. Oftmals wird auch vom Heiligtum gesprochen...