Bergner | Die gierige Gesellschaft | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 334 Seiten

Reihe: Wissen & Leben

Bergner Die gierige Gesellschaft

Aufforderung zum Umdenken
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-608-16978-2
Verlag: Schattauer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)

Aufforderung zum Umdenken

E-Book, Deutsch, 334 Seiten

Reihe: Wissen & Leben

ISBN: 978-3-608-16978-2
Verlag: Schattauer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der bekannte Autor und Coach Thomas Bergner legt die Wurzeln der Gier frei. Er beleuchtet ihre unterschiedlichen Spielarten und zeigt, dass sie eine wesentliche Antriebsfeder sowohl für das einzelne Individuum als auch für profitorientierte und sogar soziale Institutionen ist. Im 'Lexikon der Gier' untersucht er die verschiedenartigsten Instanzen, Systeme und Individuen im Hinblick auf ihre von Gier getriebene Motivation. Bergner bleibt im Unterschied zu vielen gesellschaftskritischen Mahnern nicht dabei stehen, lediglich Missstände aufzuzeigen, sondern benennt konkrete finanz- und bildungspolitische, ökonomische und soziale Konsequenzen, mit denen die Gier beherrschbar wäre. Aber es geht auch um jeden Einzelnen von uns: Beim Zusammenspiel von persönlicher Verantwortung mit globalen Trends und Entwicklungen schlägt er individuelle Haltungs- und Handlungsmöglichkeiten vor, um ein 'Menschen-gerechtes' Leben zu führen, das nicht vom Gefühl der Gier dominiert wird. Ein brisantes, hochspannendes Buch, das unter die Haut geht und ohne moralischen Zeigefinger dazu einlädt, die eigene Haltung zu überdenken.

Thomas Bergner, Dr.med., Studium der Humanmedizin in Erlangen und München, Facharztausbildung zum Dermatologen, psychotherapeutische und systemische sowie Coaching-Ausbildungen, von 1993 bis 2002 in eigener Praxis im Raum München niedergelassen, seit 1994 tätig als Coach für Führungskräfte mit dem Fokus auf Burnout-Prävention, Lösung von Überlastungsreaktionen und persönlichem Change-Management, Sach- und Fachbuchautor sowie Berater, Speaker und Trainer für internationale und mittelständische Unternehmen und im Non-Profit-Bereich.

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Zielgruppe


Alle gesellschaftlich, politisch, sozial und persönlich Interessierten


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


AUS DEM INHALT
I Was Gier ist – „Lexikon der Gier“
Gier des Staates
Gier von Unternehmen
Gier der Kirche, von sozialen Institutionen
Gier von Einzelpersonen
II Was Gier bedeutet
Auslöser von Gier
Formen der Gier (Habgier, Neugier, Machtgier, Fressgier, Sexgier usw.)
Wesen der Gier
Nutzen und Sinn der Gier
Täuschungen und Lügen der Gier
Techniken der Gier
Auswirkungen der Gier
Das Maß der Gier
Liebe und Gier – die Sehnsucht nach Anerkennung
Angst und Gier
Geiz und Gier
Freiheit und Gier
Gier und die Illusion der Allmacht
III Was ansteht
Empört Euch –endlich!
Sinnvoller Umgang mit der Gier
Gier und die Frage der Grenzziehung
Notwendige Änderungen
Die große Dimension: Wie ein Gefühl zur sozialen Revolution führen kann


1 Homo avarus – der gierige Mensch
Ohne Gier gäbe es unsere Kultur nicht, wie sie heute ist. Da Gier eine starke motivationale Kraft besitzt, hat sie die Entwicklung der Menschheit beschleunigt – in eine bestimmte, materielle Richtung. Die der Gier zugrunde liegenden neurobiologischen Vorgänge (? S. 144) ermöglichen Langzeitplanungen und Durchhaltevermögen. Wir können der Gier dankbar sein. Es kommt jedoch immer auf das Maß an, in dem wir ihr gestatten in uns und anderen zu wirken. Mitscherlich (in Moser, B14) beschrieb letztlich die Auswirkung der Gier als „Entgrenzung der Maßstäbe“. In weniger soziologischem Deutsch: Maß halten war gestern. Denn so wie eine Prise Salz ein fades Essen erheblich leckerer macht, ist ein Pfund Salz tödlich. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Gier inzwischen tonnenweise verteilt wird. Historie
Gier ist eine der „alten“ sieben Todsünden (B6). Das Wort geht auf das mittelhochdeutsche Wort gir und auf das althochdeutsche Wort giri zurück. Es bedeutete ursprünglich begierig und entstammt einer Zusammenfassung von verlangen bzw. haben wollen und gähnen bzw. den Mund aufsperren. Diese Ursprungsbedeutung bezieht sich auf das Vereinnahmende der Gier. Der Ausdruck Geiz geht auf das Mittelhochdeutsche gitesen zurück, was begehren bedeutet, und auf das Althochdeutsche git, was Gier und Habsucht meint. Geiz hat damit vom Ursprung her mit Begehren und Verlangen zu tun, eine noch ältere Bedeutung wird als Ehrgeiz beschrieben. So entwickelte sich dieses Wort ursprünglich von der Geldgier und dem Verlangen nach Reichtum hin zu übertriebener Sparsamkeit. Übrigens stammt das Wort Geld nicht etwa von Gold ab, sondern von gilt, was Schuld bedeutet. Definition
Gier bedeutet: unbedingt immer mehr. In Gier versteckt sich eine Art Zwang (unbedingt), sie versucht den Einfluss der Zeit zu nutzen oder zu umgehen (immer) und negiert damit die eigene Endlichkeit, drittens strebt sie nach Menge (mehr). Es geht ums unbedingte Haben, ums Bekommen, ums Besitzen, ums An-sich-Raffen. Wer gierig ist, nimmt sich etwas, das ihm nicht einfach so gegeben wird oder sogar nicht zusteht. Gier bedeutet auch eine kompromisslose Bereicherung. Da sie sich oft verschleiert und verbirgt, wird ihre Kompromisslosigkeit bei Weitem nicht immer offenkundig. Gier kennt grundsätzlich nur eine Richtung: nach vorn zur Zukunft hin. Selbst wenn wir etwas nicht bekommen haben, gieren wir nicht nach hinten, sondern nach vorne. Dann wollen wir es halt bald besitzen. Statt das Leben auf sein Inneres zu beziehen, wird der Blick auf den nach außen orientierten Anteil unserer Persönlichkeit gerichtet. Meistens bleibt es nicht dabei, das wäre ja schlichter Narzissmus, sondern die Orientierung erfolgt noch weiter nach außen, zu anderen und anderem hin – das Leben als Showveranstaltung. Gier hat einen Hinwendungsanteil, der sich offenkundig etwas aneignen will. Dies ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebenstriebs. Gier hat aber auch einen Vermeidungsanteil. Dieser entspricht dem verborgenen Ziel, den eigenen Tod zu vermeiden oder vergessen zu machen. Denn Gier lenkt ab. Zum Überleben gehört, sich mit Nahrung zu versorgen. Deswegen dürfte die erste Gier im Rahmen der Menschwerdung sich in diesem Zusammenhang entwickelt haben. Die Essgier ist vermutlich die am stärksten archaische Form der Gier. Wenn wir sie betrachten, fühlen wir das Wesen der Gier selbst. Wohl jeder hat schon einmal extremen Hunger gehabt. Wenn wir uns in eine solche Situation hineinversetzen, können wir verstehen, wie stark der Drang ist, den eine Gier auslöst. Nicht nur, dass wir die Wände ankratzen könnten – der Heißhunger und die dadurch ausgelöste Gier nehmen immer mehr Raum in uns ein und wir können uns auf nahezu nichts anderes mehr konzentrieren als auf Essensbeschaffung. Natürlich hat Hungern starke körperliche Auswirkungen. Das ist bei Habgier sehr viel weniger der Fall. Trotzdem steuert Gier unser Verhalten stark, erst recht, wenn wir sie (wie meistens bei Habgier) nicht bewusst wahrnehmen. Was uns nicht bewusst ist, entzieht sich der Steuerung durch unseren Willen. Im heutigen Alltag bezieht sich Gier fast nie auf eine objektive Not oder Lebensnotwendigkeit, sondern auf ein inneres, ausschließlich subjektiv vorhandenes und empfundenes Verlangen. Jeder Mensch, der einen Tag lang nichts zu essen hatte, wird unleidlich (und die meisten bereits nach vier Stunden). Aber bei Weitem nicht jeder ist willens, Mitmenschlichkeit und grundsätzlich zu erwartende Werte aufzugeben, um immer mehr zu erlangen. „Ich habe mehr, als ich tatsächlich brauche“ – das ist kein Satz, der einem Gierigen zumindest während der Phase seines Raffens in den Sinn käme. Gier und Geiz sind Gefühle. Gefühle werden in recht wenige, übergeordnete Gruppen unterteilt: Angst, Wut, Traurigkeit, Verachtung, Ekel, Überraschung, Neugier, Scham, Schuld sowie Liebe, Glück und Freude (B2). Gier und Geiz gehören zu einer dieser Gruppen, nämlich der Verachtung. Verachtung dient uns dazu, gegen unsere Urängste, vorrangig vor dem Tod und vor dem Verlassenwerden, anzugehen (B2). Verachtung schützt also erst einmal unser Leben. Diese wirkliche Bedeutung schlägt sich in der üblichen Heftigkeit der Gier und des Geizes nieder. Aber beide bringen uns unseren Zielgefühlen Liebe, Glück und Freude nicht wahrhaftig näher. Da wir Menschen dazu neigen, immer die gleichen Dinge zu tun in der Hoffnung, es käme doch mal zu einem anderen Ergebnis, wenn wir es nur heftig oder ausdauernd genug täten, steigert sich die Intensität dessen, was wir aufgrund von Gier und Geiz tun: „Irgendwann muss es doch mal klappen!“ Formen der Gier
Geiz ist passive Gier, Hab- und Machtgier aktive. Geiz ist stärker verpönt als Habgier. Wenn es nicht ausdrücklich anders angegeben ist, meine ich in diesem Buch mit Gier die Hab- und Machtgier. Gier richtet sich immer auf etwas anderes und verachtet es zugleich. Es gibt Abschwächungen, wie Interesse statt Wissgier oder Hunger statt Essgier. Unsere Sprache unterscheidet somit zwischen einer normalen Hinwendung und der verachtenden Form. Das Spektrum der Gier ist sehr vielfältig. Es können vier grundsätzliche Ausprägungen von Gier unterschieden werden. Am häufigsten sind wohl die Formen, die nach materiellem Besitz streben. Dazu gehören Habgier, Geldgier, Raffgier, Raubgier, Profitgier, Beutegier, Besitzgier und Kaufsucht. Aber es gibt auch Gierformen, die nach etwas Immateriellem streben. Das sind Lobgier, Neugier, Machtgier, Genussgier, Ruhmgier, Wiss(be)gier(de), Lern(be)gier(de), Ehr(be)gier(de). Oder die Gier verlangt danach, etwas zu vereinnahmen: Essgier, Genussgier, Fressgier. Schließlich die Gierformen, die etwas tun wollen: Blutgier, Raubgier, Schamgier (Fremdschämen) und die Arbeitssucht. Keine Form der Gier ist unter mitmenschlichen Gesichtspunkten positiv, auch Neugier nicht. Sie hat oft einen oberflächlichen Charakter. Wer neugierig fragt, wie denn der letzte Urlaub gewesen sei, dem geht es vielleicht um Informationsgewinn, um seine eigene Urlaubsreise besser planen zu können. Dem geht es kaum um den anderen. Er fragt nämlich nicht, wie es diesem im Urlaub gegangen sei. Etwas anderes als Neugier ist wahrhaftiges Interesse. Das versucht, in Beziehung zu dem angestrebten Gegenstand oder Wesen zu kommen. Gier birgt grundsätzlich das Risiko von Beziehungslosigkeit in sich. Maß
Erich Fromm sah Gier als eine pathologische Eigenschaft an, die auftritt, wenn ein Mensch seine aktiven, produktiven Fähigkeiten nicht entwickelt hat (zitiert in 348). Ich sehe das anders: Gier ist ein völlig normales Gefühl und im Spektrum aller unserer Gefühle unbedingt notwendig. Es geht allerdings um das Maß, in dem sie in einem wirkt und indem man sie zulässt. Längst haben in Konsumgesellschaften wie der unsrigen die Extremisten die Macht übernommen – Extremisten der Gier. Damit werden sowohl der Pol der Genügsamkeit als auch die Mitte unterdrückt. Psychologische Experimente konnten nachweisen, dass Menschen sinnlos horten („mindless accumulation“).349 Praktisch alle Testteilnehmer halten Schmerz aus, um als Belohnung deutlich mehr Schokolade zu bekommen, als sie würden essen können. Gier führt dazu, seinen Besitz permanent vermehren zu wollen, selbst wenn realistisch nachvollziehbare Bedürfnisse längst gestillt sein müssten. Eine andere psychologische Studie zeigte: Menschen wollen lieber 100 000 € verdienen, wenn die anderen nur 50 000 € bekommen, als 200 000 €, wenn die anderen 300 000 € bekommen. Das ist keine Gier mehr, sondern ihre Schwester, die Missgunst.350 Gier zeigt sich durch ein unmäßiges, maßloses Verlangen. Da stellt sich die Frage, welches Maß nicht eingehalten wird. Dieses zu definieren, ist schwierig, wenn nicht unmöglich. Was für den einen genug ist, reicht für den nächsten noch lange nicht. Im Bereich der Medizin, von Gesundheit und Krankheit ist die Festlegung von Normwerten seit Langem Standard und auch diese werden von Zeit zu Zeit überprüft. Im Bereich der Auswirkungen eines Gefühls solche Normwerte zu bestimmen, stößt an Grenzen. Eine Grenze ist das, was man als guten Geschmack bezeichnen könnte oder mit dem inneren Aufruf „Jetzt reicht’s aber!“ verbindet. Worum es grundsätzlich geht
Bei Weitem nicht alles, was als Gier erscheint, muss auch Gier sein. Beispielsweise kann es im Berufsleben um Konkurrenz, um einen bestimmten Status gehen, weshalb ein...


Thomas Bergner, Dr.med., Studium der Humanmedizin in Erlangen und München, Facharztausbildung zum Dermatologen, psychotherapeutische und systemische sowie Coaching-Ausbildungen, von 1993 bis 2002 in eigener Praxis im Raum München niedergelassen, seit 1994 tätig als Coach für Führungskräfte mit dem Fokus auf Burnout-Prävention, Lösung von Überlastungsreaktionen und persönlichem Change-Management, Sach- und Fachbuchautor sowie Berater, Speaker und Trainer für internationale und mittelständische Unternehmen und im Non-Profit-Bereich.



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