Berry | Lasst uns schweigen wie ein Grab! | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Berry Lasst uns schweigen wie ein Grab!


14001. Auflage 2014
ISBN: 978-3-522-62117-5
Verlag: Thienemann in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-522-62117-5
Verlag: Thienemann in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
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Als aus heiterem Himmel die Direktorin und ihr Bruder beim Sonntagsessen vor ihren Augen tot umfallen, haben die sieben Schülerinnen des St. Etheldra Mädcheninternats die Wahl: Entweder sie erzählen von den Todesfällen und werden nach Hause geschickt, oder sie vertuschen den Vorfall und haben die fantastische Chance, das Mädcheninternat selbst zu führen - ganz ohne die Kontrolle von Erwachsenen! Also schaufeln sie den beiden ein Grab im Garten und pflanzen einen hübschen Kirschbaum darauf. Doch das ist erst der Anfang. Für ihren Traum von der eigenen Schule verstricken sich die Mädchen in ein fulminantes Netz aus raffinierten Lügen, während der Mörder noch frei herumläuft ... Eine skurrile Krimi-Komödie mit viel schwarzem Humor

Julie Berry hat einen Masterabschluss des Vermont College. Ihre Jugendbücher wurden für verschiedene Auszeichnungen nominiert, standen auf Bestenlisten und erhielten zahlreiche lobende Pressestimmen. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Söhnen in einem Vorort von Boston. Dort arbeitet sie als Marketingleiterin eines Start-up-Unternehmens.
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Mit der Abendbrise strömte kühle Luft durch die Chintzvorhänge. Auf die weißen Rosen der Esszimmertapete warf der Sonnenuntergang einen rötlichen Schimmer, ebenso wie auf Mrs Placketts ewig bleichen Teint. Ja, die unbeugsame, aufrechte Dame (sie hatte sich nie unbeugsamer und aufrechter gehalten als in diesem Moment) wirkte regelrecht malvenfarben, als würde sie die Wärme eines Sommernachmittags widerspiegeln. Auf den Weideflächen des Bauern Butts, die sich, so weit das Auge reichte, vor dem großen Fenster gen Westen ausdehnten, verlieh das rosige Licht des Sonnenuntergangs selbst den Matschpfützen einen himmlischen Glanz und die Schafe leuchteten auf den Wiesen wie eine Schar strahlender Engel. Und in der Ferne, hoch über dem Hof der Butts, zeichneten sich die beiden mächtigen Türme der Kathedrale von Ely vor dem violetten Himmel ab.

Nur noch wenige Minuten würde das warme Licht das Esszimmer erhellen, bevor sie die Lampen entzünden mussten, und so ging Alice Robust hinunter in die Küche, um Petroleum und Streichhölzer zu holen.

»Setzen wir uns ins Gesellschaftszimmer zum Pläne schmieden«, schlug Kitty Schlau vor.

»Setzen wir uns ins Gesellschaftszimmer und trinken Mrs Placketts Wein für medizinische Notfälle und leeren ihre Keksdosen«, entgegnete Mary Jane Ungeniert.

Kitty Schlau wollte schon widersprechen, als ihr – genau wie den übrigen Mädchen – schlagartig bewusst wurde, dass ihnen wahrhaftig niemand mehr die Kekse, den Arzneiwein oder irgendwelche anderen verborgenen Schätze des Mädchenpensionats Saint Etheldreda verwehren konnte.

Sogleich stürmten die sieben jungen Damen in Mrs Placketts Schlafzimmer, wo die einstige Schulleiterin bekanntermaßen den Arzneiwein sowie einen Vorrat an Gläsern in einem Schränkchen neben dem Bett aufbewahrte.

»Die Flaschen sind alle leer!«, rief Louise Pockennarbig. »Was für ein Pech!«

»Aber nicht die Keksdosen«, jubelte Alice Robust aus den Tiefen des Wandschranks und tauchte mit zwei Dosen schottischen Shortbreads und einer mit Parkinson’s Buttertoffees wieder auf.

»Wir können zumindest den teuren Tee dazu trinken. Kommt!«, sagte Kitty Schlau.

Wenig später setzte Alice Robust schon den Wasserkessel auf und Louise Pockennarbig entzündete die Lampe, denn mittlerweile war es so dunkel geworden, dass Roberta Liebenswert und Martha Einfältig über Mr Godding im Esszimmer gestolpert waren. Roberta, obgleich noch nicht ausgewachsen, die größte der sieben Schülerinnen, landete geradewegs auf dem Toten. Sein Körper fühlte sich inzwischen schon kühl an und es bedurfte Mrs Placketts Riechsalz und mehrerer Extra-Kekse, um Roberta Liebenswert vor einer weiteren Ohnmacht zu bewahren und ihre gewohnte heitere Besonnenheit wiederherzustellen.

»Löst eure Korsetts, Mädchen!«, trällerte Mary Jane. »Nie mehr Vorschriften! Elinor, du bist das grässliche Brett los. Mrs Plackett kann es dir nie wieder auf den Rücken schnallen!«

»Verbrennen wir es«, schlug Louise vor und ehe noch irgendjemand Einwände vorbringen konnte, hatte sie Elinors Rückenstütze bereits auf die glimmenden Kohlen geworfen. Mrs Plackett hatte Elinor Düster dazu gezwungen, das brettähnliche Gestell zu tragen, bei dem man die Arme durch Ringe stecken musste. So sollte ihre krumme Haltung korrigiert werden. Jetzt saß Elinor – nebenbei bemerkt kerzengerade – vor dem Kamin und beobachtete aufmerksam, wie das Brett verbrannte.

»Ein Toast!«, rief Kitty Schlau. Sie fühlte sich regelrecht euphorisch. »Auf die Selbstverwaltung! Das Mädchenpensionat Saint Etheldreda wird ab sofort von den Mädchen selbst verwaltet. Jawohl!« Sie erntete donnernden Applaus.

»Auf die Unabhängigkeit!«, fügte Louise Pockennarbig hinzu. »Uns erzählt keine pingelige alte Witwe mehr, wann wir nicht sprechen dürfen und wo die Löffel auf dem Tisch liegen müssen, wenn die Nichte eines Earl zum Abendessen kommt, und dass wir wissenschaftliche Experimente den Männern überlassen sollen.« Mit Teetassen stieß man auf Louises Toast an.

»Auf die Freiheit!«, ergriff Mary Jane Ungeniert das Wort. »Keine Ausgehverbote, tadelnde Blicke oder Vorträge über Anstand und Moral mehr.« Lauter, wenn auch nervöser, Jubel.

»Auf die Frauen!«, verkündete Alice Robust. »Möge jede von uns frei darüber entscheiden, wie sie sein möchte, ohne dass eine mürrische, launische Mrs Plackett versucht, aus uns etwas zu machen, was wir nicht sind.« Ein Sturm der Begeisterung.

»Auf die Schwesternschaft«, sagte Roberta Liebenswert, »und darauf, dass wir zusammenhalten, egal was kommt.«

Das wurde mit einem dreifachen Hurra gefeiert und mit noch drei weiteren Hurras, gefolgt von jeder Menge Buttertoffees und Keksen. Die Mädchenrunde war in der Tat in Hochstimmung.

Die Glocken des Westturms der Kathedrale verkündeten majestätisch die achte Stunde.

Es läutete an der Tür.

Die Mädchen erstarrten und schauten einander an.

»Wir sind erledigt!«, stieß Roberta Liebenswert leise aus.

»Besucher am Sonntagabend?«, wisperte Mary Jane. »Für das Abendbrot ist es schon reichlich spät. Wer kann das sein?«

»Schaut uns bloß an. Wir feiern, während hier Leichen herumliegen, als würden wir in einem Mausoleum wohnen«, zischte Alice Robust. »Was macht das wohl für einen Eindruck?«

»Einen interessanten«, antwortete Elinor Düster, aber niemand schenkte ihr Beachtung.

»Sie nehmen uns fest und klagen uns als Mörder an!«, schluchzte Martha Einfältig.

»Ich fühle mich schwach …«, japste Roberta Liebenswert. »Mir ist schwindelig …«

Kitty Schlau sprang auf. »Nein! Niemand nimmt uns fest und klagt uns an«, flüsterte sie, »wenn wir uns nicht dumm anstellen. Roberta! Reiß dich zusammen. Louise, Alice, Mary Jane: Schafft die Toten in Mrs Placketts Zimmer! Wischt Mr Godding das Blut aus dem Gesicht und versteckt ihn im Schrank! Mrs Plackett legt ihr ins Bett, als würde sie sich etwas ausruhen. Nur zur Sicherheit. Wir müssen alle zusammenhalten und an einem Strang ziehen.«

Es läutete abermals. Alice Robust dämpfte das Licht der Lampen im Gesellschaftszimmer. Die anderen eilten in das benachbarte Esszimmer, wo jede nach einem der kalten, steifen Arme und Beine griff und mithalf, die Leichen über den Korridor in das Schlafzimmer der Schulleiterin zu schleppen.

Kitty Schlau fegte die Kekskrümel von den Sofakissen und ging langsam durch den langen, schmalen Korridor zur Tür. Mrs Placketts Haus war lang gestreckt und weitläufig und viel größer, als es ihren Bedürfnissen entsprochen hätte. Das war einer der Gründe, weshalb sie ein Internat eröffnet hatte. An diesem Abend kam es Kitty so vor, als würden Hunderte von Türen zu Hunderten von Zimmern zwischen ihr und der läutenden Türglocke liegen. Sie schüttelte den Kopf und die Sinnestäuschung ging vorüber.

Durch den dünnen Vorhang des Türfensters konnte sie eine Silhouette erkennen. Es handelte sich um einen Mann oder aber um ein Fass mit einem Kopf. Kurz kam Kitty ihr Vater in den Sinn und sie hielt inne, um sich zu sammeln. Dann öffnete sie die Tür. Vor ihr stand die massige, vom Alter gebeugte, doch nach wie vor imposante Gestalt des Admiral Lockwood, der durch seine dicke Brille auf sie herabsah.

Kitty wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Admiral Paris Lockwood, der einst für seine Heldentaten in der Marine Ihrer Majestät gerühmt wurde, verließ selten sein Haus im Städtchen, wo er umgeben von Erinnerungsstücken an seine zahlreichen Reisen und – wie manche glaubten – von Säcken voller Geld lebte. In Ely fürchtete man ihn als Tyrann und es gab Fischer, die behaupteten, sein Gebrüll sei noch auf halber Strecke nach Saint Adelaide auf dem Fluss Great Ouse zu hören.

Aber jetzt war seine Stimme lediglich ein leises, raues Wispern. »Connie?«

Connie? Kitty Schlau hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, was das bedeuten könnte.

»Mrs Plackett ist zu Bett gegangen«, antwortete sie ernst.

Der alte Mann scharrte verlegen mit den Füßen und betrachtete Kitty mit zusammengekniffenen Augen. »Geht es ihr so schlecht, ja?« Er schnalzte mit der Zunge. »Die Ärmste. Obgleich, etwas merkwürdig ist das schon. Oha, jetzt verstehe ich! Das ist alles Teil des Spiels!«

Kitty war ratlos, was selten vorkam.

Admiral Lockwood trat ein und machte sich daran, seinen Mantel auszuziehen. »Nun, wir können nichtsdestotrotz auf den Geburtstag des jungen Herrn anstoßen, auch wenn die Hausherrin unpässlich ist«, sagte er mit einem Zwinkern. »Hier, halten Sie das!« Er drückte Kitty eine schwere Flasche in die Hand, die sie gehorsam an sich nahm.

»Der … Geburtstag … des jungen Herrn

»Ihres Bruders«, erklärte Admiral Lockwood. »Connie hat ein paar Freunde eingeladen, um ihn zu überraschen. Ich bin wohl der Erste.«

Sie glaubte, der Boden müsste unter ihren Füßen nachgeben. Dass irgendjemand den widerlichen Aldous Godding tatsächlich respektvoll »junger Herr« nannte, war noch das Geringste, was die arme Kitty in diesem Augenblick erschütterte.

»Connie meinte, wir sollen im Gesellschaftszimmer warten«, fuhr der Admiral fort, während er durch den Korridor schritt. »Ihr schwebt eine Überraschungsparty vor. Es ist wahrscheinlich Teil ihres Täuschungsmanövers, dass sie sich ins Bett gelegt hat.« Er hängte den Mantel an die Garderobe und ließ sich von Kitty sein Geschenk zurückgeben. »Den trage...


Meinzold, Maximilian
Max Meinzold, geboren 1987, ist freischaffender Grafikdesigner und Illustrator. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Science-Fiction, Fantasy und der Kinder- und Jugendliteratur. Für seine moderne, innovative Buchgestaltung wurde er bereits für zahlreiche Preise nominiert. Er lebt und arbeitet in München.

Berry, Julie
Julie Berry hat einen Masterabschluss des Vermont College. Ihre Jugendbücher wurden für verschiedene Auszeichnungen nominiert, standen auf Bestenlisten und erhielten zahlreiche lobende Pressestimmen. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Söhnen in einem Vorort von Boston. Dort arbeitet sie als Marketingleiterin eines Start-up-Unternehmens.



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