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E-Book

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

Reihe: Arena Thriller

Bicker Schmetterlingsschatten

Die Arena Thriller:
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-401-80029-5
Verlag: Arena
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die Arena Thriller:

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

Reihe: Arena Thriller

ISBN: 978-3-401-80029-5
Verlag: Arena
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im Wald hat man die Leiche eines Mädchens gefunden. Elena würde am liebsten davonrennen. Wieder kommt alles hoch, was sie krampfhaft zu vergessen versucht: Der Tod ihrer Schwester Laura vor einem Jahr. Ganz in der Nähe des Ortes, an dem man das tote Mädchen gefunden hat. Gibt es da einen Zusammenhang? Und war Lauras Tod wirklich ein Unfall?
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Kapitel 1

Samstag, 15. Juli 2005

Heute habe ich einen Menschen getötet. Ich weiß immer noch nicht genau, was eigentlich passiert ist. Meine Hände zittern, wenn ich daran denke, und ich kann mein Herz beinahe hören, so schnell schlägt es. Mir ist kalt, und schlecht ist mir auch, aber vielleicht kommt das auch vom Wodka. Immer wieder taucht dieses Bild vor meinen Augen auf: der Körper, voller Blut, das so seltsam unwirklich aussieht, wie Holundersirup. Ich wusste nicht, dass Blut so aussehen kann. Ich wusste nicht, dass ein Mensch so viel Blut in sich hat.
Ich kann nicht weiter, ich muss es beenden. Ich habe nur Angst, dass es jetzt schon zu spät ist.

»Hast du’s schon gehört?« Vivienne kam ihr entgegengerannt, kaum dass Elena den Fuß auf den Schulhof gesetzt hatte. In ihrem Gesicht spiegelte sich eine Aufregung, wie Elena sie gar nicht an ihrer besten Freundin kannte. Nina folgte ihr, etwas langsamer, aber offensichtlich nicht weniger aufgeregt.

»Was gehört?«, fragte Elena, als Viv außer Atem innehielt, verlagerte ihren Rucksack von der rechten auf die linke Schulter und versuchte, nicht allzu neugierig zu wirken.

»Sie haben eine Leiche gefunden, drüben im Wald zwischen Frankenach und Lensberg, bei der Landstraße. Ein Förster ist drübergestolpert.« Vivienne sprach hastig, als hinge ihr Leben davon ab, Elena von dem Fund zu berichten. Ihre Wangen färbten sich rötlich und ihre Augen glänzten, ihre Haare waren mal wieder ein einziges Chaos aus blonden Löckchen. Ärgerlich fuhr sie mit der Hand hindurch und machte es damit nur noch schlimmer.

»Weiß man, wer es ist?« Sie bemühte sich, ihre Stimme möglichst ruhig und milde interessiert klingen zu lassen. Als wäre sie gar nicht auf die Idee gekommen, als hätte die Landstraße keinerlei Bedeutung für sie. Ich werde nicht weinen. Ich komme klar!

Nina, die sich inzwischen zu ihnen gesellt hatte, zuckte mit den Schultern. »Niemand von hier.« Sie strich sich eine lange braune Strähne aus dem Gesicht und musterte Elena neugierig von unten herauf. »Ein fremdes Mädchen. Es heißt, sie ist überfahren worden. Vielleicht ein Unfall. Sag mal, ist das nicht genau wie…« Elena wandte sich halb ab und Nina verstummte abrupt.

Elena starrte an den anderen beiden vorbei das Schulhaus an. Der graue, unfreundliche Betonklotz erschien ihr noch weniger einladend als sonst. Selbst das jetzt schon gleißende Sonnenlicht konnte daran nichts ändern. Hinter den Fenstern schien sich nur dunkles Nichts zu verbergen. Elena biss sich auf die Unterlippe, um die Tränen zurückzuhalten, die in ihre Augen drängten. Rasch sah sie wieder zu den anderen.

Viv kaute verlegen an einer ihrer Ringellocken, Nina hatte ihren hellrosa Blümchenrucksack abgesetzt und wühlte konzentriert darin herum, als sei dies das Wichtigste auf der Welt. Als sie bemerkte, dass Elena hersah, blickte sie auf und zwinkerte verlegen.

»Es war bestimmt ein Unfall«, versicherte sie.

»Unsinn«, mischte sich unvermittelt jemand hinter ihr in das Gespräch ein. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer es war. Die Stimme kannte sie zu gut. Timo, ihr selbst ernannter Retter in allen Lebenslagen. Sie lächelte flüchtig, als er neben sie trat und sie freundschaftlich in die Seite boxte. Timo mochte oft kindisch sein, aber er verstand sie manchmal besser als jeder andere.

»Diese Leiche hier war verscharrt, die hat jemand versteckt. Das war kein einfacher Verkehrsunfall.« Er machte eine dramatische Pause und blickte in die Runde, wie um sich zu versichern, dass er die Aufmerksamkeit aller Anwesenden hatte. »Das war Mord.«

Er hatte sein Ziel erreicht. Nina schnappte angemessen beeindruckt nach Luft und Elena zuckte zusammen. Vivienne machte ein kritisches Gesicht, hängte die Daumen in die Gürtelschlaufen ihrer Jeansshorts und wippte auf den Füßen hin und her. »Bullshit, Timo, willst du damit sagen, hier läuft ein Mörder frei herum?«

Timo hob die Schultern, grinste schief und schob mit dem Zeigefinger seine Brille die Nase hoch. »Ich sage nur, was Sache ist. Die Leiche wurde versteckt. Hat mir mein Vater erzählt.«

Vivienne verdrehte leicht die Augen und zwinkerte Elena zu. Timo ließ keine Gelegenheit aus, mit seinem Polizisten-Vater anzugeben.

Nina dagegen war leichter zu beeindrucken. Sie sah sich mit einem ängstlichen Ausdruck in den Augen um, als würde der Mörder gleich hinter dem nächsten Busch hervorspringen. Timo jedoch blickte auf Elena und schien darauf zu warten, dass sie ihm zustimmte.

Timo war seit fast einem halben Jahr unsterblich in Elena verknallt. Jeder, der Augen im Kopf hatte, wusste das, auch wenn Elena so tat, als merke sie es nicht. Sie mochte Timo gerne, aber mehr nicht. Sie traute sich nur nicht, ihm das zu sagen, weil sie fürchtete, ihn dann als Freund zu verlieren.

»Ehrlich, Timo, mach’s nicht dramatischer, als es ist!«, wies sie ihn zurecht und versuchte dabei, Viviennes coolen Tonfall zu kopieren. Insgeheim war sie ihm jedoch dankbar dafür, dass er das Gespräch in eine andere Richtung gelenkt hatte. »Bestimmt war es ein Unfall.« Wie bei Laura. Ärgerlich schüttelte sie den Gedanken ab. Sie musste endlich damit aufhören, ständig an Laura zu denken. Sie war tot, daran war nichts zu ändern.

»Es hat geklingelt.« Viviennes Ankündigung kam unvermittelt. Nicht zum ersten Mal vermutete Elena, dass ihre Freundin ihre Gedanken lesen konnte und sie nun ablenken wollte. »Lasst uns reingehen!«

Dankbar nickte sie, schob den Rucksack wieder auf die andere Schulter und machte sich auf den Weg zur Eingangstür.

»Hey, Grevenstein, hängst du wieder mit den Mädchen rum? Hast du deine Puppen mitgebracht?« Lukas’ Stimme tönte unüberhörbar über den Hof und Elena konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie Timo leicht zusammenzuckte. Allmählich musste er diese Idioten doch gewöhnt sein. Jungen waren manchmal komisch.

»Grev, kommst du demnächst auch im Kleidchen, wie deine Freundinnen?« Daniel diesmal. Nina, die als Einzige von ihnen wirklich ein Kleid trug, zog eine beleidigte Schnute. Viv knurrte leise und machte ein Gesicht, als wolle sie jemanden umbringen. Timo starrte auf seine Schuhspitzen. Elena griff nach seiner Hand und drückte sie flüchtig.

»Hör doch einfach nicht auf die, das sind die letzten Penner!«, flüsterte sie ihm zu.

»Liebesgeflüster?«, kommentierte Lukas, und Daniel setzte sofort hinterher: »Händchen halten tun sie auch schon.«

Elena ließ Timos Hand los und fuhr herum. Die Arme in die Hüften gestemmt, funkelte sie die beiden Jungen zornig an. »Verpisst euch gefälligst und lasst uns in Ruhe!«

»Grev wird von seiner Freundin verteidigt«, witzelte Daniel, aber es klang halbherzig. Elena war einen Kopf größer als er und hatte ihm schon einmal bewiesen, dass sie auch die Stärkere war. Kaum trat sie einen Schritt auf die beiden zu, zogen sie sich schleunigst zurück. In ihren überweiten Skaterhosen sahen sie noch dünner aus, als sie ohnehin schon waren, doch das schien ihnen nicht bewusst zu sein. Aus sicherer Entfernung riefen sie Timo noch ein »Püppchen« zu, bevor sie im Schulhaus verschwanden.

Timo zog eine Grimasse. »Du musst mich nicht immer verteidigen.« Er sah verlegen aus, aber auch ein bisschen vorwurfsvoll. Elena starrte ihn entgeistert an. War er jetzt völlig durchgeknallt? Wollte er sich nicht mal bei ihr bedanken?

»Dann mach’s das nächste Mal gefälligst selbst!«, sprang Vivienne ein, packte Elenas Arm und zog sie weiter. »Kommt jetzt endlich!«

Niemand saß auf seinem Platz, als sie endlich ins Klassenzimmer kamen. Stattdessen standen überall diskutierende Grüppchen herum. Frau Bach, Elenas Deutschlehrerin, versuchte vergeblich, etwas Ordnung in die Klasse zu bringen. Erst, als sie zum dritten Mal um Ruhe gebeten hatte, begannen die Schüler, sich auf ihre Plätze zu verteilen. In dem Gewühl wäre es Elena gelungen, ihr Zuspätkommen ganz zu vertuschen, doch eine unüberhörbare Stimme machte diese Hoffnung rasch zunichte.

»Schaut an, die Prinzessin ist auch schon da. Na ja, wahrscheinlich ist ihr der Pöbel so unerträglich, dass sie so spät wie möglich auftaucht.«

Melanie. Diese Zicke. Elena verdrehte die Augen. Die würde ihr wohl nie verzeihen, dass sich ein Junge für sie interessierte und nicht für Mella selbst. Seitdem zog sie Elena damit auf, dass sie sich angeblich zu fein wäre, an den Partys ihrer Klassenkameraden teilzunehmen. Dabei hatte das ganz andere Gründe. Vielleicht sollte Melanie mal versuchen, mit Elenas Mutter klarzukommen. Es war ja nicht so, dass Elena zu Hause bleiben wollte.

Vivienne warf ihr einen warnenden Blick zu, aber den hätte es nicht gebraucht. Sie ignorierte Mella vollständig, ließ sich auf ihren Stuhl gleiten und kramte in ihrem Rucksack nach dem Deutschbuch. Sie hatte nicht vor, sich ärgern zu lassen. Nicht heute.

Der Vormittag schleppte sich nur so dahin. Elena bekam nicht allzu viel von dem mit, was die Lehrer versuchten, ihr beizubringen. Der Unterricht verschwamm zu einem unbestimmten Hintergrundrauschen. Die meiste Zeit saß sie mit aufgestütztem Kinn da, starrte aus dem Fenster und dachte an Laura. Eigentlich wollte sie das nicht, es hatte lange genug gedauert, bis sie nicht mehr jeden Tag mindestens einmal in Tränen ausgebrochen war, besonders zu Hause, oder wenn sie irgendetwas sah, das Laura gefallen hätte. Aber die Erinnerung drängte sich einfach in ihr Gedächtnis und Elena konnte sie nicht aufhalten.

Beinahe ein Jahr war es nun her. Sie sah...


Veronika Bicker wurde 1978 in Karlsruhe geboren. Sie schreibt und liest bereits seit ihrem vierten Lebensjahr. Während der Schulzeit schrieb sie Geschichten als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenke für ihre Freunde. Seit 2001 veröffentlichte sie mehrere Geschichten in Fanzines und Anthologien. 2006 hat sie ihr Ökologiestudium abgeschlossen und widmet sich seitdem voll und ganz dem Schreiben. Die junge Autorin lebt heute mit ihrem Mann in Aachen.Foto © W. Jünger



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