E-Book, Deutsch, 180 Seiten, E-Book
Birmele / Bömers / Merklin-Wendle Crashkurs Mitarbeiter-Onboarding
3. überarbeitete und erweiterte Auflage 2024
ISBN: 978-3-648-18243-7
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Praxiswissen für HR, Coaches und Führungskräfte
E-Book, Deutsch, 180 Seiten, E-Book
ISBN: 978-3-648-18243-7
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Catrin Birmele ist Redakteurin und Senior Content Marketing Managerin in der Haufe Group. Ihr Themen-Schwerpunkt liegt im HR-Management, insbesondere Recruiting, Onboarding, New Work und Talentmanagement. Sie vereint ihr Fachwissen mit Kreativität und der Freude am Experimentieren mit unterschiedlichen digitalen Medienformaten bei der Entwicklung von zielgruppenspezifischem Content.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Bereichsspezifisches Management Personalwesen, Human Resource Management
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Bereichsspezifisches Management Management: Führung & Motivation
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Coaching, Training, Supervision
Weitere Infos & Material
1Einführung
1.1 Was genau ist Onboarding?
Um ein gemeinsames Verständnis für die Begrifflichkeiten des vorliegenden Praxisratgebers zu haben, kurz eine Beschreibung, was wir genau unter Onboarding verstehen: Onboarding bedeutet das «An-Bord-Nehmen» neuer Mitarbeiter und meint damit sowohl die allgemeine Einführung eines neuen Mitarbeiters als auch die fachliche Einarbeitung und vor allem die so wichtige soziale Integration. Wir betrachten Onboarding in den einzelnen Phasen:
Abb. 1: Onboarding in drei Phasen
•Die erste Phase, das sog. «Preboarding» (siehe Kapitel 2), beginnt optimalerweise direkt nach Vertragsabschluss. Dem neuen Mitarbeiter sollten schon vor dem ersten Arbeitstag alle wichtigen Informationen bereitgestellt werden. Vor allem aber sollte bereits vor dem Start mit dem Beziehungsaufbau begonnen werden, um ihn in seiner Jobentscheidung zu bestärken. Hier gilt es, dem frisch rekrutierten Mitarbeiter das Gefühl zu vermitteln, dass er sich richtig entschieden hat und dass man sich auf seine Mitarbeit und Unterstützung freut.
•Die zweite Phase ist die «Orientierungsphase». Neue Mitarbeiter erinnern sich auch noch nach Jahren an ihren ersten Arbeitstag. Daher sollten alle internen Prozesse rund um Facility Management, HR und IT so aufeinander abgestimmt und abgeschlossen sein, dass der Onboardee direkt sinnvoll und produktiv arbeiten kann. Und ganz wichtig: Er sollte begeistert von seiner Begrüßung und die über den ersten Arbeitstag hinausgehende nachhaltige Integration durch Führungskraft und Teamkollegen erzählen können.
•Die dritte Phase, «das eigentliche Onboarding», meint eine nachhaltige fachliche Einarbeitung und soziale Integration. Die Begeisterung über den neuen Job gilt es in der Einarbeitungsphase aufrechtzuerhalten. Damit ein neuer Mitarbeiter möglichst schnell produktiv arbeiten kann, muss er fachlich gut eingearbeitet und sozial in das Team eingebunden werden. Ein vorab erstellter individueller Einarbeitungsplan ist das Herzstück der fachlichen Einarbeitung. Er dokumentiert die Aufgaben, Projekte und Arbeitsziele und der neue Mitarbeiter erfährt, wann welche Fortbildungen und Gesprächstermine stattfinden.
Abb. 2: Der Weg des Onboardings
Je besser die Einführung, Einarbeitung und Integration vorbereitet werden und je früher die ersten positiven und wertschätzenden Kontakte stattfinden, desto schneller wird sich der Neue in seinem Arbeitsumfeld wohlfühlen und dann auch die erhofften Leistungen erbringen. Feedback ist dabei unerlässlich.
1.2 Onboarding im Employee Life Cycle verankern
Was ist damit gemeint? Onboarding ist mehr als nur ein Willkommensschreiben oder die Begrüßung am ersten Arbeitstag. Das Wie und Was im Onboarding-Prozess sollte fest in der Unternehmensphilosophie verankert sein und auf die Werte und gelebte Kultur im Unternehmen einzahlen. Das geht nicht einfach so nebenbei. Dafür muss man Onboarding als eigenen Prozess etablieren, mit klar definierten Strukturen und Aufgaben, Terminvorgaben und Zuständigkeiten. Denn diese oft noch stiefmütterlich behandelte Phase in der Mitarbeiter-Journey trägt entscheidend dazu bei, ob sich der Neuzugang später mit Motivation und Leistung einbringen und damit letztendlich zum Unternehmenserfolg beitragen wird. Während beim Employer Branding und im Recruiting viel in die Candidate Experience investiert wird, geschieht nach der Vertragsunterschrift bis zum ersten Arbeitstag in vielen Unternehmen erst einmal nichts mehr.
Aus Unternehmenssicht könnte man Onboarding auch als die Phase beschreiben, in der man seine Versprechen aus der Recruitingphase einlösen muss. Jetzt gilt es, dem neuen Mitarbeiter die Wertschätzung zu zeigen, mit der man ihn vorher umworben und geködert hat.
Onboarding muss im gesamten Kontext einer Mitarbeiter-Journey betrachtet werden. Die nachfolgende Abbildung zeigt, dass professionelles Onboarding nicht losgelöst von Recruiting oder Mitarbeiterbindung stehen kann, sondern sich nahtlos in die Unternehmensprozesse eingliedern muss.
Abb. 3: Onboarding im Kontext der Mitarbeiter-Journey
Es ist somit nicht damit getan, bislang existierende Onboarding-Maßnahmen einfach nur zu optimieren oder festzuschreiben, sondern ausgehend vom Onboardee sollte ein klarer und strukturierter Prozess aufgesetzt werden, um quasi ein «Onboarding next level» zu erreichen. Denn einzelne Onboarding-Aktivitäten gibt es mittlerweile in fast jedem Unternehmen.
Die drei eingangs definierten Onboarding-Phasen können ineinander übergehen oder sich überlappen. Es kommt darauf an, einen durchgängigen optimalen Onboarding-Prozess zu definieren und nachhaltig einzuführen. Dafür bedarf es eines richtigen Projekts, wie Sie in Kapitel 7 noch ausführlich erfahren werden. Aber auch die von Haufe durchgeführte Onboarding-Umfrage zeigt, dass sich nur bei 25 % der Befragten die Personalentwicklung und bei 15 % das Recruiting/Talent Acquisition Team übergreifend um einen strukturierten und einheitlichen Onboarding-Prozess kümmert. Ohne zentral organisierten Onboarding-Prozess liegt die Vermutung nahe, dass bei allen anderen Unternehmen jede Abteilung selbst für ihre Onboardees verantwortlich ist und damit qualitativ ausgereiftere, strukturierte und vor allem einheitliche Onboarding-Programme im Unternehmen noch immer Mangelware sind.
Abb. 4: Die Prozesstreiber für das Onboarding. Quelle: Haufe Onboarding-Umfrage 2023
1.3Warum ein professioneller Onboarding-Prozess wichtig ist
Jede Personalsuche kostet Zeit und vor allem Geld. Mehr denn je bewirken demografischer Wandel, Fachkräftemangel und digitale Transformation, dass Unternehmen sich auf alternative und neue Wege im Recruiting einlassen müssen, um die passendsten Talente im berühmten «war for talents» für sich zu gewinnen. Das gilt für große Konzerne ebenso wie für kleine und mittelständische Unternehmen. Das wirkt sich spürbar auf den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft aus, die dadurch einem stetigen Wandel unterzogen sind. Diese gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflussen auch den Onboarding-Prozess, wie die folgenden Megatrends zeigen.
1.3.1Arbeitnehmermarkt und Wettbewerbsdruck bedingen häufigere Frühfluktuationen
Qualifizierte Fachkräfte können sich ihre Stellen aussuchen, da es in vielen Branchen ein Überangebot an vakanten Jobs gibt. Drastischer formuliert: Nicht ein Arbeitnehmer bewirbt sich bei einem Arbeitgeber, sondern Unternehmen müssen sich bei ihren zukünftigen Mitarbeitern bewerben.
Unternehmen müssen daher – zunächst im Recruiting – kreative Wege beschreiten, um auch in Zukunft attraktiv für neue Mitarbeiter jeglicher Berufsgruppen zu sein. Deshalb investieren viele Unternehmen
•in ein modernes, auf die jeweiligen Zielgruppen ausgerichtetes Recruiting,
•bespielen unterschiedlichste Recruitingkanäle,
•nutzen moderne Bewerbermanagement-Software, die den gesamten Bewerbungsprozess professionalisiert,
•und investieren viel Zeit und Mühe in den Aufbau einer authentische Arbeitgebermarke (Employer Branding, siehe Kapitel 4.1.), um für Bewerber und für die eigenen Mitarbeiter attraktiv zu sein (Mitarbeiterbindung).
Allerdings: Wenn der Bewerber angebissen und den Vertrag tatsächlich unterschrieben hat, geschieht in vielen Unternehmen dann erstmal nichts mehr. Bildlich gesprochen, fällt der Bewerber in ein großes schwarzes Loch! Die Kommunikation reißt komplett ab, niemand fühlt sich jetzt so richtig zuständig: Für HR ist zunächst einmal der Recruitingprozess abgeschlossen, die Stelle ist offiziell besetzt. Für die Fachabteilung ist der Arbeitsbeginn des neuen Mitarbeiters noch zu weit weg, da dieser erst in einigen Monaten seine neue Stelle antritt.
Hier lauert der große Irrtum. Das zeigt sich auch in der Haufe Onboarding-Umfrage 2023. Bei 36 % der befragten Unternehmen kommt es vor, dass teuer rekrutierte Kandidaten noch vor dem ersten Arbeitstag wieder abspringen. Denn auch nach der Vertragsunterschrift können sich die neuen Talente noch umentscheiden und kurzfristig wieder abspringen.
Es genügt also als Onboarding-Maßnahme nicht, den neuen Kollegen mit Blumen am ersten Arbeitstag am Empfang zu erwarten. Denn da taucht er unter Umständen gar nicht mehr auf. Um die Früh- oder Anfangsfluktuation zu vermeiden, sollten von Anfang an, nämlich direkt nach Vertragsunterzeichnung, zeitlich passende und strukturiert geplante Onboarding-Instrumente eingesetzt werden.
Abb. 5: Fluktuation vor dem ersten Arbeitstag. Quelle: Haufe Onboarding-Umfrage 2023
1.3.2New Work: Trend hin zu kürzeren und freien Arbeitsverhältnissen
Durch die immer häufiger praktizierten New Work-Ansätze mit agilen Arbeitsmethoden, Freelancing, Crowdworking oder dem zunehmenden Wunsch nach ortsungebundener...