E-Book, Deutsch, 184 Seiten
Reihe: Referenzreihe Neurologie
Bischoff / Dengler EMG NLG
5. unveränderte Auflage 2024
ISBN: 978-3-13-245804-8
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Elektromyografie · Elektroneurografie
E-Book, Deutsch, 184 Seiten
Reihe: Referenzreihe Neurologie
ISBN: 978-3-13-245804-8
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das bewährte Fachbuch für Einsteiger und Experten
Elektromyografie, Elektroneurografie und Reflexuntersuchungen gehören heutzutage zum Handwerkszeug eines jeden Neurologen.
Dieses Buch ist eine Zusammenstellung der wichtigsten diagnostischen Methoden und Untersuchungen. Gleichzeitig bietet es eine Anleitung zur sicheren Auswertung und Einordnung von EMG-Befunden sowie zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung verschiedener Pathologien.
Anfänger erhalten einen umfassenden Einblick in die wichtigsten Begrifflichkeiten der Elektromyografie. Darüber hinaus ist es für Experten ein übersichtliches Nachschlagewerk mit ausführlichen Informationen zu den Schwerpunktthemen:
- Differenzierung zwischen Neuropathie und Myopathie
- Verlaufskontrollen bei neurogenen Prozessen
- Diagnostik von Motoneuron-Erkrankungen
- Diagnostik bei Tremor, Spastik, Dystonien u.a.
- Online-Extra: 17 Videos zu speziellen EMG-Techniken und Befunden
Das Autorenteam aus Experten der EMG, ENG und der peripheren Neurologie hat praxisrelevantes Wissen und Erfahrungen sowie aktuelle Entwicklungen der Elektromyografie verständlich und übersichtlich aufbereitet.
Dieses umfassende Werk ist ein unverzichtbarer Begleiter für Ihre Ausbildung oder den Klinikalltag.
Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.
Zielgruppe
Ärzte
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1 Neurografie
1.1 Einleitung
C. Bischoff
Die Elektroneurografie umfasst die Bestimmung und Auswertung der elektrischen Antwortpotenziale, die durch elektrische oder physiologische Reize eines peripheren Nervs ausgelöst werden.
Darunter fallen die Ableitung der distal motorischen Latenz (DML), die motorischen und sensiblen Antwortpotenziale mit den dazugehörigen Nervenleitgeschwindigkeiten (NLG), die F-Welle, der H-Reflex, die A-Welle, der Masseter- und der Blinkreflex sowie weitere Spezialuntersuchungen. Die Ableitung erfolgt in der Regel mit Oberflächenelektroden.
Elektroneurografie und Elektromyografie sind die Grundlagen der Untersuchung neuromuskulärer Erkrankungen und stellen eine Ausweitung der klinischen Untersuchung dar, die den Messungen immer vorausgehen sollte. Die neurografische Untersuchungstechnik muss individuell der Fragestellung entsprechend des klinischen Befunds und der differenzialdiagnostischen Überlegungen angepasst werden. Trotz der Fortschritte der hochauflösenden Ultraschalldiagnostik mit verbesserter Darstellung peripherer Nerven, die besonders bei Nerventraumen und entzündlichen Veränderungen hilfreich ist, bleibt die Elektrodiagnostik bei vielen Fragestellungen unverzichtbar.
Ziele der Neurografie – wenn möglich - sind:
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Lokalisation der Störung:
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Mononeuropathie (umschrieben, multifokal)
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Plexopathie
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Radikulopathie
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Polyneuropathie
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Neuronopathie (Vorderhornerkrankung)
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Information über zugrundeliegende pathophysiologische Prozesse:
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axonal
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demyelinisierend
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Leitungsblock
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Betroffensein unterschiedlicher Fasern:
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motorisch
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sensibel
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gemischt
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autonom
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Aussagen zum Schweregrad (Prognose) der Störung
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Aussagen zum zeitlichen Verlauf der Störung
Fallstricke
Neurografie
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Bei unerwarteten Befunden immer erst technische Fehler ausschließen und anschließend den klinischen Untersuchungsbefund überprüfen!
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Auffällige Befunde bei der elektrophysiologischen Untersuchung nicht überbewerten; gelegentlich haben neurophysiologische Veränderungen kein klinisches Korrelat.
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Im Idealfall sollten anamnestisch Angaben, klinische und neurophysiologische Befunde zusammenpassen.
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Veränderungen bei der Elektroneurografie korrelieren oft nicht mit dem Schweregrad der klinischen Veränderung.
1.2 Motorische Neurografie
C. Bischoff
1.2.1 Technik und Standard der Durchführung
1.2.1.1 Prinzip
Ein motorischer oder gemischter Nerv wird mit Oberflächenelektroden elektrisch gereizt und über einem von diesem Nerv versorgten Muskel die dabei ausgelöste elektrische Antwort, das Muskelsummenaktionspotenzial (MSAP), das mitunter auch als M-Antwort bezeichnet wird, abgeleitet. Das MSAP ist die Summe der elektrischen Aktivität aller erregten Muskelfasern. Die Amplitude des MSAP stellt unter Normalbedingungen, d.h. nach supramaximaler Stimulation, ein semiquantitatives Maß der Zahl der erregten Nerven- bzw. Muskelfasern dar. Gemessen wird die Latenz, d.h. die Zeit zwischen dem Stimulus und dem Beginn des MSAP. Eine Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit ist erst nach Stimulation des Nervs an 2 unterschiedlichen Punkten nach der Formel v=ds/dt möglich ( ? Abb. 1.1), da die Zeit der neuromuskulären Transmission und die Zeit der terminalen Erregungsausbreitung nicht bekannt bzw. messbar ist. Dazu wird die Strecke zwischen den beiden Stimulationspunkten (Kathoden) durch die Differenz der beiden Latenzen dividiert.
Abb. 1.1 Prinzip der motorischen Neurografie am Beispiel des N. medianus mit Stimulation am Handgelenk und in der Ellenbeuge sowie Ableitung des MSAP vom M. abductor pollicis brevis.
Merke
Motorische Neurografie
Mit dieser Methode kann nur die Nervenleitgeschwindigkeit der am schnellsten leitenden Fasern bestimmt werden.
1.2.1.2 Geräteeinstellung
Ableitung und Stimulation sollten immer unter standardisierten Bedingungen durchgeführt werden. Standardisiert werden müssen dabei: Geräteeinstellung, Elektrodenwahl, Position der Ableit- und Referenzelektroden sowie Temperatur ( ? Tab. 1.1).
Tab. 1.1 Geräteeinstellung bei der motorischen Neurografie. Parameter | Beschreibung |
Verstärkung bei |
Latenzmessung Amplitudenmessung | 0,2 mV/Div 1, 2 oder 5 mV/Div (abhängig von der Amplitude) |
Ablenkgeschwindigkeit | 2 ms/Div 5 ms/Div bei langsamer NLG |
Filtereinstellung | 5 Hz–10 kHz |
Mittelwertbildung | nicht erforderlich |
Stimulationsparameter |
Reizbreite Reizintensität | 0,1 oder 0,2 ms supramaximal |
1.2.1.3 Ableitung
Oberflächenelektroden
Die Ableitung des MSAP erfolgt in aller Regel mit Oberflächenelektroden. Es werden Metallelektroden als selbstklebende oder mit Pflaster zu fixierende Plättchenelektroden unterschiedlicher Form und Größe verwendet ( ? Abb. 1.2). Nur bei Verwendung von Oberflächenelektroden können die Amplituden der MSAP verlässlich bestimmt werden. Die Oberflächenelektroden werden in sog. „belly-tendon“-Anordnung angebracht. Die eigentliche Ableitelektrode (Kathode) wird über der Endplattenregion platziert, d.h. bei den meisten (vor allem den kleinen) Muskeln über der Mitte des Muskels (Muskelbauch). Die Referenzelektrode sollte über einer elektrisch nicht aktiven Region, z. B. einer Sehne oder einem Knochenvorsprung, platziert werden. Aus diesem Grund sind Elektroden mit fixem Abstand (z. B. Filzblockelektroden) ungeeignet und nicht zu empfehlen. Bei Belly-Tendon Anordnung kommt es zu einem scharf negativen Potenzialabgang. Definitionsgemäß wird der Abgang nach oben als negativ bezeichnet ( ? Abb. 1.3a).
Abb. 1.2 Verschiedene Oberflächenelektroden, die zur Ableitung motorischer und sensibler Potenziale benutzt werden.
Abb. 1.3 Motorische Neurografie des N. medianus.
aMSAP vom M. abductor pollicis brevis mit scharf negativem Abgang bei Ableitung über der Endplattenregion.
bPositive Vorwelle bei Lage der Ableitelektrode außerhalb der Endplattenregion.
c„Gespiegeltes“ MSAP bei Vertauschen von Ableit- und Referenzelektrode.
dMSAP bei gleichzeitiger Stimulation des N. medianus...