E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Reihe: Ein Mädchen namens Willow
Bohlmann Ein Mädchen namens Willow: Filmbuch
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-522-61200-5
Verlag: Planet!
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
mit vielen farbigen Filmfotos
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
Reihe: Ein Mädchen namens Willow
ISBN: 978-3-522-61200-5
Verlag: Planet!
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Geboren wurde Sabine Bohlmann in München, der schönsten Stadt der Welt. Als Kind wollte sie immer Prinzessin werden. Stattdessen wurde sie (nachdem sie keinen Prinzen finden konnte und der Realität ins Auge blicken musste) Schauspielerin, Synchronsprecherin und Autorin und durfte so zumindest ab und zu mal eine Prinzessin spielen, sprechen oder über eine schreiben. Geschichten fliegen ihr zu wie Schmetterlinge. Überall und zu allen Tages- und Nachtzeiten (dann eher wie Nachtfalter). Sabine Bohlmann kann sich nirgendwo verstecken, die Geschichten finden sie überall. Und sie ist sehr glücklich, endlich alles aus ihrem Kopf rausschreiben zu dürfen. Auf ein blitzeblankes, weißes - äh - Computerdokument. Und das Erste, was sie tut, wenn ein neues Buch in der Post liegt: Sie steckt ihre Nase ganz tief hinein und genießt diesen wunderbaren Buchduft.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 2
An einem sonnigen Nachmittag saß Willow wieder unter dem großen Baum. Sie hatte eine Stelle entdeckt, an der sich eine Art Stuhl in den Wurzeln gebildet hatte, der sich hervorragend dafür eignete, die Hausaufgaben dort zu erledigen.
»Eine quadratische Wiese, Seitenlänge 22 m, soll eingezäunt werden. Wie viele Meter Zaun muss gekauft werden, damit er für diese Wiese reicht?«, las Willow sich selbst vor und runzelte nachdenklich die Stirn. Da fiel ihr Blick auf den Fuchs, der ganz in ihrer Nähe im Gras lag und sie beobachtete.
»Hast du eine Idee, Fuchs?«, fragte Willow und lächelte das Tier liebevoll an. Wieder legte er den Kopf schief, als würde er ebenfalls darüber nachdenken müssen. »Nein, oder? Dachte ich mir. Wer braucht schon einen Zaun? Du bestimmt nicht.«
In diesem Moment hörte Willow ein leises Piepen. Sie ließ Hausaufgaben Hausaufgaben sein und folgte dem Geräusch.
Ein kleines Vogelbaby lag auf dem Boden und piepste um sein Leben. Willow kniete sich zu ihm. »Hey, kleiner Freund. Was machst du denn hier unten?«, sagte sie zu dem Vögelchen und ihr Blick wanderte den Baum hinauf, unter dem der Kleine lag.
»Bist wohl aus dem Nest gepurzelt, hm?« Willow nahm den Vogel behutsam in die Hand, setzte ihn in ihre Tasche und begann, den Baum hinaufzuklettern. Tatsächlich befand sich dort ein Nest, in dem noch zwei weitere Vogelbabys saßen.
»So, jetzt bist du in Sicherheit!«, flüsterte sie und legte das Küken, so vorsichtig sie konnte, zu seinen Geschwistern.
»Darf ich mich zu euch setzen?«, fragte sie leise. Die Vögelchen schienen sich durch das Mädchen keineswegs gestört zu fühlen. Deshalb setzte sich Willow auf den Ast neben das Nest. Von hier aus hatte sie einen wunderschönen Blick über den Wald. Sie baumelte mit den Beinen, atmete einmal tief ein und aus, schloss die Augen und ließ den Wald und all seine Bewohner einfach auf sich wirken.
Eine tiefe innere Ruhe durchströmte sie.
Und während Willow in ihrem Wald saß und zeichnete, klingelte es zu Hause bei den Flynns an der Tür. Adam Flynn sprang von seinem Laptop auf, fuhr sich fahrig durch die Haare und öffnete.
Ein Mann und eine Frau standen davor. Sie waren dunkel gekleidet, mit Sonnenbrillen auf der Nase. Auf der Straße vor dem Haus stand ein roter glänzender Sportwagen.
»Herzliches Beileid!«, riefen sie im Chor und sahen Adam Flynn bedauernd an. Beide legten den Kopf schief, doch Adam verstand nicht.
»Zu dem Tod Ihrer Verwandten, Alwina Flynn!«, erklärte die Frau.
»Schrecklich, einfach schrecklich, dass sie von uns gegangen ist«, fügte der Mann hinzu und schniefte.
»Und wer sind Sie?«, fragte Adam Flynn und sah verwirrt von einem zum anderen.
»Wir sind von der Immobilienfirma Geier und Geier. Wir haben Ihre Tante gut gekannt. Und den Wald …«, begann Herr Geier zu erklären. Er nieste. »’tschuldigung. Meine Allergie …«
»Wir lieben den Wald. Wir gehen ständig darin spazieren. Die Natur gibt einem so viel Energie!«, übernahm Frau Geier.
»Interessiert uns sehr!«, bestätigte ihr Mann noch einmal.
»Inwiefern interessiert?« Adam runzelte die Stirn.
»Wir würden Ihnen den Wald gern abkaufen. Wir hatten Alwina bereits ein Angebot gemacht. Sie war davon ganz angetan gewesen, aber bevor es dazu kommen konnte …« Frau Geier wurde durch das Niesen ihres Mannes unterbrochen.
Dieser setzte erneut einen betrübten Gesichtsausdruck auf. »Noch einmal unser herzlichstes Beileid«, wiederholte er.
Adam schüttelte nachdenklich den Kopf. »Vielen Dank, aber der Wald gehört meiner Tochter, wir verkaufen nicht!« Er wollte den Geiers die Visitenkarte zurückgeben, aber sie machten keine Anstalten, sie anzunehmen.
»Oh!«, hauchte Frau Geier und klang enttäuscht. »Überlegen Sie es sich doch noch einmal!«
»Sie müssen jetzt keine voreiligen Entscheidungen treffen!«, fügte Herr Geier hinzu und nieste erneut.
Dann verabschiedete sich das Paar und ging.
Adam Flynn drehte die Visitenkarte um und schluckte. Die Geiers hatten ihr Angebot für den Wald auf die Rückseite der Karte geschrieben: 100 000 Euro.
Als Willow weiter durch den Wald spazierte, ständig auf der Suche nach Motiven, die sie abzeichnen konnte, kam sie an einen Ort, den sie bisher noch gar nicht bemerkt hatte.
Verwundert schüttelte sie den Kopf. Sie dachte, jeden Winkel des Waldes in den letzten Tagen bereits durchstreift zu haben. Aber dieser Platz war ihr noch nicht aufgefallen, obwohl er – und das spürte Willow sofort – etwas ganz Besonderes zu sein schien. Riesige Steine, die wie alte Schildkröten aussahen, überzogen mit Moos und bewachsen mit Efeu lagen auf einer Anhöhe. Zwischen den Steinen hatte irgendwann wohl jemand mit Ästen einen Kreis gelegt, in dessen Mitte sich eine Feuerstelle befand. Genau in diesem Kreis stand ein Reh und blickte Willow mit seinen wunderschönen Augen interessiert entgegen. Vorsichtig ging sie auf das Tier zu, das scheinbar keine große Angst vor ihr hatte. Erst im letzten Moment, als Willow die Hand nach ihm ausstreckte, hüpfte es elegant über die am Boden liegenden Äste und verschwand im Dickicht.
Staunend blickte Willow sich weiter um. Und erst jetzt fiel ihr ein Klavier auf. Es sah aus, als würde es aus einem Stein herauswachsen. Es musste schon viele Jahre hier stehen, denn es war, genau wie die großen Steine, mit Moos bewachsen. Sogar ein paar Blumen spitzten aus den Ritzen heraus. Neugierig ging Willow darauf zu. Das Klavier hatte keinen Deckel mehr und die Tasten waren von einer dicken Pollenschicht überzogen.
»Na, du? Sind deine Tasten schon eingerostet? Lange nicht mehr musiziert, oder?« Sie drückte eine der Tasten herunter. Es war ein Tiefes C. Da spielte das Waldklavier ein hohes E. Willow erschrak. Hatte sie sich das nur eingebildet oder hatte ihr das Klavier wirklich geantwortet? Willow versuchte es noch einmal. Sie spielte zwei Töne und auch hier antwortete das Klavier. Sie lachte laut auf. Mit einem Klavier, das auch noch aus einem Stein zu wachsen schien, hatte sie sich bisher noch nie unterhalten. Schließlich legte Willow beide Hände auf die Tasten und begann zu spielen. Das Klavier ließ sich nicht lange bitten. Es spielte die Melodie zu Ende, die Willow begonnen hatte.
»Irgendwas geht hier vor sich!«, flüsterte Willow. Dann horchte sie auf. Sie vernahm ein seltsames Klingeln oder Klirren. Wie ein Windspiel. Sie stand auf und folgte den Klängen.
Schließlich wurde das Klingeln lauter und Willow schneller, bis sie unter einem Baum stand. Sie legte den Kopf in den Nacken.
An den Zweigen des Baumes hingen Schlüssel. Es mochten Hunderte sein, ja vielleicht sogar Tausende. Als würden sie dort wie Blüten oder Früchte wachsen.
Willow schloss die Augen und hörte der Schlüsselmusik noch eine Weile zu. Dann betrachtete sie die einzelnen Schlüssel genauer. Einer gefiel ihr besonders und sie hob die Hand, um ihn zu berühren. Da fiel er einfach vom Ast ab und landete in ihrer Handfläche. Der Schlüssel sah alt aus. Er war golden, verziert mit einem Fuchskopf und einem Kreis, in dessen Mitte ein W zu erkennen war. Willow riss die Augen auf. Sie fuhr mit dem Finger den Buchstaben nach.
Der Wald hatte etwas Magisches und es war, als würde er ein Geheimnis für sie, Willow, bereithalten.
Als Adam am nächsten Tag vom Einkaufen nach Hause kam, steckte ein Brief vom Finanzamt im Briefkasten. Er stellte die Einkaufstaschen in der Küche ab, öffnete ihn und überflog die Zeilen. Sein Puls beschleunigte sich. Er schluckte. Mit der Hand fuhr er sich durch die Haare, wie er es oft tat, wenn er verzweifelt war.
Er nahm sich vor, noch am selben Abend mit seiner Tochter darüber zu reden.
Der Tisch war schön gedeckt. Und wieder einmal waren die Bratkartoffeln verbrannt. Adam war einfach nicht der beste Koch, weil er immer so viele andere Dinge im Kopf hatte und alles immer schneller anbrannte, als man dachte. Mit betretener Miene stellte er die Kartoffeln auf den Tisch.
Willow schnupperte. »Pieps, es tut mir leid …«, begann Adam Flynn.
»Ist schon okay, Papa. Die einen sagen: Die Kartoffeln sind angebrannt. Ich sage, sie haben Röstaromen.« Sie kicherte.
Adam setzte sich und seufzte. »Das ist es nicht. Ich, also wir … wir haben Post vom Finanzamt bekommen. Wir müssen Erbschaftssteuer zahlen. Und zwar 16 000 Euro.«
Willow ließ die Gabel mit einer angebrannten Kartoffel sinken. »Oh!«, hauchte sie nur, denn etwas anderes fiel ihr nicht ein. Die Summe war für Willow so hoch, dass sie sie nicht wirklich begreifen konnte.
»Genau: Oh!«, sagte Adam Flynn und seufzte noch einmal. »Wir haben das Geld nicht. Und wenn wir nicht zahlen, dann kann es sein, dass hier bald ein Inkasso-Unternehmen auftaucht, und dann müssen wir denen alles geben. Sogar das Haus.«
Willow legte die Gabel auf den Teller, ihr war der Appetit vergangen, obwohl sie angebrannte Bratkartoffeln...