Braun Alexander / Braun Wenn Geld stirbt
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-641-10422-1
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Ursachen, die Folgen, die Überlebensregeln
E-Book, Deutsch, 208 Seiten
ISBN: 978-3-641-10422-1
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Finanzkrise ist in allen Köpfen präsent. Doch nur wenige haben das Szenario öffentlich zu Ende gedacht. Zusammenbruch der Eurozone oder Inflation – was bedeuten sie in letzter Konsequenz, wie sollen wir uns verhalten, wenn eines dieser noch weit entfernt wirkenden Schreckensbilder tatsächlich eintritt? „Wenn Geld stirbt“ präsentiert eine handfeste To-do-Liste: Wie handle ich als Verbraucher in diesem Fall? Wie sorge ich richtig vor? Wie investiere ich mein Geld am sichersten? Wer Michael Brauns Tipps nutzt, steht nicht plötzlich mit leeren Händen da.
Autoren/Hrsg.
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I. Die Vergänglichkeit des Geldes
»Dass die Menschheit von den Lektionen der Geschichte nicht besonders viel lernt, ist die wichtigste aller Lektionen, die die Geschichte uns lehren muss.«
– Aldous Huxley [1]
Alle Menschen sind sterblich, lautet ein Romantitel der französischen Schriftstellerin Simone de Beauvoir [2] – eine Aussage, der man in ihrer Absolutheit nicht widersprechen kann. Alle Währungen sind es leider auch, und das ist der großen Mehrheit von uns nur vage klar. Ein leises Echo der Zeitgeschichte ist, was die Vergänglichkeit des Geldes angeht, noch heute in Deutschland wahrzunehmen. Zum einen – vor allem unter Älteren – die Erinnerung an die Währungsreform des Jahres 1948, als Deutsche Mark auf Reichsmark folgte, zum anderen an das Krisenjahr 1923 mit seiner verheerenden Hyperinflation, das bis heute als traumatische Erfahrung im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft verankert ist. Das Sterben einer Währung ist 2012 allerdings mehr eine skurril-unappetitliche Erzählung aus Omas Mädchentagen als ein ernst zu nehmendes, ernsthaft zu erörtendes Risiko, das Wirklichkeit werden und katastrophale Folgen haben könnte.
Manchmal wiederholen sich Albträume jedoch. In diesem Buch lege ich die Gründe dar, warum die seit Sommer 2007 anhaltende und bislang nicht im Ansatz gelöste Finanz- und Schuldenkrise in weiten Teilen der Welt eine Ereigniskette mit sich bringen könnte, die sogenannte Papierwährungen wie Euro, Dollar, Pfund und Yen infrage stellt. Die Krise gefährdet damit die Ersparnisse und den Wohlstand von Millionen Menschen, auch in Deutschland. Für viele könnte sie sich als die größte materielle Katastrophe ihres Lebens erweisen.
Die meisten Bürger in der Bundesrepublik machen sich trotz der schlagzeilenträchtigen Dramatik der mehrjährigen Krisenphase bislang kaum Sorgen um ihr Geld und um ihr materielles Wohlergehen. Im Juli und August des Jahres 2012 bewerteten 57 Prozent der Deutschen ihre persönlichen finanziellen Lebensumstände als »gut« oder »sehr gut«. Dies sind weit mehr als beispielsweise in den Jahren 2005 und 2006, vor Ausbruch der Krise. Die Erwartungen für die nächsten zwei Jahre, also bis etwa Sommer 2014, waren zu diesem Zeitpunkt keineswegs verhalten-düster, sondern ähnlich optimistisch wie in den Vorjahren. [3] Nichts deutet in Umfragen darauf hin, dass ein mehr als marginaler Teil der deutschen Gesellschaft sich um einen Kollaps des Finanzsystems – oder auch »nur« des europäischen Währungsraums – ernsthaft sorgen würde. Dass sie Geld verlieren oder weltweit gehandelte und genutzte Währungen wertlos werden könnten, ist ein Gedanke, der für die meisten nicht im Bereich des Möglichen oder Vorstellbaren liegt.
Ein Buch, das den Titel Wenn Geld stirbt trägt, kommt ohne eine Klärung dieses Ausdrucks – des »Sterbens« von Geld – nicht aus. Geld erfüllt mehrere Funktionen. Zum einen ermöglicht es das Aufbewahren von Kaufkraft für einen späteren Zeitpunkt: Wer heute einen 50-Euro-Schein in die Schreibtischschublade legt, geht in der Regel davon aus, dass er auch in einigen Jahren damit noch etwas wird kaufen können, ohne dass die Banknote bis zu diesem Zeitpunkt einen allzu großen Teil ihrer Kaufkraft einbüßen wird. Zum zweiten sind Währungseinheiten ausgesprochen nützlich, um zu rechnen, zu bilanzieren und Preise aller Art zu vergleichen. Drittens dient Geld, wie jeder weiß, als Zahlungsmittel, da es den bequemen Handel mit Waren und Dienstleistungen ermöglicht. Währungen sind also Tauschmittel. Einige wie der US -Dollar, der Euro, der Schweizer Franken und Gold sind als globale Tauschmittel anerkannt und dank dieser Eigenschaft besonders praktisch.
Vertrauen ist gut – aber flüchtig
Diese drei Funktionen basieren auf dem Vertrauen, das die Benutzer des Geldes – Verbraucher, Unternehmen, Notenbanken, Regierungen, Staaten – Banknoten, Münzen, elektronisch gespeicherten Gutschriften (zum Beispiel auf Konten) und Kapitalanlagen entgegenbringen. Geld stirbt, wenn dieses Vertrauen verloren geht. Es dauert, bis ein solcher Vertrauensbruch eintritt; ist es aber einmal so weit, kann es, wie Beispiele aus der Wirtschaftsgeschichte zeigen, sehr schnell gehen.
Das Vertrauen, auf dem Geld und Weltwirtschaft basieren, ist kostbar und verletzlich, nicht anders als das Vertrauen von Freunden untereinander. Dies gilt insbesondere in einem Währungssystem wie dem unserigen, das auf Papiergeld setzt. Gemeint ist damit nicht der Umstand, dass viele Banknoten aus Papier bestehen oder, wenn nicht, zumindest papierartig wirken. [4] Der Begriff »Papiergeld« zielt vielmehr darauf, dass das heutige Währungssystem nicht mit Gold, anderem Edelmetall oder einem alternativen, mengenmäßig begrenzten Gut unterlegt und gedeckt ist. Papiergeld wird von Zentralbanken aus dem Nichts geschaffen, weswegen es mit dem lateinisch-englischen Begriff fiat money (wörtlich: »es werde Geld«) gut charakterisiert ist. Es drückt ein Versprechen von Notenbanken und Staaten aus, nicht mehr, nicht weniger. Das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen in dieses Versprechen ist entscheidend. Geht es verloren, wird Geld wertlos. Es stirbt.
Würde die europäische Gemeinschaftswährung in diesem Sinne »sterben«, wenn die Euro-Zone einige ihrer finanziell angeschlagenen Mitglieder verlieren würde? Keineswegs, jedenfalls nicht zwangsläufig. Der Rückbau des Währungsraums wäre ein folgenreiches und hässliches Ereignis, das die langfristige Glaubwürdigkeit des Euro infrage stellen würde. Von einer Existenzkrise der Währung könnte man indes nur dann sprechen, wenn das Vertrauen derjenigen, die den Euro benutzen, dauerhaft erschüttert wäre. Tatsächlich stellt sich zumindest die Frage, ob die Euro-Zone scheitern könnte, überhaupt nicht mehr: Sie ist längst gescheitert. Sämtliche Regeln, die das Funktionieren der europäischen Währungszone langfristig gewährleisten sollten und dies durchaus hätten können – insbesondere der Maastricht-Vertrag von 1992 und der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt einige Jahre später –, sind bei den ersten Schwierigkeiten aufgegeben und de facto (aber nicht de jure) für null und nichtig erklärt worden. Die Europäische Zentralbank, die in ihrem am Bundesbank-Modell ausgerichteten Entwurf unabhängig und ausschließlich der Preisstabilität in der Euro-Zone verpflichtet sein sollte, machte sich in der ersten Krise ihres Bestehens sogleich von Regierungen abhängig und gefährdet mit einer Politik, die in der Bundesbank-Ära unvorstellbar gewesen wäre, die innere Stabilität des Euro. Hunderte Millionen Menschen zahlen und wirtschaften dennoch weiter mit Euro und haben bislang keinen Grund gesehen, der Gemeinschaftswährung nicht mehr zu vertrauen.
Die strukturelle Zerbrechlichkeit des Währungsraums in Europa stellt ein beträchtliches Problem dar, wie insbesondere der zweite und dritte Teil dieses Buchs darzulegen versuchen. In seinen Auswirkungen viel schlimmer ist jedoch eine innere Aushöhlung des Euro, also die Gefahr, dass die Währung einen substanziellen Verlust ihrer Kaufkraft erleiden und von Inflation untergraben werden könnte. Dieses Risiko besteht infolge der Politik der großen Notenbanken keineswegs nur in den Mitgliedsländern der Euro-Zone, sondern auch in anderen Währungsräumen. Die Liste der in ihrer Substanz gefährdeten Währungen liest sich inzwischen wie ein Who’s who? der im 20. Jahrhundert dominierenden Wirtschaftsmächte und ihres jeweiligen Geldes. Neben den europäischen Staaten sind hier unter anderen die USA , Großbritannien und Japan zu nennen, deren Währungen heute Gefahr laufen, in absehbarer Zeit das Vertrauen der Nutzer und damit eine der im Alltag wichtigsten gesellschaftlichen Konventionen zu verlieren.
Zwischen dem Kollaps eines Währungsraums und der Aushöhlung der Währung selbst besteht oft ein Zusammenhang, aber keineswegs immer. In der jüngeren Geschichte gibt es eine Reihe von Beispielen für das Zerbrechen von Währungszonen, dem Währungsimplosionen folgten. So verzeichnete Jugoslawien im Zuge des Staatszerfalls zwei hyperinflationäre Phasen. Nach dem Ende der Sowjetunion erlebten zehn von 15 ehemaligen Sowjetrepubliken Hyperinflation. [5] Auf die Auflösung Österreich-Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg folgten Episoden massiver Geldentwertung in Österreich und Ungarn, die sich ungefähr zeitgleich mit der Hyperinflation in der Weimarer Republik abspielten. Zwangsläufig ist diese Korrelation allerdings nicht, wie die zum Jahreswechsel 1992/93 durchgeführte Teilung der Tschechoslowakei in die unabhängigen Staaten Tschechien und Slowakei beispielhaft zeigt. Die slowakische Krone wertete damals gegenüber der tschechischen...