Braun | Grace | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 448 Seiten

Reihe: Academy of Dream Analysis

Braun Grace

Academy of Dream Analysis | Die langersehnte Fortsetzung der düsteren Dark-Academia-Romantasy
2. Auflage 2024
ISBN: 978-3-95818-845-7
Verlag: Forever
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Academy of Dream Analysis | Die langersehnte Fortsetzung der düsteren Dark-Academia-Romantasy

E-Book, Deutsch, Band 2, 448 Seiten

Reihe: Academy of Dream Analysis

ISBN: 978-3-95818-845-7
Verlag: Forever
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wer träumt, sündigt. Wer nicht träumt, stirbt. Die Traumstudentin Nemesis von Winther versucht verzweifelt das Leben ihres einstigen Rivalen Mercury 'Mercy' Sterling zu retten. Denn Mercy hat eine tragische Entscheidung getroffen, die ihre aufflammende Liebe unter den Trümmern ihrer Träume begrub und ihn in den Schlund seines Unterbewusstseins verdammte. In den düsteren Hallen der Academy of Dream Analysis im hohen Norden Finnlands muss Nemesis an die Grenzen ihrer Fähigkeiten gehen, um für Mercy zu kämpfen. Doch auch ihre wahren Feinde schlafen nicht, und die Wahrheit über den Tod von Nemesis' Bruder öffnet die Tore zu ihren schlimmsten Albträumen ...

Ruby Braun, 1995 in Heilbronn geboren, lebt und schreibt in Köln. An der dortigen Universität studierte sie zunächst Deutsche Sprache und Literatur sowie Medienkulturwissenschaften, dann im Master Theorien und Praktiken professionellen Schreibens. Sie gibt auf Instagram und TikTok Einblicke in ihr Autorinnenleben unter @xrubybraun.
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1    
Nemesis


In meiner Vorstellung ist der Tod ein Meister der Masken und präsentiert sich mit unzähligen verschiedenen Gesichtern. Zum ersten Mal bewusst wahrgenommen habe ich ihn in der Gestalt eines kleinen rostrot gefiederten Vogels. Mein Bruder Neiro, meine Mutter und ich verließen das Freibad und betraten den Parkplatz, als ich das Tier auf dem Asphalt liegen sah. »Flieg los!«, rief ich, als ich mich näherte, doch der Vogel erhob sich nicht in die Lüfte, sondern blieb regungslos in der Augusthitze. »Er ist tot, Lucy. Natürlich kann er nicht mehr fliegen«, sagte Neiro, kniete sich neben mich und schob einen Stock unter den Vogel. Als er das Tier herumdrehte, erschrak ich angesichts der dicken Maden, die sich durch den Bauch fraßen. Das Gesicht des Todes vergaß ich nicht mehr.

Dann zeigte er jahrelang das Antlitz meines Bruders. Neun Jahre meines Lebens war Neiro tot, und dieser Umstand bestimmte mein Sein, trieb mich vor sich her, machte aus dem Mädchen Lucy, das ich einst war, Nemesis, seine Rächerin.

Und jetzt, jetzt trägt der Tod das Gesicht des Mannes, in den ich mich verliebt habe. Denn als ich die Lider öffne, halb im Arm des Schlafes, halb in Mercys, und ihn anschaue, denke ich: Er ist tot. Mercy ist tot.

Ich reibe mir die Augen, rücke von ihm ab und stütze mich auf den Ellbogen. Mercys Arm, der bis vor wenigen Sekunden um meine Schultern gelegen hatte, fällt schlaff auf das Laken. Noch immer ganz schummerig vom Schlaf blinzle ich in das diesig graue Licht und schlucke gegen den fahlen Geschmack in meinem Mund an. Als ich den Kopf drehe und mehr von meinem Zimmer erkennen kann, werden ich und meine Erinnerungen wacher.

Und plötzlich ergießt sich eine Erkenntnis wie ein Eimer Eiswasser über mich: Mein Bruder lebt. Ich habe es vor wenigen Stunden in den Erinnerungen der Direktorin Jupiter Sterling gesehen: .

»Mercy.« Vorsichtig rüttle ich an seiner Schulter, schlage die Bettdecke zurück und komme auf die Knie. Mit einem Mal schlägt mein Herz so schnell, als hätte ich einen Hundertmetersprint und keine Ruhepause hinter mir. Ich will zu Jupiter und mit ihr über das, was ich gesehen habe, sprechen. Sofort. »Hey.« Meine Finger graben sich tiefer in seinen Oberarm, und ich rüttle an ihm. »Wach auf.« Aber Mercy zeigt keinerlei Regung, sodass ich mich über ihn beuge, an beiden Schultern fasse und lauter sage: »Steh auf. Wir müssen zu deiner Tante.« Nichts. Sein Körper und Kopf bewegen sich unter meiner Berührung, doch seine Lider bleiben geschlossen. Angesichts seiner unnatürlichen Blässe verziehe ich irritiert das Gesicht. »Hallo?« Mit der flachen Hand schlage ich leicht gegen seine Wange. »Wach auf!«

Plötzlich habe ich das Gefühl, dass mein rasender Puls nicht mehr meinem Bruder, sondern Mercy gilt.

Habe ich nicht genau das in meinem benommenen, nicht zurechnungsfähigen Zustand zwischen Schlafen und Wachen gedacht?

Ich lasse von ihm ab und rutsche ans Ende des Himmelbetts. Die Eisenstäbe des Gestells drücken hart und kalt in meinen Rücken, während ich Herz, Atem und Verstand dazu zwinge, sich zu sortieren.

Was ist passiert?

Ich bin in meinem Bett im Zimmer der Akademie aufgewacht. In Mercys Arm. Mein Kopf lag nach wie vor auf seiner Brust, ein kleiner Sabberfleck auf seinem Hemd beweist meinen Tiefschlaf. In den ersten Sekunden habe ich verstörende Todesassoziationen gehabt, vermutlich ist das meine Art zu verarbeiten, dass mein Bruder lebt. Doch jetzt starre ich auf Mercy, der völlig bewegungslos vor mir liegt …

Mit einem Herzschlag, der wie Fausthiebe in meiner Brust schlägt, rutsche ich an ihn heran und versuche es noch einmal, greife nach seinem Oberarm und schüttle ihn.

»Mercy?«

Nichts.

Mit beiden Händen fasse ich nach seinen Schultern und rüttle. »Mercy? Wach auf.«

Nichts.

Schweiß sammelt sich in meinen Handflächen. Vorsichtig schiebe ich die Finger in seinen Nacken und hebe den Kopf an. Seine akkurat geschwungenen Lippen sind geradezu blutleer, seine Haut fahl, fast gräulich.

»Wenn das ein schlechter Scherz sein soll, dann öffne lieber jetzt die Augen als später«, sage ich, doch … nichts.

Ist er …?

Obwohl ich keine Bewegung hinter seinen Lidern wahrnehme, die auf die REM-Schlafphase hindeutet, dominiert schlagartig ein Gedanke in meinem Kopf: Mercy ist in einem seiner Albträume gefangen. Er kommt nicht raus. Er hat die Kontrolle verloren.

Ich liege wieder neben ihm, verschränke unsere Finger miteinander und presse mich eng an ihn.

»Keine Sorge«, flüstere ich mehr zu mir selbst als zu ihm. »Ich hol dich da raus.«

Binnen Sekunden bin ich in einem hypnagogen Zustand und renne die Treppe des Bewusstseins hinauf. Mit jeder Stufe verlasse ich die hypnoseähnliche Ebene und schlafe tiefer ein. Dabei konzentriere ich mich allein auf Mercy, doch das ist keine rationale Entscheidung, die ich treffen muss, es kostet mich keinen Funken Energie. Vielmehr ist alles in mir so von dem Wunsch getrieben, zu ihm zu gelangen, dass ich den Eingang zu seiner Traumwelt bereits sehe, als ich noch nicht einmal die letzte Stufe der Treppe erklommen habe.

Ich spüre den Wind an Haaren und Rock reißen und sehe den dunkelgrauen Schlund, der mich verschlucken will, doch ich gebe mich ihm nur allzu bereit hin. Als ich in den Strudel zu Mercys Träumen gelange, wird mein Puls in den anaeroben Bereich katapultiert, um in der nächsten Millisekunde schmerzhaft hinabzusacken. Mir wird die Sicht genommen, ich rieche den Gestank von verbrannter Erde, weiß jedoch, dass ich jeden Moment durch die wirbelnde Spirale hindurch sein muss.

Doch als ich es bin, traue ich meinen Augen nicht. Denn Mercys Traum ist … leer. Vollkommen leer. Ich stehe im schwarz-weißen Nichts, das merkwürdig flackert und surrt wie ein alter Fernseher, dessen Stecker gezogen wurde.

Mercy träumt … nicht?

Aber … aber …

Im nächsten Moment bin ich wach, schlage die Lider auf und blicke an die stuckverzierte Decke meines Akademiezimmers. Ich schmecke Panik, mein gesamter Mund füllt sich mit dem säuerlichen Geschmack. Als ich erneut auf den Knien bin, packe ich Mercy und schüttle ihn. »Verflucht!« Meine Stimme klingt spröde. »In welchem Zustand du dich auch immer befindest, WACH AUF!«

Mercys Kopf fällt zurück, seine Lider sind geschlossen. Ruckartig ziehe ich die Hände zurück, sodass sein Körper schlaff auf der Matratze liegt.

Verzweiflung mischt sich unter meine Panik. Ich verstehe nicht. Verstehe nicht, dass wir nebeneinander eingeschlafen sind und er jetzt nicht aufwacht. Was …? Ist er …?

Ich springe aus dem Bett, reiße die Zimmertür auf und renne den Gang hinab.

»Esra!« Meine Faust hämmert gegen das Holz. »Esra, bi…«

Als die Tür aufschwingt, falle ich beinahe über die Schwelle.

»Zur Mondgöttin«, flucht sie. »Was ist in dich gefahren?«

»Mercy … er …«, stammle ich nach Luft japsend, während ich in die Richtung meines Zimmers zeige. »Wir … Er …«

In ihrem floral bestickten Morgenmantel tritt Esra aus dem Raum und greift nach meinen Händen. »Beruhige dich. Du hyperventilierst gleich.«

»Mercy braucht Hilfe, ich weiß nicht …«

Sie verstärkt den Druck ihrer Hände und zieht mich näher zu sich. »Sieh mich an.«

Mein Blick springt von Esra den Gang hinab.

»Schau mich an, Nem.«

Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, komme ich ihrer Bitte nach. Sie runzelt die Stirn, vermutlich weil sie zu begreifen versucht, was gerade vor sich geht.

Hinter ihr tritt Victoria in den Türrahmen. Sie trägt nur ein T-Shirt, das ihr bis zu den Oberschenkeln reicht, und ihre gesamte Mimik verzieht sich argwöhnisch bei meinem Anblick. »Was ist denn mit dir los?«

Noch immer Esras Hände haltend, stottere ich: »Mercy … er … wacht nicht auf. Wir sind eingeschlafen, und dann bin ich wach geworden, aber er … er liegt in meinem Bett wie … wie …«

Mehr braucht es nicht, um Esra in Bewegung zu versetzen. Sie lässt mich los, holt ihren knallgelben Mantel aus dem Zimmer und sagt zu Victoria: »Bleib bei ihr. Ich hole Jupiter«, während sie bereits den Gang hinab zur Eingangstür des Studierendenhauses eilt.

Ich will ihr nachgehen, doch Victoria fasst nach meiner Schulter und hält mich zurück. »Du hast gehört, was sie gesagt hat. Zeig mir lieber dein Dornröschen, das anscheinend in einen tausendjährigen Schlaf gefallen ist.«

Mir ist nicht nach Lachen, sondern nach Kotzen zumute, so sehr, dass ich mich am liebsten vornüberbeugen und auf den polierten Boden spucken möchte. Doch ich presse nur die Finger in die Seiten und kehre mit Victoria zurück in mein Zimmer. Nachdem sie das Deckenlicht eingeschaltet und die Tür hinter uns geschlossen hat, tritt sie an das Himmelbett heran. Hellgelbes Licht umfließt Mercy; sein Hals liegt frei, sodass mich die Lettern seines Tattoos verspotten:



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