Breidenbach | Liebe ist tomatenrot | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Breidenbach Liebe ist tomatenrot

Roman – Das Buch zum Wegträumen in den Süden
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-641-23947-3
Verlag: Penguin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman – Das Buch zum Wegträumen in den Süden

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-641-23947-3
Verlag: Penguin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Sommer, Sonne und der Geschmack des Südens ...

Dolce Vita und Amore – warum nicht? Die 40-jährige Nelli fährt spontan mit ihrem Freund Luca für einen romantischen Kurzurlaub nach Italien. Dort verliebt sie sich sofort in das kleine sonnengeküsste Dorf, durch dessen Gassen der Duft der köstlichsten Tomatensoße zieht, die Nelli je gegessen hat. Auch wenn sie bezweifelt, dass Luca der Mann für den Rest ihres Lebens ist, freut sie sich auf ein paar ruhige Tage an diesem idyllischen Ort. Neugierig streift sie über die umliegenden Felder, wo die saftig glänzenden Tomaten unter azurblauem Himmel in der Sonne reifen. Doch als sie dabei dem attraktiven Halbitaliener Roberto begegnet, der sie in die Geheimnisse der Tomatenernte einweiht, stehen Nellis Gefühle noch mehr kopf …
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1


»Ich bin hin- und hergerissen. Ist das wirklich so eine gute Idee?« Nelli strich über den Stoff des alten Jeanskleides. Seit Ewigkeiten hatte sie es ganz hinten im Schrank gelagert und nicht mehr hervorgeholt. Sie war sich nicht einmal sicher, ob ihr das Teil noch passte.

»Quatsch, Mama, das ist die beste Idee ever! Du wirst vierzig! Willst du bloß am Montag mit deinen lahmen Kollegen feiern? Das wäre ja nichts Besonderes. Wenn von deinen Freundinnen heute niemand Zeit hat, kommst du mit uns! Los, zieh das an!«

Lauras Augen leuchteten, und allein deshalb schon hätte Nelli jedes Kleidungsstück anprobiert. Sie liebte die Begeisterungsfähigkeit ihrer Tochter, und deren ansteckende Fröhlichkeit fehlte ihr sehr, seit Laura vor ein paar Monaten ausgezogen war.

»Und für deine Freundinnen ist es auch in Ordnung, wenn ich euch Gesellschaft leiste?«, hakte Nelli nach, während sie in das alte Kleid schlüpfte. »Wird ihnen das nicht seltsam vorkommen, in Begleitung deiner Mutter in die Bar zu gehen?« Sie selbst hätte das damals garantiert gehasst.

»Aber du bist doch keine normale Mutter. Du bist jung und hip. Außerdem finden die anderen auch, dass du heute Abend auf keinen Fall allein zu Hause rumsitzen solltest!«

Lauras Worte schmeichelten ihr. Es mochte ja sein, dass die Eltern der anderen Studentinnen um fünf bis zehn Jahre älter waren. Dennoch gehörte Nelli derselben Generation an und fühlte sich von »Jung und Hip« meilenweit entfernt.

Als sie sich im Spiegel betrachtete, zog sie ungläubig die Augenbrauen hoch. »Vor zwanzig Jahren musste ich einen Gürtel tragen«, stellte sie lachend fest. Das Hemdblusenkleid lag nun figurbetont an. Am Busen spannte es sogar bedrohlich. »Ich sehe unmöglich aus!«

»Halt! Nicht so schnell«, stoppte Laura sie. »Mach oben doch einfach die Knöpfe auf. Das Ding kann ruhig einen größeren Ausschnitt vertragen. Wow, Mama! Das ist richtig sexy! Du siehst hammer aus!«

Skeptisch beäugte sich Nelli. Normalerweise war sie ja der lässig-bequeme Kleidungstyp. Sie ging durchaus gern einkaufen, kombinierte die Teile mit Bedacht und schminkte sich sorgfältig. Mode bereitete ihr Freude, und sie mochte es, gut auszusehen. Sie bevorzugte es fraglos auch weiblich. Aber die Geschmacksrichtung »sexy« war in ihrem Schrank eher weniger vertreten. Wahrscheinlich beruhte ihre diesbezügliche Zurückhaltung auf der Tatsache, dass sie mit einundzwanzig Mutter geworden war. Windelnwechseln und Breifüttern waren per se unsexy. Danach folgte die anstrengende Phase, in der sie tagsüber für Laura sorgte und nachts für die Uni lernte. Und schließlich landete sie im Spagat zwischen Mutterschaft und ihrem Beruf als Juristin. Insgesamt war dies nicht die Zeit für aufregende Wäsche und verführerische Klamotten. Auch in den letzten Jahren mit Lauras Vater, in denen ihre Tochter schon ein Teenager war, griff Nelli nicht tiefer in die mit weiten Ausschnitten und kurzen Rocksäumen gefüllte textile Trickkiste, denn dieser Abschnitt ihrer Beziehung war von kühler Freundlichkeit und Entfremdung gekennzeichnet.

Mit der Scheidung hatte sich bei Nelli zuerst eine ausgedehnte Ära der Jogginghosen eingestellt, die irgendwann in den Modus des zwanglosen, aber sorgfältig gepflegten Understatements überging. Genau das Richtige für eine Enddreißigerin, die sich selbst mochte, aber große Abenteuer auf unbestimmte Zeit verschoben hatte.

Jetzt bewegte sich Nelli vor dem Spiegel. »Wenn ich so mache«, sie streckte den Rücken durch, »hüpft der Busen fast raus. Nicht dass jemand von den jungen Leuten einen Schreck kriegt.«

Sie lachten.

»Hast du mal auf Instagram Bilder durchgeklickt?«, fragte Laura. »Heute laufen alle so rum. Ehrlich, dein Dekolleté ist total harmlos. Kein Hahn wird danach krähen. Das bisschen Brustansatz!«

Na, das ist ja … beruhigend.

Und es fasste ziemlich genau das zusammen, was Nelli in letzter Zeit unter anderem beschäftigte: Wo blieb die Aufregung? Die Lebenslust? Das Außergewöhnliche? Automatisch schielte sie nach der Spruchkarte, die sie unlängst gekauft und über ihr Bett gepinnt hatte. Die zehn schönsten Jahre einer Frau sind die zwischen 39 und 59, stand darauf. Warum fiel es ihr nur so verdammt schwer, das zu glauben?

Sie zog eine übertriebene Grimasse.

Laura fing an zu kichern.

»Ich muss verrückt sein!«, seufzte Nelli dann. »Was will ich einen Tag vor meinem vierzigsten Geburtstag in einem zwanzig Jahre alten Kleid mit meiner neunzehnjährigen Tochter in einer Bar?«

Laura lachte wieder. »Jetzt chill mal, Mama. Meine Güte, warum bist du deswegen bloß so neben der Spur? Wir gehen ein bisschen aus und haben Spaß. Du denkst doch sonst auch nicht groß über dein Alter nach.«

Ja genau. Null Thema für mich, das Ganze. Haha.

Tatsächlich kreisten Nellis Gedanken schon seit Wochen und Monaten um kaum etwas anderes. Leider kam nur selten Positives dabei heraus. Und zu einem sinnvollen Ergebnis, zum Beispiel, wie sie sich an der Schwelle zum neuen Jahrzehnt selbst definieren wollte, führten sie ebenfalls nicht.

»Ich hole uns jetzt mal einen Prosecco aus dem Kühlschrank, damit du ein bisschen runterkommst«, kündigte Laura an. »Und du suchst in der Zwischenzeit passenden Schmuck und Schuhe aus.«

Der Schwips, den Nelli schon hatte, als sie die Bar betraten, in der sie Lauras Studienfreundinnen trafen, fühlte sich an wie ein Klischee aus einem Film. Die Hauptfigur betrank sich, um ihren vierzigsten Geburtstag zu überstehen.

Himmel, es ist doch nur eine Zahl!

Sie war noch immer dieselbe Frau wie vor zwei, drei oder sogar fünf Jahren. Was sollte also diese innere Unausgeglichenheit, die sie sonst ja auch nicht von sich kannte?

Schluss jetzt! Wir lassen es heute krachen!

Die Mädchen behandelten sie absolut nicht wie eine Mutter. Wenn Nelli davon absah, dass sie von der Hälfte der Bands und TV-Serien, über die gesprochen wurde, nie zuvor gehört hatte, kam es ihr eigentlich fast normal vor, mit ihnen hier zu sitzen.

»Findest du Jon Snow auch so heiß?«, fragte Zoe sie.

»Ja, der ist süß«, antwortete Nelli und freute sich, dass sie zumindest bei Game of Thrones mitreden konnte. Davon hatte sie mit Laura etliche Folgen gesehen. Die Serie war für Nellis Geschmack viel zu brutal, aber offensichtlich standen die jungen Leute heutzutage auf so etwas.

»Und wer ist sonst so dein Typ?«, wollte Zoe weiter wissen, nahm die Orangenscheibe vom Rand ihres Cocktailglases und biss hinein.

»Mama steht auf Colin Firth«, gab Laura Auskunft, bevor Nelli überhaupt zum Überlegen kam.

»Oh. Der ist … ein guter Schauspieler«, erwiderte Zoe ohne Begeisterung. »Wo spielt der noch mal mit?« Man konnte ihr ansehen, dass sie ihn langweilig fand. Ein Jon Snow war er in ihren Augen definitiv nicht.

»Also, Moment mal! Der ist ja auch nicht mehr der Jüngste«, protestierte Nelli. »Aber in seinen alten Filmen sah er super aus. Kennt ihr ihn in Stolz und Vorurteil? Wie er mit nassem Hemd aus dem Teich steigt?«

Die Mädchen sahen sie mit blanken Gesichtern an.

»Na, egal. Ich mag große Männer mit breiten Schultern.«

»Ihr kann es nicht männlich genug sein«, erklärte Laura lachend.

Nelli schmunzelte, fragte sich aber insgeheim, ob ihrer Tochter schon einmal aufgefallen war, wie wenig der eigene Vater zu dieser Beschreibung passte. Auf keinen Fall wollte sie, dass Laura sie für oberflächlich hielt. Oder dass sie annahm, Äußerlichkeiten hätten zur Trennung ihrer Eltern geführt.

»Eigentlich ist es mir völlig egal, wie ein Mann aussieht, wenn er nur klug und humorvoll ist«, stellte Nelli daher schnell klar. »Hauptsache, ich kann mich gut mit ihm unterhalten.«

»Das sagt meine Mutter auch immer«, steuerte eine andere bei. »Aber das ist Bullshit. Der erste Eindruck bleibt der erste Eindruck. Und das ist nun mal das Äußere. Klug und humorvoll soll er natürlich außerdem sein.«

Und charmant und mitfühlend und zärtlich und tausend weitere gute Eigenschaften. Selbstverständlich!

Nelli lachte in sich hinein.

So wenig kompromissbereit dachte man mit zwanzig, wenn einem noch ein Riesenangebot an Single-Männern zur Verfügung stand. Aber wann war Nelli das letzte Mal einem sowohl attraktiven als auch intelligenten und umgänglichen Typen begegnet? Einem, der obendrein noch unverheiratet war? Obwohl ihre Scheidung nun schon fünf Jahre zurücklag, konnte sie sich nicht an einen Einzigen erinnern. Von den dreien, mit denen sie in allerletzter Zeit ausgegangen war, hatte einer nur über sein neues Cabriolet schwadroniert, der andere war ein notorischer Lügner gewesen, und der Dritte hatte eine unansehnliche, ledrige Raucherhaut gehabt.

Sie trank einen großen Schluck von ihrem Aperol Spritz. Alkohol war definitiv eine Alternative zum Nachdenken über Männer.

»Nein, ganz ehrlich, Nelli«, blieb Zoe hartnäckig. »Jetzt komm uns bloß nicht mit inneren Werten. Sieh dich doch mal um und sag uns, wen du heiß findest!«

Reicht nicht auch ein realistisches Lauwarm?

Um keine Spielverderberin zu sein, ließ Nelli ihren Blick wandern. Sie befanden sich in einer Bar in unmittelbarer Nachbarschaft zur Uni, und genau diesem Standort entsprach auch das durchschnittliche Alter der Besucher. Außer dem stark tätowierten, kahl rasierten Barkeeper im Netzshirt war kaum jemand über...


Breidenbach, Ursi
Ursi Breidenbach studierte Kunstgeschichte und Kulturmanagement in Wien. Nach Stationen im Ausstellungs- und Museumswesen in Österreich und Bayern sowie einer kunstjournalistischen Tätigkeit arbeitet sie seit 2009 als freie Autorin. 2023 wurde sie mit dem DELIA-Literaturpreis ausgezeichnet. Sie lebt in der Steiermark/Österreich. Neben ihren gefühlvollen Romanen schreibt Ursi Breidenbach erfolgreich Sachbücher. Zusammen mit Heike Abidi veröffentlichte sie den Bestseller »Eine wahre Freundin ist wie ein BH«. Zuletzt erschienen von den beiden Autorinnen »Geschwister sind wie Gummibärchen« und »Großeltern sind wie Eltern, nur mit Zuckerguss«.



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