Bürger / Hibbeln | Es gab nicht nur den Klostermann | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 22, 468 Seiten

Reihe: edition leutekirche sauerland

Bürger / Hibbeln Es gab nicht nur den Klostermann

Quellen und Berichte zur Wilderei in Westfalen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-2919-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Quellen und Berichte zur Wilderei in Westfalen

E-Book, Deutsch, Band 22, 468 Seiten

Reihe: edition leutekirche sauerland

ISBN: 978-3-7557-2919-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zum Abschluss einer sechsteiligen Buchreihe über das Wildern in westfälischen Landschaften zeigt diese umfangreiche historische Materialsammlung: "Es gab nicht nur den Klostermann!" Der berühmteste Wildschütz in Waldrevieren der heutigen Kreise Paderborn, Höxter, Hochsauerlandkreis und Waldeck-Frankenberg war schon zu Lebzeiten eine Heldengestalt. Doch ab Mitte des 19. Jahrhunderts betätigten sich weitaus mehr Bewohner der Region im illegalen Jagd-Metier. Die Förster betrachteten ganze Dörfer wie Willebadessen, Kleinenberg oder Oesdorf als "Wilddiebnester" und verlangten den Einsatz des Militärs. Waldkonflikte eskalierten zur Jagd auf Menschen und kosteten auf allen Seiten Menschenleben. Traurige Mordfälle und der Tod armer Schlucker taugen allerdings wenig zur Förderung von Heimatromantik. Notwendig sind vielmehr sozialgeschichtliche Forschungen. Hans-Dieter Hibbeln und Peter Bürger edieren im vorliegenden Band weithin unbekannte Archivquellen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die die zeitgenössischen Wilderer-Szenen im "Revier" des Hermann Klostermann betreffen. Zwei Originalbeiträge haben Horst Braukmann und Werner Neuhaus für das Buch verfasst. Weitere Abteilungen enthalten exemplarische Fallberichte, zeitgenössische "Programmtexte zum Krieg im Wald" sowie Nachträge mit neuen Funden für das Sauerland, waldeckische Orte und den Kreis Soest. Jenseits von Legendenkulten werden die Akten aufgeschlagen. edition leutekirche sauerland - Band 22

Bürger / Hibbeln Es gab nicht nur den Klostermann jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Einleitung Anlage und Abteilungen dieses Bandes
Peter Bürger
„Kleinenberg ist ein berüchtigtes Wilderernest, in dem bereits eine große Anzahl Gewehre vorhanden ist. Statt nun, wie es von hier aus früher schon beantragt worden ist, den Kleinenbergern durch Militär die Gewehre abnehmen zu lassen, werden solche jetzt sogar noch von Amts wegen verteilt, damit auch diejenigen Einwohner, die bisher nicht im Besitze von Gewehren waren, sich künftig bei den Wilddiebereien beteiligen können.“1 KLAGE AUS DER OBERFÖRSTEREI HARDEHAUSEN, 13. März 1920 Der vorliegende Dokumentationsband schließt einen Kreis von nunmehr sechs Büchern der ‚edition leutekirche sauerland‘ über historische Waldkonflikte in westfälischen Landschaften. Bei Forschungen zur regionalen Geschichte der Wilderei suchte ich vor einem Jahrzehnt das Gespräch mit Hans-Dieter Hibbeln, der dann auch während der Entstehung meiner Studie „Hermann Klostermann – Der populärste Wilddieb Westfalens und sein Fortleben in literarischen Mythen“2 Einblicke in seinen Materialfundus und schier unersetzliche Hilfen gewährt hat. Als Herausgeber-Duo, das sehr verschiedene Perspektiven verkörpert (‚der Polizeibeamte a.D. und der pazifistische Theologe‘), veröffentlichen wir jetzt gemeinsam diese umfangreiche Quellensammlung. Für die Schlussredaktion und alle von mir namentlich (bzw. mit Initial) gezeichneten Abschnitte trage ich allerdings allein die Verantwortung. Anteile von Hans-Dieter Hibbeln an der Bearbeitung der unterschiedlichen Abteilungen dieser Veröffentlichung sind im Inhaltsverzeichnis ausgewiesen. Die im ‚Privatarchiv Hibbeln‘ – in vielen Jahren, zum Teil auch aus Dialognetzwerken regionaler Forscher – zusammengetragenen Recherche-Ergebnisse bilden die bedeutsamste Grundlage der Akten-Edition in unserer Unternehmung. Für den Zeitraum von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkrieges werden allein bezogen auf das ehemalige ‚Wilderer-Revier‘ des Hermann Klostermann mehr als 150 amtliche Dokumente und Presseberichte dargeboten, was wir als ‚nützliche Dienstleistung‘ für künftige Forschungen verstanden wissen möchten. Ein Dank für Zuspruch, Hinweise, Unterstützung bei der Erschließung von Quellen, Bildgaben und die Erarbeitung von zwei Originalbeiträgen gebührt: Bodo Bischof, Horst Braukmann, Johannes Hibbeln (Kleinenberg), Michael Gosmann (Stadtarchiv Arnsberg), dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen – Abteilung Ostwestfalen-Lippe (Detmold), Werner Neuhaus, Helmut Ostmann, dem Sauerländer Heimatbund, Peter Schanz (Filmemacher), dem Stadtarchiv Bochum und H. St. (aus dem Kreis Soest). Gisbert Strotdrees wird es – hoffentlich mit Wohlwollen oder milder Nachsicht – bemerken, dass wir uns bei der Titelgebung durch ein Buch3 aus seiner Schreibwerkstatt inspirieren ließen. Zur Einführung in die gesamte Thematik eignen sich innerhalb der Reihe der Band „Krieg im Wald“4 sowie die einleitenden Texte zur Darstellung einzelner Kreisgebiete (Siegen-Wittgenstein5, Olpe6). Leserinnen und Leser, die sich bislang mit der Historie des illegalen Jagens noch nicht befasst haben, seien auf die entsprechenden Bände verwiesen. Bevor wir hier im ‚Vorwort‘ die einzelnen Abteilungen dieser Sammlung vorstellen, erscheint es hilfreich, vorab noch eine grundsätzliche Überlegung zur ‚Wilderer‘-Forschung anzustellen: Unser Buch vermittelt Einblicke in ein sozialgeschichtliches – und kriminalistisches – Kapitel der Geschichte Westfalens. Es kann allerdings nicht als Lektüre zur Festigung von schon vorhandenen ‚Heimatbildern‘ und Strategien der Orientierung in einer unübersichtlichen Welt empfohlen werden. Das liegt keineswegs nur daran, dass auch ‚Mord und Totschlag‘ eine Rolle spielen. Krimis sind für sehr viele Menschen ja geradezu ein Hauptfeld der unterhaltsamen Entspannung. Der „Tatort“ am Sonntagabend soll uns mitnichten die Nachtruhe rauben.7 Das ‚komödiantisch‘ gefärbte Sortiment – etwa aus Münster – kann uns sogar amüsieren. Am ‚Realismus‘ orientierte Drehbücher ermöglichen andererseits auf der Basis einer seit Menschengedenken erprobten Dramaturgie die Auflösung beklemmender Gefühle und Irritationen. Gewiss, es tun sich Abgründe auf. Doch wir müssen nicht wanken. Erfahrene Fahnder nehmen uns an die Hand, bringen Schritt für Schritt mehr Licht in die dunklen Geheimnisse – was uns Bewunderung abverlangt – und überführen am Ende den Täter. Die Welt ist wieder in Ordnung. Wir können die Buchdeckel unserer „Gute-Nacht-Lektüre“ zusammenklappen und uns getrost dem Schlummer überlassen. Eine widerborstige Regie folgt – meist unter Empörung des getreuen Publikums – anderen Fährten, indem sie sich der zugedachten Rolle eines Hofberichterstatters im Polizeipräsidium verweigert. Sie erschüttert unsere Gewissheiten hinsichtlich der Frage, wo die ‚Guten‘ und wo die ‚Bösen‘ stehen. Auf einmal ertappen wir uns dabei, wie wir ein vorgeführtes Ungeheuer als menschliches Wesen identifizieren und vielleicht lieben lernen.8 Auch die Hüter des Gesetzes, die wir für unbestechlich hielten, offenbaren sich nunmehr als zerbrechliche, blinde oder korrupte Akteure. Das schlimmste Vergehen von Krimiautor*innen besteht freilich darin, am Ende keine Auflösung anzubieten und unterschiedliche Sichtweisen nebeneinander gelten zu lassen, weil die Akten- bzw. Faktenlage eben nicht Klarheit verschafft. Wennigser Friedhof: Grabmal des königlichen Hofjägers Eduard Elten (1808-1835), der
bei der Fahndung nach Wilderern – das Gegenüber erschießend – selbst erschossen wurde:
„Hoffend auf himmlische Gerechtigkeit, übte er sterbend die irdische.“
(Aufnahme: Fitsche 2011; commons.wikimedia.org) Die überkommenen Heimatbücher folgen in der Regel der alterprobten Krimi-Dramaturgie und erzählen – mit dem Augenzwinkern der Wissenden – widerspruchsfreie Geschichten: „So – und nicht anders – ist es gewesen!“ Solches erscheint schon in der Kunst fragwürdig, ist in seriösen historischen Arbeiten aber ganz sicher unstatthaft. Eine verantwortliche Lokal- und Regionalforschung wird sich am unpopulären – verstörenden – Krimi-Format orientieren und unterschiedliche, auch einander widersprechende Sichtweisen vermitteln. Die Beschäftigung mit historischen Konflikten zwischen Wilderern und Vertretern der Forst- oder Polizeibehörden kann ein vorzügliches Lernfeld sein für diesen Paradigmenwechsel – nicht zuletzt auch eine Schule der Demut, in der uns unser Nichtwissen hinsichtlich des Innenlebens aller Beteiligten stets bewusst bleiben sollte. Deshalb ist es gut, dass diese thematische Reihe nicht mit einem Ergebnisband (Fazit) schließt, sondern durch weitere Materialerschließungen dazu ermutigt, allerorten in Westfalen alte Akten wieder aufzuschlagen. Wer sich oberflächlich mit unserem Thema befasst, kann ohne Magenschmerzen den Experten abgeben. Ein Erkennungszeichen von gründlicheren Erkundigungen ist hingegen die ‚sokratische Erkenntnis‘: Von den Alltäglichkeiten und Abgründen des Wilderns in mehreren Jahrhunderten wissen wir nicht viel. Exempel In der ersten Abteilung des Buches begegnen uns drei sehr unterschiedliche – ‚Exempel‘. Im Jahr 1837 schreibt der hannoverische Revierförster Fr. Müller einen Gedenkaufsatz (?I) über den Tod des königlichen Hofjägers Eduard Elten (1808-1835) und des Wilderers Friedrich Wilhelm Meyer (1801-1835). Hierin waltet – durchaus typisch – durchgehend die Perspektive der Försterseite: Der Hofjäger war ein junger Mann voller Tugend, der Wilderer ein schon früh verdorbener Taugenichts. (Auch weitere Motive ähneln sehr den viel späteren Klostermann-Erzählungen ab 1868; der Wert dieser Quelle als Geschichtsprotokoll darf bezweifelt werden.) Die Gedenkkultur gestaltete sich erwartungsgemäß: Schon im Jahr des Todes – 1835 – wurde im Wald ein Gedenkstein für den königlichen Forstmann aufgestellt. „Kameraden, Jagdgenossen und Freunde“ errichteten dem Erschossenen auch ein monumentales Grabmal. In den Aufschriften wird Eduard Elten als Märtyrer im Dienste einer göttlichen Gerechtigkeit dargestellt: „Hoffend auf himmlische Gerechtigkeit, übte er sterbend die irdische.“ – Wo die sterblichen Überreste des erschossenen Wilderers ruhen, wissen wir nicht. Der Hauptteil des vorliegenden Bandes (Schwerpunkt: ‚Klostermann-Zeit‘) bezieht sich auf Ereignisse nach Mitte des 19. Jahrhundert. Für unser Forschungsprojekt hat der Historiker Werner Neuhaus dankenswerter Weise im Landesarchiv NRW – Abteilung Ostwestfalen-Lippe (Detmold) Stichproben auch zu Aktensegmenten aus der Zeit vor 1848 gesichtet. Auf diese Weise ist seine...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.