Bulwer Lytton | Harold, der letzte Sachsenkönig | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 817 Seiten

Bulwer Lytton Harold, der letzte Sachsenkönig


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-8187-0954-9
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 817 Seiten

ISBN: 978-3-8187-0954-9
Verlag: epubli
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Kopierschutz: 0 - No protection



Ich widme Dir ein Werk, theuerster Freund, das fast ganz unter Deinem gastlichen Dache verfaßt wurde und wozu Deine an den für mich nöthigen Autoritäten so reiche Bibliothek die bedeutendsten Materialien lieferte. Der Gedanke, auf ein so wichtiges nationales Ereigniß, wie der normännische Einfall, einen historischen Roman zu gründen, hatte schon lange in mir geschlummert, und die Chroniken jener Zeit waren mir längst vertraut gewesen. Es liegt jedoch von jeher in meiner Gewohnheit, mich vielleicht Jahre lang mit Plan und Gegenstand eines Werkes herumzutragen, ehe ich meine Feder anrühre, indem ich mich, wie der alte Burton sagt, »otiosaque diligentia ut vitarem torporem feriandi«, mit dieser spielenden Arbeit beschäftige.

Edward Bulwer-Lytton, ( 25. Mai 1803 in London; 18. Januar 1873 in Torquay) war ein britischer Romanautor und Politiker des 19. Jahrhunderts.
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Zueignung

dem

höchst ehrenwerthen

E. T. d’Eyncourt, P. M.

Ich widme Dir ein Werk, theuerster Freund, das fast ganz unter Deinem gastlichen Dache verfaßt wurde und wozu Deine an den für mich nöthigen Autoritäten so reiche Bibliothek die bedeutendsten Materialien lieferte.

Der Gedanke, auf ein so wichtiges nationales Ereigniß, wie der normännische Einfall, einen historischen Roman zu gründen, hatte schon lange in mir geschlummert, und die Chroniken jener Zeit waren mir längst vertraut gewesen. Es liegt jedoch von jeher in meiner Gewohnheit, mich vielleicht Jahre lang mit Plan und Gegenstand eines Werkes herumzutragen, ehe ich meine Feder anrühre, indem ich mich, wie der alte Burton sagt, »otiosaque diligentia ut vitarem torporem feriandi«, mit dieser spielenden Arbeit beschäftige.

Der Hauptgrund, der mich längere Zeit von der Sache abhielt, lag darin, daß ich wußte wie die gewöhnlichen Laser mit den Charakteren, Ereignissen, und so zu sagen mit den eigentlichen Physiognomien einer Periode, welche ante Agamemnonem, d. h. vor das glänzende Zeitalter des herangereiften Ritterwesens fällt, das seine eigene Thaten, wie den glorreichen Wahnsinn der Kreuzzüge im Gedichte wie im Roman verewigte, meist gar nicht vertraut sind. Die normännische Eroberung war unser trojanischer Krieg — eine Epoche, über welche hinaus unsere Gelehrsamkeit nur selten die Fantasie sich versteigen läßt.

Wollte ich mich auf so ganz neuen Boden wagen, so blieb mir nur die Wahl zwischen zwei Dingen: entweder den Schein der Pedanterie auf mich zu laden, indem ich dem Leser Nachforschungen vor Augen führe, welche ihn zugleich mit dem Verfasser gerades Weges in die eigentlichen Memoiren jener Zeit einweihen, oder alle Ansprüche auf Genauigkeit gänzlich bei Seite zu werfen und mich damit zu begnügen, statt meine eigene Ansicht über die Verwendung der natürlichen Romantik aus der wirklichen Geschichte zu verfolgen, diese letztere in einen offenkundigen Roman zu verwandeln. Endlich entschloß ich mich, nicht ohne einige Ermuthigung von Deiner Seite, (wofür Dir Dein gebührender Antheil am Tadel werden möge!) den Versuch zu wagen und jene Behandlungsweise anzunehmen, welche zwar von Seite des Lesers größere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, dafür aber auch für seine Beurtheilung um so vollständiger erschien.

Das Zeitalter selbst zeigt sich bei gehöriger Würdigung überreich an jenen Elementen, welche das Interesse des Lesers erwecken und seine Einbildungskraft ansprechen sollten. Nicht mit Unrecht hat Sismondi gesagt, ›das eilfte Jahrhundert hat ein Recht, als ein großes Zeitalter betrachtet zu werden. Es war eine Periode schöpferischen Lebens und alles, was das Mittelalter an Edelsinn, Kraft und Heroismus erzeugte, hat in dieser Epoche seinen Anfang genommen‹1. Für uns Engländer insbesondere besteht neben dem engeren Interesse an jener Lust zu Abenteuern, Unternehmungen und Verbesserungen, wofür die normännische Ritterschaft das edelste Vorbild abgab, noch jene tiefere und rührendere Theilnahme an dem letzten Aufglimmen der alten sächsischen Monarchie, das sich in den traurigen Blättern unserer Chronisten vor unsern Augen eröffnet.

Ich habe in diesem Werke weniger eine Porträtirung bloser Sitten, welche den Geschichtsfreunden ohnehin durch die neueren Nachforschungen vertraut geworden, als eine Schilderung jener großen Charaktere versucht, die in der langen unsichern Erinnerung der Jahrhunderte so sorglos übergangen wurden; es war mir darum zu thun, die Beweggründe und die Politik der Theilnehmer an einem der merkwürdigsten europäischen Ereignisse deutlicher hervorzuheben und eine, wenn auch allgemeinere, so doch genauere Kenntniß jener Männer anzubahnen, welche in jenem Schattenreiche lebten und wirkten, das hinter der normännischen Eroberung begraben liegt.

»Spes hominum caecas, morbos, votumque, labores,

El passim toto volitantes aethere curas.«

(Hoffnungen, blinde — des Menschen, Krankheit, Gebete und Mühen

Und die beflügelten Sorgen, den ganzen Aether durchdringend.)

Auf diese Weise bin ich den leitenden historischen Ereignissen in der großen Tragödie unseres Königs Harold treu geblieben und habe — soweit die widersprechenden Zeugnisse es erlaubten — die Schilderung der Charaktere, wie die richtige chronologische Reihenfolge, ohne welche keine historische Philosophie, d. h. kein greifbares Band zwischen Ursache und Wirkung bestehen kann — so genau wie nur immer möglich eingehalten. Der erdichtete Theil meiner Erzählung beschränkt sich deßhalb, wie im »Rienzi« und »dem letzten der Barone« hauptsächlich auf das Privatleben mit all’ seinen Unfällen und Leidenschaften, von dem nur wenig bekannt ist, woran man also auch wenig fälschen kann, sofern man nur der menschlichen Natur überhaupt getreu bleibt. Die Liebesgeschichte zwischen Harold und Editha ist anders gegeben als die wohlbekannte Legende sie erzählt, welch’ letztere eine minder reine Verbindung voraussetzen läßt. Die ganze Legende über die Editha Pulchra, deren Name ohne weitere Bezeichnung als eben jenes Adjektiv, das ihre Schönheit andeutet, in dem großen Lehenbuche2 vorkommt, gründet sich jedoch, was ihre populäre Annahme betrifft, nur auf sehr schwache Autoritäten, und an einem Werke, das nicht allein zur Lektüre überhaupt bestimmt ist, sondern auch, wie ich hoffe, aus mancherlei Gründen der Jugend ohne Scheu anvertraut werden dürfte, werden die Gründe für meine Aenderungen, welche mit dem Geiste der Zeit im strengsten Einklange stehen und eine der hervortretendsten Eigenthümlichkeiten derselben beleuchten sollen — hinlänglich gerechtfertigt erscheinen.

Der öftere Gebrauch, den ich von den abergläubischen Ansichten jener Periode machte, bedarf vielleicht einer ausführlicheren Entschuldigung. Jener Aberglaube ist übrigens mit dem Zeitalter selbst dermaßen verwoben — er begegnet uns so vielfältig, sey es nun bei unsern eigenen Chronisten, oder in den Memoiren der verwandten Skandinavier — er ist mit den Gesetzen und dem ganzen Leben unserer sächsischen Vorväter so verwachsen, daß man dem Leser nur dann einen lebendigen Eindruck von dem Volke, welches unter ihm lebte, beibringen kann, wenn man ihn fast mit derselben Leichtgläubigkeit, mit welcher er ursprünglich aufgefaßt wurde, in der Erzählung anwendet. Nicht ohne Wahrheit hat ein italienischer Schriftsteller bemerkt: »wer ein unphilosophisches Zeitalter philosophisch beleuchten wollte, sollte sich erinnern, daß man, um mit Kindern vertraut zu werden, zuweilen in die Denk- und Gefühlsweise eines Kindes eingehen muß.«

Gleichwohl habe ich diese gespenstigen Helfershelfer nur sehr selten zu den gewöhnlichen poetischen Zwecken des Schreckens verwendet, und wenn sie gleichwohl jene Wirkung hervorbringen, so wird sie, wie ich fürchte, eher dazu dienen, die eigentlichen historischen Quellen unserer Theilnahme zu verstärken, als dem Werke selbst ein leitendes und populäres Charaktermerkmal mitzutheilen. Meine Absicht bei Einführung der dänischen Vala hat ebenso viel mit der Vernunft, wie mit der Fantasie zu schaffen, indem ich zeigte, welche weit verbreitete düstere Ueberbleibsel der alten Heidenwelt sich noch immer auf dem sächsischen Boden behaupteten, und gegen ihren schließlichen Stellvertreter — den mönchischen Aberglauben — ankämpften und kontrastirten. Hilda existirt nicht in der Geschichte; aber ohne die romantische Personifikation dessen, was Hilda darstellt, ließe sich die Geschichte jener Zeit nur unvollkommen verständlich machen.

In Harolds Charakter habe ich zwar die oberflächlichen Beweise seiner unterscheidenden noch jetzt unter uns erhaltenen Attribute sorgfältig erwogen und geprüft, und trotz einer nicht unnatürlichen Partheilichkeit seine Mängel — was nämlich ich dafür halte — und nicht minder den großen Irrthum seines Lebens nicht verhehlt: gleichwohl gieng mein Hauptbestreben dahin, das Ideal jenes ächt sächsischen Charakters in leichten Umrissen hervorzuheben, wie dasselbe schon damals mit seinen großen unentwickelten Vorzügen, mit seiner schon in jener frühen Zeit sich entfaltenden geduldigen Ausdauer, mit seiner Freiheits- und Gerechtigkeitsliebe, — dem männlichen Pflichtgefühle mehr als dem ritterlichen Sinne für Ehre und jenem unzerstörbaren Elemente praktischen Strebens und muthvollen Wollens, welches, standhaft in allen Gefahren und jeder Eroberung Trotz bietend, so ungeheuren Einfluß auf das Geschicke der Welt auszuüben bestimmt war — hervortrat.

Gegen den normännischen Herzog glaube ich so mild verfahren zu seyn, als es die Gerechtigkeit nur immer zuläßt, obwohl es ebenso unmöglich ist, seine Feinheit zu läugnen wie sein Genie ihm abzustreiten, und so weit der Zweck meines Werkes gestattete, hoffe ich, die großen Charakterzüge seiner Landsleute, welche weit ritterlicher waren als er selbst, richtig angegeben zu haben. Es war ein Unglück für jenen ausgezeichneten Menschenstamm, daß bei uns in England die anglonormännischen Könige als seine Repräsentanten galten, während doch der wilde intriguirende William, der eitle werthlose Rufus, der kaltblütige erbarmungslose Henry keine würdigen Typen für ihre weit edleren normännischen Vasallen abgeben können, von denen selbst der englische Chronist gesteht, daß sie »freundliche Herren« gewesen seyen, und denen die späteren Freiheiten Englands ihren Königen zum Trotz so Vieles zu verdanken...



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