E-Book, Deutsch, Band 1, 400 Seiten
Colins Nächster Halt: Thailand
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-95576-671-9
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
The Lonely Hearts Travel Club
E-Book, Deutsch, Band 1, 400 Seiten
Reihe: The Lonely Hearts Travel Club
ISBN: 978-3-95576-671-9
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Georgia Green hat zwar keinen Verlobten mehr, dafür aber einen triftigen Grund, um nun ihrem Fernweh nachzugeben. Nachdem ihre Hochzeit geplatzt ist, verkauft sie ihr Haus, kündigt ihren Job und schnallt sich zum ersten Mal im Leben einen Rucksack um. In Thailand findet sie allerdings statt der erhofften Erkenntnis zunächst nur Mehrbettzimmer, Ungeziefer und extrascharfes Essen - aber auch ein paar unwiderstehliche Reisebegleiter. Und vor allem lernt Georgia, auf wie vielen Wegen das Glück zu erreichen ist.
'Katy schreibt mit Humor und Herz. The Lonely Hearts Travel Club ist wie Bridget Jones auf Reisen.' Holly Martin
Katy Colins wurde vorm Altar stehengelassen und hat sich daraufhin entschlossen, ihr Leben zu ändern. Sie hat ihr Haus verkauft, ihren Job gekündigt und ist um die Welt gereist. Von ihren Erlebnissen erzählt sie auf ihrem Blog notwedordead.com, der eine sehr große Leserschaft gefunden hat. Georgia Green ist ihr Alter Ego.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Fernweh, das (Substantiv, Neutrum): starker Wunsch oder starkes Verlangen nach der Ferne, nach fremden Ländern und danach, die Welt zu erkunden.
Es war mein Hochzeitstag. Diesen Tag hatte ich mir schon seit ich ein kleines Mädchen war in meinen Träumen ausgemalt und nun die letzten zwölf Monate damit verbracht, ihn zu planen und zu organisieren. Es sollte eine rustikale englische Hochzeit auf dem Land werden, inklusive handgearbeiteten Wimpelgirlanden, die von den Balken eines ungeheuer teuren Gutshauses hängen sollten, und einem auf dem perfekt gemähten Rasen aufgestellten Partyzelt, das sich in der Brise aufbauschen würde. Ein Harfenist sollte ein einfaches, doch liebliches Stück zupfen, während wir in den großen Empfangsraum gleiten, in dem uns Familie und Freunde jubelnd und klatschend als Mr. und Mrs. Doherty begrüßen würden. Das war der Teil, vor dem ich am meisten Schiss hatte; all die Leute, die mich anstarren und eine strahlend glückliche Braut erwarten würden, obwohl ich in Wahrheit Höllenangst davor hatte, dass ich beim Schreiten auf den Hintern fallen und mich zum Affen machen würde. Wenn ich im Zentrum der Aufmerksamkeit stehe, wird mir immer flau im Magen, und ich fange an, wie wild zu schwitzen. Deshalb hatte ich diese Situationen auf ein Minimum reduziert, und genau genommen hätte ich ja nicht alleine im Zentrum der Aufmerksamkeit gestanden.
Eigentlich sollte ich schon in meinem cremeweißen, mit Spitze besetzten Kleid mit Schleppe stecken. Ich schaute auf die Uhr, und mir fiel auf, dass die Lieferung der handgebundenen Bouquets aus taubenblauen Vergissmeinnicht und süß duftenden Fresien vor zehn Minuten hätte da sein sollen. Eigentlich sollte ich gerade in dem weichen Sessel des teuren Friseurs versinken, während dieser meine schlappen Locken in ein Kunstwerk verwandelte.
Stattdessen saß ich auf einer ungemütlichen Sonnenliege aus Plastik und versuchte, die großen, dicken Tränen zu verbergen, die mir über die leicht sonnenverbrannten Wangen liefen, während meine beste Freundin Marie mir noch einen verdächtig wässrigen Sex on the Beach von der All-inclusive-Poolbar reichte.
In einer Stunde hätte ich meinen Verlobten Alex heiraten sollen, doch vor fünfzehn Tagen hatte sich alles geändert. Im Fernsehen war eine Wiederholung von Don’t Tell the Bride gelaufen, während ich die Sitzordnung mithilfe des 3-D-Modells, das mir Alex’ Schwägerin Francesca geliehen hatte, zum dritten Mal überprüfte. Sie war mit Kate Middleton zur Schule gegangen und hatte es geschafft, das in jedem Gespräch zu erwähnen, das wir je geführt haben. Alex hatte schon wieder eine Spätschicht eingelegt. Während ich auf ihn gewartet hatte, war ich so sehr in die Folge eingetaucht, in der ein Nichtsnutz von einem Bräutigam für seine kurvige Braut mit Größe 44 ein Kleid der Größe 36 ausgesucht hatte, dass es mir gar nicht auffiel, als Alex auf einmal in der Tür stand. Er kaute auf den Fingernägeln und lockerte sich die Krawatte.
„Wir müssen reden“, hatte er gesagt. Seine Stimme klang kühl und gepresst. Auf seiner Krawatte war ein Tintenfleck, wegen dem mir seine Mutter zweifellos Vorwürfe machen würde, weil ich nicht in der Lage war, ihn herauszubekommen. Über meine mangelnde Eignung zur Haushaltsgöttin hatte sie ihre Nase bereits unzählige Male gerümpft. Als letzter Single umgeben von geschniegelt-und-gestriegelten, verheirateten älteren Brüdern hatte sich Alex anfangs gewehrt, ebenfalls eine Freundin zu haben, die ihn bemuttert. Im Vergleich zu seinen perfekten Hausfrau-Schwägerinnen a là Martha Stewart war ich wie eine frische Brise gewesen. Nach fünf Jahren war dieser süße Duft zu Mief verkommen.
Kennengelernt hatten wir uns in einem zwielichtigen Nachtclub in Manchester, in den uns unsere jeweiligen besten Freunde in einer verregneten Samstagnacht geschleppt hatten. Über billigem Bier aus Halbliter-Plastikbechern kamen wir uns näher und quatschten zu den Klängen von The Smiths und den Kaiser Chiefs, als wären wir langjährige Freunde, die sich vor ewigen Zeiten aus den Augen verloren hatten. Währenddessen zogen unsere besten Kumpels miteinander ab. Nachdem wir auf dem Heimweg im Taxi unsere große Wertschätzung für arterienverstopfende überbackene Pommes miteinander geteilt und unsere gemeinsame Liebe für Aioli entdeckt hatten, wusste ich, aus uns würde etwas Besonderes werden.
Die Jahre gingen ins Land, und wir gingen nicht mehr oft aus, da das Vorankommen auf der Karriereleiter in den Vordergrund rückte. Jahrelang hatten wir in schimmelverseuchten Absteigen von windigen Vermietern gewohnt und dann genug zusammengespart, um unser eigenes Haus zu kaufen. Stolz hatte Alex das Angebot seiner Eltern abgelehnt, uns finanziell unter die Arme zu greifen, also konnten wir nicht wie der Rest seiner Familie Schulter an Schulter mit den Spielerfrauen in der Millionärsmeile wohnen. Doch er hatte den unkonventionellen Charme unseres Viertels genossen, auch wenn das bedeutete, dass die Wahrscheinlichkeit, unsere Nachbarn als Gäste in einer Nachmittagstalkshow zu sehen, ungleich höher war. Ich hatte es toll gefunden, wie fest er zu seinen Prinzipien stand, auch wenn wir hin und wieder ein wenig Hilfe hätten gebrauchen können.
Also war es vorprogrammiert, dass mich Alex in einer verregneten Juninacht fragte, ob ich ihn heiraten wollte. Okay, dann war es eben nicht der Antrag meiner Träume gewesen. Er war nicht einmal auf die Knie gesunken, sondern hatte mir einfach das Schmuckkästchen mit dem Ring über den Tisch geschoben, während wir uns beim Inder ein Essen teilten – jeder mit Blick auf sein iPhone. Zumindest hatte er mir das letzte Papadam überlassen, das war doch schon mal was, glaube ich. Diese Verlobungsgeschichte erzählten wir natürlich nicht unseren Bekannten. Nein, in der offiziellen Version hat er mich überraschend ausgeführt, mich mit Beweisen seiner unendlichen Liebe überschüttet und ein älteres Paar gebeten, ein Foto von uns zu schießen, ich vor Glück flennend und er vor Stolz platzend – eine Schande, dass sie die Kamera nicht richtig hatten bedienen können. So gab es keinen Beweis dafür. Aber das echte Leben ist eben auch kein Disneyfilm, nicht wahr?
Wie dem auch sei, da wir nun nicht nur das Haus abzahlen, sondern auch für eine Hochzeit sparen mussten, gingen wir noch weniger aus. Also ja, mag sein, dass unser Leben ein wenig langweilig geworden war. Routine gab den Ton an, und ich konnte das TV-Programm hoch und runter beten. Doch wir bauten uns eine gemeinsame Zukunft auf, und genau das wollten wir doch, oder?
Als ich in sein müdes Gesicht im Türrahmen blickte, erkannte ich ihn nicht wieder – den Mann, der vor Jahren mit federndem Schritt in den Keller-Club gekommen war und mich zum Tanzen aufgefordert hatte. Dann warf ich einen Blick auf mich selbst, sah den fleckigen und viel zu großen Pyjama, und das war auch nicht die junge Frau mit dem rosigen Gesicht, die Ja gesagt hatte.
„Es funktioniert einfach nicht … ich, ich kann dich nicht heiraten“, stammelte er, und seine schlanken Finger fummelten nervös an der befleckten Krawatte herum.
Er hatte eine andere kennengelernt, eine Frau aus dem Büro, und „Gefühle“ für sie entwickelt. Er hatte nicht gewollt, dass es so weit kommt, aber er hätte sich verändert, wir hätten uns verändert. Er musste es nicht laut aussprechen, aber seine Mutter hatte recht, ich war einfach keine Frau, die man heiratete. Genau wie die kurvige Braut im viel zu engen Kleid im Fernsehen bekam ich auf einmal keine Luft mehr. Noch in derselben Nacht hatte er seine Taschen gepackt und war verschwunden. Ich hatte schluchzend eine alte Flasche Pfirsichschnaps getrunken, wobei ich die Hälfte über Francescas Sitzplan verschüttete, mich zusammengerollt und konnte nicht glauben, dass die Welt um mich herum zusammenbrach.
„Na komm, lass alles raus.“ Marie strich mir über den von der Sonne erhitzten Rücken, während meine Tränen in das inzwischen warm gewordene Cocktailglas tropften. Sie hatte entschieden, dass wir uns für die Zeit, in der eigentlich der „große Tag“ stattfinden sollte, aus dem Staub machen mussten, und uns schnell eine einwöchige Last-minute-Reise in die Ägäis gebucht. Der Ort wurde als das St. Tropez der Türkei beworben. Dieser Ritterschlag war von jemandem erteilt worden, der offensichtlich noch nie in Südfrankreich gewesen war, denn das ehemals verschlafene türkische Fischerdorf war nun ein richtiger Partyort voller Kebab-Restaurants, Tätowierstudios und Bars mit Neonleuchtschildern. Wir trieben uns nicht wirklich in der Innenstadt rum. Die letzten Nächte hatten wir mit Kartenspielen auf dem Balkon verbracht und uns dabei ein oder zwei Flaschen billigen Weißwein reingeschüttet. Marie machte Alex runter, während ich ihn abwechselnd verfluchte und dann panisch schluchzend verkündete, dass ich nicht stark genug sei, um alleine zu sein.
„Danke. Es ist nur … Na ja, das war’s … vorbei.“ Ich wischte mir ein paar verschwitzte Haarsträhnen aus dem rot gefleckten Gesicht und sah Marie mit meinen verheulten Augen an. Sie zuckte zusammen, und das nicht nur wegen meines Anblicks, sondern weil ihr Plan, mein Elend mit Sonne, heißen Männern und einer All-inclusive-Bar zu vertreiben, nicht aufging.
Einen Moment lang hielt sie inne und rutschte mit ihrem kleinen Hintern auf dem harten Sitz hin und her. „Denk mal drüber nach, Georgia, du hast vollkommen recht.“ Sie zögerte kurz. „Das alles ist jetzt Vergangenheit, und es ist an der Zeit, sich um die Zukunft zu kümmern. Und da wir jetzt beide Single Ladies sind, kommen wir am besten durch...




