E-Book, Deutsch, 174 Seiten
Collatz / Gudat Lebensbalance finden
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8444-2847-6
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wege zu mehr Zufriedenheit in Beruf und Privatleben – ein Ratgeber
E-Book, Deutsch, 174 Seiten
ISBN: 978-3-8444-2847-6
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Annelen Collatz, geb. 1970. Ausbildung zur staatlich geprüften Gymnastiklehrerin. 1994-2000 Studium der Psychologie und Arbeitswissenschaften in Bochum. 1999-2001 Mitarbeiterin im Bereich Human Resources bei SodaStream Deutschland GmbH. 2001-2012 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum. 2006 Promotion. Seit 2000 freiberuflich als Coach, Eignungsdiagnostikerin und Trainerin tätig, seit 2012 selbstständige Tätigkeit als Coach und Trainerin.
Zielgruppe
Alle Personen, die nach Wegen zu einer passenden Work-Life-Balance suchen und mehr Lebenszufriedenheit erlangen möchten, Coaches, Trainer, Berater, Psychotherapeuten.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
|10|1 Work-Life-Balance als Weg der Anpassung und Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
1.1 Entwicklungsaufgaben in unterschiedlichen Lebensphasen
Betrachtet man das Leben als Entwicklungsprozess, der sich von der Geburt bis in das hohe Alter erstreckt, gibt es in den verschiedenen Phasen unterschiedliche Aufgaben, denen man sich stellen muss, um sich weiterzuentwickeln. Die für die Work-Life-Balance relevanten Aspekte beginnen in der Regel mit dem frühen Erwachsenenalter. Themen, die in den einzelnen Phasen besonders relevant sind, bestimmen die individuelle Entwicklung und umgekehrt. Die Phasen sind nicht klar voneinander abgrenzbar und es kann individuelle Verschiebungen in den angegebenen Altersbereichen geben. Daher dient die Unterteilung in Alterskategorien eher als Heuristik, die Ihnen helfen soll, Ihre relevanten Themen zu erkennen bzw. Gedankenanstöße zu bekommen. Die Altersangaben, die im Folgenden zum Umreißen der Altersgruppen angegeben werden, dienen als Orientierung.
Wir betrachten im Weiteren vier bedeutsame Altersbereiche:
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Berufseinsteiger – 18 bis 26 Jahre
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Mittleres Erwachsenenalter – 27 bis 43 Jahre
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Fortgeschrittenes Erwachsenenalter – 44 bis 60 Jahre
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Hohes Erwachsenenalter – 60 Jahre und mehr
1.1.1 Berufseinsteiger (18 bis 26 Jahre)
Nach dem Abschluss der schulischen Ausbildung schließt sich der Berufseinstieg an. Die Ausbildungsphase wird hinter sich gelassen, man wird erwachsen und übernimmt Verantwortung. Diejenigen, die eine Berufsausbildung machen, erfahren direkt, wie anders das Berufsleben (vgl. Kapitel 3) im Vergleich zur Schulzeit ist. Der Umstellungsprozess – egal, |11|ob Ausbildung oder Studium – stellt neue Anforderungen an die Person, wodurch man sich selbst noch einmal anders einzuschätzen lernt und sich auch neue Freiräume ergeben.
Die Ausbildungsphase kann im frühen oder mittleren Erwachsenenalter (27 bis 43 Jahre) liegen oder auch in beiden Phasen. Mittlerweile absolvieren viele Abiturienten erst eine Ausbildung und schließen dann ein Studium an. Das verlängert natürlich die Ausbildungsphase, birgt aber den Vorteil, dass man schon einen Beruf erlernt hat, falls das Studium sich doch nicht als die richtige Variante herausstellt. Etwa die Hälfte der 15-bis 24-Jährigen starten zunächst mit einem befristeten Arbeitsverhältnis, wobei die Wahrscheinlichkeit, einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu erhalten, mit zunehmendem Lebensalter steigt. So sind in der Gruppe der 25- bis 54-Jährigen nur noch 10 Prozent der Beschäftigten in befristeten Arbeitsverhältnissen tätig1.
Für diejenigen, die nach der Schule ein Studium absolviert haben, steht nach Abschluss des Studiums der Jobeinstieg an. Viele sind überrascht über die nochmalige Veränderung der Anforderungen und die dadurch resultierende Belastung.
Der erste Job geht auch mit einer gewissen Verantwortungsübernahme einher. Man muss sich bewähren und die Konsequenz der Qualität der Arbeit ist in der Regel weitreichender als in der Ausbildungs- und Studiumsphase. Gleichzeitig ergeben sich neue Freiheiten, wenn man eigenes Geld verdient.
Mit dem Jobeinstieg ändert sich häufig auch das soziale Umfeld (vgl. Kapitel 4). Manche ziehen weg und lernen durch das veränderte berufliche Umfeld neue Menschen kennen. Damit verändern sich Freundschaften, das Verhältnis zu den Eltern und Partnerschaften. Viele Paare lernen sich in dieser Phase kennen.
Im Durchschnitt wechseln Arbeitnehmer zwischen sechs- und achtmal den Job. Vermutlich erklärt sich dies zum Teil durch die vielfach befristeten Arbeitsverhältnisse. Häufige Umzüge sind eine logische Folge. Doch auch diejenigen, die nicht beruflich umziehen, sehen sich mit erhöhten |12|Mobilitätsanforderungen konfrontiert. So steigt die Anzahl der Tages- und Wochenendpendler – betroffen sind insbesondere jüngere Berufstätige und Hochschulabsolventen. Hier zeigt sich auch schon eine Schnittstelle zum privaten Lebensbereich. Parallel zum Anstieg der Pendler steigt nämlich auch der Prozentsatz der Fernbeziehungen, was wiederum Auswirkungen auf die Familiengründung hat.
In dieser Phase sind die Menschen im Vergleich sehr belastbar und physisch fit (vgl. Kapitel 5). Die neuen Herausforderungen werden physisch in der Regel gut kompensiert.
Bezüglich der Persönlichkeit (vgl. Kapitel 7) besteht in dieser Phase noch eine gewisse Flexibilität oder Formbarkeit. Man reflektiert sich durch das Aufsuchen verschiedener Situationen und versucht, sich selbst zu finden.
1.1.2 Mittleres Erwachsenenalter (27 bis 43 Jahre)
Im mittleren Erwachsenenalter gilt es, auf dem Vorhandenen aufzubauen. Dies betrifft im beruflichen Bereich (vgl. Kapitel 3) vor allem die Karriere. Für diejenigen, die beabsichtigen, beruflich aufzusteigen, haben die ersten 10 Jahre im Beruf eine besondere Bedeutung. Grob gesagt, sollte bis zu einem Alter von 35 Jahren der Grundstein in Richtung Karriere gelegt sein. Die Weichen hinsichtlich einer Führungslaufbahn, Projektlaufbahn oder Expertenlaufbahn stellen sich in dieser Zeit. Wer es in dieser Phase nicht schafft, sich zu positionieren, für den wird es schwerer. In Bezug auf den Karriereschritt der Übernahme einer Führungsaufgabe zeigt sich eine ungleiche Geschlechterverteilung. Während etwa 71 Prozent der Führungspositionen mit Männern besetzt sind, sind Frauen nur zu einem knappen Drittel vertreten. Dies hat sowohl mit den vorhandenen Rollenbildern als auch mit dem höheren Anteil teilzeittätiger Frauen zu tun. Die Frage nach einer Vollzeit- oder Teilzeittätigkeit ist dabei häufig an das Vorhandensein von Kindern (vgl. Kapitel 4) gekoppelt.
Inzwischen ist in Deutschland die durchschnittliche Erstgebärende knapp 30 Jahre alt. Gründe hierfür liegen zum einen in den längeren Ausbildungszeiten (so steigt der Anteil der höheren Bildungsabgänge kontinuierlich an), aber auch daran, dass mit der Familiengründung häufig erst |13|dann begonnen wird, wenn eine gewisse Stabilität erreicht wurde. Dies betrifft sowohl die ökonomische Stabilität, z. B. Vorhandensein eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, als auch die berufliche Sesshaftigkeit (geringere Mobilitätserfordernisse).
32 Prozent der Mütter mit Kindern unter drei Jahren sind berufstätig. Dieser Anteil steigt jedoch mit zunehmendem Alter der Kinder und der damit verbundenen Abnahme der Betreuungserfordernisse. So sind bspw. bereits 62 Prozent der Mütter mit Kindern im Kindergartenalter berufstätig und 73 Prozent der Mütter mit Kindern im Teenageralter. Väter arbeiten – unabhängig vom Alter der Kinder – zu ca. 82 Prozent in Vollzeit. Für Frauen erweisen sich somit Kinder oftmals als Karrierehindernis, da viele Frauen nach der Geburt der Kinder ihre Arbeit entweder aufgeben oder reduzieren. Studien zeigen jedoch, dass berufstätige Mütter häufig zufriedener sind als Mütter, die ihren Beruf aufgeben. Etwa 22 Prozent der Frauen zwischen 40 und 44 Jahren bleiben kinderlos.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Altersphase von 35 bis 44 Jahren sowohl karrieretechnisch bedeutsam als auch die familienintensivste Phase in Deutschland ist. Die Familiengründung hat dabei auch Auswirkungen auf die berufliche Mobilität. Statistiken zeigen, dass die Mobilität mit der Anzahl der vorhandenen Familienmitglieder sinkt. Während etwa 50 Prozent der Berufstätigen in Ein-Personen-Haushalten mobilitätsbereit sind, sinkt die Mobilitätsbereitschaft auf ca. 29 Prozent bei Vier-Personen-Haushalten.
Vorgelagert bis parallel zur Familiengründung besteht eine Entwicklungsaufgabe des mittleren Erwachsenenalters darin, eine feste Bindung einzugehen und den Fokus weg von der alleinigen Betrachtung von sich selbst, hin zur Einbeziehung der Interessen anderer zu legen. Insofern überrascht es nicht, dass viele in dieser Lebensphase heiraten. Das durchschnittliche Heiratsalter liegt bei Frauen bei 30 Jahren und bei Männern bei 33 Jahren. Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass etwa ein Drittel (ca. 35 Prozent) der Ehepartner sich bereits im ersten Ehejahr wieder trennen. Ist dieses überstanden, folgt die nächste kritische Phase im sechsten Ehejahr.
Hat man die Kinderfrage, die sich besonders bei Frauen in der Phase stellt, positiv beantwortet und gründet eine Familie, verändert sich das Leben grundsätzlich. Die Partnerschaft bekommt eine zusätzliche...




