Cooper | Der Kettenträger | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 767 Seiten

Cooper Der Kettenträger

Aus den Chroniken der Familie Littlepage
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7528-7876-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Aus den Chroniken der Familie Littlepage

E-Book, Deutsch, 767 Seiten

ISBN: 978-3-7528-7876-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dringen die europäischen Siedler in den USA rasch weiter Richtung Westen vor. Bei der Landnahme entstehen unweigerlich Konflikte um Besitzgrenzen, Vermessungsmethoden, und das Recht des Erstankömmlings. Vor allem aber kommt es zu Auseinandersetzungen mit den indianischen Ureinwohnern des Landes, die rücksichtslos verdrängt oder mit betrügerischen Tauschgeschäften um ihre Lebensgrundlage gebracht werden. James Fenimore Cooper zeichnet diese wichtige Phase der amerikanischen Geschichte in »Der Kettenträger« anhand der Familienchronik der Familie Littlepage nach. Eine zentrale Rolle bei der Expansion der Zivilisation nach Westen hat der sogenannte »Kettenträger« (engl.: Chainbearer) inne, der Landvermesser, der kettenähnliche Vermessungsinstrumente bei sich trägt. Da der reale Besitz einer Familie von den Ergebnissen der Landvermessung abhängt, werden die Vermesser bisweilen zum Ziel von Korruptionsversuchen. Das staatliche Gegenmittel, die Landvermesser unter Eid zu stellen, erweist sich als weitgehend unwirksam. James Fenimore Cooper schuf mit dem Roman »Der Kettenträger« 1845 eine Mischung aus historischem Roman, Wildwest-Erzählung, und Familiensaga.

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Erstes Kapitel.


Das feste Hirn, der Glieder Mark,
Zum Springen, Klettern, Schwimmen stark;
Der ehrne Leib, gewohnt zu tragen
Sturm, Regen, Hagel ohne Klagen;
Gestählt, um mannhaft zu bestehn
Frost, Müdigkeit, des Hungers Wehn.

Rokeby.

Mein Vater war Cornelius Littlepage aus Satanstoe, in der Grafschaft West-Chester, im Staate New-York, und meine Mutter Anneke Mordaunt, von Lilaksbush, ein Ort, der längst unter diesem Namen bekannt ist, und noch besteht in der Nähe von Kingsbridge, aber auf der Insel Manhattan, mithin in einem der Reviere von New-York, obwohl volle elf Meilen von der Stadt entfernt. Ich will annehmen, daß meine Leser den Unterschied zwischen der Insel von Manhattan und Manhattan-Island kennen, obgleich ich schon angebliche Manhattanesen von reifen Jahren, aber auswärts geboren, gefunden habe, welchen man ihn erst erklären mußte. Lilaksbush, ich wiederhole es hiemit, lag auf der Insel von Manhattan, elf Meilen weit von der Stadt, obwohl im Weichbild von New-York, und nicht auf Manhattan-Island.

Von meinen Vorfahren weiter zurück halte ich nicht für nöthig, viel zu sagen. Sie waren theils von englischer, theils von niederländischer Abkunft, wie es sehr häufig der Fall ist bei denen, welche von New-Yorker Familien von einigem Ansehen und Geltung in der Colonie abstammen. Ich habe noch eine ziemlich deutliche Erinnerung von meinen beiden Großvätern und von meiner einen Großmutter; meine Großmutter von mütterlicher Seite war lang vor der Vermählung meiner Eltern gestorben.

Von meinem Großvater mütterlicher Seits jedoch weiß ich sehr wenig, denn er starb, als ich noch ganz jung war und ich ihn nur wenig gesehen hatte. Er bezahlte die große Schuld der Natur in England, wohin er gereist war, einen Verwandten zu besuchen, einen Sir Souso Bulstrode, der selbst in den Colonieen gewesen war und in großen Gunsten bei Herman Mordaunt stund, wie man meiner Mutter Vater allgemein in New-York nannte. Mein Vater sagte oft, es sey vielleicht in einer Hinsicht ein Glück gewesen, daß sein Schwiegervater so bald gestorben sey, da er nicht zweifle, er würde sich gewiß bei dem Streit, der so bald nachher ausbrach, auf die Seite der Krone geschlagen haben, in welchem Falle vermuthlich seine Besitzungen oder diejenigen, die dann meiner Mutter zufielen und jetzt die meinigen sind, das Schicksal der Güter der de Lancey's, der Philipses, eines Theils der Van Cortlandts, der Floyds, der Joneses und einiger anderer gewichtigen Familien getheilt haben, welche loyal blieben, wie man es nannte; worunter man die Loyalität gegen einen Fürsten, und nicht die Loyalität gegen das Land ihrer Geburt verstand. Es ist schwer zu sagen, wer bei diesem Streite Recht hatte, wenn wir die Ansichten und Vorurtheile der Zeiten ins Auge fassen, obgleich die Littlepage's alle, das heißt aber nur: mein Vater, mein Großvater und ich, auf die Seite des Landes traten. Was die Rücksicht auf das eigene Interesse jedoch betrifft, muß bemerkt werden, daß die reichen Amerikaner, welche sich gegen die Krone erklärten, bei weitem am meisten Uneigennützigkeit an den Tag legten, insofern die Wahrscheinlichkeit, bezwungen und wieder unterworfen zu werden, eine lange Zeit hindurch sehr stark war, und im Fall eines unglücklichen Ausgangs Confiskation des Vermögens, um nicht zu sagen der Galgen, in ziemlich sicherer Aussicht stand. Aber mein Großvater väterlicher Seits war, was man ein Whig von hoher Kaste nannte. Er wurde im Jahr 1776 zum Brigadier bei der Miliz ernannt und leistete wirkliche Felddienste in dem großen Feldzuge des folgenden Jahres, in welchem Burgoyne gefangen wurde, so wie auch mein Vater, welcher als Oberstlieutenant bei den Linientruppen von New-York stand. In demselben Regiment mit meinem Vater war auch ein Major Dirck Van Valkenburgh, oder Follock, wie er gewöhnlich genannt wurde, ein geschworener Freund von jenem. Dieser Major Follock war ein alter Junggesell, und er brachte ebenso viele Zeit in meines Vaters Hause als in seinem eigenen zu: denn sein eigentlicher Wohnsitz war über dem Fluß drüben, auf Rockland. Ebenso wie mein Vater hatte meine Mutter eine Freundin in der Person der Miß Mary Wallace, einer unvermählten Lady, welche beim Anfang der Revolution wohl die Dreißiger Jahre überschritten hatte. Miß Wallace lebte in ganz bequemen Vermögensumständen; aber sie wohnte ganz in Lilaksbush und hatte gar keine andere Heimath, außer etwa in unserem Hause in der Stadt.

Wir waren sehr stolz auf den Brigadier, sowohl wegen seines Rangs, als wegen der von ihm geleisteten Dienste. Er kommandirte wirklich einen Kriegszug gegen die Indianer während der Revolution – eine Art des Krieges, worin er einige Erfahrung hatte, da er schon bei mehreren Gelegenheiten vor dem großen Unabhängigkeitskampfe solche Züge mitgemacht hatte. Bei einem dieser früheren Züge des letzteren Kriegs zeichnete er sich zuerst aus. Er stand damals unter dem Befehle eines Obersts, Brom Follock, des Vaters des Majors Dirck, des gleichen Namens, der beinahe ein ebenso vertrauter Freund von meinem Großvater, als sein Sohn von meinem Vater war. Dieser Oberst Brom war ein Freund von Zechgelagen, und ich habe erzählen hören, daß, wie er zu den Niederländern am Mohawk kam, er eine Woche lang mit wenig oder gar keiner Unterbrechung fortzechte, unter Umständen, wo ihm als Militär große Nachläßigkeit zur Last fiel. Die Folge war, daß eine Partei Indianer von Canada einen Ueberfall auf sein Commando ausführten und der alte Oberst, der so kühn war wie ein Löwe, und so betrunken wie ein Lord – obwohl ich nie habe errathen können, warum man annimmt, daß die Lords eine besondere Neigung zum Trinken haben – eines Morgens früh erschossen und skalpirt wurde, als er eben von einer nahen Schenke in sein Quartier in der »Garnison« zurückkehrte, wo er seinen Posten hatte. Mein Großvater rächte seinen Tod heldenmüthig, zerstreute die Angreifenden nach allen vier Winden, und gewann den verstümmelten Leichnam seines Freundes wieder; der Skalp aber blieb unwiederbringlich verloren.

General Littlepage überlebte den Krieg nicht, obgleich ihm nicht das Glück zu Theil war, im Felde zu fallen und so seinen Namen mit der Geschichte seines Vaterlandes unauflöslich zu verweben. Es geschieht in allen Kriegen und ganz besonders geschah es oft in unserem großen Nationalkampf, daß mehr Soldaten ihr Leben in den Spitälern aufgaben, als auf dem Schlachtfelde, obgleich das Verspritzen seines Blutes ein unerläßliches Erforderniß zum Ruhme dieser Art zu seyn scheint, indem eine undankbare Nachwelt sich wenig um die Tausende kümmert, welche in eine andere Welt hinüberziehen, als Opfer von Strapatzen und Lagerkrankheiten, um das Lob der Hunderte zu singen, welche im Lärm und Getöse der Schlacht getödtet werden. Und doch dürfte die Frage seyn, ob nicht mehr wahrer Muth dazu gehört, dem Tod ins Auge zu schauen, wenn er in der unsichtbaren Gestalt einer Krankheit sich naht, als ihm entgegenzutreten, wenn er in sichtbarer Rüstung in der Schaar der Bewaffneten daherrückt. Meines Großvaters Benehmen, daß er im Lager blieb unter Hunderten, welche die Blattern hatten – die ekelhafte Krankheit, an welcher er starb – wurde zwar gelegentlich erwähnt, aber nie in der Art, wie der Tod eines Offiziers von seinem Range würde gepriesen worden seyn, wäre er in der Schlacht gefallen. Ich bemerkte, daß Major Follock einen ehrenhaften Stolz auf den Tod seines Vaters empfand, welcher vom Feind getödtet und skalpirt worden war, wie er von einem trunkenen Zechgelage heimkehrte, während mein würdiger Vater von dem Tode des Brigadiers immer als von einem Ereignisse sprach, das eher zu beklagen sey, als daß man sich dessen freudig rühmen dürfte. Ich für meine Person glaube, daß der Tod meines Großvaters bei weitem rühmlicher war, als der des Obersts; aber so wird er nie von der Geschichte noch vom Land angesehen werden. Was die Geschichtschreiber betrifft, so erfordert es einen ganz ausnehmend ehrlichen Mann, um gegen ein Vorurtheil zu schreiben: und es ist so viel leichter, eine That zu feiern und zu verherrlichen, so wie man sie sich einbildet, als wie sie wirklich vorgefallen ist, daß ich zweifle, ob wir das Wahre auch nur vom zehnten Theil der Heldenthaten wissen, von welchen wir schwärmen und aus welche wir glauben stolz seyn zu dürfen. Nun! man lehrt uns, die Zeit werde kommen, wo alle Dinge in ihrer wahren Gestalt werden geschaut, und Menschen und Handlungen werden erkannt werden, wie sie wirklich waren, nicht wie sie in den Blättern der Geschichte geschildert sind.

Ich selbst war zu jung, um an dem Revolutionskrieg vielen Antheil nehmen zu können, obgleich der Zufall wollte, daß ich Augenzeuge ward von einigen der wichtigsten Ereignisse desselben, und zwar in dem zarten Alter von fünfzehn Jahren. Mit zwölf Jahren – der amerikanische Verstand war immer und ist noch jetzt ausnehmend frühreif – ward ich nach Nassau-Hall in Princeton geschickt, um dort meine Bildung zu empfangen, und ich blieb dort bis ich endlich einen Grad erwarb, obgleich meine Studien verschiedene lange und herbe Unterbrechungen und Störungen erlitten. Obgleich so frühe schon ins Collegium geschickt, wurde ich doch erst mit neunzehn Jahren wirklich graduirt, da die stürmischen Zeiten einen beinahe doppelt so langen Knechtsdienst erforderten, um einen Baccalaureus artium aus mir zu machen, als in den wohlthätigeren, freundlichen Tagen des Friedens nöthig gewesen seyn würde. So machte ich ein Stück eines Feldzugs mit, wie ich erst Sophomor, und wieder einen im ersten Jahre, wo ich Junior war. Ich sage im ersten Jahr, weil ich zwei Jahre in jeder der höheren Classen des Instituts bleiben mußte, um die verlorene Zeit hereinzubringen. Ein...



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