Cooper | Der rote Freibeuter | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 623 Seiten

Cooper Der rote Freibeuter


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8496-4351-5
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 623 Seiten

ISBN: 978-3-8496-4351-5
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nicht nur seine Romane aus dem Wilden Westen machten Cooper bekannt, er verfasste auch eine Reihe von Abenteuer- und speziell Piratenromanen. In diesem Band geht es um den Roten Freibeuter, der mit seinem Geisterschiff für Angst auf den Meeren sorgt und von dem keiner weiß, wer er eigentlich ist. Als Harry Wilder, der ihn eigentlich zur Strecke bringen will, bei ihm anheuert lernt er ihn auf andere Art kennen, als er es erwartet hätte ...

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Drittes Kapitel.



Sobald sich der grüne Fremde vom leichtgläubigen Schneider getrennt hatte, verlor er sein angenommenes Wesen, und gewann ein natürlicheres und gesetzteres. Doch schien es bald, als sei auch dieses eine zweite Maske, wenigstens ein ungewohntes, lästiges Joch, das er abzuschütteln suchte, denn nach einer Minute klopfte er schon wieder mit der Reitgerte gegen den Stiefel und trat in die Hauptstraße des Orts mit leichtem Gange und umherschweifenden Blicken ein. Seinem Schnellblick, so sehr er von einem Gegenstande auf den andern übersprang, entgingen wenige der Vorübergehenden; und selbst die Eile, womit er um sich schaute und alles zu umfassen schien, ließ erkennen, daß sein Geist ebenso tätig und regsam war als sein Auge. Ein Fremder in diesem Aufzuge, und dem man es auf den ersten Blick ansehen mußte, daß er ein Fremder war, konnte der Aufmerksamkeit der wachsamen Gastwirte unmöglich entgehen. Allein er entzog sich den Scharrfüßen und Höflichkeiten der beiden Vornehmsten, und ließ sich – seltsam genug! – vom dritten in sein Haus komplimentieren, das die gewöhnliche Herberge des Hafengesindels war.

Als er in die Gaststube dieser Taverne eintrat (denn sie führte diesen edleren Namen, obschon sie im Mutterlande kaum auf den einer Bierschenke hätte Anspruch machen dürfen), fand er das Zimmer mit den gewöhnlichen Trinkkunden vollgepfropft. Das Erscheinen eines Gastes, der sich an Gestalt und Kleidung über die Klasse der täglichen Besucher des Hauses erhob, brachte eine augenblickliche Unterbrechung hervor; doch hörte die Pause bald auf, als sich der Neueingetretene auf eine Bank geworfen und den Wirt mit seinen Wünschen und Bedürfnissen bekannt gemacht hatte. Dieser holte das Verlangte, setzte es dem Fremden vor, und machte ihm, und zugleich denen, die ihm zunächst saßen, eine Art von Entschuldigung, daß ein Mann, am andern äußersten Ende des langen, schmalen Tisches, nicht allein das Monopol der Rede, sondern auch die Aufmerksamkeit aller Gäste durch das Versprechen an sich gerissen, ihnen etwas ganz Ungeheures erzählen zu wollen.

Der würdige Zögling und Aufwärter des Bacchus setzte hinzu, sich besonders an den Grünen wendend: »Squire, der Mann dort im Winkel ist der Bootsmann des Sklavenschiffes im äußern Hafen, ein Mann, der sich den Seewind manches Jahr um die Nase wehen ließ, und soviel Gefechte und Wunder erlebt hat, daß er einen dicken Quartanten damit anfüllen könnte. Man nennt ihn hier nur den alten Boreas; sein wahrer Name ist aber Jack Nightingale Nachtigall ... Ist der Toddy Eine Art Punsch oder Mischung von geistigen Getränken mit Wasser. nach des Squires Geschmack?«

Der Fremde beantwortete die zweite Frage mit einer schmatzenden Lippenbewegung, einer leichten Verneigung und dem Absetzen des kaum berührten Glases auf den Tisch. Zugleich drehte er den Kopf nach der soeben beschriebenen Person hin, die, nach der Art, wie sie deklamierte, zu urteilen, für einen zweiten »Redner des Tages« gelten konnte.

Eine Gestalt, weit über sechs Fuß hoch: Ein fürchterlicher Backenbart, der die gute Halbscheid seines grimmigen Aussehens versteckte; eine Schmarre, die als Zeuge eines schlecht geheilten Hiebes auftrat, der einst diese Halbscheid in zwei Vierteile zu spalten gedroht hatte; der Gliederbau im Verhältnis, das Ganze gehoben durch die Seemannstracht und durch eine lange, schmutzige, silberne Kette und eine kleine Pfeife von demselben Metall. Ohne durch das Eintreten eines Mannes aus einer anscheinend höhern Klasse im geringsten aus der Fassung gekommen zu sein, fuhr dieser Sohn des Ozeans in seiner angefangenen Erzählung fort, mit einer Stimme, die ihm die Natur als Gegensatz und Verspottung seines musikalischen Namens gegeben zu haben schien; denn wirklich hatten seine Laute eine so schlagende Ähnlichkeit mit dem tiefen Gebrülle eines Stiers, daß ein gewohntes Ohr erfordert wurde, sie in Worte zu übersetzen. Seinen gebräunten Arm mit der geschlossenen Faust ausstreckend, und den Norden des Seekompasses mit dem Daumen bezeichnend, fuhr er fort:

»Wohl! Angenommen, die Guineaküste liege hier: toter Wind von der Küste, seht ihr, nichts als Bö und gebrochener Wind, wie wenn eine Katze prustet, oder wenn der alte Graubart, Äolus. der ihn in seinem Schlauche für uns aufbewahrt, bisweilen den Pfropfen durch die Finger fahren läßt, und dann gleich wieder die Schnur doppelt um die Öffnung des Sacks herumschlägt – Ihr wißt doch, was ein Sack ist, Bruder?«

Mit dieser abgebrochenen Frage wandte er sich an den schafsköpfigen Landmann, der dem Leser schon bekannt ist, und, sein neues Kleidungsstück unter dem Arme, mit offenem Munde dasaß, die Wundererzählung verschlingend, um sie, zusammen mit den Brocken, die ihm der Schneider mitgeteilt hatte, seinen Freunden und Gevattern vom Lande brühheiß zu hinterbringen. Ein allgemeines lautes Gelächter erfolgte auf Kosten des horchenden Pardon. Nightingale warf einen vielsagenden Blick auf zwei oder drei von seiner Bekanntschaft, und die Gelegenheit benutzend, »einen hinter die Halsbinde zu gießen« – wie er sich witzig ausdrückte – goß er ein Nösel Rum mit Wasser hinunter und fuhr im Predigthon in seiner Erzählung fort:

»Und die Zeit wird kommen, Bruder, wo Ihr lernen werdet, was eine Rundschnur ist, wenn Ihr nicht ehrlich bleibt. Eines Menschen Hals ist dazu gemacht, daß er den Kopf über Wasser halte, nicht daß er wie eine alte, windschiefe Luke aus den Fugen gereckt wird. Deswegen macht Eure Rechnung beizeiten und folgt dem Bleilot des Gewissens, auf daß Ihr nicht auf die Untiefen der Versuchung geratet.« – Hierauf seinen Tabak im Munde rollend, blickte er um sich wie einer, der sich einer moralischen Verbindlichkeit entledigt hatte, und fuhr fort: »Nu weiter. Dort liegt das Land, und wie gesagt, von hier kam der Wind Ost zu Süd, vielleicht auch Ost zu Süd Halbsüd. Bisweilen blies er stark, bisweilen ließ er nach, daß sich die Segel an der Takelage und den Spieren zerrieben, als wäre ein Segelholz nicht mehr wert wie eines reichen Mannes Segen. Mir waren die Ansichten des Wetters gar nicht angenehm; ich sah voraus, es wird was anders geben als eine ruhige Wache. Ich blieb also auf den Beinen, um mich instand zu setzen, meine Meinung von mir zu geben, wenn etwa danach gefragt würde. Ihr müßt aber wissen, Brüder, daß infolge meiner Begriffe von Religion und Lebensverhalten ein Mensch zu nichts gut ist, wenn es ihm am gehörigen Maß der Sittlichkeit fehlt; deswegen wird man nie von mir sagen können, daß ich an des Kapitäns Back Tisch. den Löffel eintunke, wenn ich nicht von ihm eingeladen werde, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil mein Tischlein vorne und das seinige hinten steht. Ich will nicht entscheiden, an welchem Schiffsende sich der bessere Mann befindet; dieses ist ein Punkt, worüber verschiedene Leute verschiedener Meinungen sind, obschon die meisten, denen ein Urteil in der Sache zusteht, in ihren Ansichten so ziemlich einig sind. Nu, wie gesagt, ich blieb auf den Beinen, um mich in den Stand zu setzen, meine Meinung von mir zu geben, wenn ich danach gefragt würde. Und siehe da, alles ereignete sich, wie ich es vorhersah. ›Mister Nightingale,‹ sagte unser Kapitän, denn er ist ein Gentleman und vergißt sich nie im Punkte der Schicklichkeit am Deck, oder wenn jemand von der Mannschaft zugegen ist; › Mister Nightingale,‹ sagte er, ›was haltet Ihr von jenem Wolkenlappen dort in Nordwest‹, sagte er. – ›Wohl, Sir‹, antwortete ich dreist, denn ich bleibe niemand 'ne Antwort schuldig, wenn man mich anredet, wie sich's schickt. ›Wohl, Sir!‹ sagte ich. ›Mit Ew. Gnaden Erlaubnis‹ – eine bloße Redensart, eine Schnurre, denn der Kapitän war gegen mich, an Erfahrungen und Jahren ein Kiekindiewelt; aber ich streue nie heiße Asche oder sonst was Warmes gegen den Wind, ›mit Ew. Gnaden Erlaubnis, meine Meinung wäre, die drei Toppsegel zu beschlagen und den Klüver zu stauchen. Wir haben keine Eile, aus dem einfachen Grunde: Wo Guinea heute abend liegt, wird es morgen früh auch liegen. Und um das Schiff bei gebrochenem Winde im Schick zu halten, haben wir das Schönfahrsegel ...‹

»Euer Schönfahrsegel hättet Ihr ebenfalls beschlagen sollen«, ließ sich von hinten her eine Stimme vernehmen, ebenso entscheidend, nur etwas weniger brüllend, als die des wortführenden Bootsmannes.

»Was für ein Ignorant sagt das?« fragte Nightingale im stolzen Ton, als wenn eine so grobe und dreiste Unterbrechung seinen ganzen innern Zorn rege gemacht hätte.

»Kein Ignorant; ein Mann, der Afrika vom Kap Bon bis zum Vorgebirge der Guten Hoffnung, und das mehr als einmal beschifft hat, und eine weiße Bö von einem bunten Regenbogen zu unterscheiden versteht.« – Also sprach Dick Fid der Weiße, der mit seinem Begleiter, dem Neger Scipio, eingetreten war, und seine kleine, untersetzte Person dem wütenden Bootsmann, der sich durch den dichten Haufen, der ihn umgab, kraft seiner massiven Schultern Platz gemacht hatte, stämmig entgegenstellte und hinzusetzte: »Ja, ja, Bruder, ein Mann bin ich, unwissend oder vielwissend, gleichviel, der es nie seinem Kapitän raten würde,...



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