E-Book, Deutsch, 304 Seiten
Covey / Haller Live Life in Crescendo – Die Crescendo-Mentalität
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-96267-432-8
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Warum die nächste Aufgabe immer die wichtigste ist
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
ISBN: 978-3-96267-432-8
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Stephen R. Covey war eine der international renommiertesten Führungspersönlichkeiten und Mitbegründer der Unternehmensberatung FranklinCovey. Seine Bücher wurden in 38 Sprachen übersetzt und verkauften sich weltweit millionenfach. Sein Weltbestseller The 7 Habits of Highly Effective People wurde zum einflussreichsten Wirtschaftsbuch des 21. Jahrhunderts gewählt. Cynthia Covey Haller ist die Tocher von Stephen R. Covey und Co-Autorin von Live Life in Crescendo Die Crescendo-Mentalität. N/A
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Vorwort
Wie Sie sich Ihre beste Zukunft schaffen
von Cynthia Covey Haller
»Wir hinterlassen nicht das, was auf Grabsteinen steht, sondern was in das Leben anderer eingeflochten ist.«
Perikles
Mein Vater lehrte mich: »Um zu wissen, was die Zukunft dir bringen wird, erschaffst du sie am besten selbst.« Er hatte immer geplant, bis zu seinem Lebensende zu arbeiten und seinen Beitrag zu leisten, und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte dieses Leben überhaupt nicht aufgehört. Er machte seinen Kindern und allen, die ihn kannten, unmissverständlich klar: Das »R«-Wort – Ruhestand – kam in seinem Wortschatz nicht vor. Ungeniert log er, wenn die Rede auf sein Alter kam, und es schauderte ihn, wenn jemand seinen gegenwärtigen Lebensabschnitt als seine »goldenen Jahre« bezeichnete.
Vater lebte mit einer Carpe-diem-Einstellung (»Nutze den Tag«) und brachte allen seinen neun Kindern bei, es ebenso zu halten. Wenn sich ihm eine vielversprechende Chance bot, beliebte er Thoreau mit seiner mahnenden Aufforderung zu zitieren: »Sauge dem Leben das Mark aus!« Diese Lebenseinstellung hielt ihn jung und lernbereit. Uns war klar: Er würde niemals eine Gelegenheit auslassen, sein Leben zu genießen und andere dabei zu unterstützen, ebenfalls das Beste aus ihrem Leben herauszuholen.
Nachdem mein Vater im Alter von 25 Jahren seinen Abschluss an der Harvard Business School gemacht hatte, fragte ihn sein Bruder, was er aus seinem Leben zu machen gedächte. Er erwiderte nur: »Ich will Menschen helfen, ihr Potenzial zu verwirklichen.« Dieses Ziel setzte er während der folgenden 55 Jahre weltweit um – mit seinen Büchern und seinen Lehraktivitäten, in denen es überwiegend um »prinzipienbasierte Führung« ging, wie er es nannte. Als Symbol seines Unternehmens diente ihm der Kompass – Sinnbild dafür, wie wichtig es ist, das eigene Leben auf den »wahren Nordpol« auszurichten, worunter er die fundamentalen, unveränderlichen Prinzipien des menschlichen Lebens verstand. Vater war überzeugt: Würden mehr Menschen sich dieser zeitlosen, universellen Prinzipien bewusst, hätte das einen dramatischen und nachhaltigen Einfluss auf das Leben dieser Menschen und auf die Organisationen, denen sie dienten. Er war ein Visionär mit großartigen Ideen und Idealen.
Er liebte es, jeden Menschen, dem er begegnete, zu seinem Leben, seiner Arbeit, seiner Familie, seinen Überzeugungen und seinen Hobbys zu befragen, um von ihm zu lernen. Stets war er neugierig auf andere Sichtweisen. Er hörte seinen Gesprächspartnern aufmerksam zu und stellte seine Fragen so, dass die anderen sich in der Rolle der Experten wiederfanden. Er lauschte Lehrern, Taxifahrern, Ärzten, CEOs, Kellnern, Politikern, Geschäftsgründern, Eltern, Nachbarn, Fabrikarbeitern, Büroangestellten, ja sogar Staatschefs – und begegnete ihnen allen mit demselben Interesse und derselben Neugier. Meine Mutter fand das eher nervig. Sie rollte dann mit den Augen und manchmal sagte sie: »Stephen, warum tust du immer so, als wüsstest du nichts, wenn du mit den Leuten sprichst?« Worauf er ganz selbstverständlich erwiderte: »Sandra, was ich weiß, das weiß ich. Was ich wissen möchte, ist, was sie wissen!«
Als die Älteste von neun Geschwistern hörte ich meinen Vater meine ganze Kindheit lang zu Hause und vor Publikum in aller Welt über Dinge sprechen, bei denen Prinzipien eine zentrale Rolle spielten. Zu meinen Lieblingsprinzipien gehörte »das Wichtigste zuerst tun«. Vater bemühte sich nach Kräften, das, was er lehrte, auch in seinem eigenen Leben umzusetzen. Die Familie war ihm besonders wichtig. Auch wenn wir Kinder zu neunt waren, hatte doch jedes Einzelne von uns das Gefühl, ein wichtiges Mitglied der Familie zu sein und eine gute Beziehung zu unseren beiden Eltern zu haben.
Zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen gehört, wie ich zwölf wurde und Vater mich einlud, ihn für ein paar Tage auf eine Geschäftsreise nach San Francisco zu begleiten. Ich war überaus aufgeregt und wir planten sorgfältig jede Minute, die wir nach seinen Vorträgen für uns allein hatten.
Wir beschlossen, dass wir am ersten Abend mit der berühmten Straßenbahn, von der ich schon gehört hatte, durch die Stadt fahren und anschließend in einigen ausgefallenen Läden nach Kleidung suchen wollten. Wir beide liebten chinesisches Essen. Also planten wir noch einen Besuch in Chinatown ein, um anschließend rechtzeitig ins Hotel zurückzukehren und eine Runde zu schwimmen, bevor das Schwimmbad zumachte. Den Abend wollten wir dann mit einem Hot Fudge Sundae beschließen, den wir uns vom Zimmerservice bringen lassen würden.
Als unser großer Abend gekommen war, wartete ich ungeduldig hinter den Kulissen des Vortragssaals. Kurz bevor Vater mich erreichte, erblickte er einen alten Kollegen, der ihn aufgeregt begrüßte. Als sie sich umarmten, kamen mir die Geschichten von all den Abenteuern und den lustigen Zeiten in den Sinn, die sie in früheren Jahren zusammen erlebt hatten. »Stephen«, hörte ich den Mann sagen, »es muss mindestens zehn Jahre her sein, dass wir uns zuletzt gesehen haben. Lois und ich würden dich zu gern heute Abend zum Essen ausführen – lass uns Neuigkeiten austauschen und über alte Zeiten reden.« Vater erwiderte, dass ich ihn auf dieser Reise begleitete. Der Mann schaute in meine Richtung und sagte: »Oh, natürlich, wir würden uns freuen, wenn deine Tochter mitkommt! Wir könnten unten am Wasser gemeinsam etwas essen.«
Alle meine großartigen Pläne für unseren besonderen Abend zu zweit fielen in sich zusammen. Ich sah meine Straßenbahn ohne uns davonrollen. Und an die Stelle des chinesischen Essens traten Fisch und Meeresfrüchte, die ich hasste. Ich fühlte mich verraten. Ich war mir sicher: Vater würde viel lieber den Abend mit einem guten Freund verbringen als allein mit seiner Zwölfjährigen.
Doch Vater legte einen Arm um seinen Freund und sagte: »Bob, ich freue mich wahnsinnig, dich wiederzusehen. Ein gemeinsames Essen klingt verlockend … aber nicht heute Abend. Cynthia und ich haben einen besonderen Abend geplant, nicht wahr, mein Schatz?« Er zwinkerte mir zu und zu meinem Erstaunen rückte unsere Straßenbahnfahrt wieder in greifbare Nähe. Mir wollte das Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht weichen.
Ich konnte es kaum fassen, und ich vermute, sein Freund auch nicht. Aber das sah ich nicht mehr, denn schon waren wir zur Tür hinaus und auf unserem Weg.
»Mein Gott, Papa«, brachte ich schließlich heraus. »Bist du ganz sicher …?«
»Was denkst du denn? Für nichts in der Welt würde ich diesen besonderen Abend mit dir hergeben. Und du isst doch lieber chinesisch, habe ich recht? Na also! Lass uns auf die nächste Straßenbahn springen!«
Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, erscheint mir diese vermeintlich unbedeutende Begebenheit kennzeichnend für den Charakter meines Vaters. Sie genügte, um ein Vertrauen zwischen uns zu schaffen, das unsere Beziehung für immer prägte. Er lehrte es und lebte es vor: In Beziehungen sind die kleinen Dinge die großen. Alle meine Geschwister könnten von ihren eigenen »San-Francisco-Erlebnissen« berichten, in denen sie gespürt hatten, wie wichtig sie meinem Vater waren und wie sehr er sie liebte. Diese Liebe und dieses Vertrauen waren fundamental für unser Selbstwertgefühl und prägten unser Aufwachsen.
Vater wünschte sich für uns, dass wir mit »vier Beinen« im Leben stünden – mit Körper, Geist, Herz und Seele –, ist doch jeder dieser Bereiche gleichermaßen unverzichtbar für ein erfülltes Leben als Mensch in dieser Welt. Sein Leben lang hatte Vater sich bewusst um die innere Balance bemüht, indem er jeden dieser Bereiche pflegte. Und genau das brachte er auch anderen bei. Er schrieb: »Unsere erste Energie sollte der Entwicklung unseres eigenen Charakters gelten, der für andere häufig unsichtbar ist – ähnlich den Wurzeln eines großen Baumes. Indem wir die Wurzeln pflegen, sorgen wir dafür, dass der Baum Früchte tragen kann.«
Wie wir alle war auch Vater nicht in allen Dingen perfekt. Aber wie kein anderer, dem ich jemals begegnet bin, versuchte er, sich unablässig zu verbessern und seine Fehler auszumerzen. Wir wussten, dass er beruflich Bewundernswertes leistete, aber wir spürten: Mit dem, wie wir ihn privat in der Familie erlebten, konnte das nie und nimmer mithalten. Gemeinsam mit unserer Mutter schuf er über die Jahrzehnte eine ungeheuer reiche Familienkultur und half uns nach Kräften, das Beste aus dem zu machen, was in uns steckte. Und nichts anderes tat er für alle anderen Menschen, denen er in seinem beruflichen Leben begegnete. Wir in der Familie konnten uns niemals vorstellen, dass eines Tages der Augenblick kommen würde, in dem er sein Leben nicht...




