E-Book, Deutsch, Band 2, 320 Seiten
Reihe: Katze Molly
Daley Mollys Weihnachtswunder
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-641-22232-1
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 2, 320 Seiten
Reihe: Katze Molly
ISBN: 978-3-641-22232-1
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In den malerischen Cotswolds haben Katze Molly und ihr süßer Nachwuchs bei der Cafébesitzerin Debbie ein liebevolles Zuhause gefunden. An kalten Tagen lockt das Café mit heißem Tee und leckerem Kuchen, und alle freuen sich auf ein gemütliches Weihnachtsfest. Doch dann taucht Debbies quirlige Schwester Linda auf. Während sie zu Debbies Entsetzen das Geschäft durcheinanderbringt, jagt ihr Kläffer Beau die Katzen durchs Haus. Molly, die schon einmal auf der Straße leben musste, sieht ihr Zuhause in Gefahr. Und als auch noch eines ihrer Kätzchen verschwindet, kann nur noch ein Weihnachtswunder alle wieder vereinen …
Melissa Daley lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in der englischen Grafschaft Hertfordshire. Für ihre Romane um Katze Molly hat sie sich von der beschaulichen Region Cotswolds inspirieren lassen sowie von ihren eigenen beiden Katzen.
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2
Ich war gerade eingenickt, als die Messingglocke über der Tür klingelte. Meine Ohren zuckten, aber erst der überraschte Ausruf von Debbie, die hinter der Theke stand, schreckte mich endgültig aus dem Schlaf.
»O mein Gott, Linda!«
Verwundert blickte ich auf und sah Debbie durch das leere Café eilen, um eine Frau zu begrüßen, die an der Tür stand. Ich wusste gleich, dass sie kein Stammgast war. Sie trug eine Weste aus Kunstpelz, enge weiße Jeans und hochhackige Lederstiefel, und ihre blonden Haare fielen ihr in dichten Wellen um das Gesicht, das halb hinter einer riesigen Sonnenbrille verborgen war. Als Debbie sie erreichte, schob die Frau ihre Brille auf den Kopf und lächelte. »Ich war gerade in der Gegend und dachte, ich schaue kurz vorbei. Wird auch langsam Zeit, dass ich mir das berühmte Katzencafé ansehe«, sagte sie und schloss Debbie in die Arme.
»Nun, das ist es. Was hältst du davon?«, fragte Debbie und zuckte selbstkritisch die Schultern.
Linda blickte sich um und musterte die Inneneinrichtung des Cafés mit prüfendem Blick. »Sehr schön, Debs.« Sie nickte anerkennend. »Mir gefällt es. Richtig gemütlich.«
Debbie sah über Lindas Schulter zur Tür. »Wo ist Ray? Wolltet ihr beide mal einen Tag raus aus London?«
»Nein, nein, Ray ist nicht hier«, erwiderte Linda in einem Ton, der ihr einen verwunderten Blick von Debbie einbrachte. »Ich darf meine Schwester doch wohl allein besuchen, oder nicht?«, fügte sie ein wenig beleidigt hinzu.
»Natürlich!«, versicherte Debbie ihr. »Ich bin einfach überrascht, dich zu sehen. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du kommst?«
»Es war eine spontane Entscheidung«, erklärte Linda leichthin. »Ich dachte, es wird Zeit, dass ich endlich mal herkomme und dich besuche – und Sophie natürlich auch.«
»Komm, ich hol dir schnell was zu essen«, sagte Debbie, zog einen Stuhl heran und bedeutete ihrer Schwester, sich zu setzen.
Linda streifte ihre Weste ab und enthüllte ein eng anliegendes Top und zahlreiche Ketten, mit denen ihr Dekolleté geschmückt war. Sie nahm sich eine Speisekarte, während Debbie neben ihr geduldig wartete. »Katzentraum, Frostpfoten-Cake-Pops, Schnurrhaarkekse – das klingt alles köstlich, Debs«, murmelte sie, und Debbie strahlte vor Stolz. Linda studierte die Karte mit qualvoll unentschlossenem Gesicht, bevor sie schließlich verkündete: »Ich hätte gern einen Katzentraum und eine Kanne Earl Grey.«
Während Debbie um die Theke herum in die Küche lief, ertönte ein Piepsen aus der Tasche zu Lindas Füßen. Mit einem irritierten Stirnrunzeln beugte sie sich hinab, kramte ihr Handy hervor und begann fieberhaft auf dem Display herumzutippen. Während sie mit ihrem komischen Gerät beschäftigt war, begutachtete ich sie von meinem Fensterplatz aus und suchte nach Ähnlichkeiten zwischen den beiden Schwestern. Alles an Lindas sorgsam gepflegtem Äußeren stand in starkem Gegensatz zu Debbies lässigem Stil – von ihren manikürten Fingernägeln über ihre figurbetonten Klamotten bis hin zu ihren ordentlich frisierten Haaren. Ich versuchte mir vorzustellen, wie Debbie aussehen würde, wenn sie sich auch so um ihr Äußeres bemühen würde, aber das war schlicht unmöglich. Solange ich Debbie kannte, hatte sie immer mehr Wert auf Bequemlichkeit gelegt als auf Glamour. Ihre wenigen Versuche, sich etwas aufwändiger zurechtzumachen, hatten stets damit geendet, dass sie vor dem großen Spiegel in ihrem Schlafzimmer stand und ihr Spiegelbild missmutig anstarrte. »Oh, wozu der ganze Aufwand?«, seufzte sie dann, bevor sie ihre Haare wie üblich zu einem Pferdeschwanz zusammenband und einen alten Pulli überzog.
Ermutigt vom Erscheinen einer Kundin in letzter Minute, tapste mein Sohn Eddie zu Lindas Stuhl hinüber und setzte sich in der Hoffnung, mithilfe seines unwiderstehlichen Charmes ein paar Leckerlis zu ergattern, erwartungsvoll vor sie. Linda bemerkte ihn jedoch nicht und starrte nur weiterhin grimmig auf ihr Handy, während sie mit dem Daumen über das Display wischte. Eddie, der ewige Optimist, hob die Pfote und stupste sanft gegen die Ledertroddel an ihrem Stiefel, sodass Linda erschrocken zusammenfuhr.
»Oh, hallo, Miezekätzchen«, murmelte sie geistesabwesend und beugte sich ein Stück zur Seite, um zu ihm hinunterzusehen.
Eddie blickte sie flehentlich an, aber Lindas stark geschminktes Gesicht blieb ausdruckslos. Ich seufzte frustriert. Diese Frau war ganz eindeutig keine Katzenliebhaberin. Niemand, der Katzen liebte, hätte Eddies flehendem Blick widerstehen können und ihn nicht zumindest gestreichelt. Anscheinend, schlussfolgerte ich – und bei dem Gedanken sträubte sich mir unwillkürlich das Fell –, war ihr Aussehen nicht das Einzige, was sie von ihrer Schwester unterschied.
Kurz darauf kam Debbie mit einem Tablett in den Händen aus der Küche zurück. »Bitte sehr. Ein Katzentraum und eine Kanne Earl Grey. Lass es dir schmecken!«, sagte sie und stellte den Teller und die kitschige Teetasse vorsichtig auf den Tisch. Linda lächelte freudestrahlend, als sie den mit Katzenohren und Schnurrhaaren verzierten Cupcake sah. Debbie setzte sich ihr gegenüber. »Musst du gleich wieder weg, oder kannst du noch zum Abendessen bleiben?«, erkundigte sie sich. »Ich bin in ungefähr einer Stunde fertig.«
»Oh, ich hab’s überhaupt nicht eilig – ich bleibe gern zum Abendessen. Ich … ich hab dir viel zu erzählen«, antwortete Linda, bevor sie genüsslich in den Katzentraum biss. »Oh mein Gott, Debs, der ist ja vorzüglich«, fügte sie mit vollem Mund hinzu und tupfte sich mit einer Serviette die Lippen ab.
Debbie trat ein erschrockener Ausdruck in die Augen. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie hörbar besorgt.
»Ja, natürlich«, antwortete Linda leichthin, und plötzlich galt ihre gesamte Aufmerksamkeit den Zuckertütchen, die in einer Schüssel auf dem Tisch lagen. Eddie, der seine Chance auf eine erfolgreiche Bettelaktion dahinschwinden sah, schnüffelte niedergeschlagen auf dem Boden zu Lindas Füßen herum und zog sich dann auf den leeren Sessel am Kamin zurück. Unterdessen schien Linda fest entschlossen, überall hinzusehen, nur nicht zu Debbie, die sie fragend anschaute.
»Okay, hör zu«, sagte Debbie betont heiter, »ich muss noch aufräumen, aber warum gehst du nicht schon nach oben, wenn du ausgetrunken hast? Sophie müsste bald vom College zurück sein. Dann können wir alle zusammen essen.« Sie stand auf und band sich wieder ihre Schürze um.
»Das wäre wundervoll, Debs. Lass uns was bestellen – ich zahle.«
Debbie holte die Tafel von der Straße herein und drehte das Schild an der Tür auf »Geschlossen«, dann ging sie zurück in die Küche, wo ich sie mit den Angestellten reden hörte, während sie das Geschirr wegräumten und die Edelstahloberflächen putzten. Im Café nippte Linda an ihrem Tee und pickte mit den Fingern die letzten Kuchenkrümel von ihrem Teller auf.
Die Sonne war hinter die Ziegeldächer gesunken, und das warme goldfarbene Licht, das das Café erfüllt hatte, wurde von den kühleren Tönen eines dämmrigen Oktoberabends abgelöst. Meine Ohren zuckten, als der Wind an der Markise draußen vor dem Fenster rüttelte und ein kalter Luftzug hereinwehte, der mir einen Schauer über den Rücken jagte. Linda war wieder mit ihrem Handy beschäftigt, das Display tauchte ihr Gesicht in einen bläulichen Schein. Als sie ihren Tee ausgetrunken hatte, warf sie das Handy zurück in ihre Tasche und stand auf, und da trafen sich zum ersten Mal unsere Blicke. Sie musterte mich gleichgültig, als wäre ich nur ein Teil des Mobiliars. Schon zum zweiten Mal seit Lindas Auftauchen sträubte sich mir das Fell.
Mein starrer Blick schien sie bereits nach kurzer Zeit zu verunsichern. Sie brachte ihr Geschirr zur Theke. »Das war wundervoll, Debs. Ich gehe jetzt hoch«, rief sie in die Küche.
Debbie erschien mit klitschnassen gelben Spülhandschuhen in der Tür. »Gute Idee. Ich brauch nicht mehr lang. Oh, das hätte ich fast vergessen! Hast du die Namensgeberin des Cafés schon kennengelernt? Das ist Molly.« Sie zeigte mit einem triefend nassen Finger zum Fenster, wo ich immer noch saß und Linda von hinten finster anstarrte.
Linda drehte sich um und sah flüchtig in meine Richtung. »O ja, ich dachte mir schon, dass das die berühmte Molly sein muss«, sagte sie in einem Ton, der mir sarkastisch vorkam. In der Stille, die auf ihre Worte folgte, warf Debbie mir ein entschuldigendes Lächeln zu, während Linda allem Anschein nach angestrengt überlegte, was sie noch hinzufügen konnte. »Sie beobachtet mich, seit ich hier angekommen bin«, fügte sie schließlich hinzu.
»Nun, denk immer dran: Ihr Name steht über der Tür, also kann sie dir den Eintritt verwehren«, witzelte Debbie.
Linda stieß ein unecht klingendes Lachen aus und ging zum Tisch, um ihre Sachen zu holen. Plötzlich erfüllt von dem Bedürfnis, die leere Wohnung zu beschützen, sprang ich vom Fenstersims und folgte Linda nach oben. In dem schmalen Treppenaufgang strömte mir ihr widerlich süßes Parfum in die Nase, sodass ich die Luft anhalten musste.
Auf dem Weg durch den Flur spähte Linda kurz in die winzige Küche rechts von ihr, bevor sie nach links ins Wohnzimmer abbog. Ich schlüpfte ein paar Schritte hinter ihr lautlos durch die Tür, schlich zu dem leeren Schuhkarton, der neben dem Fernseher stand, und kletterte hinein, um Linda im Auge zu behalten, während sie eine Runde durchs Wohnzimmer drehte und sich alles ansah: den Esstisch, der mit ungeöffneten Briefen, einer Schüssel voll überreifer Früchte und Aktenordnern überhäuft war; das durchgesessene Sofa...




