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E-Book

E-Book, Deutsch, 672 Seiten

Davidson Der Rabe

Thriller
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-20691-8
Verlag: Penguin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, 672 Seiten

ISBN: 978-3-641-20691-8
Verlag: Penguin
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein intelligenter Spionageroman vom renommierten Gold Dagger Award Preisträger

Inmitten der sibirischen Steppe liegt ein Geheimnis begraben, von dem nur eine Handvoll Menschen wissen: ein unterirdisches russisches Forschungslabor. Offiziell existiert es nicht, und wer einmal dort ist, wird es nie wieder verlassen. Doch der Biologe Rogatschow weiß, dass das, was dort geschieht, nicht im Eis verborgen bleiben darf. Er schickt einen verschlüsselten Hilferuf an den einen Mann, der die Wahrheit ans Licht bringen kann: Dr. Johnny Porter, eigenwilliger Einzelgänger indianischer Abstammung, Mikrobiologe und Sprachgenie, begibt sich auf die lebensgefährliche Mission nach Sibirien …

Lionel Davidson, (1922-2009) wurde als Sohn jüdischer Einwanderer im englischen Hull geboren, wandte sich nach dem Krieg dem Journalismus und der Literatur zu. Mit seinem Roman „Die Nacht des Wenzel“ gewann er mehrere Literaturpreise, darunter seinen ersten Golden Dagger Award. Mit den nachfolgenden Büchern festigte er seinen Ruf als einer der glänzendsten Schriftsteller englischer Sprache. Er gehört seit Jahrzehnten zu den besten und renommiertesten Spannungsautoren aus Großbritannien und wird in einem Atemzug mit Rudyard Kipling, Graham Greene, Frederick Forsyth und John le Carré genannt.
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Prolog

Wie lange, lieber Freund – wie lange? Ich erwarte Sie voll Ungeduld! So vieles ist geschehen (und ich darf es nicht vergessen), dass ich diese Gelegenheit nutze, Ihnen davon zu berichten. Und eine Warnung auszusprechen: Sie werden alles, was hier folgt, sehr merkwürdig finden. Ich bitte Sie sehr, sich unsere Gespräche über das Phänomen des Zufalls ins Gedächtnis zu rufen und sich vor allem zwei Dinge zu vergegenwärtigen:

Wenn Sie hier auf Schwierigkeiten stoßen, seien Sie versichert, dass es mir auch so ergangen ist. Wo Sie zweifeln, habe auch ich gezweifelt. Ich konnte nicht ahnen, was ich hier vorfinden würde.

Ich ahnte es nicht. Ich hatte nicht danach gesucht. Zufall. Aber »blinder« Zufall? Sie werden sehen. Bald nach unserer letzten Begegnung kehrte ich nach Hause zurück und machte zusammen mit meiner Frau einen Kurzurlaub in Pizunda am Schwarzen Meer. Und dort ereignete sich ein Unfall, bei dem meine Frau getötet und ich selbst schwer verletzt wurde. Ich verbrachte einige Wochen in einem Krankenhaus und danach weitere in einem Sanatorium, von einer schweren Depression heimgesucht. Meine Freunde, meine Kollegen, alle haben mich gedrängt, zu meiner Arbeit zurückzukehren. Ich versuchte es, aber ich konnte nicht arbeiten. Mein Institut bedeutete mir nichts mehr, was mir vorher wichtig war, war uninteressant geworden.

Dieser Zustand wurde als eine »klinische« Depression diagnostiziert, und so brachte man mich in eine Nervenklinik! Dort musste ich mich verschiedenen Behandlungen unterziehen, aber nichts konnte mir helfen. Und in dieser Klinik besuchte mich eines Tages ein Wissenschaftler, der dann noch öfter erschien.

Dieser Mann war mir nur vage bekannt, doch schon bald zeigte sich, dass er sich höchst beflissen und kenntnisreich für meine Angelegenheiten interessierte. Er hatte meine Ärzte ausführlich befragt, kannte meine private Situation und wusste natürlich von meinen Publikationen. In einer Reihe von Gesprächen vergewisserte er sich, dass ich in meinem Fach nach wie vor auf der Höhe war. Und dann machte er mir einen Vorschlag.

Für eine Forschungsstation im Norden des Landes, sagte er, werde ein neuer Direktor gesucht. Ihr gegenwärtiger Chef sei sehr krank und habe nicht mehr lange zu leben. Die Arbeiten, die in der Station ausgeführt würden, seien von höchster Bedeutung, und seit einiger Zeit berate ein Komitee, unterstützt von Angehörigen der »staatlichen Organe«, über mögliche Nachfolgekandidaten; dem entnahm ich, dass die Forschungen geheimer Natur sein mussten, was er bestätigte und weiter erklärte.

Jener Teil der Arbeiten, der die »Organe« interessiere, sagte er, finde in wissenschaftlichen Kreisen nicht einhellig Beifall, was durchaus verständlich und ein stichhaltiger Grund für eine Absage wäre. Er selbst wisse darüber nichts, nehme aber an, dass es sich um etwas Ähnliches wie die Untersuchungen in Fort Detrick in Amerika und Porton Down in England, also um Materialuntersuchungen für die chemische und die biologische Kriegsführung handle.

Nicht minder wichtig sei der nächste negative Aspekt: Der Mann, der die Leitung der Station übernehmen werde, könne sie nie mehr verlassen, denn eine Rückkehr ins normale Leben, so sei entschieden worden, könnte nicht zugelassen werden. Das solle nicht heißen, dass es sich um ein Leben in Gefangenschaft handle. Keineswegs. Aber zusätzlich zu diesem Faktor müssten zwei weitere berücksichtigt werden: die geografische Lage der Station und die dort herrschenden Witterungsbedingungen. (Dem entnahm ich, dass sie sich in einer abgelegenen Region mit sehr schlechten klimatischen Bedingungen befand.)

Die folgenden Aspekte seien hingegen ausnahmslos positiv. Die Lebensbedingungen in der Station seien nicht nur gut, sondern luxuriös. Das Budget sei praktisch unbegrenzt; zumindest habe er nie davon gehört, dass das Komitee dem derzeitigen Leiter der Station irgendwelche Bitten abgeschlagen habe. (Und da dieser nicht mehr unter den Lebenden weilt, will ich ihn beim Namen nennen: L.?V. Shelikow.)

Wie um das Budget stehe es auch um das Forschungsprogramm. Es sei praktisch unbegrenzt. Er erging sich des Langen und Breiten über dieses Thema, und beim letzten Mal erzählte er mir zum Abschied noch etwas anderes. Bei allen früheren Besetzungen für dieses Amt seien die Bewerber extrem gründlich geprüft worden. Damit habe man vor allem feststellen wollen, ob die Kandidaten psychisch für dieses Leben geeignet seien. Bei vielen sei das verneint worden, und selbst von den Ausgewählten habe dann ein gewisser Prozentsatz versagt. Für diese Unglücklichen habe man nichts tun können. Sie hätten natürlich die Station nie mehr verlassen können und leider Gottes bis zu ihrem Lebensende dort bleiben müssen.

In meinem Fall sei eine solch penible Überprüfung nicht notwendig. Aber er sagte, ich solle mir die Lage dieser »Unglücklichen« dennoch vor Augen halten. Er werde mich nicht mehr besuchen kommen, und wenn ich mir die Sache gründlich überlegt hätte, solle ich ihm eine Postkarte mit einem schlichten Ja oder Nein schicken. Ich erklärte mich bereit, das zu tun.

Ich erklärte mich dazu bereit und schickte ihm die Karte mit einem Ja, obwohl ich mir die Sache überhaupt nicht überlegt hatte. Kaum hatte er zu Ende gesprochen, war mir schon klar, dass ich das Angebot akzeptieren würde. Die Gründe dafür waren ganz einfach – meine Niedergeschlagenheit würde wieder vergehen. Das Leben geht weiter, wie immer, sagte ich mir. Und ebenso war ich überzeugt, dass ich daran etwas entscheidend ändern müsse. Und mit der »abgelegenen Region mit schlechten klimatischen Bedingungen« war natürlich Sibirien gemeint. Darauf komme ich noch.

Zunächst einmal möchte ich wiederholen, dass ich die Postkarte abschickte. Sechs Wochen später brach ich überstürzt auf. Ich konnte mich kaum von meiner Familie verabschieden und auch nicht sagen, wohin die Reise ging. (Ich wusste es ja nicht.) Mit einer Begleitung machte ich mich auf den Weg.

Nach meiner Ankunft in der Forschungsstation erfuhr ich den Grund, warum alles so eilig gegangen war. Shelikow hatte nur noch wenige Tage zu leben. Von seinem Krebsleiden gezeichnet, saß er in seiner luxuriös ausgestatteten unterirdischen Wohnung, in der ich jetzt sitze, in dem mobilen Liegestuhl, den er selbst entworfen hatte (und den er als seinen elektrischen Stuhl bezeichnete), gequält von Schmerzen, die ihn sehr schwächten, und voller Ungeduld. Er hatte an diesem Tag kein Morphium genommen, um einen klaren Kopf zu behalten. Beinahe auf der Stelle begann er, mir genaue Anweisungen zu erteilen, wie ich mit einem Problem umgehen sollte, das sich in ebenjener Woche ergeben hatte.

Bei diesem Problem, sagte er, gehe es um das Bergen eines Mammuts. Bekanntlich seien in dieser Region schon viele Exemplare dieser ausgestorbenen Spezies gefunden worden, und jedes Mal gehe es darum, die Fundstätte unbedingt vor den eingeborenen Jägern zu erreichen, die das Fleisch verzehrten (und außerdem einen schwunghaften Handel mit Elfenbeinschnitzereien betrieben). Die Regierung habe zwar vor einiger Zeit diese Praktiken untersagt und es für strafbar erklärt, solche Funde nicht zu melden. Doch dies habe nicht die geringste Wirkung auf die Einheimischen, die einander nicht »verpfiffen«, hingegen eine beträchtliche auf Bauprojekte. Innerhalb großer Bautrupps machten Neuigkeiten rasch die Runde, weshalb solche Funde sofort gemeldet würden – worauf die Arbeiten augenblicklich eingestellt würden, bis der Fund ordnungsgemäß in Augenschein genommen wäre.

Noch etwas anderes sei wichtig: Jäger hätten solche Funde verschiedentlich in Höhlen oder an anderen Stätten an der Erdoberfläche gemacht, wo die Tiere eines natürlichen Todes gestorben und langsam ausgekühlt seien, was unvermeidlich zu Gewebsentartungen geführt habe. Nirgends sei ein komplettes Mammut, sozusagen schockgefroren und mit intakten Weichteilen, gefunden worden. Was Shelikow jetzt so erregte, war die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Tier in greifbarer Nähe entdeckt worden war.

Auf einem Kap nördlich der Forschungsstation seien derzeit umfangreiche Bauarbeiten im Gange. Während der Ausschachtungsarbeiten habe der Untergrund nachgegeben, und dabei sei eine Felsspalte zutage getreten. Auf einem Vorsprung habe ein Mammut gelegen, ganz von Eis umhüllt. Offensichtlich sei es in die Spalte gestürzt und infolge des tiefen Sturzes augenblicklich tot gewesen. Ein schockgefrorenes Mammut!

Shelikow, vor Ungeduld ganz außer sich, verlangte, dass ich mich sofort zu dieser Felsspalte fliegen ließe. Schon seit vier Tagen wartete er auf mich, außerstande, selbst hinzufliegen, und nicht bereit, die Sache seinen Mitarbeitern anzuvertrauen. Zwei dieser vier Tage war ich selbst unterwegs gewesen und nun hundemüde. Aber seine Energie setzte sich durch, sodass ich keine zwei Stunden nach meiner Ankunft wieder in die Kälte hinausgezwungen wurde – zu einer wirklich schicksalsträchtigen Mission.

Zu dieser Jahreszeit (es war Februar) wird es in unserer Region beinahe überhaupt nicht hell, und die mittlere Temperatur liegt bei minus fünfzig Grad. Darüber hinaus wird sie von heftigen Stürmen heimgesucht. In einen solchen Sturm gerieten wir nach einer halben Stunde, und obwohl unser Hubschrauber groß und robust war, wurde er derart von fliegenden Eisklumpen bombardiert, dass der Pilot gezwungen war, auf eine Höhe zu gehen, in der keinerlei Sichtkontakt zum Boden bestand.

Über dem Baugelände selbst schalteten wir die volle Beleuchtung an und wurden vom Boden über Funk informiert, dass man dort das Gleiche getan hatte; trotzdem aber konnten wir einander nicht sehen. Der...


Davidson, Lionel
Lionel Davidson, (1922-2009) wurde als Sohn jüdischer Einwanderer im englischen Hull geboren, wandte sich nach dem Krieg dem Journalismus und der Literatur zu. Mit seinem Roman „Die Nacht des Wenzel“ gewann er mehrere Literaturpreise, darunter seinen ersten Golden Dagger Award. Mit den nachfolgenden Büchern festigte er seinen Ruf als einer der glänzendsten Schriftsteller englischer Sprache. Er gehört seit Jahrzehnten zu den besten und renommiertesten Spannungsautoren aus Großbritannien und wird in einem Atemzug mit Rudyard Kipling, Graham Greene, Frederick Forsyth und John le Carré genannt.



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