E-Book, Deutsch, Band 15, 458 Seiten
Davis Tod eines Senators
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-98690-056-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein Fall für Marcus Didius Falco - Der 15. Fall - Humorvolle Spannung im alten Rom
E-Book, Deutsch, Band 15, 458 Seiten
Reihe: Ein Fall für Marcus Didius Falco
ISBN: 978-3-98690-056-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lindsey Davis wurde 1949 in Birmingham, UK, geboren. Nach einem Studium der Englischen Literatur in Oxford arbeitete sie 13 Jahre im Staatsdienst, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihr erster Roman »Silberschweine« wurde ein internationaler Erfolg und der Auftakt der Marcus-Didius-Falco-Serie. Ihr Werk wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Diamond Dagger der Crime Writers' Association für ihr Lebenswerk. Die Website der Autorin: www.lindseydavis.co.uk Bei dotbooks erscheinen die folgenden Bände der Serie historischer Kriminalromane des römischen Privatermittlers Marcus Didius Falco: »Silberschweine« »Bronzeschatten« »Kupfervenus« »Eisenhand« »Poseidons Gold« »Letzter Akt in Palmyra« »Die Gnadenfrist« »Zwielicht in Cordoba« »Drei Hände im Brunnen« »Den Löwen zum Fraß« »Eine Jungfrau zu viel« »Tod eines Mäzens« »Eine Leiche im Badehaus« »Mord in Londinium« »Tod eines Senators« »Das Geheimnis des Scriptors« »Delphi sehen und sterben« »Mord im Atrium« Ebenfalls bei dotbooks erscheint der historische Roman »Die Gefährtin des Kaisers«, der auch im Sammelband »Die Frauen der Ewigen Stadt« erhältlich ist.
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Kapitel II
Überhebliche Aufforderungen von Senatoren – das kam bei mir nie gut an. Allerdings war ich jetzt mit der Tochter eines Senators verheiratet. Helena Justina hatte sich daran gewöhnt, die Blicke von Leuten zu ignorieren, die sich wunderten, dass sie überhaupt etwas mit mir zu tun haben wollte. Wenn sie die Blicke nicht gelassen ignorierte, konnte sie selbst so finster starren, dass Messingschlösser schmolzen. Da sie spürte, dass ich wegen Silius Italicus zicken würde, betrachtete sie mich mit gerunzelten Brauen. Hätte ich einen Schwertgürtel getragen, wären mir die Beschläge auf der Brust geschmolzen.
Zum Glück trug ich jedoch nur eine leichte Tunika und alte Sandalen. Ich hatte mich gewaschen, aber nicht rasiert, und konnte mich nicht erinnern, ob ich meine Locken gekämmt hatte. Mich nachlässig zu geben war rein instinktiv. Genau wie den Befehlen von Silius Italicus zu trotzen. Unter Helenas Gesichtsausdruck wand ich mich ein bisschen, aber nicht viel.
Wir saßen beim Frühstück in unserem Haus am Fuße des Aventin. Es hatte meinem Vater gehört und wurde immer noch nach unserem Geschmack renoviert. Vor sechs Monaten waren die Freskenmaler zum letzten Mal hier aufgetaucht. Der Geruch ihrer Pigmente war verflogen, und das Gebäude war in seinen natürlichen Zustand zurückgefallen. Es hatte einen schwachen Schimmelgeruch, der sich in älteren Häusern breit macht, die mal überflutet waren, weil sie zu nahe am Fluss gebaut sind (der Tiber lag nur zwanzig Fuß entfernt). Das Haus hatte leer gestanden, während wir in Britannien waren – obwohl zu erkennen war, dass Papa hier kampiert hatte, als würde das Anwesen noch ihm gehören. Er hatte das Erdgeschoss mit grässlichen Möbeln voll gestopft, die er nur »vorübergehend« hier unterstellte, wie er behauptete. Er wusste, dass wir nach Rom zurückgekehrt waren, hatte aber keine Eile, seinen Schrott wegzuräumen. Warum auch? Er war Auktionator, und wir hatten ihn mit einem kostenlosen Lagerhaus versorgt. Ich hatte nachgeschaut, ob sich irgendwas davon zum Klauen lohnte, aber kein vernünftiger Kunde würde auf diesen Mist bieten.
Was nicht bedeutete, dass das Zeug nicht verkauft werden würde. Papa konnte einen neunzigjährigen kinderlosen Geizhals davon überzeugen, dass er eine antike Wiege brauchte, bei der der Rasselhaken fehlte – und dass das Opfer es sich leisten konnte, die Schaukelbretter von einem bettelarmen Schreiner aufarbeiten zu lassen, dem Papa zufällig einen Gefallen schuldete.
»Ich gebe Ihnen noch diese hübsche alexandrinische Rassel dazu«, würde mein Vater großmütig verkünden (und es natürlich vergessen).
Da wir unser Esszimmer nicht betreten konnten, bis mein Vater eine halbe riesengroße Kornmühle aus Stein abtransportiert hatte, aßen wir oben auf der Dachterrasse. Die befand sich vier Stockwerke von der Küche entfernt, also gab es hauptsächliche kalte Speisen. Für das Frühstück stellte das kein Problem dar. Großherzig wie immer, hatte Papa uns einen geschmeidigen bithynischen Sklaven geliehen, der die Tabletts nach oben tragen sollte. Brötchen und Honig überlebten, auch wenn die sauergesichtige Null ihre Zeit brauchte. Er taugte zu nichts. Na ja, Papa hätte ihn selbstverständlich behalten, wenn der Kerl sich für irgendwas geeignet hätte.
Dauernd wimmelte Familie bei uns herum. Helena und ich hatten zwei Töchter produziert, die eine jetzt zweieinhalb, die andere sechs Monate alt. Also kam als Erste meine Mutter angewieselt, um sich davon zu überzeugen, dass wir ihre Lieblinge nicht umgebracht hatten, während wir uns in Barbarenländern aufhielten, dann segelte Helenas elegante Mama in ihrem Tragestuhl heran, um die Kinder ebenfalls zu verwöhnen. Unsere Mütter erwarteten beide, die gesamte Aufmerksamkeit zu bekommen, also musste bei ihrer jeweiligen Ankunft die andere zu einem anderen Ausgang geführt werden. Wir bemühten uns, das nicht zu offensichtlich zu machen. Wenn Papa antrabte, um sich erneut wegen der Kornmühle zu entschuldigen, stürmte Mama sofort davon; sie lebten seit fast dreißig Jahren getrennt und waren stolz darauf zu beweisen, dass es eine kluge Entscheidung gewesen war. Falls Julia Justa hier war, wenn Helenas Vater aufkreuzte, spielte er gerne den Unsichtbaren, also musste er in mein Arbeitszimmer geschoben werden. Das war nur ein kleiner Raum, und so war es am besten, wenn ich zu der Zeit außer Haus war. Camillus Verus und Julia Justa lebten zwar zusammen, mit allen Anzeichen liebevoller Toleranz, doch der Senator machte immer den Eindruck eines Verfolgten.
Ich hatte mit ihm über die Aufforderung von Italicus sprechen wollen. Leider war ich nicht daheim, als Camillus Verus vorbeikam, und so hatte er in meinem Ein-Mann-Arbeitszimmer ein Nickerchen gehalten, mit den Kindern gespielt, unseren ganzen Borretschtee ausgetrunken und war gegangen. Stattdessen musste ich mein Frühstück mit seiner gesamten edlen Nachkommenschaft einnehmen. Wenn Helena und ihre Brüder zusammenkamen, verstand ich, warum ihre Eltern allen dreien erlaubt hatten, ihr großes, aber heruntergekommenes Heim im Zwölften Bezirk zu verlassen und mein desperates Leben im viel schäbigeren Dreizehnten zu teilen. Die Jungs wohnten zwar noch daheim, hingen aber viel in unserem ungezwungeneren Haushalt herum.
Helena war achtundzwanzig, ihre Brüder etwas jünger. Sie war meine Lebens- und Arbeitspartnerin, da das die einzige Möglichkeit gewesen war, sie in mein Leben und mein Bett zu locken. Ihre Brüder bildeten neuerdings den Juniorbereich von Falco und Partner, eine wenig bekannte Firma von Privatermittlern, die sich auf Hintergrunduntersuchungen im Familienbereich spezialisiert hatte (Bräutigame, Witwen und andere betrügerische, verlogene, geldgierige Schweine, unseren eigenen Verwandten nicht unähnlich). Wir befassten uns auch mit Kunstdiebstählen, obwohl es auf diesem Gebiet in letzter Zeit flau gewesen war. Wir suchten nach Vermissten, überredeten wohlhabende junge Mädchen, nach Hause zurückzukehren – manchmal sogar bevor sie von ihren unpassenden Liebhabern ausgeplündert worden waren –, oder wir spürten heimlich ausziehende Mietschuldner auf, noch bevor sie ihre Karren bei der nächsten Wohnung entluden (obwohl wir aus Gründen, die mit meiner ärmlichen Vergangenheit zu tun hatten, mit Schuldnern meist sanft umgingen). Wir waren auf Witwen und ihre endlosen Erbprobleme spezialisiert, da ich das schon getan hatte, als ich noch ein unbeschwerter Junggeselle war. Jetzt versicherte ich Helena einfach, das seien die halb verrückten Tanten meiner Klienten. Ich, der ältere und erfahrenere Partner, war außerdem noch ein kaiserlicher Agent, ein Thema, über das ich den Mund zu halten habe. Also tue ich es.
Beim Frühstück trafen wir uns alle. In der Art traditioneller römischer Ehen besprach Helena mit mir, dem geachteten Paterfamilias, häusliche Belange. Wenn sie damit fertig war, mir zu berichten, was alles schief gelaufen war, inwieweit ich daran ihrer Meinung nach Schuld hatte und wie sie das Problem zu lösen gedachte, pflegte ich ihrem weisen Rat beizupflichten und alles andere ihr zu überlassen. Dann trudelten ihre Brüder ein, um für unsere laufenden Fälle Anweisungen von mir entgegenzunehmen. Na ja, zumindest sah ich das so.
Die beiden Camilli, Aelianus und Justinus, waren nie sehr gut miteinander ausgekommen. Alles war noch schlimmer geworden, als Justinus mit Aelianus’ reicher Verlobter durchbrannte, was Aelianus wiederum davon überzeugte, dass er sie doch wollte (während er Claudia gegenüber bis zu ihrem Verlust nur lauwarm gewesen war). Justinus aber erkannte bald, dass er einen großen Fehler gemacht hatte. Trotzdem hatte er das Mädchen geheiratet, da Claudia Rufina eines Tages eine Menge Geld besitzen würde und er intelligent war.
Die Brüder nahmen ihre übliche unterschiedliche Haltung zu Silius’ Anfrage ein.
»Verdammter Opportunist. Beachte ihn gar nicht, Falco.« Das kam von Aelianus, dem Älteren, Intoleranteren.
»Ich find’s saumäßig interessant. Du solltest rausfinden, was der Dreckskerl will.« Justinus, undogmatisch und mit Gerechtigkeitssinn, trotz seiner Gossensprache.
»Hör nicht auf sie«, sagte Helena. Sie war ein Jahr älter als Aelianus und zwei Jahre älter als Justinus und verhielt sich wie die typische große Schwester. »Was ich wissen will, Marcus, ist Folgendes: Wie wichtig war das Dokument, das ihr aus Lanuvium geholt habt? Hat es das Ergebnis des Prozesses beeinflusst?«
Diese Frage überraschte mich nicht. Frauen, die in unserem Gesellschaftssystem keine Rechtsfähigkeit besitzen, sollten sich nicht für Gerichtsverfahren interessieren, aber Helena dachte nicht daran, sich von patriarchalen Fossilien vorschreiben zu lassen, was sie verstehen konnte und was nicht. Falls meine Leser Provinzler aus einer matriarchalen Gesellschaft sind, zum Beispiel irgendwelche unglückseligen Kelten, will ich es erklären. Unsere strikten römischen Vorväter hatten Ärger gerochen und bestimmt, dass Frauen unwissend über Politik, Recht und, wo immer möglich, Geldangelegenheiten bleiben sollten. Unsere Vormütter hatten dabei mitgespielt, wodurch sie der schwachen Sorte Frau erlaubt hatten, »behütet« (und geschröpft) zu werden, während die starke Sorte das System fröhlich umstürzte. Dreimal darf man raten, für welche Sorte ich mich entschieden hatte.
»Dazu müsste man wissen, worum es in dem Verfahren überhaupt gegangen ist«, setzte ich zum Erklären an.
»Rubirius Metellus wurde beschuldigt, Ämter vergeben zu haben, Marcus.«
»Ja.« Ich weigerte mich, überrascht zu sein, dass sie es wusste. »Während sein Sohn als kurulischer Ädile für die Straßeninstandhaltung zuständig war.« Ein Zwinkern erschien in Helenas schönen braunen Augen. Ich grinste zurück. »Oh, du hast...




