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E-Book

E-Book, Deutsch, 410 Seiten

Daxhammer / Facsar Behavioral Finance

Verhaltenswissenschaftliche Finanzmarktforschung im Lichte begrenzt rationaler Marktteilnehmer

E-Book, Deutsch, 410 Seiten

ISBN: 978-3-7398-0072-1
Verlag: UVK
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Seit über 50 Jahren dominiert die neoklassische Kapitalmarkttheorie unser Verständnis für die Abläufe an Finanzmärkten. Sie hat eine Vielzahl von Theorien und Konzepten (z.B. Portfoliotheorie, Capital AsSet Pricing Model oder Value-at-Risk) hervorgebracht und basiert auf der Annahme eines streng rationalen Homo Oeconomicus.

Das vorliegende Buch möchte Studierenden und Praktikern die Türe öffnen zu einer neu entstehenden, verhaltenswissenschaftlichen Sicht auf die Finanzmärkte in der ein realitätsnäherer Homo Oeconomicus Humanus an den Märkten agiert. Er Setzt bei der Entscheidungsfindung begrenzt rationale Heuristiken ein und lässt sich von emotionalen Einflüssen lenken.

Die Autoren schlagen zunächst den Bogen von der neoklassischen Sicht der Finanzmärkte zur Behavioral Finance. Anschließend werden spekulative Blasen, von der Tulpenmanie bis zur Subprime Hypothekenblase, als Anzeichen für begrenzte Rationalität an Finanzmärkten ausführlich vorgestellt. Danach stehen die Heuristiken bei Anlageentscheidungen an Wertpapiermärkten im Vordergrund. Die dadurch ausgelösten Verzerrungen werden entsprechend ihrer Risiko-/Renditeschädlichkeit im Rahmen des RRS-Index® eingeordnet. Abschließend werden Beispiele für die Anwendung der Behavioral-Finance-Erkenntnisse im Wealth Management und Corporate Governance diskutiert und es wird ein Blick auf aktuelle Entwicklungen der Neuro-Finance und Emotional Finance geworfen. In dieser Auflage neu hinzugekommen ist Financial Nudging, einer besonders vielversprechenden Anwendung von Behavioral Finance-Erkenntnissen.
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Abschnitt I – Der Homo Oeconomicus im Zentrum der Neoklassik
1 Die neoklassische Kapitalmarkttheorie als Grundlage rationalen Verhaltens
Nach Durcharbeiten des Kapitels werden Sie die Entwicklung der wirtschaftswissenschaftlichen Sichtweisen, angefangen von der klassischen Nationalökonomie bis hin zur Emotional Finance, kennenlernen. Im Rahmen des ersten Unterkapitels werden Sie die stark wechselnde Einbindung der Psychologie in die Wirtschaftswissenschaften verfolgen können. Neben der Betrachtung der einzelnen Sichtweisen werden Sie die grundlegenden Entscheidungstheorien und Konzepte der neoklassischen Kapitalmarkttheorie kennenlernen. Hierbei liegt der Fokus auf dem Konzept des Homo Oeconomicus sowie auf den Verhaltensweisen, die auf Basis der neoklassischen Kapitalmarkttheorie postuliert werden. Sie werden beim Studium der Entscheidungstheorien und Konzepte deutliche Abweichungen der Realität vom angenommenen Verhalten der Marktteilnehmer erkennen, welche zunehmend als ein Anstoß für eine Paradigmenerweiterung durch die Behavioral Finance interpretiert werden können. Auf der Bühne der Investitionsentscheidungen an Finanzmärkten sehen die Befürworter der traditionellen Ökonomie eine Schar von rational agierenden Akteuren; der emotionale Homo Sapiens (oder auch später als Homo Oeconomicus Humanus bezeichnet) kommt in ihrem Bühnenstück nicht vor. Vielmehr verkörpert der Homo Oeconomicus den Marktteilnehmer, der perfekt rationale Entscheidungen trifft, unlimitierte Analysekapazitäten für jegliche Informationsmenge bereithält und seine Präferenzen entsprechend der ?Erwartungsnutzentheorie ausrichtet. Die Anhänger der Behavioral-Finance-Forschung versuchen, das Bühnenstück realistischer zu gestalten und den Homo Oeconomicus durch einen der Wirklichkeit eher entsprechenden Marktteilnehmer zu ersetzen. Richard Thaler, einer der zentralen Protagonisten der Behavioral Finance, hielt den schwelenden Konflikt um den wahren Marktteilnehmer auf einer Konferenz des National Bureau of Economic Research (NBER) mit Robert Barro, Befürworter der traditionellen Sichtweise, wie folgt fest: „The difference between us is that you assume people are as smart as you are, while I assume people are as dumb as I am.“ (vgl. Thaler zit. nach Robert Bloomfield, 2010, S. 23) In Anlehnung an das obige Zitat ist es die Zielsetzung der ersten beiden Kapitel dieses Buches, den Leser durch die Debatte über die fundamentalen Annahmen bezüglich der Verhaltensweisen der Marktteilnehmer zu leiten und gleichzeitig mögliche Ansatzpunkte für Anpassungen im Grundgerüst der ?neoklassischen Kapitalmarkttheorie vorzuschlagen. 1.1 Entwicklung der wirtschaftswissenschaftlichen Sichtweisen
Die Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften (vgl. Abb. 1) sowie ihrer grundlegenden Annahmen wurde von den Sichtweisen einzelner bedeutender Wissenschaftler geprägt. In Abhängigkeit von der vorherrschenden Meinung wurden menschliche Einflüsse auf die Entscheidungsfindung der Marktteilnehmer mit unterschiedlicher Intensität verfolgt. So spielten psychologische Einflüsse im Zeitalter der klassischen Nationalökonomie eine bedeutende Rolle, sie sollten allerdings bis zur Entstehung der Behavioral Finance weitestgehend zurückgedrängt werden. Folglich ist es nicht verwunderlich, dass sich der theoretische Rahmen rationalen Verhaltens in der Epoche der neoklassischen Kapitalmarkttheorie entwickelte und auch heute noch in den angewendeten Konzepten und Modellen Beachtung findet. Entwicklung der verhaltenswissenschaftlichen Finanzmarktforschung Abb. 1: Entwicklung der wirtschaftswissenschaftlichen Sichtweisen Zeitalter der klassischen Nationalökonomie In der Mitte des 18. Jahrhunderts, im Zeitalter der klassischen Nationalökonomie, begannen Wirtschaftswissenschaftler, die menschlichen Einflüsse auf die Entscheidungsfindung zu analysieren. Diese Anfänge bildeten die Grundlage für die Entstehung der verhaltensorientierten Kapitalmarktforschung. Man versuchte, den ökonomischen Nutzen des Konsums mit psychologischen Ansätzen zu verbinden. Adam Smith prägte seinerzeit die Entwicklung der klassischen Nationalökonomie. Er beschrieb in dem vielbeachteten Aufsatz „The Theory of Moral Sentiments“ von 1759 die psychologischen Prinzipien des individuellen Verhaltens. Sein grundlegendes Hauptwerk „Der Wohlstand der Nationen“ von 1776 wird heute mit dem Beginn der klassischen Nationalökonomie gleichgesetzt. Smith vertrat die Ansicht, dass die Märkte am besten frei von staatlichen Einflüssen sein sollten und von einer unsichtbaren Hand geleitet werden. Die Selbstregulierung der Marktkräfte sollte quasi automatisch Gleichgewicht und Vollbeschäftigung herbeiführen. Grundlage dieser Denkweise war das menschliche Handeln, welches sich allein aus ökonomischen Motiven und rationalen Überlegungen speist. Die Psychologie erlebte im 19. Jahrhundert ihren Aufschwung, als die naturwissenschaftliche Betrachtungsweise in der Psychologie Einzug hielt. So führte Hermann Ebbinghaus experimentelle Methoden in die Psychologie ein und leistete herausragende Beiträge zur Erforschung von Lernen und Gedächtnis. Er zeigte, dass Erinnerungen unterschiedliche Lebenszyklen haben. Einige sind kurzlebig, andere wiederum überdauern Tage oder auch Wochen. Erinnerungen, die Tage und Wochen überdauern, werden schließlich widerstandsfähig gegen Störungen und bleiben damit im Gedächtnis gespeichert. Mitte des 19. Jahrhunderts folgte dann die weit verbreitete Beobachtung von Tierverhalten auf Basis der Vermutung von Charles Darwin, dass geistige Merkmale von Säugetieren untereinander ähnlich sind. Zeitalter der neoklassischen Ökonomie Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurde die klassische Nationalökonomie von der neoklassischen Ökonomie abgelöst. In der Folge wurde das Bestreben, das Marktverhalten durch die Psychologie zu erklären, weitestgehend zurückgedrängt. Zentrale Annahme der neoklassischen Ökonomie war das Modell des Homo Oeconomicus, das den Marktteilnehmer als ein rationales, nutzenorientiertes und vollständig informiertes Individuum darstellt (vgl. Kap. 1.2.1). Die professionelle Geldanlage wurde allerdings zunächst nicht unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet, sondern vielmehr als Kunst angesehen. Selbst John M. Keynes sah die Investition in Aktien in erster Linie als Spekulation an und verglich den Aktienmarkt mit einem Schönheitswettbewerb. „It is not a case of choosing those [faces] that, to the best of one’s judgment, are really the prettiest, nor even those that average opinion genuinely thinks the prettiest. We have reached the third degree where we devote our intelligences to anticipating what average opinion expects the average opinion to be. And there are some, I believe, who practice the fourth, fifth and higher degrees.“ (Keynes, zit. nach Montier, 2007, S. 91) Der Beginn der Entwicklung der neoklassischen Kapitalmarkttheorie wird in der Regel mit der Doktorarbeit von Louis Bachelier im Jahre 1900 in Verbindung gebracht. Bachelier formulierte erste Erkenntnisse, die sich mit der Art und Weise, wie sich Aktienkurse entwickeln, befassten. Seine Erkenntnis, dass Aktienkursbewegungen mittels stochastischer Prozesse modellierbar sind und die statistische Eigenschaft eines reinen Zufallsprozesses aufweisen, war die Grundlage für die Random Walk Theory (vgl. Kap. 1.2.2); jene Theorie, wonach sich Aktienkurse ohne „Gedächtnis“, d.h. unabhängig von den vorher realisierten Kursen nach oben oder nach unten bewegen (vgl. Gehrig & Zimmermann, 1999. S. 5). Die meisten der verwendeten Entscheidungstheorien und Konzepte als Grundlage rationalen Verhaltens entwickelten sich zeitlich im Rahmen der Weltwirtschaftskrise 1929. So entwickelte sich die Theorie effizienter Kapitalmärkte, als sich Alfred Cowles in den 1930er-Jahren erstmals systematisch mit der Vorhersagbarkeit von Aktienkursen beschäftigte. Die Hypothese, dass Aktienkurse nach der Random Walk Theory nicht vorhersagbar sind, wurde schließlich von Holbrook Working in den 1940er-Jahren operationalisiert und empirisch überprüft. Im Jahr 1936 wurde ein weiterer Versuch der Einbindung psychologischer Einflüsse in die Entscheidungsfindung der Marktteilnehmer sichtbar. John M. Keynes1 vertrat in seinem Werk „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ von 1936 den Ansatz, dass die Wirtschaft nicht alleine von rationalen Marktteilnehmern, die wie von einer unsichtbaren Hand gelenkt ökonomische Vorteile verfolgen, beherrscht wird. Er räumte zwar ein, dass das wirtschaftliche Handeln größtenteils von ökonomischen Motiven bestimmt wird, setzte dem aber entgegen, dass es häufig auch von Instinkten beeinflusst wird. Diese Instinkte, die er als Animal Spirits bezeichnete, seien eine wichtige Ursache für Schwankungen der Konjunktur und für unfreiwillige...


Prof. Dr. Rolf J. Daxhammer lehrt an der an der ESB Business School in Reutlingen. Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind Internationale Finanzmärkte, Investmentbanking, Private Wealth Management, Behavioral Finance und Europäische Integration.


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