de Moor Der Maler und das Mädchen
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-446-23698-1
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 304 Seiten, Gewicht: 1 g
ISBN: 978-3-446-23698-1
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Margriet de Moor gehört zu den bedeutendsten niederländischen Autoren der Gegenwart. Sie studierte Klavier und Gesang, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte. Bereits ihr erster Roman Erst grau dann weiß dann blau (Hanser, 1993) wurde ein sensationeller Erfolg. Heute sind ihre Romane und Erzählungen in alle Weltsprachen übersetzt. Ihr Werk erscheint im Hanser Verlag, zuletzt Die Verabredung (Roman, 2000), Der Jongleur (Ein Divertimento, 2008), Der Maler und das Mädchen (Roman, 2011), Mélodie d'amour (Roman, 2014), Schlaflose Nacht (2016) und Von Vögeln und Menschen (Roman, 2018). Margriet de Moor lebt in Amsterdam.
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(S. 60-61)
Die Warmoesstraat, die vom Zeedijk bis zum Dam im Herzen der Stadt führt, ist eine schmale Straße mit hohen Häusern, zwischen denen die Sonne nur zur Mittagszeit freien Zugang hat. Dennoch herrschte im Laden das Innenraumlicht, das für Amsterdam charakteristisch ist, auch heute noch, und sich von jedem anderen umschlossenen Licht der Welt unterscheidet. Stubenlicht, wie wir dieses intime Licht nennen, gibt mit seinen fünf an Stärke abnehmenden Stufen sehr genau an, wo und wann ein Schriftsteller am besten schreiben kann, eine Frau am schönsten ist, ein Mann am vernünftigsten nachdenken kann und ein Kind am ungestörtesten schläft.
Die fünfte Stufe, die die Ratten, Flöhe und Wanzen betrifft, ist strenggenommen keine Stufe, sondern eine Abwesenheit, eine hohle Tiefe, die sich jedem Fünkchen Licht verweigert, aber doch einen süßlichen Geruch verströmt. Für jede dieser Abstufungen hat die Malerei ihre Pigmente. Für die fünfte sind das die Schwarztöne, ihre allerdunkelsten Farben.
»Darf ich Ihnen ein Glas Met anbieten?« hatte der Apotheker gefragt.»Ja bitte!« hatte der Maler so inständig geantwortet, als wisse er, dies waren die zehn Minuten, in denen das Mädchen im Rathaus, wie die Tradition es will, für ein letztes Gebet in den Justizraum gebracht wurde und die Menge der Schaulustigen draußen zu starren begann.Sie tranken.
Der Apotheker hatte sich einen Stuhl herangezogen und einen kleinen Tisch für den Krug und die Gläser dazugestellt. Sie kamen ins Gespräch, der Augenblick war danach, eines dieser Gespräche, die scheinbar ganz von selbst beginnen. Als der Maler nach seinem ersten Schluck aufmerksam das Glas erhob, um hindurchzuspähen, dachte der Apotheker, sein Kunde betrachte die Wirkung des Lichts auf die goldene Flüssigkeit. Tatsächlich aber hatte dieser nur ausgerechnet, wieviel ihn die Bestellung kosten würde. Dennoch sollte ihr Gespräch, ein Destillat aus einigen wenigen Bemerkungen, um das Licht kreisen.