Dedenroth | Die Bescholtenen | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 206 Seiten

Dedenroth Die Bescholtenen


1. Auflage 2017
ISBN: 978-80-272-3875-0
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 206 Seiten

ISBN: 978-80-272-3875-0
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In 'Die Bescholtenen' von Eugen Hermann von Dedenroth handelt es sich um eine literarische Erzählung, die sich mit den verschiedenen Facetten menschlicher Schuld und Vergebung auseinandersetzt. Der Autor präsentiert eine detaillierte Charakterstudie seiner Protagonisten, die mit moralischen Dilemmata konfrontiert sind. Von Dedenroths Schreibstil ist nuanciert und reflektiert, was dem Leser ermöglicht, tief in die Psyche der Figuren einzutauchen. Das Buch zeichnet sich durch eine ausgeprägte literarische Sensibilität aus und spiegelt die gesellschaftlichen Spannungen der Zeit wider, in der es geschrieben wurde. Der Roman ist ein eindringliches Beispiel für psychologisch fundierte Literatur, die den Leser zum Nachdenken anregt. Eugen Hermann von Dedenroth, ein angesehener Gelehrter und Schriftsteller seiner Zeit, war bekannt für sein Interesse an tiefgründigen Themen wie Moral, Schuld und Vergebung. Seine akademische Ausbildung und sein breites Wissen über die menschliche Psyche prägen sein Werk und verleihen ihm eine tiefe Ernsthaftigkeit. 'Die Bescholtenen' ist ein Buch, das Lesern, die komplexe literarische Werke schätzen, empfohlen wird. Von Dedenroths Erzählung bietet eine intellektuelle Herausforderung und eine tiefsinnige Auseinandersetzung mit den fundamentalen Fragen des menschlichen Lebens.

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2.


Eduard v. Trotten hatte schon früh Neigung für Botanik und Chemie gezeigt, sein Vater hatte die für einen wenig bemittelten Mann immerhin sehr bedeutenden Opfer gebracht, den Sohn studiren zu lassen, aber auch die freudige Genugthuung gehabt, von den Professoren zu hören, daß Eduard nicht nur ein fleißiger und strebsamer, sondern auch hervorragend begabter Schüler sei.

Eduard absolvirte seine Examina mit glänzendem Erfolge, und erhielt verhältnißmäßig früh den Doktorhut. Die Stadt G., in der sein Vater lebte, war kein unbedeutender Ort, aber doch eine Provinzialstadt, in welcher die Leute der verschiedenen Gesellschaftsklassen sich unter einander kennen und je nach ihrer Neigung in mehr oder minder lebhaftem geselligen Verkehr mit einander stehen. Major von Trotten war Mitglied mehrerer Vereine, er bekleidete verschiedene Ehrenposten und Vertrauensämter, er war allgemein geachtet, man interessirte sich daher auch für seine Familie und Eduard hatte in G. den Ruf eines vortrefflichen Sohnes, eines jungen Mannes, der zu den besten Hoffnungen berechtige; so mancher Vater, der eine heranreifende Tochter hatte, mochte wünschen, daß Eduard dieselbe einmal heimführe. So oft Eduard in den Ferien zum Besuche nach G. gekommen, fand er in zahlreichen Familien freundliche Aufnahme, seine Erscheinung bestätigte die Hoffnungen des Vaters, man sah ihn überall gern.

Vor einigen Monaten hatte er seine Studien beendet und war zum Doktor promovirt, er mußte sich jetzt darüber entscheiden, ob und wo er sich als Praktischer Arzt niederlassen wollte. Eduard hatte keine Abneigung dagegen, sich durch ärztliche Praxis eine Existenz zu schaffen, aber ein innerer Drang ließ ihm ein anderes Gebiet der Thätigkeit verführerischer erscheinen. Er hatte mit besonderer Vorliebe Chirurgie getrieben und sein Geist beschäftigte sich mit Ideen, Instrumente zu konstruiren, welche den Blick des Arztes in das Innere des menschlichen Körpers erleichtern, er hatte schon auf der Universität den Versuch gemacht, durch Spiegel-Reflexe ein Bild der Halsröhre zu erhalten. Um sich jedoch diesen Bestrebungen zu widmen, bedurfte er weiterer physikalischer und mechanischer Studien, da waren Reisen nöthig, um Celebritäten in diesen Fächern der Wissenschaft zu hören, da bedurfte er vor Allem der Mittel zu einer sorgenfreien Existenz. Er wußte aber, welche Opfer sein Vater schon für ihn gebracht und daß derselbe nun darauf rechnete, er werde sich selber ernähren können, er verschwieg den Seinigen daher den innersten Wunsch seines Herzens und machte Anstalt, einen Ort zu suchen, wo er mit der Aussicht, gute Praxis zu finden, sich niederlassen könne. In G. selbst erschien ihm das nicht rathsam, da daselbst eine Ueberfülle von Aerzten war und es ihm auch widerstrebte, sich den Bekannten seines Vaters als Arzt aufzudrängen, seine Praxis auf derartige Konnexionen zu gründen.

Da lernte er Marie Ebeling kennen und lieben. Es war nicht die Tochter des reichen Mannes, die er gesucht, derartige Spekulation war seinem Denken fremd, ihn bezauberte das schöne blühende Mädchen, er hätte sie erwählt, wenn sie auch die Tochter eines armen Mannes gewesen wäre. Im Gegentheil, er sagte sich selber, daß er Marie nicht heimführen dürfe, ehe er sich eine Existenz geschaffen habe, sein Selbstgefühl stellte ihm diese Bedingung. Er faßte es nicht als Ausdruck eitlen Hochmuthes aus, als Ebeling die Ansicht aussprach, Marie passe nicht zur Frau eines praktischen Arztes, der für einige Groschen selbst in der Nacht Jedem zu Diensten stehen müsse und dem Publikum mehr angehöre als seiner Frau, er gestand, welche geheimen Wünsche er hege und der Bankier ging sehr lebhaft auf seine Gedanken ein. »Das gefällt mir,« rief er, »das ist etwas Apartes. Da macht eine Erfindung Sie zu einer Berühmtheit. Mangel an Mitteln darf Sie von Ihrer Idee nicht zurückschrecken, die Kapitalisten sind dazu da, das Genie zu unterstützen.«

Der Hausarzt Ebeling's war Spezialist für Halskrankheiten, Eduard hatte mit ihm über seine Ideen gesprochen und der Arzt war seines Lobes voll – vielleicht weil es ihm lieber war, wenn der junge begabte Doktor sich derartigen Studien widmete, als wenn er ihm in der Praxis Konkurrenz machte, vielleicht aber auch aus edleren Motiven – genug, er äußerte sich derart über die Bestrebungen und Aussichten Eduard's, daß Ebeling nicht zweifelte, Eduard's Bild noch einmal unter den Porträts berühmter Männer in einem illustrirten Journal zu sehen, die Brust mit Orden geschmückt. Er bot Eduard seine Unterstützung an. Eduard lehnte dieselbe dankend ab, aber der Beifall des Arztes, das Zureden Ebeling's verführten ihn, seinem Lieblingswunsche Gehör zu geben und mit seinem Vater darüber zu sprechen, es ward ihm das um so leichter, als der Bankier ihm versichert hatte, jetzt, wo Trotten sein Vermögen ihm zur Verwaltung anvertraut, würden die Renten des Majors sich verdoppeln und verdreifachen. Trotten machte keinen Einwand. »Ich verstehe davon nichts,« sagte er, »Du mußt selbst der Schmied Deiner Zukunft sein und ich wäre ein schlechter Rechner, wollte ich, um jetzt einige hundert Thaler zu sparen, Dich hindern, aus der theuren Erziehung, die Du erhalten hast, die lohnendsten Früchte zu ziehen.«

Eduard bemerkte es in seiner Freude über die Zustimmung des Vaters nicht, daß derselbe diese Worte mit einem eigenthümlichen Ernste sprach, als halte ihn ein Gefühl, das er nicht äußern wollte, ab, seine Bedenken auszusprechen. Er war zu selig in dem Gedanken, Alles erreicht zu haben, wonach seine Seele gedürstet – das Jawort Mariens und die Erfüllung des Wunsches, sich ganz seinen Ideen widmen zu können.

Aber der Traum des Glückes sollte bald zerfließen, wenigstens in einer Beziehung, der Schlag traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel, daß er auf Mariens Hand verzichten solle! Selbst gestern noch, wo man seinen Besuch im Ebeling'schen Hause mit der Entschuldigung, Marie sei nicht ganz wohl, Herr Ebeling aber sehr beschäftigt, abgewiesen, hatte er nichts Böses geahnt, obwohl ihn die Art und Weise der Abfertigung peinlich berührte. Er wußte ja nichts von den geschäftlichen Differenzen, welche zwischen seinem Vater und Ebeling entstanden waren – jetzt hatte er Kenntniß davon, und je klarer er schaute, um so furchtbarer, vernichtender traf ihn der bittere Schlag. Jetzt war es ihm erklärt, wie es gekommen, daß der reiche, hochmüthige Mann ihm so rasch das Jawort gegeben, Ebeling hatte wohl weniger auf die Bitte der Tochter gehört, als daran gedacht, daß er sich mit dem Sohne auch den Vater kaufe.

Ja, »kaufe!« So hart, so bitter das Wort klang, es malte die Wahrheit. Wie Schuppen fiel es ihm von den Augen. Aus tausend kleinen Zügen, die ihm bis dahin unverständlich gewesen, die ihn peinlich berührt, die er aber weiter nicht beachtet, leuchtete ihm jetzt der Charakter Ebeling's so entgegen, wie ihn sein Vater geschildert. Hatte der Mann kein Ehrgefühl, scheute er selbst den Betrug nicht, um Gold zu erwerben, dann waren tausend gelegentliche Bemerkungen von ihm verständlich, welche oft genug Eduard's Befremden erregt. Und der Wille dieses Mannes sollte ihm seine schönste Hoffnung rauben, ihn elend machen, sollte grausam Mariens Glück zertreten? War sie denn ihres Vaters Sklavin? Hatte dieser ein Recht, sein gegebenes Wort zurück zu nehmen, ein heiliges Band zu zerreißen? Ein solches Recht hätte ihm doch nur eine unwürdige Handlung Eduard's gegeben, nicht aber der Verdruß über eine zerstörte Spekulation. »Nein« rief Eduard, »nein. Er überschreitet das Recht väterlicher Gewalt und Du brauchst Dich nicht zu fügen, Marie darf ihm trotzen.« Er griff zur Feder und schrieb in leidenschaftlichen Zeilen diese Erklärung an Marie nieder. Er beschwor sie, ihm die Treue zu bewahren, er werde niemals seine Rechte an sie aufgeben, es sei denn, daß ihr freier Wille dies fordere, und das sei unmöglich, denn alsdann hätte sie ihn nie geliebt.

Mit brennender Ungeduld erwartete Eduard die Antwort auf sein Schreiben, welches er einem Diener Ebeling's mit der Bitte zugesteckt, dasselbe nur an das Fräulein abzugeben, wenn sie allein sei.

Er erhielt eine doppelte Antwort. In der Morgenzeitung stand die Meldung von der aufgelösten Verlobung und durch die Post erhielt er sein Schreiben uneröffnet, aber neu couvertirt zurück. Auf der Kehrseite seines Briefes standen die Worte von Mariens Hand: »Der Wille meines Vaters ist auch der meine. Ich bitte, nicht wieder an mich zu schreiben. Marie Ebeling.«

Ja, es war ihre Handschrift, sein Auge täuschte ihn nicht. Welche Künste der Vater auch gebraucht haben mochte, seine Tochter zu solcher Handlung zu bewegen, das konnte ihre Schuld mehr oder minder verringern, aber niemals die schnöde That entschuldigen, denn es gab keine Gewalt, die ein freies Wesen zwingen konnte, wider seinen Willen solche Worte zu schreiben. Und die Handschrift verrieth nicht, daß ihre Seele erregt gewesen, die Schriftzüge waren dieselben wie sonst, keine Thräne hatte das Papier gefeuchtet. Kalt, ohne ein Wort der Klage zerriß sie das heilige Band, welches ihm in das innerste Herz gewachsen. Bitterkeit und Empörung waren in ihm fast gewaltiger als der Schmerz. – –

Eduard hatte vor einigen Tagen in einer größeren Zeitung zufällig ein Inserat gelesen. Der Magistrat von O., einer kleinen Provinzialstadt in Schlesien, forderte junge Aerzte auf, sich in O. anzusiedeln, da der kürzlich erfolgte Tod des bisher dort ansäßig gewesenen Doktors N. den Mangel an Aerzten daselbst doppelt fühlbar gemacht habe. Eduard hatte, als er das Inserat gelesen, den Gedanken gehabt, daß der in romantischer Gegend gelegene Ort gewiß ein angenehmer Aufenthalt für einen Arzt sei,...



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