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E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Derra / Harrer Achtsam bewegen und entspannen
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-608-12497-2
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In kleinen Schritten zu mehr Wohlbefinden und Gesundheit
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
ISBN: 978-3-608-12497-2
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Claus Derra, Dr. med., ist Arzt und Diplom-Psychologe, Facharzt für Psychiatrie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie mit dem Spezialgebiet Schmerztherapie, tätig in eigener psychotherapeutischer Praxis in Berlin.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1
Ausgangspunkt:
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Sie wollen oder müssen etwas in Ihrem Alltag verändern, damit es Ihnen besser geht.
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Sie wollen Ihre Gesundheit und Lebensqualität fördern.
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Sie wollen dazu etwas ausprobieren.
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Sie sind neugierig und gespannt, was sich in drei Wochen mit erstaunlich wenig Aufwand verändern lässt.
Was Sie in diesem Abschnitt erwartet:
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Sie lernen sieben »Basisübungen« kennen, von denen Sie für den Anfang die für Sie passende auswählen werden.
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Diese Übungen lassen sich in maximal 15 Sekunden ausführen. Dadurch ist es leicht möglich, die Übung täglich 5 bis 10 mal durchzuführen und immer wieder in den Alltag einzubauen.
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Sie werden verstehen, wozu die Übungen dienen.
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Sie werden verstehen, warum Regelmäßigkeit und mehrmalige Wiederholungen pro Tag wichtig sind.
1.1
Bevor Sie mit den Übungen beginnen, möchten wir einige grundsätzliche Überlegungen mit Ihnen teilen.
Sie haben sicherlich schon viele Ratschläge bekommen und einiges ausprobiert, was Ihnen guttun könnte. Diese Erfahrungen können Sie als Grundlage für die Auswahl der Übungen nutzen.
Vielleicht wissen Sie schon, ob Ihnen eher Bewegung oder körperliche Ruhe leichter fällt oder vielleicht das eine nach dem anderen. Oft ist es hilfreich, zwischen Aktivität und Entspannung zu pendeln, um gut umschalten zu können. Diese Möglichkeit des Pendelns ist eine menschliche Grundfähigkeit. Sie ist Ausdruck von Gesundheit und fördert zugleich Gesundheit. Anspannung und Entspannung, Aktivität und Beruhigung finden auf drei Ebenen statt: Wir spannen die Muskeln an, anschließend lassen wir los, um sie wieder zu entspannen. Das vegetative Nervensystem dient dazu, den Körper auf Aktivität vorzubereiten oder auf Erholung umzuschalten. Das bemerken wir beispielsweise an unserer Atmung und unserem Herzschlag. Auf der mentalen Ebene bemerken wir, ob die Gedanken galoppieren und mit einem durchgehen, ob beruhigende Bilder entstehen oder es im Kopf ruhig wird. Diese Ebenen haben wir in einem Drei-Säulen-Modell zusammengefasst (Abb. 1).
Abb. 1 Drei-Säulen-Modell mit »Inneren Helfern«
Die drei Säulen stehen für die drei verschiedenen Möglichkeiten, das Pendeln zwischen Aktivierung und Entspannung zu gestalten. Indem die Säulen ein Dach tragen, entsteht der Raum, in dem sich unser Leben abspielt. Das Dach beherbergt in unserem Modell in seinem Querbalken das »Bemerken«, in dem Fall von Aktivierung und Entspannung. Im Dreieck finden sich die »inneren Helfer«. Als Icon für das Bemerken werden wir später den »inneren Beobachter« (s. Kap. 3.5) einführen. Seine Funktion ist die Basis für alles Weitere. Denn erst durch bewusstes Wahrnehmen und Bemerken bekommen körperliche Veränderungen, Gefühle und Gedanken, die uns durch den Kopf gehen, ihre Bedeutung. Wenn ich sie entweder als angenehm oder unangenehm erlebe, mich an ihnen erfreue oder darunter leide, verleiten sie zu Reaktionen, die uns glücklich oder unglücklich machen können. Wir führen an dieser Stelle das Dach unseres Drei-Säulen-Modells als Icon ein. Sie werden ihm immer wieder begegnen, wenn es um Wahrnehmen und Bemerken geht. Das tragende Rechteck steht für diese beobachtende Funktion, das Bemerken, z. B. von Aktivierung und Entspannung.
Vielleicht mögen Sie einmal kurz darüber nachdenken, mit welcher der drei Säulen Sie schon gute Erfahrungen gemacht haben. Liegt es Ihnen mehr, Aktivität und muskuläre Bewegung zu spüren, um sich zu entspannen? Lieben Sie vielleicht Atemübungen oder genießen Sie es, wohltuenden inneren Bildern nachzuhängen?
Diese Fragen richten sich an Ihre inneren Helfer in ihrer Kompetenz, sich zu erinnern. Sie wissen unter anderem aus früheren Erfahrungen, was Ihnen guttut. Davon ausgehend können sie Sie in jeder Situation daran erinnern, was helfen könnte. Im Icon steht das Oval im Dreieck für dieses Erinnern durch die inneren Helfer.
Um diese inneren Helfer nicht nur in ihren beiden Funktionen zu verstehen, sondern sie konkreter und greifbarer zu machen, kann man sie sich bildlich vorstellen. Man kann sie personifizieren und ihnen ganz persönliche Namen geben.
Übung zur Selbstreflexion
Was taucht bei Ihnen auf, wenn Sie sich Ihre inneren Helfer vorstellen? Ist es eher eine vertraute Person, ein Tier, ein Kuscheltier, ein abstraktes Symbol oder eine Farbe, die Sie umhüllt? In unserem Konzept sind sie zuständig für das Erinnern, was hilft, und dafür, das dann auch in Handlung umzusetzen.
Für die Fähigkeit des Wahrnehmens hat sich die Vorstellung eines »inneren Beobachters« bewährt. Wir haben in Kapitel 3.5 das Bild von Snoopy als wohlwollenden Beobachter dessen gewählt, was in Charley Brown vorgeht.
Die inneren Helfer mit ihren beiden Funktionen werden uns durch das Buch begleiten. Sie sind eng mit dem Konzept der Achtsamkeit verknüpft (s. Kap. 3.1).
Zurück zum Drei-Säulen-Modell und den Übungen. Die für den ersten Abschnitt ausgewählten Übungen beschränken sich auf die beiden linken Säulen der körperlichen Ebene. Wir schlagen eine aktivierende und eine beruhigende Atemübung vor, eine Übung der muskulären Anspannung und Entspannung und Übungen, die sich auf den Energiefluss im Körper auswirken.
Mit diesem Wissen sind Sie gut vorbereitet für die nächsten Schritte.
1.2
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Sie schauen sich die Übungen an und lassen insbesondere die Abbildungen auf sich wirken.
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Dann wählen Sie zwei oder drei aus, die Sie ansprechen und probieren jede Übung ein paar Mal aus.
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Wählen Sie von diesen diejenige aus, die Ihnen besonders geeignet erscheint, sie regelmäßig auszuführen.
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Woran können Sie bemerken, dass eine Übung für Sie geeignet ist?
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Sie selbst sind der Maßstab. Die Übung sollte sich in irgendeiner Weise für Sie angenehm anfühlen.
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Eignet sich die Übung, sie auf unauffällige Weise in den Fluss Ihres Alltags einzubeziehen?
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Ist es möglich, die Übung über den Tag verteilt in verschiedenen Situationen durchzuführen, z. B. nicht nur zu Hause, sondern auch am Arbeitsplatz?
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Hinweis zum Umgang mit den Übungen
Es gibt mindestens zwei Gruppen von Menschen. Die einen haben Freude daran, was sie tun, mit anderen zu teilen. Die anderen ziehen es vor, Dinge, die ihnen wichtig sind, zu schützen und anderen in ihrer Umgebung davon nicht allzu viel oder gar nichts zu erzählen. Manche genießen es besonders, Dinge zu tun, ohne dass es jemand anderer bemerkt. Haben Sie schon Erfahrungen damit gesammelt, zu welcher Gruppe Sie eher gehören?
Wir Menschen sind soziale Wesen. Alles, was wir tun, steht immer auch in Beziehung zu anderen Menschen. So hat auch jede Übung immer zwei Aspekte: Ob sie uns selbst guttut und wie sie sich auf andere Menschen auswirkt. Ihre inneren Helfer könnten Ihnen auch in Zukunft dabei helfen, auf die Auswirkungen Ihrer Übungen zu achten.
1.3
1.3.1
Die einfachste Einstiegsübung ist die bewusste aktivierende Atmung. Diese Übung bewirkt ein kurzes Innehalten im Alltag. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper und schafft so einen Moment der Distanz zur aktuellen Tätigkeit oder Situation.
Die Übung kann grundsätzlich in jeder Körperhaltung durchgeführt werden, was eine häufige Anwendung im Alltag erleichtert. Es geht einfach darum, tief einzuatmen, wobei die Betonung auf dem Einatmen liegt. Dazu atmet man etwa drei bis vier Sekunden durch die Nase ein und hebt dabei den Kopf. Das Ausatmen durch Mund oder Nase wird nicht betont, sondern geschieht von selbst etwas langsamer.
Wenn Sie die Übung im Sitzen durchführen, achten Sie darauf, wie sich der Oberkörper beim Einatmen von selbst aufrichtet. Mit einem zweiten Atemzug, bei dem die Einatmung etwas weniger betont wird, können Sie die Übung ausklingen lassen.
Wenn es sich gut anfühlt, spricht nichts dagegen, die Übung mit einigen weiteren Atemzügen fortzusetzen. Für den Anfang würden aber durchaus zwei Atemzüge ausreichen.
Abb. 2 Aktivierendes Atmen
Das Prinzip ist in der Abbildung 2 dargestellt.
Die erstaunliche Wirksamkeit dieser einfachen zwei Atemzüge wurde 2023 in einer Studie der Stanford University in den USA an einer ganz ähnlichen Übung belegt (siehe Kap. 3.8.2). Im Vergleich zu drei anderen, komplexeren Atemübungen waren die einfachen Atemzüge sogar die wirksamste Form, um die vegetative Balance und die Stimmung der Versuchspersonen positiv zu beeinflussen.
1.3.2
Wie die erste wirkt auch die zweite Übung über die Atmung. Im Gegensatz zur ersten Übung steht hier die...