Dewey / Jung | Qualitative Thought / Qualitatives Denken. Englisch/Deutsch | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 126 Seiten

Reihe: Reclams Universal-Bibliothek

Dewey / Jung Qualitative Thought / Qualitatives Denken. Englisch/Deutsch

[Great Papers Philosophie] - Dewey, John - zweisprachige Ausgabe; Philosophie-Bücher - 14378
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-15-962292-7
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

[Great Papers Philosophie] - Dewey, John - zweisprachige Ausgabe; Philosophie-Bücher - 14378

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Reihe: Reclams Universal-Bibliothek

ISBN: 978-3-15-962292-7
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
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In seinem Aufsatz untersucht der amerikanische Pragmatist John Dewey drängende Fragen: Alles, was Menschen erfahren können, ob in Alltag, Kunst oder Wissenschaft, trägt einen qualitativen Charakter. Welche Rolle spielt diese gefühlte, erlebte Dimension der Erfahrung für unser Denken und unsere sprachliche Verständigung über die Welt? Die Ausgabe bietet den englischen Text, eine neue Übersetzung sowie ein Nachwort, das den Gang der Argumentation und die Wirkung des klassischen Aufsatzes bis in die Gegenwart nachzeichnet. Die Reihe »Great Papers Philosophie« bietet: - bahnbrechende Aufsätze der Philosophie: Eine zeichengenaue, zitierfähige Wiedergabe des Textes (links das fremdsprachige Original, rechts eine neue Übersetzung). - eine philosophiegeschichtliche Einordnung: Wie dachte man früher über das Problem? Welche Veränderung bewirkte der Aufsatz? Wie denkt man heute darüber? - eine Analyse des Textes bzw. eine Rekonstruktion seiner Argumentationsstruktur, gefolgt von einem Abschnitt über den Autor sowie ein kommentiertes Literaturverzeichnis.

John Dewey (1859-1952), wichtiger amerikanischer Philosoph des Pragmatismus. Herausgeber: Matthias Jung, geb. 1960, Professor für Philosophische Ethik und Rechtsphilosophie an der Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz.
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[7]Qualitatives Denken


Unsere1 unmittelbare Lebenswelt, die Welt, in der wir nach etwas streben, Erfolg haben oder Niederlagen erleiden, ist vor allem eine qualitative Welt. Um wessen willen wir handeln, was wir erleiden und genießen, sind Dinge in ihren qualitativen Bestimmungen. Diese Welt bildet einen Bereich charakteristischer Formen des Denkens, charakteristisch insofern, als das Denken eindeutig von qualitativen Erwägungen geleitet wird. Gäbe es die doppelte und deshalb uneindeutige Bedeutung des Worts »gesunder Menschenverstand« nicht, könnte man sagen, dass das Denken des gesunden Menschenverstands, dem es um Handlungen und ihre Konsequenzen unabhängig davon geht, ob diese nun genossen oder erlitten werden, qualitativ ist. Weil aber »gesunder Menschenverstand« auch verwendet wird, um weithin akzeptierte Traditionen zu bezeichnen, und in Anspruch genommen wird, um diese zu unterstützen, ist es von vornherein sicherer, sich einfach auf dasjenige Denken zu beziehen, das mit jenen Objekten zu tun hat, die in den Sorgen und Angelegenheiten des Lebens enthalten sind.

Das2 Problem qualitativer Objekte hat die Metaphysik und Epistemologie beeinflusst, in der logischen Theorie jedoch keine entsprechende Aufmerksamkeit gefunden. Die Aussagen, die in der Physik eine Rolle spielen, sehen von qualitativen Erwägungen als solchen ab; sie handeln von »primären« Qualitäten im Unterschied zu sekundären und tertiären Qualitäten; außerdem werden diese primären Qualitäten tatsächlich nicht als Qualitäten, sondern als Relationen behandelt. Man bedenke den Unterschied zwischen Bewegung als qualitativer Veränderung und als [9]; zwischen Druck als etwas, das Anstrengung und Spannung einschließt, und Druck als Kraft pro Einheit der Oberfläche; zwischen dem Rot des Bluts, das aus einer Wunde tritt, und rot als etwas, das 400 Billionen Schwingungen pro Zeiteinheit bezeichnet. Die Metaphysik hat sich mit dem Existenzstatus qualitativer Objekte im Unterschied zu solchen der Physik befasst, während die Epistemologie, die sich häufig dafür entschieden hat, Qualitäten als subjektiv und psychisch zu behandeln, sich mit ihrer das Wissen betreffenden Beziehung [244] zu den Eigenschaften »externer« Objekte befasst hat, die in nichtqualitativen Begriffen definiert werden.

Doch3 bleibt ein logisches Problem. Worin besteht die Beziehung – oder deren Fehlen – zwischen diesen zwei Typen von Aussagen, von denen der eine sich auf die Objekte der Physik und der andere sich auf qualitative Objekte bezieht? Worin bestehen die unterscheidenden logischen Merkmale der verschiedenen Typen – falls es sie überhaupt gibt? Wenn es wahr wäre, dass Dinge als Dinge, von Interaktionen mit einem Organismus abgesehen, keine Qualitäten haben, dann würde das logische Problem weiter bestehen bleiben. Denn diese Wahrheit würde die Weise der Entstehung und der Existenz qualitativer Dinge betreffen. Für ihren logischen Status ist sie irrelevant. Die Logik kann wohl kaum zugeben, dass sie sich nur um Objekte kümmert, die eine spezielle Form der Entstehung und Existenz aufweisen, und dennoch für sich Universalität beanspruchen. Und es wäre fatal für die Ansprüche der Logik zu behaupten, aufgrund dessen, dass Qualitäten psychisch sind – nehmen wir für den Moment einmal an, dass sie es tatsächlich sind – hätte die logische Theorie mit den [11]Formen des Denkens nichts zu tun, die charakteristisch für qualitative Objekte sind. Es wäre sogar möglich, dass einige der Schwierigkeiten, die metaphysische und epistemologische Theorien über wissenschaftliche und gewöhnliche Objekte mit sich bringen, daraus entspringen, dass eine grundsätzliche logische Behandlung versäumt wurde.

Eine4 vorläufige Einführung in das Thema mag die Tatsache liefern, dass die Aristotelische Logik, die nominell immer noch gültig ist, eine Logik ist, die auf der Idee basiert, dass qualitative Objekte im vollsten Sinn des Wortes existent sind. Es trägt, um das Mindeste zu sagen, nicht zur Klarheit bei, dass man logische Prinzipien beibehält, die auf dieser Konzeption, und gleichzeitig Theorien der Wirklichkeit und des Wissens akzeptiert, die auf der gegenteiligen Konzeption basieren, – eine Überlegung, die viel mit dem bestehenden Dualismus zwischen der traditionellen und der neueren relationalen Logik zu tun hat. Eine noch einschlägigere Überlegung besteht in der Tatsache, dass die Interpretation der klassischen Logik qualitative Bestimmungen als feste Eigenschaften von Objekten behandelt, und deshalb entweder einer attributiven oder klassifikatorischen Anschauung der Bedeutung von Aussagen verpflichtet ist. Man nehme den Satz »Der rote Indianer ist stoisch«. Seine Bedeutung wird dann entweder so verstanden, dass der betreffende Indianer zusätzlich zu der Eigenschaft des Rotseins durch die Eigenschaft, stoisch zu sein, gekennzeichnet ist, oder dass er zu der Klasse der stoischen Objekte gehört. Die gewöhnliche direkte Bedeutung der Aussage wird in beiden Fällen verkannt. Diese Bedeutung bringt die Tatsache zum Ausdruck, dass der amerikanische Ureinwohner durch und durch von einer bestimmten Qualität [13]durchdrungen war, im Unterschied dazu, ein Objekt zu sein, das eine bestimmte Eigenschaft zusammen mit anderen besitzt. Er lebte, handelte, und litt auf stoische Weise. [245]

Wer5 glaubt, dass der Unterschied zwischen diesen beiden Bedeutungen keine logische Relevanz hat, sollte bedenken, dass die ganze gegenwärtige Subjekt-Prädikations-Theorie der Aussagen vom Begriff der »Eigenschaft« beeinflusst ist, ob die Theorie die Sprache der Attribution oder die der Klassifikation spricht. Ein Subjekt ist »gegeben« – schlussendlich unabhängig vom Denken –, und dann fügt das Denken zum Gegebenen eine zusätzliche Bestimmung hinzu oder weist ihm einer vorfabrizierten Klasse von Dingen zu. Keine der beiden Theorien kann irgendeinen Raum für die innere Entwicklung und Rekonstruktion des Stoffs, wie sie durch den in Aussagen ausgedrückten Gedanken bewirkt werden, freihalten. In Wirklichkeit schließen sie das Denken von jedem Anteil an der Bestimmung des Stoffs des Wissens aus und beschränken es darauf, die Resultate (unabhängig davon, ob sie nun als attributiv oder klassifikatorisch verstanden werden) bereits erlangten Wissens isoliert von der Methode ihrer Gewinnung zu präsentieren.

Doch6 besteht ja diejenige Überlegung, die die meisten Menschen ansprechen dürfte, in der Tatsache, dass die Vernachlässigung qualitativer Objekte und Erwägungen das Denken in bestimmten Situationen ohne jeden logischen Status und Kontrolle lässt. In Fragen der Ästhetik, in Moral und Politik besteht der Effekt dieser Vernachlässigung darin, entweder (zumindest implizit) zu leugnen, dass sie über logische Fundamente verfügen, oder aber, ihnen ihre charakteristische Bedeutung zu entziehen, um sie unter die [15]etablierten logischen Kategorien zu bringen, – ein Verfahren, das den Mythos des »ökonomischen Menschen« wie auch die Reduktion von Ästhetik und Moral, soweit diese überhaupt noch eine intellektuelle Behandlung erfahren können, zu quasi-mathematischen Gegenständen hervorgebracht hat.

Man7 nehme etwa ein Bild, das ein Kunstwerk und nicht einfach ein Farbdruck oder eine andere Form eines mechanischen Produktes ist. Seine Qualität ist keine Eigenschaft, die es zusätzlich zu seinen anderen Eigenschaften besitzt. Sie ist etwas, das es äußerlich von anderen Kunstwerken unterscheidet und innerlich jedes Detail und jede Beziehung des Kunstwerks durchdringt, einfärbt, tönt und gewichtet. Dasselbe gilt von der »Qualität« einer Person oder eines historischen Ereignisses. Wir folgen, offenbar in völligem Verständnis, einer Geschichte, in der eine bestimmte Qualität oder ein bestimmter Charakter einem bestimmten Mann zugesprochen wird. Doch etwas, das gesagt wurde, bringt uns dazu, einzuwerfen: »Oh, du sprichst von Thomas Jones; ich dachte, du meinst John Jones.« Jedes Detail, das in Beziehung zu etwas gesetzt, jede Unterscheidung, die getroffen wurde, bleibt genau das, was es vorher war. Doch hat sich die Bedeutung, die Farbe und das Gewicht eines jeden Details verändert. Die Qualität nämlich, die alles dieses durchzieht, die allem Bedeutung gibt und alles verbindet, wurde übertragen. [246]

Ich8 bin nun der Meinung, dass sich das eine oder das andere von zwei Resultaten zwangsläufig ergibt, sollte diese dem zugrunde liegende und alles durchdringende qualitative Bestimmung nicht in einer explizit logischen Formulierung bestätigt werden. Entweder wird der fragliche Stoff [17]dem Denken entzogen und die Phänomene werden der »Intuition«, dem »Genie«, dem »Impuls« oder der »Persönlichkeit« als letzte und unanalysierbare Entitäten zugeschrieben; oder, noch schlimmer, die intellektuelle Analyse wird auf eine mechanische Aufzählung isolierter Items oder »Eigenschaften« reduziert. Tatsächlich aber verdanken die Gegenstände und kritischen Aspekte, die ästhetischen und moralischen Themen zukommen, ihre intellektuelle Bestimmtheit und ihrem Zusammenhalt der Tatsache, dass sie von der Qualität des Stoffes als Ganze gesehen kontrolliert werden. Das Thema dieses Papers besteht darin, zu erwägen, was es bedeutet, durch eine unterliegende und allumfassende Qualität kontrolliert...



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