Diedrich / von Seydlitz / Ebert | Nach Stalingrad | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 428 Seiten

Diedrich / von Seydlitz / Ebert Nach Stalingrad

Walther von Seydlitz` Feldpostbriefe und Kriegsgefangenenpost 1939-1955
2. Auflage 2018
ISBN: 978-3-8353-4211-8
Verlag: Wallstein Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Walther von Seydlitz` Feldpostbriefe und Kriegsgefangenenpost 1939-1955

E-Book, Deutsch, 428 Seiten

ISBN: 978-3-8353-4211-8
Verlag: Wallstein Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Anlässlich des 75. Jahrestages der Schlacht um Stalingrad werden erstmalig private Dokumente eines der prominentesten Generäle präsentiert.

Walther von Seydlitz war einer der hochrangigsten Befehlshaber in Stalingrad. Nicht erst im Kessel bewegten ihn jedoch Zweifel an der NS-Eroberungs- und Militärpolitik. Er wandte sich nachdrücklich gegen Hitlers Durchhaltebefehl und forderte den Ausbruch aus dem Kessel. In der Gefangenschaft kooperierte er mit der Roten Armee und deutschen Kommunisten, um Hitlers Terrorregime zu beseitigen und den bereits verlorenen Krieg rasch zu beenden. Das Reichsgericht verurteilte ihn dafür in Abwesenheit zum Tode.
Nach 1945 beendete Seydlitz die Kooperation mit der Roten Armee und wurde daraufhin auch in der Sowjetunion als Kriegsverbrecher zum Tode verurteilt und zu 25 Jahren Haft begnadigt. 1955 kehrte er schließlich in die Bundesrepublik zurück, wo er wegen seines »Verrats« gesellschaftlich geächtet war.
Seine erstmals publizierten Feldpostbriefe und Gefangenenpostbriefe aus den Jahren 1939 bis 1955 geben einen einzigartigen Einblick in den Verlauf des Zweiten Weltkrieges, in einer Mischung von privater Überzeugung, eigenständiger Analyse und militärischer Einsicht. Sie zeugen von einem Verfasser mit gradlinigem Charakter, der sich trotz der allgegenwärtigen Propaganda einen selbstständigen Blick auf die politischen und militärischen Ereignisse bewahrt hat.

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Feldpostbriefe 1939-1943
1939
Im Felde, 6. 9. 39 Mein geliebtestes Herz! Es giebt wieder viel zu tun. Die Hauptarbeit ist aber geleistet u. da sollst Du noch schnell einen Gruß haben. Die Erfolge im Osten sind ja fabelhaft, sie haben nur einen Fehler, daß wir nicht dabei sind u. anstelle dessen hier miesen Stellungs- u. Papierkrieg führen müssen u. daß Fritsch leider doch nicht führt in Ostpreußen, sondern nur bei seinem Rgt. teilnimmt. Es ist ein Jammer, eigentlich unwürdig für ihn. Nur die phantastischen Erfolge lassen einen diese kleine Schattenseite vergessen. Eigentlich sollten wir ja auch nach dem Osten u. wurden erst in letzter Minute umdirigiert, weil man Sorge hatte, hier oben könnten die Franzosen unter Verletzung der belgischen Neutralität überraschend angreifen. Auch sonst stehen wir seit Montag ja mit Frankreich im Kriegszustand, geschossen wird aber nicht. Vielmehr stehen im Saarwinkel beiderseitsTafeln an den vorderen Linien »Nicht schießen! Wenn Ihr nicht schießt, schießen wir auch nicht!!« Ein spaßiger Krieg! Wie der Krieg hier weitergehen soll, wenn erst alle Divisionen aus dem Osten hierher kommen, kann man sich noch nicht vorstellen. Eigentlich kann es ja nur ein frontales Abringen bis zur beiderseitigen Bewußtlosigkeit geben. Wir sind gespannt, wann hier der erste Schuß fällt. Die Heeresberichte mit all’ den alten vertrauten Namen berühren einen ja eigenartig, Danzig, Graudenz, Thorn u. s. w. Aber auch all die polnischen Namen Prosnyos [Prószkow?/ehem. Proskau?] Tschenstochau, Lodz, Kielze, überall war ich auch. Gestern trafen wir Gusti,[1] der eine Landwehrabtlg. führt, noch einen ziemlich traurigen Haufen. Er war darob noch etwas gedrückt, wie er damit kämpfen solle. Sonst aber bester Stimmung, wie wir alle auch. Feldpost funktioniert immer noch nicht! Hier tröstet einen außer den guten Nachrichten aus dem Osten noch die wirklich schöne Gegend über den miesen Krieg hier. Die Bevölkerung hier ist zu bewundern, wie sie das Alles trägt. Der Westwall vielfach fabelhaft. Die Gesamtleistung teilweise unvorstellbar. Sonst kann ich darüber nur erzählen später. Was macht mein Weib? Nimmst Du ordentlich zu? Gesamtbefinden? Liegst Du noch viel? Was machen die Lütten? Geht Mechi noch nach Bremen? Oder fällt die Schule noch immer aus? Was macht Niederpommern? Grüße sie alle sehr sehr von Vati! Und Dir einen dicken Kuß von Deinem W.     Im Felde, 14. 9. 39 (Kurzbach im Felde) Mein Geliebtes! Heute ein Feldpostbrief von Dir u. der Brief, den Horstmann mitbrachte, dazu Buch u. Gelée. Hab’ 1000 Dank! Allmählich kommt ja die Verbindung in Gang. Ich hätte sicherlich schon mal telephoniert. Aber bisher mußte hier selbst der General die ganze Nachrichten Abtg. mit Offizieren in Bewegung setzen, ehe er nach Stunden die Verbindung mit Bremen bekommt. Außerdem war es eigentlich streng verboten, denn es ist ja noch viel schlimmer als die Benutzung der normalen Post. Aber nun will ich es auch mal versuchen. In Polen haben sie sicher alle überhaupt noch keine Post bekommen. Uns geht es also noch sehr gut. Also mir persönlich geht es glänzend. Wir wohnen hier (das muß schon in einem der verlorenen Briefe stehen) bei einem Gutspächter, sehr netten Leuten mit 3 Söhnen u. 3 Töchtern, alle außer 1 Tochter von c. 11 Jahren erwachsen, streng katholisch. Man nimmt uns rührend auf u. sorgt gut für uns. Sonntags werden wir auch zum Mittag eingeladen. Sonst frühstücken wir dort nur. Mittags u. Abends essen wir gemeinsam bei der Division, die einen ziemlichen Wasserkopf von Offizieren, Beamten, Zahlmeistern, Ärzten, Veterinären, Gendarmerieoffizieren hat. Dazu Pfarrer u. s. w. c. 30 Mann hoch. Mit Sponeck[2] u. s. w. kann ich sehr gut u. es ist ein sehr gutes Zusammenarbeiten. Da unsere Abschnitte dauernd wechselten u. fortwährende Umgruppierungen stattfanden, gab es stets sehr viel zu tun. Dazu kommt, daß wir für alle unsere Arbeit (einschl. Schreiber, Zeichner, Ordonanzen u. s. w. nur einen einzigen Raum haben, was die Arbeit sehr erschwert. Sonst kam mir bei meiner Arbeit meine lange u. ausgezeichnete Schule im Stellungskrieg bei […] sehr zu statten. Das hatten wir sonst ja nie mehr geübt. Die Leutnants staunten, was hier alles zu tun u. zu befehlen war. Sonst hängt uns aber allen der Stellungskrieg hier zum Halse raus. Wir essen meist Feldküche, was uns glänzend bekommt. Unterwegs kehren wir öfter in einen der vielen netten Gasthöfe ein. Die Erfolge in Polen sind ja einfach unvorstellbar u. geben hoffentlich auch den Schwarzsehern den nötigen Auftrieb. Wir sind sehr gespannt über die Erfahrung zu hören, die dort mit all’ unseren neuen Waffen u. s. w. gemacht wurden. England u. Frankreich sollten sich nach diesen Erfolgen der deutschen Waffen die Sache doch nochmal überlegen! Wie sie sich den Krieg hier denken, ist kaum vorstellbar. Über all’ Eure Briefe habe ich mich sehr gefreut u. die Post ist wie 14?/18 immer ein Lichtblick. Erleben tun wir sonstbisher wenig, da wir ja von kleinen Verschiebungen abgesehen immer an der selben Stelle waren. Luschis plattdeutscher Brief hat mir besonderen Spaß gemacht. Wo hat die Deern das nur her? Hier hatten wir auch noch herrliches Wetter seit 2 Tagen ist es aber umgeschlagen u. kalt u. regnerisch. Die Fahrten durch die schöne Landschaft waren solange die reine Sommerfrische. Wir hofften immer noch auf den Osten, nun ist es aber wohl endgültig zu spät dafür. Denn bei dem Tempo wird in 8-10 Tagen wohl Schluß sein in Polen u. dann kommt die Masse von dort wohl hierher! Cannä u. Tannenberg werden ja noch weit in den Schatten gestellt! Viele neue schöne Garnisonen! Denkst Du das nächste Mal an die Wirtschaftskonten?? Damit ich den Überblick behalte! Morgen kaufe ich noch einige Kleinigkeiten zum Mitbringen für die Kinder! – Nummeriere doch Deine Briefe von jetzt ab, damit ich sehe, daß keiner verloren ging. Dann brauchst Du auch nichts mehr doppelt schreiben. Ja ich möchte auch mal wieder einen Tag bei Euch reinsehen! Vielleicht ist es eher als man denkt. 1000 Grüße u. ein Kuß von Deinem W.     Im Felde, 14. 9. 39 Geliebtes Herz! Horstmann fährt voraussichtlich erst morgen zurück u. da wir uns voraussichtlich bald etwas verändern werden, will ich doch gleich noch ein paar Zeilen dazu schreiben, zumal eben noch Dein lieber Brief vom 4?/9 nachkam. So ist es immer, tagelang Nichts u. dann 3 Briefe auf einmal. Ich freue mich immer wenn es Euch gut geht u. alle gesund sind. Ob Du nun auch wirklich mal etwas zugenommen hast? Dein Gelée hat uns heute morgen sehr gut geschmeckt, obwohl wir hier zum 1. Frühstück sehr gut verpflegt sind bei unseren liebenswürdigen Wirten! Sonst brauchst Du mir aber nichts zu schicken, wir haben Alles! Es ist manchmal wirklich sehr schwer hier einen Brief zu schreiben bei dem wahnsinnigen Betrieb den ganzen Tag. Man kann sich hier immer noch nicht vorstellen, wie der Krieg hier eigentlich werden soll? Die Franzosen scheinen gar keine Lust zu haben, hier gegen den Westwall anzurennen, zum mindesten scheinen sie warten zu wollen bis die Engländer da, um mit ihnen das heiße Eisen anzufassen. Und das kann noch lange dauern. Wer weiß was man bis dahin mit uns vorhat? Vielleicht trommeln sie auch an der Saar etwas, um zu zeigen, daß sie da etwas tun.[3] Aber angreifen werden sie noch kaum. Die Engländer haben sich mit ihrer ganzen Politik doch wahnsinnig in die Nesseln gesetzt. Und es wird wenn überhaupt der ganzen Kunst Hitlers bedürfen, um aus dieser Situation einen vernünftigen Ausweg zu finden. Oder es kommt hier zu einem jahrelangen Abringen! Oder schließlich greifen wir an, wenn die Engländer u. Franzosen die belgische Neutralität verletzen. Das wird dann aber auch eine sehr blutige Angelegenheit, und wann sind England u. Frankreich dann friedensreif? Im Osten kann es sich ja wohl nur noch um Tage handeln, bis die ganze Sache erledigt ist. – – Luschi u. Mechi sag’ doch noch 1000 Dank für ihre lieben Briefe, ich freue mich immer ganz besonders darüber. Und den beiden Küken einen Sonderkuß von Vati! Entbehre sie sehr! Sag doch […], Kristern, Scholz u. Schulze sie versäumten hier bestimmt noch nichts. Wir holen sie alle sofort nach, wenn es wirklich los geht u. wir Verluste haben. Zu spät kommt keiner! Bisher war doch hier nur blöder Stellungskrieg! (ohne Feind nur...


Ebert, Jens
Jens Ebert, geb. 1959, studierte Germanistik und Geschichte in Berlin und Moskau und lebt als Publizist in Berlin. 1989-2001 Lehrtätigkeit an Universitäten
in Berlin, Rom und Nairobi. Arbeiten für Presse, Rundfunk und Fernsehen. Veröffentlichungen zur Literatur-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte des 20. Jahrhunderts.

Seydlitz, Walther von
Walther von Seydlitz (1888–1976) geriet als General der Artillerie nach der Schlacht um Stalingrad in sowjetische Kriegsgefangenschaft und schloss sich dort dem Nationalkomitee Freies Deutschland an. 1955 kehrte er im Zuge der Freilassung der letzten Kriegsgefangenen in die BRD zurück.

Diedrich, Torsten
Torsten Diedrich, geb. 1956, Wissenschaftler am Militärgeschichtlichen Institut der DDR, am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam und am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.
Veröffentlichungen u.a.: Paulus. Das Trauma von Stalingrad. Eine Biographie (2008); Die getarnte Armee. Geschichte der Kasernierten Volkspolizei der DDR 1952–1956 (Mitautor, 2001).



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