Dobos | Das gestresste Herz | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Dobos Das gestresste Herz

Was wir tun können, um unser empfindsamstes Organ zu schützen
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95803-255-2
Verlag: Scorpio Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Was wir tun können, um unser empfindsamstes Organ zu schützen

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-95803-255-2
Verlag: Scorpio Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Was tun, wenn einem bang um das Herz ist? Das Herz reagiert nicht nur besonders sensibel auf Gefühle, Stress und Anstrengungen, es ist auch der Taktgeber unseres Lebens: Drei Milliarden Mal schlägt es im Laufe eines Lebens - mal schnell, mal langsam, mal stolpernd und dann wieder rhythmisch ausdauernd. Was können wir tun, um diesen Motor zu pflegen und zu stärken? Kardiologen sind darauf spezialisiert, im Akutfall Leben zu retten und Krankheiten mithilfe hochmoderner Technik zu behandeln. Aber was kommt vor dem Infarkt? 90 Prozent aller Herzinfarkte sind lebensstilbedingt: Sie könnten also verhindert werden - von uns selbst. Dass das gar nicht so schwer ist, zeigen Forschungsergebnisse aus der modernen Naturheilkunde. Es gibt wirkungsvolle Verfahren zur Reduktion von Stress, einem großen Belastungsfaktor für das Herz. Diese Ergebnisse der modernen Naturheilkunde lassen sich ohne große Probleme in den Alltag einbauen - damit es gar nicht erst zu Herzproblemen kommt. Wie man das am besten macht und was das alles Positives bewirken kann, das zeigt der Internist und Professor für Naturheilkunde Gustav Dobos in diesem Buch.

Prof. Dr. med. Gustav Dobos ist einer der Wegbereiter der wissenschaftsbasierten Naturheilkunde in Deutschland. Über 20 Jahre leitete er die Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte. Heute führt er das neue Zentrum für Naturheilkunde und Integrative Medizin an der Universität Duisburg-Essen.
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Kardiologen haben keine Zeit zu sprechen


Es wäre sicher ein Vorurteil, zu behaupten, dass Kardiologen die Technikfanatiker unter den Medizinern sind und den Menschen nur als Maschine sehen, den man warten und optimieren kann. Aber innerhalb unseres Gesundheitssystems hat es sich irgendwie dahin entwickelt – sicher auch als Folge unserer international starken Medizintechnik-Industrie –, dass die Herzmedizin in hohem Maße technikdominiert ist, von der Diagnostik bis hin zur Therapie. Gegen exzellente Medizintechnik ist erst mal nichts zu sagen, wenn es nicht bedeuten würde, dass dabei andere Bereiche der Herzmedizin unterbelichtet blieben, die Psychosomatik zum Beispiel. Und das habe ich selbst erlebt. »Wenn bei mir ein Patient ein Gespräch braucht«, sagte mir ein kardiologischer Kollege, »dann mache ich einen Ultraschall, den kann ich wenigstens abrechnen. Und während der Untersuchung können wir dann reden.«

»Ah, jetzt kommt das wieder. Der Patient braucht mehr ›Zuwendung‹!«, höre ich schon den einen oder anderen Kollegen spotten, denn das ist ein Argument, mit dem die Erfolge der Naturheilkunde oft abgetan werden. Nur der erhöhte Zeitaufwand und auch das Interesse, das den individuellen Belangen der Patienten entgegengebracht wird, sorge für die Beliebtheit der Naturheilkunde bei den Patienten, heißt es dann oft. Wenn sie wirklich erkrankten, würden diese dankbar zur »richtigen« Medizin zurückkehren.

Zuwendung und Erwartung


Den herablassenden Unterton werden jedoch viele dieser Kollegen bald verlieren. Denn die Ergebnisse jüngster Forschung verdichten sich zu der Erkenntnis, dass von der Arzt-Patienten-Beziehung wirklich therapeutische Wirkung ausgeht und diese sich nicht nur in einem beruhigten Puls und kurzfristiger Entspannung erschöpft. Heilung sei nämlich weniger die Folge des Einsatzes irgendwelcher therapeutischer Instrumente, so Ted Kaptchuk, Professor für Globale Gesundheit und Sozialmedizin an der Harvard Medical School. Heilung sei vielmehr, zitiert ihn das New York Times Magazine, »eine Handlung, in der fürsorgliche Zuwendung verbunden mit Hoffnung zu einem klinischen Ergebnis«8 führe.

Was bedeutet das in der Praxis? Zum Beispiel, dass man sich viele der fast 900 000 jährlichen Linksherzkatheter-Untersuchungen und der über 350 000 Weitungen und Stützungen verengter Herzkranzgefäße9 allein in Deutschland sparen könnte.

Das Leben verlängern sie nur im Falle eines akuten Infarkts, wenn ein Gefäß und damit die Blutversorgung des Herzens blockiert ist, also ein Notfall vorliegt. Dann sind solche Eingriffe lebensrettend und ein Segen des Fortschritts. Das sind sie aber nur in etwa 20 Prozent der Fälle.10 Der internationale Vergleich scheint das zu bestätigen: Die Sterblichkeit an Herzkranzgefäß-Erkrankungen ist in Ländern, wo nur halb so viele Herzkathetereingriffe wie in Deutschland durchgeführt werden, in etwa gleich hoch.

Liegt kein akuter Infarkt vor, bringt der Eingriff nicht mehr als eine medikamentöse Therapie, lautet das aufsehenerregende Ergebnis des COURAGE Trial11, das bereits 2007 veröffentlicht wurde. Dieses Ergebnis wurde inzwischen auch durch eine große Metaanalyse – eine umfassende Auswertung vieler Studien zwischen 1970 und 2011 – bestätigt.12 Herzkatheter als diagnostisches und präventives Mittel scheinen vor allem den Nutzen zu haben, dass sie die Vorstellung stärken, im Körper sei etwas freigeräumt worden. Eine Suggestion, die allerdings auch Komplikationen wie Blutungen und Thrombosen mit sich bringen kann.

Trotzdem wirkt die bildhafte Vorstellung: Wenn die Patienten von ihrem Arzt hören, dass ihre Gefäße geweitet wurden, und das zusätzlich noch auf dem Röntgenbild nachvollziehen können, dann berichten sie oft, dass ihre Symptome wie Enge in der Brust oder Atemnot verschwunden sind. Eine im renommierten Wissenschaftsjournal Lancet veröffentlichte Studie13 zeigte aber durch den Vergleich mit einer Gruppe, die nur eine Scheintherapie erhielt, dass sich die reale Leistungsfähigkeit des Herzens nicht verbessert hatte.

Schein-OPs am Herzen


Wie kann so eine Placebo-Therapie aussehen, werden Sie fragen. In diesem Fall wurden die Patienten natürlich darüber aufgeklärt, was in der Studie untersucht werden sollte. In welcher Gruppe sie dann aber waren, wurde ausgelost, und das Ergebnis blieb ihnen verborgen. Alle wurden in einen OP gefahren, erhielten in der Leistengegend einen kleinen Schnitt, und dann wurde eine Sonde in die Beinarterie eingeschoben. Bei 95 der 200 Probanden allerdings nur ein Stück weit und nicht bis zum Herzen. Nach dem Eingriff wurden jedoch alle mit der Mitteilung nach Hause entlassen, dass ihnen ein Stent – ein röhrenförmiges Implantat, das verengte Gefäße dehnen soll – gesetzt worden sei. Alle Patienten hatten Engstellen in ihren Herzkranzgefäßen, aber diejenigen mit dem eingebildeten Stent fühlten sich nach dem Eingriff genauso gut wie die mit dem echten. Auch die gemessene Leistung beim Belastungstest unterschied sich nicht.

Diese Studie wurde von verschiedenen Seiten kritisiert – wegen der kleinen Zahl an Probanden, aber auch, weil diese keine schweren Formen von Angina Pectoris hatten, und insgesamt keine Hochrisikopatienten zu der Gruppe zählten. Ohne Zweifel wäre es gut, die Befunde durch weitere Studien zu bestätigen. Rita Redberg, Professorin für Kardiologie an der University of California, dreht den Spieß der Argumentation allerdings um und verweist darauf, dass man solche Daten schon hätte erheben sollen, bevor man diese Techniken eingeführt hat. Denn die seien inzwischen millionenfach durchgeführt worden, mit hohen Kosten und ohne, wie sich nun herausstellt, Nachweis ihrer Wirksamkeit. In Deutschland gilt der Kathetereingrifflaut kardiologischen Experten bei einer stabilen Angina Pectoris als nicht angebracht. In der Praxis wird er dennoch häufig vorgenommen, was sicher auch daran liegt, dass inzwischen eine ganze Branche der Medizin ihr Geld damit verdient.

Das zeigt ein Vergleich zwischen den Therapiearten, gemessen auf Basis der Diagnosis Related Groups (DRGs), also der gesetzlichen Fallpauschalen: Ein zweitägiger stationärer Aufenthalt, um ein Medikament gut einzustellen, bringt einem Krankenhaus ungefähr 800 Euro, ein weiterer Tag plus einer bildgebenden Untersuchung durch einen Katheter (Koronarangiografie) 2100 Euro. Dasselbe Verfahren mit dem Legen eines Stents erwirtschaftet bereits 4700 Euro. Trotzdem zeigt eine Metaanalyse, die die Ergebnisse wissenschaftlich solider, ausgewählter Studien miteinander vergleicht, dass Stents bei einer sogenannten stabilen Angina Pectoris Vorteil gegenüber einer Medikamententherapie bieten.14

In den USA, schreibt die Wissenschaftsautorin Gina Kolata in der New York Times, diskutieren Kardiologen bereits darüber, ob die Leitlinien, die Orientierung über die jeweils bestmögliche Therapieform geben sollen, nicht geändert werden müssten. Denn, so argumentieren die Stent-Kritiker: Atherosklerose ist ein diffuses Beschwerdebild. Heute kann man eine oder mehrere Engstellen weiten. Aber morgen blockieren die Arterien vielleicht an einer ganz anderen Stelle.15 Das belegt auch die erste deutsche Verlaufskontrolle, durchgeführt an rund 185 000 AOK-Patienten, die im Katheterlabor lagen: Bereits innerhalb eines Jahres hatte fast jeder Zehnte, dem ein Stent gesetzt worden war, eine neue und schwere Herzkomplikation. Fast doppelt so viele (17,9 Prozent) waren es bei denjenigen, die einen Stent aufgrund eines Herzinfarkts erhalten hatten.16

Das Drama der Behandlung


Das, worauf die Patienten so positiv reagieren, glaubt Kaptchuk, Chef des Placebo-Forschungsprogramms in Harvard, ist nicht das kleine Drahtgeflecht in dem Herzkranzgefäß, sondern das »Drama« des medizinischen Rituals – der weiße Mantel, der die Autorität des Arztes unterstreicht, das respekteinflößende Katheterlabor und nicht zuletzt der invasive Eingriff mit Schnitt und Sonde. Im Zentrum jedoch stehe eine Handlung zwischen zwei Menschen – die Behandlung. »Wie können wir unsere Forschungsbefunde den Ärzten klarmachen?«, fragt Kaptchuk und liefert die Antwort gleich mit: »Mit Molekülen. Daran glauben Mediziner.«

Die Molekularbiologin Kathryn Hall, die mit Kaptchuk zusammenarbeitet, hat jüngst im Zusammenhang mit einer riesigen Herz-Kreislauf-Studie eine sensationelle Entdeckung gemacht, die den Placebo-Effekt aus der psychologischen in die naturwissenschaftliche Wahrnehmung rückt. Und zwar handelt es sich um die Women’s Health Study, welche die Gesundheit von rund 40 000 Frauen seit mehr als 20 Jahren beobachtet. Unter anderem untersucht sie die Herzgesundheit von vier Gruppen von Frauen, die entweder zusätzlich zu ihrer Medikamentierung noch Vitamin E oder Aspirin, beides gemeinsam oder auch nur ein Scheinmedikament einnehmen. Hall und...


Prof. Dr. med. Gustav Dobos ist einer der Wegbereiter der wissenschaftsbasierten Naturheilkunde in Deutschland. Über 20 Jahre leitete er die Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte. Heute führt er das neue Zentrum für Naturheilkunde und Integrative Medizin an der Universität Duisburg-Essen.



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