E-Book, Deutsch, 250 Seiten
Dreßler Nachhaltiges Unternehmertum
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8463-5697-5
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Strategisches Management am Beispiel der Weinbranche
E-Book, Deutsch, 250 Seiten
ISBN: 978-3-8463-5697-5
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Marc Dreßler ist Professor für BWL und Entrepreneurship an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vorwort
Hinweise zum Buch
Inhalt
1 Relevanz nachhaltigen Unternehmertums
1.1 Management für Unternehmer und Kleinbetriebe am Beispiel Wein?
1.2 Zukunftsausrichtung in fordernden Zeiten
1.3 Nachhaltigkeit als gesellschaftlicher Impetus
2 Die deutsche Weinbranche
2.1 Wein Historie und Produkt
2.2 Nachfrage – Weineinkauf und Weinkonsum
2.3 Angebot Betriebliche Wertschöpfung der Weinwirtschaft
2.3.1 Weinanbau
2.3.2 Weinproduktion
2.3.3 Weinvermarktung
2.4 Synopse zur Nachhaltigkeit im Weinbau
3 Grundlagen zur Unternehmensführung
3.1 Führung
3.1.1 Führung aus institutioneller Sicht
3.1.2 Führung aus funktionaler Sicht
3.1.3 Führungsstil und -konzepte
3.1.4 Managementfähigkeiten und Kompetenzen
3.2 Organisation
3.2.1 Aufbauorganisation
3.2.2 Ablauforganisation
3.2.3 Unternehmensgröße als betriebliche Determinante
3.3 Unternehmertum
3.3.1 Merkmale unternehmerischen Handelns
3.3.2 Unternehmerische Rollen
3.3.3 Unternehmerische Entscheidungsfindung
3.3.4 Familienunternehmen im Kontext von Unternehmertum
3.3.5 Nachhaltiges Management und Unternehmertum
4 Strategie als Anker unternehmerischer Entscheidungen
4.1 Begriff und Bestandteile einer Strategie
4.2 Strategisches Management als originäre Führungsaufgabe
4.3 Bezugsgruppen strategischen Managements
4.4 Planungsbasis und Prognosen
4.4.1 Quantitativ basierte Prognosen
4.4.2 Qualitative Prognosen und Szenarienentwicklung
5 Strategische Planung und Analysen
5.1 Anlässe für unternehmerische Bestandsaufnahmen
5.2 Analyse der externen Umwelt
5.3 Analyse der internen Umwelt
5.4 Analyse der Unternehmenssituation
5.4.1 Wettbewerbsvergleich und Benchmarking
5.4.2 Außenwahrnehmung
5.5 Strategische Aktionsfelder
6 Instrumentelle Strategieentwicklung
6.1 Entwicklung von strategischen Perspektiven und Zielen
6.1.1 Ziele setzen
6.1.2 Strategische Zielformulierung
6.1.3 Zielevielfalt managen
6.2 Unternehmerisches Leitbild als Orientierungsrahmen
6.3 Strategische Positionierung
6.3.1 Generische Wettbewerbsstrategien
6.3.2 Persönlichkeit als strategieprägende Komponente
6.3.3 Strategische Balance: Legitimierung oder Einzigartigkeit
6.4 Nachhaltigkeit als strategischer Leitgedanke
6.4.1 Nachhaltige Positionierungs-Cluster
6.4.2 Strategische Steuerung und Erfolgseinfluss von Nachhaltigkeit
6.5 Innovation als strategische Gestaltungskomponente
6.5.1 Innovationsausrichtung und -typen
6.5.2 Nachhaltigkeit als Triebfeder für Innovation
6.6 Strategische Entwicklungspfade und Wachstumsambitionen
6.6.1 Ambition als Erfolgsfaktor
6.6.2 Lebenszyklus und Perspektiven
6.6.3 Produkt-Markt-Matrix zur Bestimmung von Wachstumsoptionen
6.6.4 Strategieanalogie der roten und blauen Ozeane
6.6.5 Effizienz und Prozessoptimierung im strategischen Fokus
6.6.6 Strategische Betriebsübergabe
7 Nachhaltiges Geschäftsmodell
7.1 Von Produktzentrierung zu kundenorientierter Nachhaltigkeit
7.2 „Wer“: Kunden und Bedürfnisse
7.2.1 Zielkundenorientierung
7.2.2 Ganzheitliches Kundenmanagement
7.3 „Was“: Wert- und Nutzenversprechen
7.3.1 Kundenzentrierte Angebotsgestaltung
7.3.2 Marke als Bestandteil des Wertversprechens
7.3.3 Nachhaltiges Nutzen- und Leistungsversprechen
7.4 „Wie“: Versprochenes liefern
7.4.1 Unternehmerische Ressourcen
7.4.2 Eigen- oder Fremdleistung und Partnerintegration
7.4.3 Kunden aktiv einbinden
7.4.4 Verfügbarkeit und Zugang gewährleisten
7.4.5 Dynamische Fähigkeiten
7.5 „Wert“ generieren
7.5.1 Absatz und Kundenwert
7.5.2 Preise als Stellhebel
7.5.3 Kostentransparenz und -optimierung
8 Zielerreichung und Feinsteuerung
8.1 Planumsetzung und -synchronisation
8.2 Controlling und Zielanpassung
8.3 Digitale Transformation
8.4 Veränderungsmanagement
8.5 Krisen als Chance?
9 Zusammenfassung und Ausblick
Praxisbeispiele
Verwendete Abkürzungen
Index
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literatur
2Die deutsche Weinbranche
Wein ist ein Thema, das viele Menschen fasziniert, aufgrund seines Alkoholgehalts aber auch polarisieren kann. Wein ist seit Jahrtausenden Teil unserer Gesellschaft, regional relevant, aber gleichzeitig ein wertschöpfendes Wirtschaftsgut im internationalen Wettbewerb. Die Vielseitigkeit der Weinwelt, die einen Bogen von agrarlicher Bewirtschaftung, einer komplexen Produktion mit chemischen, physikalischen und logistischen Prozessen und spezifischen Kompetenzen der Weinmacher, über die Konsumgüter- und Ernährungsbranche bis hin zur Luxusindustrie spannt ? gepaart mit einer gesellschaftlichen Anerkennung von Weinkompetenz ? eröffnet Perspektiven, um (zukünftige) Unternehmer aus der Weinbranche aber auch aus anderen Industrien auf dem Weg zu nachhaltigem Unternehmertum zu stärken und Impulse für unternehmerische Verwirklichung zu geben.
Die Grundlagen und Spezifika der Weinindustrie, die Vielfältigkeit des Produktes und der Branche und aktuelle Einsichten in die Weinbranche werden anhand einer Produkt- und Wertschöpfungsbetrachtung vermittelt.
2.1Wein ? Historie und Produkt
Antike Funde belegen eine lange Historie von Wein, denn schon im 6. Jahrtausend vor Christus wurde in Vorderasien Weinbau betrieben. Als europäische Ursprungsländer des Weines gelten Georgien sowie das heutige Armenien. In Deutschland ist Wein mit Fundstücken der Kelten an der Mosel schon 500 vor Christus nachgewiesen, durch die Römer wurden der Anbau und der Konsum in der Folge ausgedehnt. Wein war in der Römischen Kaiserzeit (bis 375 n. Chr.) das lukrativste Gut römischen Handels in Germanien. Germanen haben ebenso Wein kultiviert. Im ältesten erhaltenen germanischen Gesetzestext (Lex Salica ca. 500 n. Chr.) wurde Raub von Rebstöcken als Straftat festgeschrieben. In der Folge wurde Weinkultur maßgeblich durch Kirche und christliche Orden gefördert. Insbesondere der im Burgund initiierte Zisterzienserorden brachte über Klostergründungen Weinbaukompetenz nach Deutschland. Aber auch die weltliche Seite ? Karl der Große wird als ein Motivator für den Weinbau in Deutschland genannt ? hat den Weinbau vorangetrieben. Im Mittelalter erreichte die mengenmäßige Weinproduktion einen Höhepunkt. Wein profitierte von teilweise zugesprochener gesundheitsfördernder Wirkung, aber auch da Wasser wegen Verunreinigungen Ursache von Krankheiten sein konnte. Für Klöster war Wein ein wirtschaftliches Handelsgut, das maßgeblich zum finanziellen Erfolg beitrug. Klösterliche Erkenntnisse haben die qualitative Weinproduktion gefördert und sind heute noch erkennbar, beispielsweise am Qualitätsbegriff „Kabinett“, der auf die Lagerkammer für die besten Weine der Mönche hinweist. Die Weinkultur hat aber auch Tiefpunkte durchlebt. Neben Weltkriegen, Wirtschaftskrisen oder weinindustriespezifischen Unzulänglichkeiten (z.B. Glykol-Skandal) hat der Weinbau unter vernichtenden Krankheiten gelitten (insbesondere Reblaus). Dennoch konnte sich Wein über Jahrhunderte als kultivierte Genussform von Alkohol etablieren und vielfältige Weinevents sind als gesellige Zusammenkünfte Ausdruck auch moderner Weinfreuden.
Wein ist ein Getränk und entsteht aus alkoholischer Vergärung des Fruchtzuckers von Früchten. Im Folgenden wird von Wein aus Trauben, den Beeren der Vitis Vinifera, ausgegangen, was auch den Großteil der weltweiten Weinproduktion ausmacht. Obstweine (z.B. Kirsche) sind Produkte mit oftmals regionaler Nachfrage. Eine Ausnahme bilden die Weine aus alkoholischer Vergärung von Äpfeln, die sicherlich für die Mainregion und Frankfurt typisch (Äppelwoi oder Äppler) sind, sich aber auch als Cider oder Cidre verbreiteter Beliebtheit (z.B. französische Bretagne) erfreuen.
Von geschätzten mehr als 20.000 verschiedenen Rebsorten sind ca. 15% für die Weinproduktion zugelassen. Als Produktgattung ist die Weinbranche der Nahrungs- und Genussmittelindustrie zugehörig, in der Kategorie der alkoholischen Getränke. Aus dem Naturprodukt Traube wird über chemische und physikalische Prozesse und beeinflussende Verarbeitungsschritte ein Produkt Wein mit einem hohen emotionalen Nutzen für die Konsumenten erzeugt, was sich in einer sehr breiten Spannweite von Weinpreisen von unter zwei aber auch über 10.000 Euro für eine Flasche zeigt. Wein ist ein Erfahrungsprodukt, da erst durch den Konsum der Weingeschmack erlebt werden kann, zumal die Weinproduktion vom jeweiligen Erntejahr beeinflusst wird. Hochpreisige Weine haben sich auch als Anlageform etabliert (LivEx ist eine Börse, an der global Prestigeweine gehandelt werden). Weingüter bieten sich ebenso als Investitionsobjekt an. Damit spannt Wein einen Bogen von der Agrarindustrie, über Konsumgüter, zu Investitionsobjekten bis hin zu Luxusartikeln.
Abb. 6: Börse von Premiumweinen (Liv-Ex)
Ein als Qualitätswein deklarierter Wein wird in Deutschland amtlich auf Fehlerfreiheit geprüft. Im Anschluss an eine analytische Prüfung der Inhaltsstoffe durch ein amtlich anerkanntes Weinlabor, ob den gesetzlichen Vorgaben entsprochen wird, werden die Weine einer sensorischen Prüfung (Farbe, Geruch, Geschmack) unterzogen. Die Weine sollen den Angaben auf dem Etikett entsprechen und typisch sein, was durch eine zugeteilte amtliche Prüfungsnummer (A.P.Nr. auf dem Etikett) dokumentiert wird. Jedes weinbaubetreibende Bundesland hat hierfür eine zuständige Prüfungsbehörde. Da die Vegetation über den Jahresverlauf (Wärme, Niederschlag …) die Reifeentwicklung und somit die Weine prägt, können auch für Jahrgänge Qualitätsaussagen getroffen werden.
Unter den berühmtesten Weinjahren der Geschichte gilt 1811 als herausragend. Johann Wolfgang von Goethe schwärmte vom «Eilfer». Sein Loblied findet sich abgewandelt in Felix Mendelssohn Bartholdys Türkisches Schenkenlied op. 50/1 „“ (Kometenwein in Wikipedia)
Auch wenn die Qualitätsbeurteilung eine subjektive ist, werden Weine nach Güteklassen kategorisiert. Die Gütebestimmung orientiert sich auch in Deutschland zunehmend am Terroir. Dieser aus Frankreich entlehnte Begriff der Agrarwirtschaft umschreibt ein komplexes Zusammenspiel aus den Wein bestimmenden, lokalen Faktoren: Mikroklima, Boden, Geologie, Hydrologie, Sonneneinstrahlung, Rebsorte und Gelände. Der zur Bestimmung von Traubengüte herangezogene Zuckergehalt (Reifegrad und Lesezeitpunkt), welcher die klassische Qualifizierung der Prädikatsweine (z.B. Kabinett, Auslese) bestimmt, soll in den Hintergrund treten. Neben der Nennung kleiner geographischer Einheiten, den Einzellagen, erlangen „Große Gewächse“ und „Erste Gewächse“ in Anlehnung an die Klassifizierung aus dem Burgund (Grand Cru und Premier Cru) mit anspruchsvollen Qualitätsvorgaben und hierfür ausgewählten Parzellen eine zunehmende Bedeutung.
Abb. 7: Klassifizierungen von Wein in Deutschland
Auch in Kenntnis der Grundsystematik einer qualitätsorientierten Klassifizierung von Wein ist die Qualitätsbeurteilung komplex und bleibt letztendlich eine individuelle Entscheidung, denn Geschmack und Geschmacksempfindung unterliegen persönlicher, vielschichtiger Wahrnehmung.
Geschmack beschreibt den Sinneseindruck bei der Nahrungsaufnahme, ein komplexes Zusammenspiel von Geruchs- und Geschmackssinn (Sensorik), auch durch Temperatur, -empfinden und Optik beeinflusst. Vornehmlich werden Aromen vom Geruchssinn wahrgenommen. Eine gestörte Geruchswahrnehmung (z.B. Schnupfen) beeinträchtigt die geschmackliche Wahrnehmung. Die Sensibilität für die Wahrnehmung von Geschmacksreizen ist bei Menschen unterschiedlich ausgeprägt, auch genetisch bedingt (Normal-, Super- und Nicht-Schmecker, was auch anhand der Geschmacksknospen auf der Zunge bestimmt wird). Die Geschmackswahrnehmung nimmt im Alter ab. Süß, sauer, salzig, bitter und umami bilden die Geschmacksrichtungen, die Geschmacksempfindung und -bewertung werden durch Sozialisation und persönliche Entwicklung beeinflusst. Die angeborene Geschmacksaversion...




