Duning / Santos Cid / Göpel | Delirmanagement im Krankenhaus | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 196 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm

Duning / Santos Cid / Göpel Delirmanagement im Krankenhaus

Risiken erkennen und präventiv handeln. Das demenzsensible Konzept des Universitätsklinikums Münster

E-Book, Deutsch, 196 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm

ISBN: 978-3-8426-9083-7
Verlag: Schlütersche
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Ein Krankenhausaufenthalt ist besonders für ältere Menschen ein einschneidendes Erlebnis. So erleiden 35 Prozent der über-65-Jährigen ein Delir. Bei Demenzerkrankten sind sogar 88 Prozent betroffen. Die Folgen sind, neben der massiven körperlichen Belastung, längere Aufenthaltsdauer und eine höhere Sterblichkeit.

Doch es gibt eine Strategie gegen das Delir: das sog. Delirmanagement, also die Prävention sowie der Umgang mit einem Delir. Dabei liegen die Schwerpunkte sowohl auf der pharmazeutischen auch auf der pflegerischen Behandlung eines Delirs.

Im Universitätsklinikum Münster gehört das Delirmanagement zum demenzsensiblen Versorgungskonzept. Dazu gehören u. a. ein Demenzscreening bei der Patientenaufnahme, ein pharmazeutisches Aufnahmegespräch, die direkte Patientenbetreuung, die Mitarbeiterschulung und eine spezifische Demenzvisite.

Die Erfahrungen der Uniklinik Münster sprechen für sich: Die Senkung der Delirrate von 21 auf 6 Prozent! Ein Delirmanagement wirkt!
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1 Relevanz des Themas
Janina Santos Cid Der demografische Wandel ist für niemanden ein unbekannter Begriff. In Deutschland ist er längst angekommen und verschiebt den demografischen Rahmen auf eine bislang unbekannte Art und Weise. Bereits heute ist jede zweite Person in Deutschland älter als 45 Jahre und jede fünfte älter als 65 Jahre.1 Die Ursachen liegen in dem langjährigen Geburtenrückgang sowie der zunehmenden Lebenserwartung. Mit dem Erreichen eines hohen Lebensalters ist aber auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Pflegebedürftigkeit und/oder Demenzerkrankung verbunden. Definition Demenz Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung des Gehirns, die mit einem schleichenden Verfall kognitiver, emotionaler und sozialer Fähigkeiten einhergeht. Bei einer Demenzerkrankung bestehen alltagsrelevante Einschränkungen.* * Vgl. Deutsche Alzheimer Gesellschaft Altern ist multifaktoriell und umfasst mehrere Aspekte, zum einen das biologische Altern in Lebensjahren, zum anderen das psychologische Altern als die subjektive Wahrnehmung des Altseins, das soziale Altern sowie die Umweltbedingungen des Alterns. Nach Eintritt in die Rente verändert sich für den Menschen das soziale Umfeld, der tägliche Gang zur Arbeit fällt weg und es müssen neue Tagesabläufe geschaffen werden. Mit steigendem Alter kommt es zudem häufig zu einem Wegfall des sozialen Umfeldes. Immer mehr Menschen aus dem Umfeld versterben, was zu einer verminderten Interaktion mit der Außenwelt führt. Zusätzlich spielt das subjektive Altersgefühl eine Rolle. Dies kann je nach Lebenseinstellung anders gelebt werden. Mit dem Altwerden gehen neue Erwartungen der Gesellschaft einher. Durch den Wegfall von sozialen Kontakten kommt es zu Einsamkeit, was den Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit fördert. Zusätzlich leiden Menschen im höheren Lebensalter häufig unter mehreren Erkrankungen gleichzeitig, sind also multimorbid. Diese Erkrankungen wirken wiederum ebenfalls auf die soziale Teilhabe sowie das subjektive Wohlbefinden des Menschen. Der höchste Risikofaktor für eine Demenz ist das Alter. Lediglich 2 Prozent der Demenzerkrankten sind unter 65 Jahre alt. Unsere Gesellschaft wird durch verschiedene Faktoren wie gesündere Lebensweise, verbesserte Versorgungsstrukturen und medizinische Versorgung immer älter. Entwickelt sich dies so weiter, sind im Jahre 2050 rund 23 Mio. Menschen über 65 Jahre alt.2 Info Derzeit leben in Deutschland 1,63 Mio. Menschen mit Demenz, davon sind rund zwei Drittel weiblich. Nach aktuellen Schätzungen wird in der heutigen Gesellschaft jede zweite Frau und jeder dritte Mann im Laufe des Lebens an Demenz erkranken. Die höhere Lebenserwartung von Frauen begründet den erhöhten Anteil an demenzkranken Frauen.3 Menschen in Gesundheitsberufen, aber auch Privatpersonen werden in ihrem Umfeld, Freundes- und Familienkreis mindestens einen Menschen mit Demenz kennen. Besonders der pflegerische Alltag wird von dieser Personengruppe betroffen sein. Prognosen der deutschen Alzheimergesellschaft beschreiben einen Anstieg der Demenzerkrankungen bis 2060 um mehr als das Doppelte. Damit werden mehr als 3 Mio. Menschen in Deutschland an Demenz erkranken.4 Die Gefahr, ins Krankenhaus eingewiesen zu werden, ist für Menschen mit Demenz deutlich höher als für Menschen ohne Demenz.5 Deutsche Krankenhäuser sind in der Regel auf die akute Behandlung von Krankheiten ausgelegt, nicht auf Demenzerkrankte. Für Menschen mit Demenz stellt ein Krankenhausaufenthalt eine kritische Situation dar.6 Etwa drei Viertel der Menschen mit Demenz leben derzeit im eigenen Zuhause und werden durch Angehörige oder Pflegedienste unterstützt. Im Rahmen einer Auswertung von Daten der AOK Sachsen werden Menschen über 65 Jahre mit einer diagnostizierten Demenzerkrankung zu 33 Prozent häufiger im Krankenhaus behandelt, als Personen dieser Altersklasse ohne Demenz. Zudem müssen sie signifikant länger im Krankenhaus bleiben und verursachen erhöhte Kosten.7 Abb. 1: Prävalenzrate von Demenzerkrankungen in Deutschland nach Alter und Geschlecht (2014). © Deutsches Zentrum für Altersfragen, Alzheimer Europe, Statista 2017 Derzeit erfolgt die Arbeit in Krankenhäusern im Rahmen fester Strukturen, um akute Erkrankungen und Notfälle bestmöglich zu versorgen. Diese Strukturen, die »unruhige« Umgebung, aber auch der Ortwechsel, sind für Menschen mit Demenz verstörend. 2014 wurde auf das Thema »Demenz« im Rahmen des Projektes »Blickwechsel Demenz« in NRW aufmerksam gemacht. Auch am Universitätsklinikum Münster bestand ein Bedarf von Konzepten zu Delirprävention und -management, weil die zunehmende Anzahl älterer Patienten sowohl auf chirurgischen, aber auch konservativen Stationen für medizinische und ökonomische Komplikationen sorgte. Es bestand ein nicht geringer Handlungsbedarf. Das multiprofessionelle Team des Demenzsensiblen Krankenhauses am UKM hat diesen Aufruf genutzt, um im Universitätsklinikum Münster ein individuelles und pragmatisches Konzept zur Behandlung dieser Patientengruppe zu etablieren. Die Umgebungsfaktoren und Strukturen in Krankenhäusern lassen sich nicht immer ändern, wohl aber die Betreuung und medizinische Versorgung dieser besonderen Patientengruppe. Das Konzept hat sich mittlerweile über Jahre bewährt und wird anhand genormter Standards durchgeführt. 2019 hat das Demenzsensible Krankenhaus als erstes deutsches Krankenhaus sein Delirpräventionskonzept nach der ISO 9001:2015 zertifizieren lassen ( Kap. 10.2). Info Die Demenz im Krankenhaus ohne das Thema Delir zu betrachten, ist beinahe nicht möglich, so häufig tritt ein Delir bei Krankenhausaufenthalten von demenzkranken Menschen auf. Die Rate von Delirien bei Demenzerkrankten liegt bei 89 Prozent. Besonders der Aufenthalt in Notaufnahmen ist für diese Menschen sehr belastend und führt häufig zu Delirien. Auslöser können der Umgebungswechsel, verschiedene Medikamente, Operationen, aber auch Infektionen oder andere akute Erkrankungen sein.8 Das Delir ist ein Notfall und geht mit einer temporär erhöhten Mortalität einher. Beschrieben ist das Delir bereits seit langer Zeit. Hippokrates sagte bereits 143 vor Chr.: »…und wenn zum Fieber noch ein Delir hinzukommt, dann ist der Patient verloren.« Besonders auf Intensivstationen und in Notfallaufnahmen sind die Abläufe im Arbeitsalltag nicht auf die Bedürfnisse von alten und demenzerkrankten Patienten ausgelegt. Menschen, die ein Delir erleiden, erleben dieses als traumatische Erfahrung. Häufig einhergehend mit einem Delir sind Zustände der örtlichen Verwirrtheit. Gerade Menschen mit Demenz fehlt das Verständnis für eine Krankheit oder eine anstehende Operation. Komplexe Gedankengänge darüber, dass eine Operation mit Schmerzen und Heilung einhergehen, sind nicht mehr möglich. Pflegekräfte und Ärzte, aber auch Angehörige müssen in der Lage sein, sich in die Situation des Menschen mit Demenz hineinzuversetzen. Definition Delir Das Delir ist eine schwerwiegende Komplikation, v. a. bei älteren Menschen, und geht mit einer Störung der Aufmerksamkeit und des Bewusstseins einher. So schilderte z. B. ein Patient folgende Situation: »Ich wurde wach und wusste nicht, wo ich war. Etwas piepte laut. Ich versuchte, den Kopf zu drehen, da waren überall Kabel und ich hatte Schmerzen. Wo war ich nur? Meine Brille fehlte, daher konnte ich die Menschen um mich herum nur schemenhaft erkennen. Auch die Hörgeräte fehlten, daher konnte ich die Gespräche um mich herum nur als störend und undeutlich empfinden. Ich versuchte mich aufzurichten und wurde von mehreren Händen wieder runtergedrückt. Was war nur passiert? War ich in Gefangenschaft? Ich hatte große Schmerzen am Brustkorb und wollte fühlen, was dort passiert war. Blutete ich? Ich bemerkte, dass meine Hände am Bett gefesselt waren. Nun rief ich laut um Hilfe.« Literatur American Psychiatric Association (2013): Diagnostic and statistical manual of mental disorders: DSM-5/ American Psychiatric Association. Washington: American Psychiatric Publ; 2013. Destatis (2019): Bevölkerung. Ältere Menschen. Die Bevölkerungsgruppe der älteren Menschen ab 65 Jahren. https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografscher-Wandel/Aeltere-Menschen/bevoelkerung-ab-65-j.html Pinkert C, Holle B (2012): Menschen mit Demenz im Akutkrankenhaus. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2012/08. Motzek T, Werblow A, Schmitt J, Marquardt G (2019): Administrative Prävalenz und Versorgungssituation der Demenz im Krankenhaus – Eine versorgungsepidemiologische Studie basierend auf GKV-Daten sächsischer Versicherter. In: Gesundheitswesen (Bundesverband der Arzte des Öfentlichen Gesundheitsdienstes (Germany)) 81 (12), S. 1022–1028. DOI: 10.1055/s-0043-125071. Statista (2016): Prävalenzrate von Demenzerkrankungen in Deutschland nach Alter und Geschlecht im Jahr 2018....


Prof. Dr. Thomas Duning ist Oberarzt an der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Münster.

„Wir möchten unsere Expertise an andere Einrichtungen weitergeben.“


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