Durrell | Das Alexandria-Quartett | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 1288 Seiten

Reihe: Gatsby

Durrell Das Alexandria-Quartett

Justine. Balthazar. Mountolive. Clea
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-311-70258-0
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Justine. Balthazar. Mountolive. Clea

E-Book, Deutsch, 1288 Seiten

Reihe: Gatsby

ISBN: 978-3-311-70258-0
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nachts, wenn der Wind um die abgelegene griechische Insel tost, tastet sich der Schriftsteller Darley Glied um Glied an der Kette der Erinnerung zurück nach Alexandria. Erst jetzt, Jahre nach den Ereignissen, meint er alles zu verstehen, die schicksalhaften Begegnungen in der schillernden ägyptischen Hafenstadt, mit der Tänzerin Melissa, dem britischen Diplomaten Mountolive, der Malerin Clea, dem jüdischen Arzt Balthazar, der seine Homosexualität hemmungslos auslebt und vielen anderen, besonders aber seine tragische Affäre mit der rätselhaften, wunderschönen Jüdin Justine, der notorisch untreuen Ehefrau des wohlhabenden koptischen Bankiers Nessim. Doch was geschah wirklich, damals in den 1930er Jahrenin Alexandria, diesem Schmelztiegel der Religionen, Sprachen und Kulturen, der »großen Kelter der Liebe«? Drei weitere Figuren werden von ihren Verstrickungen in diese Geschichte erzählen, für jede von ihnen bedeutet sie etwas anderes. Gemeinsam bilden diese vier Romane einen einzigartigen Liebesreigen, ein Geflecht aus Kriminal- und Spionagegeschichten, das Porträt einer Stadt - eine so kunstvolle wie spannende Tetralogie um Täuschungen und Leidenschaften, die Literaturgeschichte geschrieben hat, in einer Prosa, deren Sog man sich nicht entziehen kann. Eine schriftstellerische Meisterleistung, sinnlich, üppig, einzigartig.

Lawrence Durrell, 1912 als Sohn eines britischen Kolonialbeamten im indischen Jalandhar geboren, lebte an so vielen verschiedenen Orten, wie er Talente besaß. Mit elf Jahren wurde er zum Schulbesuch nach Canterbury geschickt, fühlte sich aber in England, das er als prüde und engstirnig empfand, nie wohl. Zeit seines Lebens betrachtete er sich nicht als Brite, sondern als Kosmopolit. In London jobbte er kurz als Barpianist und fing an, Gedichte zu schreiben. 1935 heiratete er zum ersten Mal (drei weitere Ehen sollten folgen) und zog mit Mutter, Frau und Geschwistern auf die griechische Insel Korfu. Nach England sollte er nie mehr zurückkehren. Den Zweiten Weltkrieg verbrachte Durrell im ägyptischen Alexandria, wo er für die britische Botschaft tätig war; auch nach dem Krieg arbeitete er als Diplomat, unter anderem in Argentinien, Jugoslawien und auf Zypern, das er 1956 im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen der Zyperngriechen verlassen musste. Seine letzten Lebensjahrzehnte verbrachte Lawrence Durrell im südfranzösischen Sommières, wo er 1990 starb.
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Vorwort


von André Aciman

»Nur die Stadt ist wirklich.« So lautet der letzte Satz der Bemerkung, die Lawrence Durrell voranstellt. »Die Gestalten dieses Romans«, schreibt er, »sind ebenso wie die des Erzählers erfunden und haben keine Ähnlichkeit mit lebenden Personen.« Und dann folgen die fünf umwerfenden Wörter: »Nur die Stadt ist wirklich.«

Für jemanden wie mich, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Alexandria geboren wurde und aufwuchs, ist es schwer zu glauben, dass Durrells Stadt je existiert haben könnte. Vielleicht hat sich die Stadt in den Jahren zwischen seiner Zeit dort und meiner komplett verändert. Die Spuren des Alexandria, das er während der frühen vierziger Jahre gekannt hatte, als Britisches und Europäisches alles durchdrungen hatte, waren fast vollkommen verschwunden aus dem Alexandria, das ich in den fünfziger und sechziger Jahren kennenlernte, als der ägyptische Nationalismus alle abendländischen Überreste so rasch wie möglich beseitigte. Viele der Häuser, Theater, Cafés, Hotels, Parks und Restaurants, die Durrell gekannt und im erwähnt hatte, waren zwar noch da, aber sogar für den frühen Teenager, der ich damals war, war es offensichtlich, dass sie den welken Zauber einer vergangenen Welt angenommen hatten, der rasch dahinschwand, je mehr Europäer Ägypten verließen oder tatsächlich vertrieben wurden. Die multinationale, multiethnische, multi-alles Stadt, die laut Durrell »fünf Rassen, fünf Sprachen, ein Dutzend Glaubensbekenntnisse, fünf Verbindungskanäle … und mehr als fünf Geschlechter« beherbergt hatte, war bereits verschwunden. Heute steht an ihrer Stelle eine andere Stadt. Gibt man einem jungen ägyptischen Taxifahrer eine alte Adresse, wird er sich mit großer Wahrscheinlichkeit verfahren. Überall sind neue Viertel entstanden, alte Häuser und Villen wurden – mit oder ohne offizielle Genehmigung – abgebrochen, und die Schilder mit den alten Straßennamen wurden alle abmontiert und durch Schilder mit neuen Namen ersetzt. Taucht der einst europäische Name eines Viertels noch auf einem für Touristen bestimmten Stadtplan auf, ist er in der Regel dermaßen schlecht aus dem Arabischen transliteriert, dass man beim besten Willen nicht mehr erkennen kann, was einmal eine ganz gewöhnliche englische, französische oder deutsche Bezeichnung war. Lawrence Durrell würde sich in der heutigen Stadt nicht verirren, denn das Grundraster ist im Wesentlichen erhalten. Doch er würde sie nicht als das Alexandria wiedererkennen, das er gekannt hat.

Von der Existenz des erfuhr ich erstmals 1964, als ich mitbekam, wie eine meiner amerikanischen Lehrerinnen in Alexandria in der Schulbibliothek mit einer anderen Lehrerin sprach. Sie hielt dabei ein Buch in der Hand, auf dessen Umschlag eine Palme vor einem dunkelroten Hintergrund zu sehen war, und empfahl ihrer Kollegin, es zu lesen, da sie schließlich beide in Alexandria lebten und unterrichteten. Auf der Stelle, und vielleicht weil ich diese Lehrerin nicht mochte, kam ich zum Schluss, dass sie von Literatur keine Ahnung habe, weshalb ich auch ihre Empfehlung in den Wind schlug. Drei Jahre später und ein Jahr nach der Vertreibung meiner Familie aus Alexandria beschloss ich eines schönen Frühlingstags in Rom, zu kaufen, auf Empfehlung einer anderen Lehrerin, die gehört hatte, dass ich in Alexandria geboren sei. Sowie ich am späteren Nachmittag die ersten Abschnitte gelesen hatte, wurde ich in eine Stadt zurückgeworfen, die ich zu kennen geglaubt hatte, doch nun unvermittelt wieder besuchen wollte, und wäre es nur, um Gegenden zu erkunden, die ich vor meinem Abschied vernachlässigt hatte. Ich saß auf einer der Stufen der Spanischen Treppe, wo ich gern frisch gekaufte Bücher zu lesen begann, bevor ich zum Abendessen nach Hause ging. Das Buch zog mich vollkommen in den Bann, wobei ich nicht weiß, ob es an Durrells Stil oder dem hemmungslosen Liebesleben seiner Figuren lag, dass ich in eine Stadt zurückbefördert wurde, die ich nie wirklich gekannt und von der ich geglaubt hatte, sie sei dies auch nicht wert; nun aber entdeckte ich sie, wenn auch mit Verspätung, neu – durch die Augen eines anderen. Ich war zu jung gewesen, um all die verschlungenen Gassen und exotischen Winkel Alexandrias zu erkunden, und konnte mir auch nicht vorstellen, dass sich entlang all der Straßen, durch die ich seit meiner Kindheit gegangen war, Möglichkeiten erotischer Lustbarkeiten auftaten, die übersehen zu haben ich nun bedauerte. Jemand hatte mir schließlich gesagt, Durrells Alexandria habe es nie gegeben und hätte es auch nie geben können. Doch das konnte ich nicht glauben, jetzt nicht mehr: Da waren schlicht zu viele Dinge, die ich wiedererkannte. Das Alexandria, das ich gekannt hatte, war voll interessanter Menschen gewesen, die nett und gebildet waren, sich für Kultur begeisterten und von denen viele, höflich ausgedrückt, ein Doppelleben führten. Justine, Melissa, Clea, Balthazar, Scobie, Nessim – die musste es doch alle geben; schließlich sah ich sie vor mir. Und wo anders als in Alexandria hätte ein Dichter wie Kavafis leben können? Sein Gedicht »Die Stadt« erzählte das einzig Wahre über meine Geburtsstadt: dass man sie nie aus seinem Herzen vertreiben kann. Ich hatte in Rom geglaubt, Alexandria vergessen zu haben. Falsch. »Diese Stadt wird dir folgen«, sagte der Dichter. Sie würde mich nie verlassen, so wenig, wie ich sie verlassen würde, und so wenig, wie ich die Namen mancher Haltestellen vergessen könnte, die Durrell erwähnte: Saba Pacha, Mazloum, Zizinia, Bacos, Schutz, Gianaclis – ich kannte sie alle. Ich liebte ihre Namen. Die Stadt, ob wirklich oder unwirklich – war das nicht egal?

Am selben Abend in meinem Schlafzimmer in Rom muss ich die Hälfte von gelesen haben. Es war ein Freitagabend, das weiß ich noch. Ich war sechzehn, und zum ersten Mal in meinem Leben sehnte ich mich nach meiner Stadt – der wirklichen oder der unwirklichen, mich kümmerte das nicht. Wenn es Durrells Stadt sein musste statt meiner, dann war das eben so.

Nach dieser Nacht war ich nicht mehr derselbe.

Durrell erfand eine Stadt, die sich auch anderswo hätte befinden können. Abgesehen von einigen immer wieder im aufscheinenden spezifischen Details – den nachklingenden Namen von Straßenbahnhaltestellen, Parks und zahllosen angesagten Treffpunkten – hätte man statt Alexandria leicht Venedig, Istanbul, Jerusalem oder Hongkong einsetzen können. Das sind alles Städte, die im Lauf der Jahrhunderte von so verschiedenen Kolonisten überrollt und überschrieben worden sind, dass sie nicht allein in der Gegenwart existieren und sich nicht auf eine einzige Identität festlegen lassen. Sind sie zu einem Teil auf die jenseitige Welt ausgerichtet und scheinen nach dem Kommenden Ausschau zu halten, ist ihre Kehrseite einer Vergangenheit zugewandt, die wie die Wüste ein Binnenhinterland bildet, das immer da ist und dessen Staub nachts unbemerkt hereindringt und sich auf das Bewusstsein legt, wie etwas Uraltes, Unvergängliches, das man hasst und meist verdrängt. Die beiden Seiten befinden sich in einem anhaltenden Kampf quälender Gedanken, der viel Kraft aufzehrt. Die Menschen wissen nicht mehr, wer sie sind, noch verstehen sie, was andere in ihrem Leben zu suchen haben. Liebe, wenn sie in Durrells Alexandria vorkommt, definiert niemanden, rettet niemanden und verschont niemanden, sie bleibt ihrer Volatilität zum Trotz eine entwertete Währung; die Erinnerung wiederum gilt wie eine alte Maßeinheit, die außer Gebrauch geraten ist, als nicht verlässlich und wird entsprechend wenig geschätzt.

Alexandria ist eine in sich zusammengesunkene alte Stadt, gebeutelt von zu viel Groll, Reue und ähnlichen Dingen. Sie ist immer kurz vor dem Zusammenbrechen. Und manchmal tut sie das auch.

Durrells Alexandrinerinnen und Alexandriner sind nicht anders. Ja, es ist unmöglich, die Stadt von ihren Bewohnern zu trennen. Jeder Zustand kann der Stadt zugeschrieben werden, doch projiziert sie ihn auf ihre Bevölkerung zurück in einem Möbiusband der Übertragungen zwischen Ort und Menschen. Die Stadt kümmert sich nicht um ihre Bewohner: Sie gehören nicht wirklich zur Stadt, doch sie sind da, es hat sie dorthin verschlagen, nun stützen sie sich aufeinander und schieben sich gegenseitig die Schuld zu. »Die Stadt [stürzte uns] in Konflikte, welche die ihren waren und welche wir irrtümlich für die unsren hielten«, schreibt er auf der allerersten Seite, fügt dann ein paar Sätze später allerdings hinzu: »Die Stadt sollte gerichtet werden, wenn auch wir, ihre Kinder, den Preis dafür zahlen müssen.« Wo die Stadt endet und wo ihre Liebenden anfangen, ist ein Rätsel, das nie gelöst werden wird. Alexandria mag, wie Durrell in schreibt, »ein armseliger kleiner Seehafen« sein, »gebaut auf einem Sandriff, ein moribundes, rückständiges Kaff«, doch die Gehsteige, die Geräusche, selbst die Luft pulsieren vor ungehemmtem, unerforschtem Begehren.

Wenn Durrell Alexandria auch nicht erfunden hat, so hat er es jedenfalls neu erfunden. Er griff zurück auf den exotischen und esoterischen Glanz, den die Stadt am Ende der Antike hatte, er griff zurück auf den modernen griechischstämmigen alexandrinischen Dichter Konstantinos Kavafis, auf E.M. Forsters Alexandria-Stadtführer, auf den illustren Ruf der Stadt als Ort gepflegter Ausschweifungen, und da er nicht in England leben mochte, muss er sich zu Hause gefühlt haben an einem Ort, wo alle Sprachen jedermanns Muttersprache waren und wo es so viele Spielarten der...


Boyd, William
William Boyd, 1952 als Sohn schottischer Eltern in Ghana geboren, ist dort und in Nigeria aufgewachsen, bevor er in Großbritannien zur Schule ging und studierte. Dass er sich in keiner Kultur ganz zu Hause fühlt, sei für einen Schriftsteller eine gute Voraussetzung, sagt Boyd. Seinen ersten Roman veröffentlichte er 1981, heute gilt er als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Erzähler der zeitgenössischen Literatur. William Boyd lebt mit seiner Frau in London und im südfranzösischen Bergerac, wo er auch Wein anbaut. Wo immer er sich gerade aufhält – er geht für sein Leben gern spazieren.

Durrell, Lawrence
Lawrence Durrell, 1912 als Sohn eines britischen Kolonialbeamten im indischen Jalandhar geboren, lebte an so vielen verschiedenen Orten, wie er Talente besaß. Mit elf Jahren wurde er zum Schulbesuch nach Canterbury geschickt, fühlte sich aber in England, das er als prüde und engstirnig empfand, nie wohl. Zeit seines Lebens betrachtete er sich nicht als Brite, sondern als Kosmopolit. In London jobbte er kurz als Barpianist und fing an, Gedichte zu schreiben. 1935 heiratete er zum ersten Mal (drei weitere Ehen sollten folgen) und zog mit Mutter, Frau und Geschwistern auf die griechische Insel Korfu. Nach England sollte er nie mehr zurückkehren. Den Zweiten Weltkrieg verbrachte Durrell im ägyptischen Alexandria, wo er für die britische Botschaft tätig war; auch nach dem Krieg arbeitete er als Diplomat, unter anderem in Argentinien, Jugoslawien und auf Zypern, das er 1956 im Zuge der Unabhängigkeitsbestrebungen der Zyperngriechen verlassen musste. Seine letzten Lebensjahrzehnte verbrachte Lawrence Durrell im südfranzösischen Sommières, wo er 1990 starb.



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