E-Book, Deutsch, Band 1, 214 Seiten
Reihe: Walter Werndt
Eichacker Der Kampf ums Gold
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7549-9437-5
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1, 214 Seiten
Reihe: Walter Werndt
ISBN: 978-3-7549-9437-5
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Reinhold Eichacker (* 21. Mai 1886 in Siegburg; ? 10. Juli 1931 in Gröbenzell bei München;) war ein deutscher Jurist und Schriftsteller. Er wuchs in Köln auf, wo er ein Gymnasium besuchte und 1905 die Reifeprüfung ablegte. Er diente als Fahnenjunker, 1906 zum Offizier befördert. Eichacker studierte Jura an den Universitäten in Bonn und München. 1911 legte er das Staatsexamen im gleichen Jahr promovierte er an der Universität Heidelberg. Ab 1908 veröffentlichte er literarische Arbeiten.
Autoren/Hrsg.
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Das schlanke Flugzeug des Ingenieurs Werndt setzte spielend leicht auf. Ohne sichtbaren Ruck. Der Motor surrte aus. Die Gestalt auf dem Führersitz drehte sich um.
„Wir sind angelangt, meine Herren. Bitte steigen Sie aus!“
Zwei Monteure in braunen, russischen Blusen eilten herbei und halfen den Herren aus Haube und Pelz.
Graf Zieten reckte die langen Arme und blickte sich um.
„Schauderbare Gegend hier! Nichts als Wiese und Wald. Dagegen ist eine Klitsche in Ostpreußen Jahrmarktsbetrieb.“
Werndt lächelte froh.
„Einsam, ja, aber gut für den Zweck. Man besucht mich hier nicht. Darauf kam es wohl an. Übrigens ist's nicht so schlimm, wie Sie erkennen werden, wenn Sie alles gesehen haben. Darf ich die Herren bitten, geschlossen zu folgen.“
Graf Zieten winkte sich Brettscheid heran. Obwohl sie sich dauernd in den Haaren lagen, waren sie beide die besten Freunde. Die technischen Sachverständigen folgten mit Neff. Er redete über die Fahrt wie ein Buch.
Nach einigen Minuten blieb Doktor Werndt stehen. Der Wald machte hier einen plötzlichen Knick. Vor ihnen stand ein gewaltiger Mast von seltsamem Bau. Schmale, langgestreckte Dreiecke bauten sich übereinander, immer höher hinauf. Ein Dreieck immer kleiner als das untere. Von der obersten Spitze zog sich rings ein Netz von Drähten hinab. Das Ganze sah aus wie ein Spinnengeflecht. Selbst die Urwaldriesen ringsum blieben winzig zurück. Werndt zeigte hinauf.
„Sie sehen hier fünf meiner Masten hintereinander. In Abständen von je hundert Metern.“
Die Herren verdrehten die Köpfe umsonst.
„Nee. Ich sehe nur dieses eine Gestell!“ brummte Zieten zuerst.
Wieder huschte das sonnige Lächeln über Werndts schmalen Mund.
„Der erste Mast hier. Er ist jetzt auf Hochstand geschraubt. Die anderen vier stehen drüben am Wald.“
„Diese Bäume da vorn?“
„Es scheint Ihnen so. Sie sind nur maskiert. Die Konstruktion meiner Masten gestattet ein Zusammenziehen des Mittelgestells auf zwölf Meter Stand. Die äußerste Höhe ist zweihundertzehn. Das Material ist eine Legierung aus Aluminium, die ich erfand. Der Transport jedes Turmes kann durch Pferde geschehen. Im Allgemeinen zieht man jedoch die Kraftwagen vor. Wie Sie selbst schon erkannt haben, ist ihr Maskieren sehr leicht. Die Drähte wirken zugleich als Zweige und Äste. Jedes Wäldchen genügt. Bitte sehen Sie hier!“
Er ging ruhig zu einem grünlichen Haus und stieß die Türe zurück. Eine dunkle, dicke Masse, wie ein schlafendes Ungeheuer, glotzte sie an.
„Mein Dynamomotor. Dort das Kraftreservoir.“
Er drückte einen Hebel herab. Sofort summte oben das riesige Netz, als falle ein Bienenschwarm über den Wald. Werndt zeigte hinauf. „Das Nähere werde ich den Herren Sachverständigen später im Laboratorium zeigen. Ich habe dort noch ein kleines Modell, die Konstruktionszeichnungen auch vom Motor. Hier mag es zunächst genügen für Sie, dass ich mittels dieser Maste und dieser Maschinen die ungeheure Drucklast der Sonnenstrahlung in hohen Sphären über uns umsetze in elektrische Energie. Ein Trommelfeuer von Energiequanten ist es, mit welchen uns die Sonne täglich, stündlich überschüttet. Die Kunst war es nur, diese Kräfte zu nützen, sie, deren Stärke geradezu unermesslich ist. Und wie einfach doch: Im Grunde habe ich auch nichts anderes getan, als alle Technik vor mir. Denken Sie einmal Wasser statt Luft in hohen Regionen und erinnern Sie sich an ein großes Projekt, wie Walchenseewerk und andere mehr. Das genügt zum Vergleich. Das Gefälle gibt uns dort die Kraft. Mehr tue auch ich nicht. Nur nütze ich das Gefälle der Sonnenkraft, das urgewaltige Potential ihrer strahlenden Energie! Hier ist das Problem praktisch gelöst. Bitte prüfen Sie jetzt die erreichbare Kraft. An diesem Zeiger lesen Sie Volt, an jenem Ampère. Und achten Sie jetzt auf den Zeiger in Rot, er gehört dem Anlasser an und zeigt mir, ob die Spannung erreicht ist, die Hauptkraft auf das Werk zu werfen ...“
Das Summen sprang wieder ins glitzernde Netz.
„... Denn das, meine Herren, was Sie hier sehen, ist natürlich nur der kleinste Teil. Ein Maschinchen en miniature. Wie sollten diese armdicken kupfernen Kabel auch Millionen Ampère ertragen. Meine Hauptdynamos, gegen die das ein Zwerg ist, liegen weit unter der der Erde in tiefen Gewölben. Ich beginne – – bitte sehen Sie jetzt!“
Der Sozialdemokrat schob den Kopf weit nach vorn. Der Zeiger kletterte stetig hinauf.
„Siebzigtausend, hunderttausend, hundertfünfzigtausend, zweihunderttausend, dreihunderttausend, fünfhunderttausend, achthunderttausend ...“ zählte er laut. „Es ist ja kaum denkbar!“
Werndt wandte sich um.
„Bitte sehen die Herren jetzt drüben den Mast.“
Alles drängte zur Türe. Der scheinbare Baum dicht am Rande des Waldes schob sich langsam empor wie ein zierliches Rohr. Immer wieder kletterte ein neues Dreieck aus dem alten hervor. Eine längliche Spitze setzte sich über die andere. Endlich stand der Mast still.
„Bitte nun wieder hier!“ mahnte Werndt am Motor.
Doktor Brettscheid warf einen Blick auf den Zeiger des Messapparats.
„Eine Million viertausend Volt“, rief er aus.
Der Zeiger drehte unermüdlich hinauf.
„Zwei Millionen“, stotterte Neff. Die Sachverständigen sahen sich fassungslos an. Werndt lächelte.
„Jetzt haben wir glücklich die Spannung, die für den Anfang genügt. Jetzt passen Sie auf!“
Er trat an das Schaltbrett, das die ganze Rückwand des Raumes erfüllte. Blanke Räder blitzten aus dem Dunkel. Schalter mochten wohl zu schwach sein, so ungeheure Ströme zu lenken. Viermal drehte der Ingenieur leicht an einer blinkenden Scheibe. Dann warf er einen Hebel mit Macht an.
In diesem Augenblick erhob sich ein Brüllen, als donnerten stürzende Berge im Innern der Erde, und es war, als müsste das Gebäude mit allem, was in ihm war, in Atome zerplatzen. Den Anwesenden krochen kalte Schauer über den Körper.
Werndt stellte lächelnd wieder ab.
„Ich nehme an, dass den Herren die Probe genügt. Es steht ganz in meinem Belieben, diese Zahl zu erhöhen. Je mehr Masten man wählt, um so stärker der Strom. Wie man diese Kraft dann auf Entfernungen auswirken kann, ist Ihnen ja schon aus Versuchen von Siemens bekannt. Nur arbeite ich mit weit größerem Strom. Die von mir erzielbaren Wirkungen sind selbstverständlich ganz anderer Art. Die bekannte Vernichtung der Hammelherde erscheint im Vergleich hierzu als Spielerei.“
Graf Zieten reckte die hohe Gestalt. Seine Brust atmete schwer. Er kämpfte mit sich. Er musste mehrmals ansetzen, ehe ihm das Sprechen gelang.
„Und mit einer derartigen Macht in der Hand sollen wir jetzt keinen Krieg –?!!“
Werndt blickte sehr ernst.
„Darüber sprechen wir noch, wenn die Kommission auch das Weitere sah.“
Schweigend, unter dem Druck der wildanstürmenden Gedanken folgten die Herren ihm nach.
In einer Baumlichtung stand ein längliches Haus. Blühende Schlingpflanzen rankten sich über der Türe. Aus allen Fenstern grüßten Blumen heraus.
„Deutsche Rosen“, sagte Werndt. Sein Blick wurde weich. „Sie waren monatelang das einzige Deutsche um mich.“
Man trat in das innere Haus. Es sprang leise auf, wie ein leuchtender Traum. Überrascht sahen alle sich an, und auf Werndt.
„Mein Arbeitszimmer“, gab er zurück.
„Heiliger Himmel“, stöhnte Neff auf.
Vor ihnen glänzte ein Märchen aus – Gold! Breite Goldplatten bedeckten wie Panzer die Wand, quadratisch geteilt. Aus Gold war der Schreibtisch, der Sessel davor. Golden blitzten die Stühle, das Sofagestell. Eine schwere Goldplatte deckte den Tisch.
„Es ist wie ein Traum!“ kämpfte Zieten sich wach.
Neff klopfte hart auf die Wand.
„Selbst wenn das alles nur Messing sein sollte. Der riesige Wert ...!“
„Es ist das besiegte Gold. Echtes, lauteres Gold. Von mir künstlich erzeugt. Ein sündloses Gold. Das Gold des Kunstgewerbes der Zukunft, das schönste Metall, doch nicht mehr ein Fluch.“
Der berühmte Physiker Mallhaus, den die Regierung als Sachverständigen gebeten hatte, zog sein Taschenmesser heraus und kratzte ein Loch in die blendende Wand. Werndt sah lächelnd zu.
„Ich werde Ihnen drüben im Laboratorium bequemere Proben vorlegen können“, sagte er endlich. „Es stimmt schon, mein Gold.“
Geheimrat Mallhaus kam auf ihn zu. Mit einer zitternden Bewegung griff er die Hände des Ingenieurs. Seine Bartspitzen zuckten, sein Auge war feucht.
„Ich danke dir, Gott, dass ich das noch erlebt. Gott segne dich, Deutscher, und durch dich die Welt!“
Mit einem erstickten Schluchzen zog der Greis Walter Werndt an seine Brust und küsste ihn ehrfürchtig auf seine Stirn.
Werndt gab seinen Händedruck herzlich zurück.
„Es war eine glückliche Erfindung, wie andere“, sagte er schlicht. „Wir sind alle ja nur ein Werkzeug des Geistes, der uns erst beseelt.“
„Berichten Sie“, sagte Mallhaus erregt.
Die Herren setzten sich in das leuchtende Gold. Weiche Kissen waren auf alle Sessel gelegt. Ein eigenartiger Zauber herrschte im Raum. Alle fühlten die Wucht dieses Tages. Selbst Neff blickte feierlich drein und vergaß jeden Spott.
Werndt dachte kurz nach.
„Erlauben Sie mir, auch hier ganz knapp zu sein. Im Laboratorium drüben liegt alles bereit, was aufklären kann. Sie alle kennen das Wörtchen Atom. Es war seit Dalton das Bestreben aller Chemie, die Erscheinungsformen der Materie durch chemische Hilfsmittel auf gewisse Grundformen zurückzuführen. Man fand die Moleküle als kleinste Teile homogener Materie. Man fand im Molekül wieder die...




