E-Book, Deutsch, 418 Seiten
Eichacker Panik, Die Fahrt ins Nichts & Der Kampf ums Gold: Walter-Werndt-Trilogie
1. Auflage 2017
ISBN: 978-80-272-3818-7
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 418 Seiten
ISBN: 978-80-272-3818-7
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In der Walter-Werndt-Trilogie, geschrieben von Reinhold Eichacker, wird der Leser in eine packende Geschichte über Panik, Verzweiflung und den Kampf ums Überleben entführt. Der literarische Stil des Autors ist von einer düsteren Atmosphäre geprägt, die den Leser in ihren Bann zieht und nicht mehr loslässt. Die Trilogie ist in der Literaturwelt einzigartig und besticht durch ihre komplexe Handlung und tiefgründigen Charaktere. Eichacker schafft es, mit seinem fesselnden Schreibstil, den Leser bis zur letzten Seite zu fesseln und mit unerwarteten Wendungen zu überraschen. Diese Trilogie ist ein Meisterwerk, das in der Literaturwelt seinesgleichen sucht.
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II.
Professor Earthcliffe warf die Logarithmentafel voll Wut auf den Tisch.
»Kreis und Rechteck! Ich werde wahnsinnig von diesem Warten! Herein! Heraus!« brüllte er wie ein Tobender, als es vorsichtig klopfte.
Durch den Spalt schob sich ängstlich der Kopf eines Dieners.
»Wer ist da! Was gibt es? Potz Wurzel aus dreizehn. Ich will meine Ruhe! R–u–h–e!«
Der Diener schwenkte erklärend die Hände. Vorsichtig wie ein Ei legte er eine weiße Karte auf den nächsten erreichbaren Tisch und sprang wie ein Reh gleich geängstigt zur Türe.
Mit beiden Fäusten fuhr der Alte empor.
»Besuch? Jetzt Besuch?! X, y durch Beta!«
Der Diener wartete seinen Tod nicht mehr ab. Mit hilflosem Laut wies er nur auf die Karte und floh, wie gejagt, aus der Höhle des Löwen. Ein kantiges Lineal schmetterte hinter ihm gegen die Türe. Ein flüchtiges Lachen lief über die Züge des kleinen Direktors. Sein Zorn war so plötzlich verraucht, wie entstanden. Mit langen Schritten schob er sich zwischen den Sesseln hindurch und griff nach der Karte.
Ein leiser Schrei der Überraschung, wie ein Pfiff, zwängte sich durch die gekniffenen Lippen. Dann stand er mit einem Satz zwischen der Türe.
»Wilkins! Wilkins! – Ist dieser Feigling schon fort!«
»Oh, ist nicht so schlimm!« kam es lachend zurück. »Ich komme schon selbst.«
Auf der Schwelle stand eine schlanke Gestalt, rank, rassig, gestrafft. In kleidsamer Sporttracht. Das junge, von Kraft überstrahlte Gesicht blond, blauäugig, lachend – –
Earthcliffe starrte den Ankömmling an und wich stumm zurück.
Der Jüngere schloß ohne Zögern die Türe mit flüchtigem Gruß.
»Doktor Nagel,« sagte er kurz.
Der andere wollte erwidern. Er kam nicht dazu. Er starrte noch immer in Frage und Zweifel in diese sieglachenden, strahlenden Augen.
»Doktor Nagel?« wiederholte er nur.
Der Fremde sah staunend im Zimmer umher.
»Donnerwetter – das ist originell! Sehen Sie, Herr Professor, genau so hatte ich Sie mir gedacht. Auch, daß Sie mich gleich vor die Türe setzen wollten. Paßte ganz ins Programm. Es tut mir aufrichtig leid, daß ich Ihr Idyll so jäh stören muß, aber sonst werden wir beide todsicher verrückt durch den dämlichen Punkt.«
Der Alte gewann seine Fassung zurück.
»Earthcliffe,« sagte er barsch und wies leicht auf den Stuhl. »Bitte, nehmen Sie Platz!«
»Kann man das denn, auf dem Dings? Ohne Lebensgefahr?« lachte Nagel zurück. »Potz ja, wie bequem!«
Die Mundwinkel des Professors zogen sich spannend herab, als unterdrücke er krampfhaft ein lächelndes Wort.
»Also Sie sind der Herr, der uns durch seine Fixsternentdeckung blamiert hat?«
In die Züge des Jungen trat leichtes Erstaunen.
»Blamiert? Wieso? Einer muß doch die Sache entdecken. Bei mir war es Zufall, mein ständiger Dusel. Die Berechnungen, das einzig Wertvolle an der ganzen Geschichte, die machten doch Sie dann.«
»Und der wissenschaftliche Ruf der Michigansternwarte? Wenn ihre vollkommenen Instrumente durch einen Amateur um die Ehre kommen – –?«
»Daran hatte ich gar nicht gedacht. Also, auf Wort, Herr Professor, der Gedanke ist mir ganz neu. Von Ihrem Standpunkt als Gelehrter –. Potz, ja, das tut mir aufrichtig leid. Ich fühle mich gegen Ihr Wissen so namenlos klein ...«
Earthcliffe wehrte einlenkend ab.
»Erfolg ist Erfolg.«
»Sag' ich auch, doch für mich ist das alles nur Sport, Neigung, Liebhaberei.«
»Ja, Potz Wurzel aus vierzehn! Das ist es ja eben! Sport mit dem Kosmos! Bin ich denn Jongleur?«
Doktor Nagel ging herzlich zu Earthcliffe hinüber.
»Verzeihen Sie, bitte, verehrtester Meister. In diesem Leben will ich gewiß keinen Fixstern mehr finden.«
Ein gesundes Lachen ging mit seinen Worten.
»Also Pakt! Ich versprech' es. Dafür jetzt meine Bitte.«
Das Gesicht des Gelehrten war Spannung und Neugier.
»Sehen Sie, Herr Professor, wir beide sind wieder einmal Konkurrenten geworden. Sie aus wissenschaftlichem Ehrgeiz, Pflicht, Beruf oder dergleichen. Ich aus Sport, Leidenschaft, Sensationsbedürfnis, wie Sie es wollen. Der verdammte schwarze Punkt vor der Sonne läßt uns beide nicht ruhen – – –.«
Earthcliffe stieß schweigend den Flügel des Fensters zurück und wies auf die geschlossene Kuppel des Sternwartgebäudes, die, lichtbestrahlt, blitzte.
Doktor Nagel sah frei in des anderen Blick.
»Stimmt, hatte ich auch schon gesehen. Die Fernrohre, ja. Drüben schläft man vielleicht. Doch ein Earthcliffe schläft nicht. Ebensowenig wie ich. Wenn's noch länger so bleibt, sind wir beide bald reif – –«
Er machte eine bezeichnende Geste und ging durch das Zimmer. Der Blick des Professors verfolgte ihn scharf, doch nicht ohne Güte.
»Angenommen, es wäre so,« nickte er ruhig, »was veranlaßt Sie dann – – –«
»– jetzt zu Ihnen zu kommen, wollten Sie sagen. Nur die Erkenntnis, daß wir beide uns gegenseitig leicht helfen könnten. Ich denke dabei an den Sport. Sieger bleibt meist nicht der Muskelathlet. Sieger wird, wer das Glück mit dem Können vereint. Ich bin in der Astronomie Amateur, Stümper, Dilettant. Meine Instrumente reichen nicht annähernd aus. Sie sind zur Zeit der befähigteste Kopf, den die Erde besitzt. Neben Werndt, diesem Gott der Physik. Sie haben die vollkommensten Instrumente zur Hand. Beides fehlt mir zum Sieg, nur das Dritte ist mein.«
Earthcliffe lächelte kühl.
»Und das wäre, mein Herr?«
»Das Glück, Herr Professor! Der unverdiente Dusel, ohne den man kein Rennen gewinnt. Und den habe ich! Schon von Kindesbeinen an. Ihnen fehlt er bestimmt. Was Sie sich durch mühsames Forschen verdienen, was Sie durch Ihr phänomenales Wissen dem Kosmos stückweise abringen, das fällt mir, dem Glückskind, kampflos in den Schoß. Jeder allein kommt bei dem schwarzen Phantom, das uns narrt, nicht zum Ziel. Ihnen fehlt der Dusel, mir fehlt das Wissen.«
Mit einem Ruck stellte er sich vor den kleinen Direktor.
»Ich kam hierher, Ihnen einen Vorschlag zu machen. Stellen Sie mir eine Zeitlang Ihre Instrumente zur Verfügung. Lassen Sie mich einige Wochen als Hilfskraft hier wirken. Es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn wir beide zusammen den höllischen Punkt nicht zur Strecke bekämen!«
Earthcliffe zog seine Hand leicht zurück und strich sich damit durch das glatte Gesicht.
»Sehr interessant!« meinte er mit erkennbarem Spott. »Wie Sie selbst sagen, sind mein Wissen und meine Instrumente anerkannte und unbezweifelte Größen. Faktoren mit denen man rechnen kann. Was Ihren soeben behaupteten Dusel betrifft, so – – –«
»– – – steht er ebenso fest. Daß ich kürzlich den neuen Fixstern entdeckte, ist Ihnen bekannt. War das etwa kein Dusel? So geht es mit allem. Das werden Sie ebenso sicher erkennen, wenn ich erst bei Ihnen hier einige Zeit – –«
Der Blick des Gelehrten war kühl und ironisch.
»Ich bedauere lebhaft, daß ich voraussichtlich keine Gelegenheit haben werde, Ihren kostbaren Dusel –«
Er unterbrach sich und horchte. Im gleichen Augenblick klopfte es kurz an die Türe. Erregt, mit geröteten Wangen trat Mabel ins Zimmer, den Vater begrüßend.
»Verzeih, Papa, du hast ja Besuch, da störe ich wohl nicht. Denke dir, was meinem Windspiel geschehen ist ...!«
Erst jetzt wandte sie sich dem Gast zu. Eine helle Röte der Überraschung flog über das süße Gesichtchen bis tief in die Schläfen.
»Aber – ja – nein, das ist doch! Da sind Sie ja selber!«
Ihre Augen leuchteten. Sie reichte dem Doktor die Hand. Der junge Sportsmann hielt ihre Rechte mit herzlichem Druck. In seinem Gesicht stand das sieghafte Lachen.
»Also muß es wohl sein.«
Der kleine Direktor sah stumm auf die beiden und zupfte den Haarschopf.
»Du kennst Doktor Nagel?«
Sie schlug überrascht ihre Hände zusammen.
»Sie sind Doktor Nagel? Doch nicht Valparaiso? Ja, das ist doch zu toll, Pa!«
Sie legte den Arm um die Schulter des Vaters.
»So denk dir den Zufall! Ich gehe vorhin mit Miß Mail und dem Windspiel die Lafayettestraße hinunter. Neben dem Denkmal Mac Leans stand wartend ein Auto. Ganz weiß. Ein Modell, das man hier noch nicht sah. Plötzlich bemerke ich Presto mitten auf der Straße, einen Ölfleck beschnuppernd. Im gleichen Moment rast um die Ecke ein anderes Auto, pfeift, sieht den Hund, sucht zu bremsen, – zu spät. Der Hund ist verwirrt, macht einen Satz, fast ins Auto hinein. Da steht dieser Herr wie ein Blitz vor dem Tier, reißt es hoch, springt zurück, wird vom Schutzblech gestreift – die Gefahr ist vorbei. Ich atmete auf. Presto hatte nur eine leichte Verletzung am Bein. Sein Retter einen Reißer im Rock. Der Herr war so freundlich, uns in seinem Wagen zum Tierarzt zu fahren. Dann war er verschwunden, bevor ich noch recht meinen Dank – –«
»Ich mußte ja Ihren Herrn Vater besuchen.«
»Und jetzt ist er hier, und heißt Doktor Nagel! Ist das denn nicht köstlich?«
Ihr herzliches Lachen war Staunen und Freude.
»Das ist doch ein närrischer Zufall!«
»Nur Dusel!«...




